„Kontraktion und Konvergenz“ – Versionsunterschied

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'''Kontraktion und Konvergenz''', von engl. '''Contraction and convergence''', oft auch als ''Verringerung und Konvergenz'' übersetzt, ist ein Lastenteilungsverfahren des [[Klimaschutz]]es. Es besteht aus zwei Dimensionen: ''Kontraktion'' bezeichnet die Reduktion des [[Treibhausgas]]-Ausstoßes insgesamt auf ein Zielniveau, dass die [[globale Erwärmung]] begrenzt. ''Konvergenz'' bedeutet, dass die pro-Kopf Emissionen verschiedener Länder sich annähern und schließlich in einem Zieljahr angleichen sollen. So soll die insgesamt sinkende Emissionsmenge gerecht auf alle Menschen aufgeteilt und gleichzeit die Machbarkeit sichergestellt werden.

== Prinzipien ==

[[Datei:Contraction convergence de.svg|mini|Beispiel für Kontraktion und Konvergenz verschiedener Ländergruppen]]
[[Datei:Contraction convergence de.svg|mini|Beispiel für Kontraktion und Konvergenz verschiedener Ländergruppen]]
''Kontraktion und Konvergenz'' geht von einem globalen Kohlenstoffbudget aus, dass die Menschheit höchstens noch emittieren kann, wenn die globale Erwärmung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf ein bestimmtes Niveau begrenzt werden soll. Der Ansatz umfasst hierbei die Emissionen von CO<sub>2</sub> und anderen Treibhausgasen, soweit verlässliche, länderspezifische Daten über deren Emissionen vorliegen. Das Kohlenstoffbudget wird als endliches, weltweites [[Allmendegut]] angesehen. Kontraktion und Konvergenz schlägt nun nun einen Rahmen vor, wie das verbliebene Budget auf alle Länder der Erde verteilt und die jährlichen Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau verringert werden können.
'''Kontraktion und Konvergenz''', von engl. '''Contraction and convergence''', oft auch als ''Verringerung und Konvergenz'' übersetzt, beschreibt ein Konzept des [[Klimaschutz]]es, das aus zwei Dimensionen besteht: ''Kontraktion'' bezieht sich auf die notwendige Reduktion des [[Treibhausgas]]-Ausstoßes, um die [[globale Erwärmung]] einzudämmen. ''Konvergenz'' bedeutet, die insgesamt gesunkene Emissionsmenge gerecht auf alle Menschen aufzuteilen.


=== Kontraktion ===
Die Konvergenz-Idee geht davon aus, dass jedem Menschen die gleiche [[Kohlendioxid]]-Emissionsmenge zugestanden wird. Da die Weltbevölkerung von derzeit etwa 7 Milliarden Menschen (2011) auf bis zu 10 Milliarden Menschen im Jahr 2100 zunehmen wird und gleichzeitig die weltweiten CO<sub>2</sub>-Emissionen gesenkt werden sollen, folgt daraus, dass auch das personenbezogene CO<sub>2</sub>-Budget mit der Zeit abnehmen muss.
Die Kontraktion, also die Verringerung der über alle Länder summierten Emissionen, muss dabei so zügig erfolgen, dass das Kohlenstoffbudget eingehalten wird. Es wird hier meist von einem Kohlenstoffbudget ausgegangen, dass im Einklang mit dem auf der [[UN-Klimakonferenz in Cancún 2010]] anerkannten [[Zwei-Grad-Ziel]] steht. Das nachhaltige Emissionsniveau beträgt bei einer Weltbevölkerung von derzeit etwa 7 Milliarden Menschen (2011) ca. 1–2 Tonnen CO<sub>2</sub> pro Kopf. Wächst die Weltbevölkerung, wie prognostiziert, auf bis zu 10 Milliarden Menschen im Jahr 2100, folgt bei einem konstanten aggregierten Emissionsniveau zum Ende der Kontraktionsphase, dass auch danach noch das personenbezogene nachhaltige CO<sub>2</sub>-Niveau mit der Zeit abnehmen muss.

=== Konvergenz ===
Die Konvergenz-Idee geht davon aus, dass jedem Menschen die gleiche [[Kohlendioxid]]-Emissionsmenge zugestanden werden soll. Dieses Gerechtigkeitsziel (siehe [[Klimagerechtigkeit]]) soll mit dem Ende der Konvergenz-Phase erreicht werden. Gleichzeitig soll die Konvergenz aber auch einzelne Länder nicht überfordern, damit in ausreichendem Maß alternative Energiequellen erschlossen, Energieeffizienz-Maßnahmen umgesetzt werden können. Daher erhalten Staaten initial eine Menge an Emissionsrechten, die sich an ihrem Bruttonationalprodukt (BNP) bzw. den bislang verursachten jährlichen Emissionen orientiert. Diese anfänglich dem BNP proportionale Zuteilung wird dann über den Konvergenzzeitraum immer mehr einer der Bevölkerungszahl proportionalen angenähert. Während Staaten, deren Emissionen über dem Konvergenzniveau liege, in dieser Phase ihre Emissionen deutlich reduzieren müssen, können einige Entwicklungsländer mit weit unterdurchschnittlichen Emissionen anfänglich noch ihre Emissionen steigern. So soll Entwicklungszielen Rechnung getragen werden. Seitdem der Vorschlag in den 1990er Jahren entwickelt wurde, ist aber mittlerweile ein so großer Anteil des Kohlenstoffbudgets verbraucht worden, dass auch die meisten Schwellenländer sehr bald ihre Emissionen reduzieren müssten.<ref>{{Literatur | Autor=Alina Averchenkova, [[Nicholas Stern]] und Dimitri Zenghelis | Titel=Taming the beasts of ‘burden-sharing’: an analysis of equitable mitigation actions and approaches to 2030 mitigation pledges | TitelErg=Policy paper | Monat=12 | Jahr=2014 | Herausgeber=Centre for Climate Change Economics and Policy, Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment | Seiten=11}}</ref>

=== Weitere Optionen ===
Das Konzept bezieht historische Emissionen nicht als zusätzliche Minderungsverpflichtungen mit ein. Im Gegenteil können hohe historische Emissionen in den Jahren vor Einrichtung eines Verfahrens nach den Prinzipien von Kontraktion und Konvergenz sogar für eine noch höhere initiale Zuteilung von Emissionsrechten sorgen. Beim Erreichen der Konvergenz hätten die Industrieländer dann historisch ein Vielfaches an Treibhausgasen ausgestoßen als Entwicklungsländer. Der Ökonom [[Nicholas Stern]], nannte aus diesem Grund das Konzept 2007 auf der [[UN-Klimakonferenz auf Bali]] eine „spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit”.<ref>Zitiert in: {{Internetquelle | autor=Jörg Haas | werk=Klima der Gerechtigkeit | url=http://www.klima-der-gerechtigkeit.de/eine-spektakular-schwache-form-von-gerechtigkeit/ | titel=… eine spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit | datum=2007-12-11 | zugriff=2015-09-11}}</ref> Das GCI schlägt als ausgleich Kompensationszahlungen vor.<ref>{{Literatur | Autor=Aubrey Meyer | Titel=The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement | Jahr=1999 | Seiten=324}}</ref>

Verschiedentlich wird vorgeschlagen, dass Staaten über einen [[Emissionsrechtehandel]] Zuteilungen von Emissionsrechten verkaufen und kaufen können sollten. So können die Emissionsreduktionen dort, wo sie die geringsten Kosten verursachen, erfolgen. In einen solchen Emissionshandel können dann auch nicht-staatliche Emissionen aus dem internationalen Luft- und Seeverkehr miteinbezogen werden.<ref>{{Literatur | Autor=Aubrey Meyer | Titel=The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement | Jahr=1999 | Seiten=312,321–322}}</ref><ref>{{Literatur | Autor=Michael R. Raupach | Titel=Sharing a quota on cumulative carbon emissions | Jahr=2014 | Sammelwerk=[[Nature Climate Change]] | DOI=10.1038/nclimate2384 | Seiten=876}}</ref>

== Entwicklung und klimapolitische Bedeutung ==


Das Konzept wurde 1990 vom [[Global Commons Institute]] in dreijähriger Arbeit entwickelt. 2007 wurde es im deutschsprachigen Raum unter dem Namen [[Kohlenstoff-Gerechtigkeit]] erstmals von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.
Das Konzept wurde 1990 vom [[Global Commons Institute]] in dreijähriger Arbeit entwickelt. 2007 wurde es im deutschsprachigen Raum unter dem Namen [[Kohlenstoff-Gerechtigkeit]] erstmals von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.

Das Konzept wurde von einer Reihe politischer und wissenschaftlicher Akteure unterstützt.<ref>{{Literatur | Autor=Aubrey Meyer | Titel=The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement | Jahr=1999 | Seiten=302}}</ref> Der [[Sachverständigenrat für Umweltfragen]] empfahl Kontraktion und Konvergenz mit dem Konvergenzjahr 2050.<ref>{{Literatur | Autor=[[Hartmut Graßl]] u.&nbsp;a. | Herausgeber=Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen | Titel=Über Kioto hinaus denken – Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert | TitelErg=Sondergutachten | Tag=10 | Monat=11 | Jahr=2003 | ISBN=3936191034 | Seiten=65}}</ref>

== Anwendung außerhalb der Klimapolitik ==


Inzwischen ist der Anwendungsbereich des Konzepts erweitert worden: Nicht nur die Treibhausgasemissionen sollen verringert und weltweit vereinheitlicht werden, sondern der gesamte Naturverbrauch des Menschen. Dieser Vorschlag wird unter anderem in der vom [[Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie | Wuppertal Institut]] herausgegebenen Studie ''Fair Future'' formuliert.<ref>{{Literatur | Herausgeber=Wuppertal Institut | Jahr=2005 | Titel=Fair Future | Kapitel=5.1 Kontraktion und Konvergenz | Verlag=C.H. Beck | ISBN=3406527884}}</ref> Der [[World Wildlife Fund|WWF]] entwickelte mit dem ''Living Planet Report'' für den gesamten [[Ökologischer Fußabdruck | ökologischen Fußabdruck]] der Menschheit ein gleichartiges Zukunftsmodell, das zur Vermeidung von Verwechslungen die Bezeichnung ''S & S'' (''Shrink and Share'') erhielt.<ref>{{Literatur | Herausgeber=WWF | Titel=Living Planet Report 2006 | Ort=Gland, Switzerland | Online=[http://assets.panda.org/downloads/living_planet_report.pdf (PDF; 4,6 MB)]}}</ref>
Inzwischen ist der Anwendungsbereich des Konzepts erweitert worden: Nicht nur die Treibhausgasemissionen sollen verringert und weltweit vereinheitlicht werden, sondern der gesamte Naturverbrauch des Menschen. Dieser Vorschlag wird unter anderem in der vom [[Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie | Wuppertal Institut]] herausgegebenen Studie ''Fair Future'' formuliert.<ref>{{Literatur | Herausgeber=Wuppertal Institut | Jahr=2005 | Titel=Fair Future | Kapitel=5.1 Kontraktion und Konvergenz | Verlag=C.H. Beck | ISBN=3406527884}}</ref> Der [[World Wildlife Fund|WWF]] entwickelte mit dem ''Living Planet Report'' für den gesamten [[Ökologischer Fußabdruck | ökologischen Fußabdruck]] der Menschheit ein gleichartiges Zukunftsmodell, das zur Vermeidung von Verwechslungen die Bezeichnung ''S & S'' (''Shrink and Share'') erhielt.<ref>{{Literatur | Herausgeber=WWF | Titel=Living Planet Report 2006 | Ort=Gland, Switzerland | Online=[http://assets.panda.org/downloads/living_planet_report.pdf (PDF; 4,6 MB)]}}</ref>


== Vergleich mit anderen Lastenteilungsverfahren ==
Kritik erntete das Konzept unter anderem vom Ökonomen [[Nicholas Stern]], der es 2007 auf der [[UN-Klimakonferenz auf Bali]] eine „spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit” nannte.<ref>Zitiert in: {{Internetquelle | autor=Jörg Haas | werk=Klima der Gerechtigkeit | url=http://www.klima-der-gerechtigkeit.de/eine-spektakular-schwache-form-von-gerechtigkeit/ | titel=… eine spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit | datum=2007-12-11 | zugriff=2015-09-11}}</ref> Grund dafür ist, dass beim angenommenen Erreichen der Konvergenz die Industrieländer historisch bereits ein Vielfaches an Treibhausgasen ausgestoßen hätten als Entwicklungsländer.


Ein alternatives Konzept, das historische Emissionen (Verantwortung) und gegenwärtige Leistungsfähigkeit (Capacities) der Staaten in ein Viel-Indikatoren-Modell aufnimmt, ist das Modell der [[Greenhouse Development Rights]] (GDRs) des Instituts ''Eco-Equity'', gefördert durch die [[Heinrich-Böll-Stiftung]], und [[ChristianAid]].<ref>{{Internetquelle | titel=Greenhouse Development Right | hrsg=Eco-Equity | zugriff=2015-09-11 | url=http://gdrights.org/}}</ref> In einem im im Vorfeld der [[UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009]] von der Böll-Stiftung herausgegebenen Vergleich sprechen die Ethiker Kraus und [[Konrad Ott|Ott]] dem Konzept von Kontraktion und Konvergenz unter anderem die bessere politische Akzeptabilität, eine leichtere Implementierbarkeit und eine sicherere ethische Basis zu. Der Wissenschaftsautor Santarius hebt hervor, dass Kontraktion und Konvergenz die historische Verantwortung der Industrieländer nicht berücksichtigt und Entwicklungsländer kaum dem Konzept zustimmen können, weil es sie bald zur Emissionsreduktion verpflichten würde. Eine ausreichende politische Unterstützung für GDRs sieht er ebenfalls als problematisch an.<ref>{{Literatur | Autor=Katrin Kraus, Konrad Ott und Tilman Santarius | Titel=How Fair is Fair Enough? Two climate concepts compared | Sammelwerk=Böll thema | Jahr=2009 | Nummer=2 | Online=[https://www.boell.de/sites/default/files/BoellThema_english_2-09.pdf PDF]}}</ref>
Ein alternatives Konzept, das historische Emissionen (Verantwortung) und gegenwärtige Leistungsfähigkeit (Capacities) der Staaten in ein Viel-Indikatoren-Modell aufnimmt, ist das Modell der [[Greenhouse Development Rights]] (GDRs) des Instituts ''Eco-Equity'', gefördert durch die [[Heinrich-Böll-Stiftung]], und [[ChristianAid]].<ref>{{Internetquelle | titel=Greenhouse Development Right | hrsg=Eco-Equity | zugriff=2015-09-11 | url=http://gdrights.org/}}</ref> In einem im im Vorfeld der [[UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009]] von der Böll-Stiftung herausgegebenen Vergleich sprechen die Ethiker Kraus und [[Konrad Ott|Ott]] dem Konzept von Kontraktion und Konvergenz unter anderem die bessere politische Akzeptabilität, eine leichtere Implementierbarkeit und eine sicherere ethische Basis zu. Der Wissenschaftsautor Santarius hebt hervor, dass Kontraktion und Konvergenz die historische Verantwortung der Industrieländer nicht berücksichtigt und Entwicklungsländer kaum dem Konzept zustimmen können, weil es sie bald zur Emissionsreduktion verpflichten würde. Eine ausreichende politische Unterstützung für GDRs sieht er ebenfalls als problematisch an.<ref>{{Literatur | Autor=Katrin Kraus, Konrad Ott und Tilman Santarius | Titel=How Fair is Fair Enough? Two climate concepts compared | Sammelwerk=Böll thema | Jahr=2009 | Nummer=2 | Online=[https://www.boell.de/sites/default/files/BoellThema_english_2-09.pdf PDF]}}</ref>

Version vom 26. September 2015, 01:14 Uhr

Kontraktion und Konvergenz, von engl. Contraction and convergence, oft auch als Verringerung und Konvergenz übersetzt, ist ein Lastenteilungsverfahren des Klimaschutzes. Es besteht aus zwei Dimensionen: Kontraktion bezeichnet die Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes insgesamt auf ein Zielniveau, dass die globale Erwärmung begrenzt. Konvergenz bedeutet, dass die pro-Kopf Emissionen verschiedener Länder sich annähern und schließlich in einem Zieljahr angleichen sollen. So soll die insgesamt sinkende Emissionsmenge gerecht auf alle Menschen aufgeteilt und gleichzeit die Machbarkeit sichergestellt werden.

Prinzipien

Beispiel für Kontraktion und Konvergenz verschiedener Ländergruppen

Kontraktion und Konvergenz geht von einem globalen Kohlenstoffbudget aus, dass die Menschheit höchstens noch emittieren kann, wenn die globale Erwärmung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf ein bestimmtes Niveau begrenzt werden soll. Der Ansatz umfasst hierbei die Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen, soweit verlässliche, länderspezifische Daten über deren Emissionen vorliegen. Das Kohlenstoffbudget wird als endliches, weltweites Allmendegut angesehen. Kontraktion und Konvergenz schlägt nun nun einen Rahmen vor, wie das verbliebene Budget auf alle Länder der Erde verteilt und die jährlichen Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau verringert werden können.

Kontraktion

Die Kontraktion, also die Verringerung der über alle Länder summierten Emissionen, muss dabei so zügig erfolgen, dass das Kohlenstoffbudget eingehalten wird. Es wird hier meist von einem Kohlenstoffbudget ausgegangen, dass im Einklang mit dem auf der UN-Klimakonferenz in Cancún 2010 anerkannten Zwei-Grad-Ziel steht. Das nachhaltige Emissionsniveau beträgt bei einer Weltbevölkerung von derzeit etwa 7 Milliarden Menschen (2011) ca. 1–2 Tonnen CO2 pro Kopf. Wächst die Weltbevölkerung, wie prognostiziert, auf bis zu 10 Milliarden Menschen im Jahr 2100, folgt bei einem konstanten aggregierten Emissionsniveau zum Ende der Kontraktionsphase, dass auch danach noch das personenbezogene nachhaltige CO2-Niveau mit der Zeit abnehmen muss.

Konvergenz

Die Konvergenz-Idee geht davon aus, dass jedem Menschen die gleiche Kohlendioxid-Emissionsmenge zugestanden werden soll. Dieses Gerechtigkeitsziel (siehe Klimagerechtigkeit) soll mit dem Ende der Konvergenz-Phase erreicht werden. Gleichzeitig soll die Konvergenz aber auch einzelne Länder nicht überfordern, damit in ausreichendem Maß alternative Energiequellen erschlossen, Energieeffizienz-Maßnahmen umgesetzt werden können. Daher erhalten Staaten initial eine Menge an Emissionsrechten, die sich an ihrem Bruttonationalprodukt (BNP) bzw. den bislang verursachten jährlichen Emissionen orientiert. Diese anfänglich dem BNP proportionale Zuteilung wird dann über den Konvergenzzeitraum immer mehr einer der Bevölkerungszahl proportionalen angenähert. Während Staaten, deren Emissionen über dem Konvergenzniveau liege, in dieser Phase ihre Emissionen deutlich reduzieren müssen, können einige Entwicklungsländer mit weit unterdurchschnittlichen Emissionen anfänglich noch ihre Emissionen steigern. So soll Entwicklungszielen Rechnung getragen werden. Seitdem der Vorschlag in den 1990er Jahren entwickelt wurde, ist aber mittlerweile ein so großer Anteil des Kohlenstoffbudgets verbraucht worden, dass auch die meisten Schwellenländer sehr bald ihre Emissionen reduzieren müssten.[1]

Weitere Optionen

Das Konzept bezieht historische Emissionen nicht als zusätzliche Minderungsverpflichtungen mit ein. Im Gegenteil können hohe historische Emissionen in den Jahren vor Einrichtung eines Verfahrens nach den Prinzipien von Kontraktion und Konvergenz sogar für eine noch höhere initiale Zuteilung von Emissionsrechten sorgen. Beim Erreichen der Konvergenz hätten die Industrieländer dann historisch ein Vielfaches an Treibhausgasen ausgestoßen als Entwicklungsländer. Der Ökonom Nicholas Stern, nannte aus diesem Grund das Konzept 2007 auf der UN-Klimakonferenz auf Bali eine „spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit”.[2] Das GCI schlägt als ausgleich Kompensationszahlungen vor.[3]

Verschiedentlich wird vorgeschlagen, dass Staaten über einen Emissionsrechtehandel Zuteilungen von Emissionsrechten verkaufen und kaufen können sollten. So können die Emissionsreduktionen dort, wo sie die geringsten Kosten verursachen, erfolgen. In einen solchen Emissionshandel können dann auch nicht-staatliche Emissionen aus dem internationalen Luft- und Seeverkehr miteinbezogen werden.[4][5]

Entwicklung und klimapolitische Bedeutung

Das Konzept wurde 1990 vom Global Commons Institute in dreijähriger Arbeit entwickelt. 2007 wurde es im deutschsprachigen Raum unter dem Namen Kohlenstoff-Gerechtigkeit erstmals von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.

Das Konzept wurde von einer Reihe politischer und wissenschaftlicher Akteure unterstützt.[6] Der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfahl Kontraktion und Konvergenz mit dem Konvergenzjahr 2050.[7]

Anwendung außerhalb der Klimapolitik

Inzwischen ist der Anwendungsbereich des Konzepts erweitert worden: Nicht nur die Treibhausgasemissionen sollen verringert und weltweit vereinheitlicht werden, sondern der gesamte Naturverbrauch des Menschen. Dieser Vorschlag wird unter anderem in der vom Wuppertal Institut herausgegebenen Studie Fair Future formuliert.[8] Der WWF entwickelte mit dem Living Planet Report für den gesamten ökologischen Fußabdruck der Menschheit ein gleichartiges Zukunftsmodell, das zur Vermeidung von Verwechslungen die Bezeichnung S & S (Shrink and Share) erhielt.[9]

Vergleich mit anderen Lastenteilungsverfahren

Ein alternatives Konzept, das historische Emissionen (Verantwortung) und gegenwärtige Leistungsfähigkeit (Capacities) der Staaten in ein Viel-Indikatoren-Modell aufnimmt, ist das Modell der Greenhouse Development Rights (GDRs) des Instituts Eco-Equity, gefördert durch die Heinrich-Böll-Stiftung, und ChristianAid.[10] In einem im im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 von der Böll-Stiftung herausgegebenen Vergleich sprechen die Ethiker Kraus und Ott dem Konzept von Kontraktion und Konvergenz unter anderem die bessere politische Akzeptabilität, eine leichtere Implementierbarkeit und eine sicherere ethische Basis zu. Der Wissenschaftsautor Santarius hebt hervor, dass Kontraktion und Konvergenz die historische Verantwortung der Industrieländer nicht berücksichtigt und Entwicklungsländer kaum dem Konzept zustimmen können, weil es sie bald zur Emissionsreduktion verpflichten würde. Eine ausreichende politische Unterstützung für GDRs sieht er ebenfalls als problematisch an.[11]

Literatur

  • Verringerung und Kontraktion (Aufruf des Global Commons Institute, deutsche Übersetzung; Verringerung und Kontraktion (PDF; 262 kB)).
  • Henrich, Károly (2006): Kontraktion & Konvergenz: Probleme der nachhaltigkeitsökonomischen Generalisierung eines klimapolitischen Zukunftsmodells. Universität Kassel, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge 83/06 (PDF; 433 kB).
  • Henrich, Károly (2007): Kontraktion und Konvergenz als Leitbegriffe der Politischen Ökonomie der Umwelt. Metropolis Verlag. ISBN 978-3-89518-604-2

Einzelnachweise

  1. Alina Averchenkova, Nicholas Stern und Dimitri Zenghelis: Taming the beasts of ‘burden-sharing’: an analysis of equitable mitigation actions and approaches to 2030 mitigation pledges. Policy paper. Hrsg.: Centre for Climate Change Economics and Policy, Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment. Dezember 2014, S. 11.
  2. Zitiert in: Jörg Haas: … eine spektakulär schwache Form von Gerechtigkeit. In: Klima der Gerechtigkeit. 11. Dezember 2007, abgerufen am 11. September 2015.
  3. Aubrey Meyer: The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement. 1999, S. 324.
  4. Aubrey Meyer: The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement. 1999, S. 312,321–322.
  5. Michael R. Raupach: Sharing a quota on cumulative carbon emissions. In: Nature Climate Change. 2014, S. 876, doi:10.1038/nclimate2384.
  6. Aubrey Meyer: The Kyoto Protocol and the Emergence of „Contraction and Convergence“ as a Framework for an International Political Solution to Greenhouse Gas Abatement. 1999, S. 302.
  7. Hartmut Graßl u. a.: Über Kioto hinaus denken – Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert. Sondergutachten. Hrsg.: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. 2003, ISBN 3-936191-03-4, S. 65.
  8. Wuppertal Institut (Hrsg.): Fair Future. C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-52788-4, 5.1 Kontraktion und Konvergenz.
  9. WWF (Hrsg.): Living Planet Report 2006. Gland, Switzerland ((PDF; 4,6 MB)).
  10. Greenhouse Development Right. Eco-Equity, abgerufen am 11. September 2015.
  11. Katrin Kraus, Konrad Ott und Tilman Santarius: How Fair is Fair Enough? Two climate concepts compared. In: Böll thema. Nr. 2, 2009 (PDF).

Weblinks