„Psilocybin“ – Versionsunterschied

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'''Psilocybin''' ist ein [[Indolalkaloid]] aus der Gruppe der [[Tryptamine]]. Der Konsum von Psilocybin bewirkt einen Rausch, unter anderem mit visuellen [[Halluzination]]en, der einem [[LSD]]-Rausch ähnelt, in der Regel jedoch kürzer ist. Für diese Wirkung verantwortlich ist das [[Hydrolyse]]-Produkt [[Psilocin]].
'''Psilocybin''' ist ein [[Indolalkaloid]] aus der Gruppe der [[Tryptamine]]. Der Konsum von Psilocybin bewirkt einen Rausch, unter anderem mit visuellen [[Halluzination]]en, der einem [[LSD]]-Rausch ähnelt, in der Regel jedoch kürzer ist. Für diese Wirkung verantwortlich ist das [[Hydrolyse]]-Produkt [[Psilocin]].

== Chemie ==
Psilocybin ist ein [[Zwitterion]]. Im Körper wird Psilocybin durch Abspaltung einer [[Phosphat]]gruppe in [[Psilocin]] überführt. Beide Substanzen isolierte [[Albert Hofmann]] aus natürlich gewachsenen und ebenso aus angezüchteten Pilzen und Mycelien der Psilocybe mexicana und Psilocybe cubensis und berichtete Anfang 1958 darüber. Danach gelang ihm auch die Totalsynthese. Psilocybin ist ein [[Tryptamin]], enthält also ein [[Indol]]-Fragment. Daher kann es mittels [[Ehrlich-Reagenz]] bei der [[Dünnschichtchromatographie]] (DC) nachgewiesen werden.

In getrockneten Pilzen liegt die Menge an Psilocybin zwischen 0,1 % und 2 %.


== Vorkommen ==
== Vorkommen ==
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Im Jahre 1957 machte der US-Ethnologe [[R. Gordon Wasson]] durch seinen Artikel „Magic Mushrooms“ die Pilze bekannt.
Im Jahre 1957 machte der US-Ethnologe [[R. Gordon Wasson]] durch seinen Artikel „Magic Mushrooms“ die Pilze bekannt.


=== Nebenwirkungen ===
== Wirkung im Menschen ==
=== Nebenwirkungen und Risiken ===
Schwindel, Übelkeit und Erbrechen können als Nebenwirkung von Psilocybin auftreten. Schwere organische Schäden sind nicht bekannt.<ref name="emcdda">[[Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht]]: „Hallucinogenic Mushrooms: An Emerging Trend Case Study“ [http://www.emcdda.europa.eu/attachements.cfm/att_31215_EN_TP_Hallucinogenic_mushrooms.pdf PDF]<!--offizielle EU-Schrift-->.</ref> Eine niederländische Regierungsstudie (CAM-Studie) kam zu dem Schluss, dass der Konsum von Psilocybin nicht signifikant von psychotischen Begleiterscheinungen geprägt sei.<ref>Coordinatiepunt Assessment en Monitoring nieuwe drugs (CAM) p/a Inspektion des Gesundheitsamts (IGZ)-CAM, Den Haag, 2000 (Studie zur rechtlichen Einordnung und den Gefahren psychoaktiver Pilze). [http://www.erowid.org/plants/mushrooms/mushrooms_health1.pdf#search=%22Coordinatiepunt%20Assessment%20en%20Monitoring%20nieuwe%20drugs%22 PDF].</ref> [[Flashback (Psychopathologie)|Flashbacks]] wurden beobachtet; sie treten jedoch seltener auf als beim Konsum von LSD.<ref name="emcdda"/> Die medizinische Fachliteratur beschreibt einen Fall, in dem Psilocybin-Konsum (in Kombination mit [[Cannabis als Rauschmittel|Cannabis]]) zu [[HPPD]] führte.<ref>Espiard M. L. et al.: "Hallucinogen persisting perception disorder after psilocybin consumption: a case study.", ''Eur. Psychiatry'', 2005, ''20(5-6)'', 458–460; PMID 15963699.</ref> Jochen Gartz gibt an, hunderttausende Versuche weltweit mit entsprechenden Pilzen in verschiedenen Dosierungen seien weder von Psychosen noch schweren Flashbacks begleitet gewesen, die das Alltagsleben der Pilzkonsumenten beeinträchtigt hätten.<ref>J. Gartz: ''Narrenschwämme. Psychoaktive Pilze rund um die Welt.'', Nachtschattenverlag, Solothurn 1999, S. 92–102, ISBN 3-907080-54-8<!--kann das als wissenschaftlich repräsentativ gelten oder doch als voreingenommen, vllt. sogar populistisch? Die Art der hiesigen Präsentation lassen Zweifel berechtigt erscheinen.--></ref>
Schwindel, Übelkeit und Erbrechen können als Nebenwirkung von Psilocybin auftreten. Organische Schäden sind nicht bekannt.<ref name="emcdda">[[Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht]]: „Hallucinogenic Mushrooms: An Emerging Trend Case Study“ [http://www.emcdda.europa.eu/attachements.cfm/att_31215_EN_TP_Hallucinogenic_mushrooms.pdf PDF]<!--offizielle EU-Schrift-->.</ref> Eine niederländische Regierungsstudie (CAM-Studie) kam zu dem Schluss, dass der Konsum von Psilocybin nicht signifikant von psychotischen Begleiterscheinungen geprägt sei.<ref>Coordinatiepunt Assessment en Monitoring nieuwe drugs (CAM) p/a Inspektion des Gesundheitsamts (IGZ)-CAM, Den Haag, 2000 (Studie zur rechtlichen Einordnung und den Gefahren psychoaktiver Pilze). [http://www.erowid.org/plants/mushrooms/mushrooms_health1.pdf#search=%22Coordinatiepunt%20Assessment%20en%20Monitoring%20nieuwe%20drugs%22 PDF].</ref> [[Flashback (Psychopathologie)|Flashbacks]] wurden beobachtet; sie treten jedoch seltener auf als beim Konsum von LSD.<ref name="emcdda"/>


Eine [[Peer-Review|peer-reviewed]] Studie (2013) des ''Department of Neuroscience'' an der ''[[Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens|Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens]]'', die Daten von 130.152 erwachsenen Teilnehmern auswertete, konnte keinen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch der „klassischen“ [[psychedelisch]]en Substanzen ([[LSD]], Psilocybin, [[Meskalin]]/[[Peyote]]) und psychischen Störungen finden. Die Studie, die im August 2013 veröffentlicht wurde, untersuchte dabei Daten aus Fragebögen des ''National Survey on Drug Use and Health''. Von 130.152 Befragten gaben 21.967 an, mindestens einmal in ihrem Leben psychedelische Substanzen konsumiert zu haben. Die Studie verneint den Gebrauch von „klassischen“ psychedelischen Substanzen als eigenständigen Risikofaktor für psychische Störungen.<ref name="DOI10.1371/journal.pone.0063972">Teri S. Krebs, Pål-Ørjan Johansen, Lin Lu: ''Psychedelics and Mental Health: A Population Study.'' In: ''PLoS ONE.'' 8, 2013, S.&nbsp;e63972, {{DOI|10.1371/journal.pone.0063972}}.</ref><ref>Heise online: [http://www.heise.de/tp/blogs/3/154816 Halluzinogene Drogen wie LSD oder Meskalin erhöhen nicht das Risiko für psychische Störungen], vom 22. August 2013</ref>
''Siehe auch: [[Pilzvergiftung#Psilocybin-Syndrom|Psilocybin-Syndrom bei Pilzvergiftung]]''


Der Chemiker und [[Mykologe]] Jochen Gartz gibt an, hunderttausende Versuche weltweit mit entsprechenden Pilzen in verschiedenen Dosierungen seien weder von Psychosen noch schweren Flashbacks begleitet gewesen, die das Alltagsleben der Pilzkonsumenten beeinträchtigt hätten.<ref>J. Gartz: ''Narrenschwämme. Psychoaktive Pilze rund um die Welt.'', Nachtschattenverlag, Solothurn 1999, S. 92–102, ISBN 3-907080-54-8<!--kann das als wissenschaftlich repräsentativ gelten oder doch als voreingenommen, vllt. sogar populistisch? Die Art der hiesigen Präsentation lassen Zweifel berechtigt erscheinen.--></ref>
=== Kombination mit Monoaminooxidase-Hemmern ===
Die gleichzeitige Einnahme von [[MAO-Hemmer|Monoaminooxidase-Hemmern]] (MAOH) kann den Psilocybin-Rausch verlängern und intensivieren, aber auch in einer wenig berechenbaren Form verändern, da diese Kombination die Gehirnchemie komplex beeinflusst (siehe auch [[Serotonin-Syndrom]]). Die MAO-Hemmer blockieren das [[Enzym]] [[Monoaminooxidase]], das organische [[Amine]], darunter Psilocybin/Psilocin und etliche [[Neurotransmitter]], (via oxidaktiver Desaminierung) abbaut. Kurzwirksame ''reversible'' Hemmer wie [[Harmalin]], unterliegen nicht den strengen Diätvorschriften, die für ''irreversible'' MAO-Hemmer gelten; letztere wurden vor 40 Jahren als [[Antidepressiva]] in die Psychiatrie eingeführt. Für Psilocybin existieren neben MAO noch weitere Abbauwege im Organismus.<!--deren Nennung ist willkommen-->


Wie alle [[psychoaktiv]]en Substanzen birgt auch Psilocybin die Gefahr, eine latent vorhandenen [[Psychose]] ([[substanzinduzierte Psychose]]) auslösen. Die medizinische Fachliteratur beschreibt einen Fall, in dem Psilocybinkonsum (in Kombination mit [[Cannabis als Rauschmittel|Cannabis]]) zu einer [[Hallucinogen Persisting Perception Disorder]] führte.<ref>Espiard M. L. et al.: "Hallucinogen persisting perception disorder after psilocybin consumption: a case study.", ''Eur. Psychiatry'', 2005, ''20(5-6)'', 458–460; PMID 15963699.</ref> Auch sind [[Set und Setting]] zu beachten, da Psilocybin entgegengesetzt zu euphorischen Zuständen auch [[schizophrenie]]artige Psychosen auslösen kann. Die [[psychotomimetisch]]en Effekte von Psilocybin konnten mit [[Ketanserin]] oder [[Risperidon]] unterbunden werden, [[Haloperidol]] verstärkte hingegen die Wirkung.<ref>F. X. Vollenweider, M. F. Vollenweider-Scherpenhuyzen, A. Bäbler, H. Vogel, D. Hell: ''Psilocybin induces schizophrenia-like psychosis in humans via a serotonin-2 agonist action.'' In: ''Neuroreport.'' Band 9, Nummer 17, Dezember 1998, S.&nbsp;3897–3902, {{ISSN|0959-4965}}. PMID 9875725.</ref>
== Chemie ==
Psilocybin ist ein [[Zwitterion]]. Im Körper wird Psilocybin durch Abspaltung einer [[Phosphat]]gruppe in [[Psilocin]] überführt. Beide Substanzen isolierte [[Albert Hofmann]] aus natürlich gewachsenen und ebenso aus angezüchteten Pilzen und Mycelien der Psilocybe mexicana und Psilocybe cubensis und berichtete Anfang 1958 darüber. Danach gelang ihm auch die Totalsynthese. Psilocybin ist ein [[Tryptamin]], enthält also ein [[Indol]]-Fragment. Daher kann es mittels [[Ehrlich-Reagenz]] bei der [[Dünnschichtchromatographie]] (DC) nachgewiesen werden.


Bei starker Erregung ("bad trip") ist unter anderem medizinische Behandlung indiziert – {{"|Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics}} schlägt hier 20 mg [[Diazepam]] [[peroral]] vor, allerdings haben sich [[Talk down|beruhigende Gespräche]] als wirksam erwiesen und sind daher als erste Maßnahme angezeigt.<ref>{{"|Severe agitation may respond to diazepam (20 mg orally). “Talking down” by reassurance also is effective and is the management of first choice. Antipsychotic medications may intensify the experience and thus are not indicated.}} Laurence Brunton , Bruce A. Chabner, Bjorn Knollman: [[:en:Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics|Goodman and Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics]] Twelfth edition, McGraw-Hill 2011, S. 1537, ISBN 978-0-07-176939-6</ref>
In getrockneten Pilzen liegt die Menge an Psilocybin zwischen 0,1&nbsp;% und 2&nbsp;%.


{{Siehe auch|Pilzvergiftung#Psilocybin-Syndrom|titel1=Psilocybin-Syndrom bei Pilzvergiftung}}
== Rechtslage ==


=== Kombination mit Monoaminooxidase-Hemmern ===
Mit der vierten Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV)<ref>[http://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?id=2420 4. BtMGlV vom 21. Februar 1967].</ref> vom 21. Februar 1967, in Kraft getreten am 25. Februar 1967, wurden Psilocybin und Psilocin in der [[Bundesrepublik Deutschland]] den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften des [[Opiumgesetz]]es unterstellt. Heute sind Psilocybin und Psilocin in Anlage I zu § 1 [[Betäubungsmittelgesetz (Deutschland)|BtMG]] (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet, das heißt, jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit diesen Substanzen ist für die Allgemeinheit generell verboten.
Die gleichzeitige Einnahme von [[MAO-Hemmer|Monoaminooxidase-Hemmern]] (MAOH) kann den Psilocybin-Rausch verlängern und intensivieren, aber auch in einer wenig berechenbaren Form verändern, da diese Kombination die Gehirnchemie komplex beeinflusst (siehe auch [[Serotonin-Syndrom]]). Die MAO-Hemmer blockieren das [[Enzym]] [[Monoaminooxidase]], das organische [[Amine]], darunter Psilocybin/Psilocin und etliche [[Neurotransmitter]], (via oxidaktiver Desaminierung) abbaut. Kurzwirksame ''reversible'' Hemmer wie [[Harmalin]], unterliegen nicht den strengen Diätvorschriften, die für ''irreversible'' MAO-Hemmer gelten; letztere wurden vor 40 Jahren als [[Antidepressiva]] in die Psychiatrie eingeführt. Für Psilocybin existieren neben MAO noch weitere Abbauwege im Organismus.<!--deren Nennung ist willkommen-->

{{Siehe auch|Monoaminooxidase-Hemmer#Wechselwirkungen|titel1=Wechselwirkungen bei Monoaminooxidase-Hemmern}}


== Medizinische Forschung ==
== Medizinische Forschung ==
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Nach rund 40 Jahren ohne nennenswerte Forschung an [[Psychedelika]] sind in jüngerer Zeit mehrere Untersuchungen durchgeführt worden. Hierbei stellte sich heraus, dass Psilocybin [[Cluster-Kopfschmerz]]en besser als herkömmliche Medikamente vorbeugt und bei einer akuten Attacke effektiver wirkt als die Gabe von Sauerstoff.<ref>[http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/bericht-70555.html LSD gegen Kopfschmerzen – bewusstseinserweiternde Mittel beugen Attacken vor] - ''innovations-report''.</ref> Zudem wird die Wirksamkeit bei der Behandlung von [[Angst]]gefühlen und [[Depression]]en im Rahmen von unheilbaren [[Krebs (Medizin)|Krebserkrankungen]] und [[PTSD|posttraumatischen Belastungsstörungen]] untersucht.<ref>[http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/cannabis_co_suchtmittel_medikament_160987.html Cannabis und Co: Vom Suchtmittel zum Medikament] – ''innovations-report''.</ref><ref>[http://www.epochtimes.de/articles/2010/05/21/580442.html Psychedelische Drogen unterstützen Psychotherapie von Krebspatienten] – ''Epoch Times''.</ref>
Nach rund 40 Jahren ohne nennenswerte Forschung an [[Psychedelika]] sind in jüngerer Zeit mehrere Untersuchungen durchgeführt worden. Hierbei stellte sich heraus, dass Psilocybin [[Cluster-Kopfschmerz]]en besser als herkömmliche Medikamente vorbeugt und bei einer akuten Attacke effektiver wirkt als die Gabe von Sauerstoff.<ref>[http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/bericht-70555.html LSD gegen Kopfschmerzen – bewusstseinserweiternde Mittel beugen Attacken vor] - ''innovations-report''.</ref> Zudem wird die Wirksamkeit bei der Behandlung von [[Angst]]gefühlen und [[Depression]]en im Rahmen von unheilbaren [[Krebs (Medizin)|Krebserkrankungen]] und [[PTSD|posttraumatischen Belastungsstörungen]] untersucht.<ref>[http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/cannabis_co_suchtmittel_medikament_160987.html Cannabis und Co: Vom Suchtmittel zum Medikament] – ''innovations-report''.</ref><ref>[http://www.epochtimes.de/articles/2010/05/21/580442.html Psychedelische Drogen unterstützen Psychotherapie von Krebspatienten] – ''Epoch Times''.</ref>
Nach einer Studie der [[Johns Hopkins University]] an 30 Probanden, die sich selbst als religiös oder spirituell bezeichneten, konnten durch Psilocybin und unterstützender Umgebung bei 61 % [[mystische Erfahrung]]en induziert werden. Bei einigen Studienteilnehmern konnten zwei Monate nach der Gabe positive Veränderung in der Einschätzung des Lebenssinnes und dem Wert der eigenen [[Transzendenz]]erfahrung beobachtet werden. Die Mehrheit der Studienteilnehmer mit Induzierung einer mystischen Erfahrung wertete die Wirkung des Medikaments als gleichwertig gegenüber bedeutenden spirituellen Erfahrungen, die sie bisher erlebt hatten.<ref>Griffiths RR, Richards WA, McCann U, Jesse R: ''Psilocybin can occasion mystical-type experiences having substantial and sustained personal meaning and spiritual significance.'', Psychopharmacology (Berl). 2006 Aug; 187(3):268–283; discussion 284–292, Epub, 7. Juli 2006, PMID 1682640.</ref>
Nach einer Studie der [[Johns Hopkins University]] an 30 Probanden, die sich selbst als religiös oder spirituell bezeichneten, konnten durch Psilocybin und unterstützender Umgebung bei 61 % [[mystische Erfahrung]]en induziert werden. Bei einigen Studienteilnehmern konnten zwei Monate nach der Gabe positive Veränderung in der Einschätzung des Lebenssinnes und dem Wert der eigenen [[Transzendenz]]erfahrung beobachtet werden. Die Mehrheit der Studienteilnehmer mit Induzierung einer mystischen Erfahrung wertete die Wirkung des Medikaments als gleichwertig gegenüber bedeutenden spirituellen Erfahrungen, die sie bisher erlebt hatten.<ref>Griffiths RR, Richards WA, McCann U, Jesse R: ''Psilocybin can occasion mystical-type experiences having substantial and sustained personal meaning and spiritual significance.'', Psychopharmacology (Berl). 2006 Aug; 187(3):268–283; discussion 284–292, Epub, 7. Juli 2006, PMID 1682640.</ref>

== Rechtslage ==

Mit der vierten Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV)<ref>[http://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?id=2420 4. BtMGlV vom 21. Februar 1967].</ref> vom 21. Februar 1967, in Kraft getreten am 25. Februar 1967, wurden Psilocybin und Psilocin in der [[Bundesrepublik Deutschland]] den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften des [[Opiumgesetz]]es unterstellt. Heute sind Psilocybin und Psilocin in Anlage I zu § 1 [[Betäubungsmittelgesetz (Deutschland)|BtMG]] (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet, das heißt, jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit diesen Substanzen ist für die Allgemeinheit generell verboten.


== Literatur ==
== Literatur ==
* F. Hasler et al.: ''Acute psychological and physiological effects of psilocybin in healthy humans: a double-blind, placebo-controlled dose–effect study.'' In: ''Psychopharmacology.'' 2004, ''172'', 145–156, [http://www.maps.org/research/hasler_2004_1.pdf pdf-Volltext 317 kB], {{ISSN|0033-3158}}.
* F. Hasler et al.: ''Acute psychological and physiological effects of psilocybin in healthy humans: a double-blind, placebo-controlled dose–effect study.'' In: ''Psychopharmacology.'' 2004, ''172'', 145–156, [http://www.maps.org/research/hasler_2004_1.pdf pdf-Volltext 317 kB], {{ISSN|0033-3158}}.
* F. X. Vollenweider, M. F. Vollenweider-Scherpenhuyzen, A. Bäbler, H. Vogel, D. Hell: ''Psilocybin induces schizophrenia-like psychosis in humans via a serotonin-2 agonist action.'' In: ''Neuroreport.'' Band 9, Nummer 17, Dezember 1998, S.&nbsp;3897–3902, {{ISSN|0959-4965}}. PMID 9875725.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Psilocybin}}
* {{Commons|Psilocybin}}
* {{Erowid|chemicals/psilocybin|Psilocybin}}
* isomerdesign.com: [http://isomerdesign.com/PiHKAL/explore.php?domain=pk&id=505 Psilocybin] (englisch)
* [http://tintling.ch/fachbeitraege/Jochen_Gartz_21.pdf Interview mit Dr. Jochen Gartz in Tintling 21 (Ausgabe 3/2000)] (PDF; 537&nbsp;kB)
* [http://tintling.ch/fachbeitraege/Jochen_Gartz_21.pdf Interview mit Dr. Jochen Gartz in Tintling 21 (Ausgabe 3/2000)] (PDF; 537&nbsp;kB)
* [http://lehrerfortbildung-bw.de/faecher/deutsch/projekte/epik/suter/bolle/index.html Interview mit dem Psychiater, Psychotherapeuten und Psychoanalytiker Prof. Dr. Ralf Bolle, der über veränderte Bewusstseinszustände promovierte und bis zum Verbot 1992 therapeutisch mit psychoaktiven Substanzen arbeitete.]
* [http://lehrerfortbildung-bw.de/faecher/deutsch/projekte/epik/suter/bolle/index.html Interview mit dem Psychiater, Psychotherapeuten und Psychoanalytiker Prof. Dr. Ralf Bolle, der über veränderte Bewusstseinszustände promovierte und bis zum Verbot 1992 therapeutisch mit psychoaktiven Substanzen arbeitete.]
{{Wiktionary|Psilocybin}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 9. Juni 2014, 08:42 Uhr

Strukturformel
Strukturformel Psilocybin
Allgemeines
Name Psilocybin
Andere Namen
  • 4-Phosphoryloxy-N,N-dimethyltryptamin
  • 4-Phosphoxy-N-dimethyl- tryptaminsäure
  • N-[3-(Dimethylaminomethyl)indol]- 4-phosphoryloxysäure
  • N-[(N,N-Dimemethylpropan)- 4-(phosphoryloxysäure)]indol
  • 3-(2-Dimethylaminoethyl)-5 -phosphoryloxysäureindol
  • 3-[2-(Dimethylamino)ethyl]-5 -[1-(phososphoxy)ethansäure]indol
  • CY-39
  • Indocybin
Summenformel C12H17N2O4P
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 520-52-5
PubChem 10624
Wikidata Q208118
Eigenschaften
Molare Masse 284,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

220–228 °C [1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten

13 mg·kg−1 (LD50Kanincheni.v.)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Psilocybin ist ein Indolalkaloid aus der Gruppe der Tryptamine. Der Konsum von Psilocybin bewirkt einen Rausch, unter anderem mit visuellen Halluzinationen, der einem LSD-Rausch ähnelt, in der Regel jedoch kürzer ist. Für diese Wirkung verantwortlich ist das Hydrolyse-Produkt Psilocin.

Chemie

Psilocybin ist ein Zwitterion. Im Körper wird Psilocybin durch Abspaltung einer Phosphatgruppe in Psilocin überführt. Beide Substanzen isolierte Albert Hofmann aus natürlich gewachsenen und ebenso aus angezüchteten Pilzen und Mycelien der Psilocybe mexicana und Psilocybe cubensis und berichtete Anfang 1958 darüber. Danach gelang ihm auch die Totalsynthese. Psilocybin ist ein Tryptamin, enthält also ein Indol-Fragment. Daher kann es mittels Ehrlich-Reagenz bei der Dünnschichtchromatographie (DC) nachgewiesen werden.

In getrockneten Pilzen liegt die Menge an Psilocybin zwischen 0,1 % und 2 %.

Vorkommen

Spitzkegeliger Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) – enthält Psilocybin

Psilocybin kommt in einigen Pilzarten vor, insbesondere der Gattung der Kahlköpfe (Psilocybe azurescens, P. tampanensis, P. cubensis, P. cyanescens, P. mexicana, in Mitteleuropa in P. semilanceata (Spitzkegeliger Kahlkopf), u. a.); diese werden unter dem Begriff psilocybinhaltige Pilze zusammengefasst.

Geschichte

Im Jahre 1957 machte der US-Ethnologe R. Gordon Wasson durch seinen Artikel „Magic Mushrooms“ die Pilze bekannt.

Wirkung im Menschen

Nebenwirkungen und Risiken

Schwindel, Übelkeit und Erbrechen können als Nebenwirkung von Psilocybin auftreten. Organische Schäden sind nicht bekannt.[4] Eine niederländische Regierungsstudie (CAM-Studie) kam zu dem Schluss, dass der Konsum von Psilocybin nicht signifikant von psychotischen Begleiterscheinungen geprägt sei.[5] Flashbacks wurden beobachtet; sie treten jedoch seltener auf als beim Konsum von LSD.[4]

Eine peer-reviewed Studie (2013) des Department of Neuroscience an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens, die Daten von 130.152 erwachsenen Teilnehmern auswertete, konnte keinen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch der „klassischen“ psychedelischen Substanzen (LSD, Psilocybin, Meskalin/Peyote) und psychischen Störungen finden. Die Studie, die im August 2013 veröffentlicht wurde, untersuchte dabei Daten aus Fragebögen des National Survey on Drug Use and Health. Von 130.152 Befragten gaben 21.967 an, mindestens einmal in ihrem Leben psychedelische Substanzen konsumiert zu haben. Die Studie verneint den Gebrauch von „klassischen“ psychedelischen Substanzen als eigenständigen Risikofaktor für psychische Störungen.[6][7]

Der Chemiker und Mykologe Jochen Gartz gibt an, hunderttausende Versuche weltweit mit entsprechenden Pilzen in verschiedenen Dosierungen seien weder von Psychosen noch schweren Flashbacks begleitet gewesen, die das Alltagsleben der Pilzkonsumenten beeinträchtigt hätten.[8]

Wie alle psychoaktiven Substanzen birgt auch Psilocybin die Gefahr, eine latent vorhandenen Psychose (substanzinduzierte Psychose) auslösen. Die medizinische Fachliteratur beschreibt einen Fall, in dem Psilocybinkonsum (in Kombination mit Cannabis) zu einer Hallucinogen Persisting Perception Disorder führte.[9] Auch sind Set und Setting zu beachten, da Psilocybin entgegengesetzt zu euphorischen Zuständen auch schizophrenieartige Psychosen auslösen kann. Die psychotomimetischen Effekte von Psilocybin konnten mit Ketanserin oder Risperidon unterbunden werden, Haloperidol verstärkte hingegen die Wirkung.[10]

Bei starker Erregung ("bad trip") ist unter anderem medizinische Behandlung indiziert – „Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics“ schlägt hier 20 mg Diazepam peroral vor, allerdings haben sich beruhigende Gespräche als wirksam erwiesen und sind daher als erste Maßnahme angezeigt.[11]

Kombination mit Monoaminooxidase-Hemmern

Die gleichzeitige Einnahme von Monoaminooxidase-Hemmern (MAOH) kann den Psilocybin-Rausch verlängern und intensivieren, aber auch in einer wenig berechenbaren Form verändern, da diese Kombination die Gehirnchemie komplex beeinflusst (siehe auch Serotonin-Syndrom). Die MAO-Hemmer blockieren das Enzym Monoaminooxidase, das organische Amine, darunter Psilocybin/Psilocin und etliche Neurotransmitter, (via oxidaktiver Desaminierung) abbaut. Kurzwirksame reversible Hemmer wie Harmalin, unterliegen nicht den strengen Diätvorschriften, die für irreversible MAO-Hemmer gelten; letztere wurden vor 40 Jahren als Antidepressiva in die Psychiatrie eingeführt. Für Psilocybin existieren neben MAO noch weitere Abbauwege im Organismus.

Medizinische Forschung

Nach rund 40 Jahren ohne nennenswerte Forschung an Psychedelika sind in jüngerer Zeit mehrere Untersuchungen durchgeführt worden. Hierbei stellte sich heraus, dass Psilocybin Cluster-Kopfschmerzen besser als herkömmliche Medikamente vorbeugt und bei einer akuten Attacke effektiver wirkt als die Gabe von Sauerstoff.[12] Zudem wird die Wirksamkeit bei der Behandlung von Angstgefühlen und Depressionen im Rahmen von unheilbaren Krebserkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen untersucht.[13][14] Nach einer Studie der Johns Hopkins University an 30 Probanden, die sich selbst als religiös oder spirituell bezeichneten, konnten durch Psilocybin und unterstützender Umgebung bei 61 % mystische Erfahrungen induziert werden. Bei einigen Studienteilnehmern konnten zwei Monate nach der Gabe positive Veränderung in der Einschätzung des Lebenssinnes und dem Wert der eigenen Transzendenzerfahrung beobachtet werden. Die Mehrheit der Studienteilnehmer mit Induzierung einer mystischen Erfahrung wertete die Wirkung des Medikaments als gleichwertig gegenüber bedeutenden spirituellen Erfahrungen, die sie bisher erlebt hatten.[15]

Rechtslage

Mit der vierten Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV)[16] vom 21. Februar 1967, in Kraft getreten am 25. Februar 1967, wurden Psilocybin und Psilocin in der Bundesrepublik Deutschland den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften des Opiumgesetzes unterstellt. Heute sind Psilocybin und Psilocin in Anlage I zu § 1 BtMG (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet, das heißt, jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit diesen Substanzen ist für die Allgemeinheit generell verboten.

Literatur

  • F. Hasler et al.: Acute psychological and physiological effects of psilocybin in healthy humans: a double-blind, placebo-controlled dose–effect study. In: Psychopharmacology. 2004, 172, 145–156, pdf-Volltext 317 kB, ISSN 0033-3158.

Weblinks

Wiktionary: Psilocybin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1363, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. a b c Datenblatt Psilocybin bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  3. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  4. a b Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht: „Hallucinogenic Mushrooms: An Emerging Trend Case Study“ PDF.
  5. Coordinatiepunt Assessment en Monitoring nieuwe drugs (CAM) p/a Inspektion des Gesundheitsamts (IGZ)-CAM, Den Haag, 2000 (Studie zur rechtlichen Einordnung und den Gefahren psychoaktiver Pilze). PDF.
  6. Teri S. Krebs, Pål-Ørjan Johansen, Lin Lu: Psychedelics and Mental Health: A Population Study. In: PLoS ONE. 8, 2013, S. e63972, doi:10.1371/journal.pone.0063972.
  7. Heise online: Halluzinogene Drogen wie LSD oder Meskalin erhöhen nicht das Risiko für psychische Störungen, vom 22. August 2013
  8. J. Gartz: Narrenschwämme. Psychoaktive Pilze rund um die Welt., Nachtschattenverlag, Solothurn 1999, S. 92–102, ISBN 3-907080-54-8
  9. Espiard M. L. et al.: "Hallucinogen persisting perception disorder after psilocybin consumption: a case study.", Eur. Psychiatry, 2005, 20(5-6), 458–460; PMID 15963699.
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  13. Cannabis und Co: Vom Suchtmittel zum Medikamentinnovations-report.
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