„Bodice Ripper“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Gliederung: Abschnitt "Sprachgebrauch"
Abschnitt "Sexualität"
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Kathleen E. Woodiwiss.JPG|mini|hochkant|Kathleen Woodiwiss, die Autorin des ersten „Bodice Ripper“]]
[[Datei:Kathleen E. Woodiwiss.JPG|mini|hochkant|Kathleen Woodiwiss, die Autorin des ersten „Bodice Ripper“]]
Der Ausdruck '''Bodice Ripper''' (Aussprache: {{IPA|/ˈbɑːdɪs ˈɹɪpɚ/}}) bezeichnet im nordamerikanischen Verlags- und Buchhandelsjargon einen in historischer Vergangenheit spielenden [[Liebesroman]], der aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur die Geschichte einer jungen Frau und eines etwas älteren Mannes erzählt, die im Verlaufe der Handlung über Konflikte und Missverständnisse hinweg zur großen Liebe finden. Eine Besonderheit der ''Bodice Ripper'', die ihn von anderen [[Liebesroman]]en unterscheidet, ist die ausgeprägte [[Gewalt]]tätigkeit, die der weiblichen Hauptfigur widerfährt: der Mann [[Vergewaltigung|vergewaltigt]] sie am Beginn der Handlung, oder vergewaltigt sie fast, und liefert damit den Auftakt zu einer von großer emotionaler und erotischer Spannung gekennzeichneten komplizierten Beziehung, die schließlich in ein [[Happy End]] einmündet. Die Bücher sind dickleibig und erzählen ihre Geschichte, deren Handlung sich oft über mehrere Kontinente erstreckt, über einen meist sehr weit gespannten zeitlichen Rahmen hinweg.<ref>{{Literatur | Autor=Margaret Ann Jenson | Titel=Love’s Sweet Return. The Harlequin Story | Verlag=Bowling Green State University Popular Press | Ort=Bowling Green, Ohio | Jahr=1984 | ISBN=0-87972-318-1 | Seiten=66 | Online = {{Google Buch|BuchID=yQJUhW3lNVUC |Seite=66 }}}} {{Internetquelle | url=http://www.theatlantic.com/sexes/archive/2013/03/beyond-bodice-rippers-how-romance-novels-came-to-embrace-feminism/274094/ |autor=Jessica Luther | titel=Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism |werk=The Atlantic |datum=18. März 2013 | zugriff=2016-06-22}}
Der Ausdruck '''Bodice Ripper''' (Aussprache: {{IPA|/ˈbɑːdɪs ˈɹɪpɚ/}}) bezeichnet im nordamerikanischen Verlags- und Buchhandelsjargon einen in historischer Vergangenheit spielenden [[Liebesroman]], der aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur die Geschichte einer jungen Frau und eines etwas älteren Mannes erzählt, die im Verlaufe der Handlung über Konflikte und Missverständnisse hinweg zur großen Liebe finden. Eine Besonderheit der ''Bodice Ripper'', die ihn von anderen [[Liebesroman]]en unterscheidet, ist die ausgeprägte [[Gewalt]]tätigkeit, die der weiblichen Hauptfigur widerfährt: der Mann, ein [[Sadismus|Sadist]], [[Vergewaltigung|vergewaltigt]] sie am Beginn der Handlung, oder vergewaltigt sie fast, und liefert damit den Auftakt zu einer von großer emotionaler und erotischer Spannung gekennzeichneten komplizierten Beziehung, die schließlich in ein [[Happy End]] einmündet. Die Bücher sind dickleibig und erzählen ihre Geschichte, deren Handlung sich oft über mehrere Kontinente erstreckt, über einen meist sehr weit gespannten zeitlichen Rahmen hinweg.<ref>{{Literatur | Autor=Margaret Ann Jenson | Titel=Love’s Sweet Return. The Harlequin Story | Verlag=Bowling Green State University Popular Press | Ort=Bowling Green, Ohio | Jahr=1984 | ISBN=0-87972-318-1 | Seiten=66 | Online = {{Google Buch|BuchID=yQJUhW3lNVUC |Seite=66 }}}} {{Internetquelle | url=http://www.theatlantic.com/sexes/archive/2013/03/beyond-bodice-rippers-how-romance-novels-came-to-embrace-feminism/274094/ |autor=Jessica Luther | titel=Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism |werk=The Atlantic |datum=18. März 2013 | zugriff=2016-06-22}}
{{Internetquelle | url=http://www.nytimes.com/1981/07/19/books/paperback-talk.html |autor=Ray Walters |titel=Paperback Talk |werk=The New York Times |datum=19. Juli 1981 | zugriff=2016-06-24}}</ref>
{{Internetquelle | url=http://www.nytimes.com/1981/07/19/books/paperback-talk.html |autor=Ray Walters |titel=Paperback Talk |werk=The New York Times |datum=19. Juli 1981 | zugriff=2016-06-24}}</ref>


Zeile 20: Zeile 20:
Avon ließ weitere Romane derselben Machart folgten, und andere Verlage kopierten das Konzept. Die charakterischen Frontdeckel der Taschenbücher hatten Ähnlichkeit mit den Frontdeckeln vieler [[Pulp-Magazin]]e, einem Typ von billig hergestellten Zeitschriften mit literarischen Geschichten, der in den USA bis in die 1950er Jahre stark verbreitet gewesen war.
Avon ließ weitere Romane derselben Machart folgten, und andere Verlage kopierten das Konzept. Die charakterischen Frontdeckel der Taschenbücher hatten Ähnlichkeit mit den Frontdeckeln vieler [[Pulp-Magazin]]e, einem Typ von billig hergestellten Zeitschriften mit literarischen Geschichten, der in den USA bis in die 1950er Jahre stark verbreitet gewesen war.


In den späten 1980er Jahren wanderten die Leserinnen in benachbarte Sparten ab, in denen nicht mehr vergewaltigt wurde. <ref>{{Internetquelle | url=http://www.theatlantic.com/sexes/archive/2013/03/beyond-bodice-rippers-how-romance-novels-came-to-embrace-feminism/274094/ |autor=Jessica Luther | titel=Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism |werk=The Atlantic |datum=18. März 2013 | zugriff=2016-06-22}}</ref> Schon in den 1970er Jahren waren neben den ''Bodice Rippers'' andere Formen von „Historical Romance Novels“ und „Romance Novels“ mit immer neuen thematischen Nischen entstanden.
In den späten 1980er Jahren wanderten die Leserinnen in benachbarte Sparten ab, in denen nicht mehr vergewaltigt wurde.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.theatlantic.com/sexes/archive/2013/03/beyond-bodice-rippers-how-romance-novels-came-to-embrace-feminism/274094/ |autor=Jessica Luther | titel=Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism |werk=The Atlantic |datum=18. März 2013 | zugriff=2016-06-22}}</ref>

== Sexualität ==
Kritiker stießen sich bereits in den 1970er Jahren an den Vergewaltigungsszenen, die sie nicht nur als brutal, sondern als schablonenhaft empfanden. Die Autoren, die 1981 die erste Konferenz der ''Romance Writers of America'' besuchten, wurden auf dieser Verstaltung davor gewarnt, Vergewaltigungsgeschichten zu schreiben, weil die Leser – so die Auffassung – solche Geschichten nicht mochten.<ref>{{Literatur | Autor=Hsu-Ming Teo | Titel=Desert Passions: Orientalism and Romance Novels | Verlag=University of Texas Press | Ort=Austin, TX | Jahr=2012 | ISBN=978-0-292-73938-3 | Seiten=155f | Online = {{Google Buch|BuchID=y7XK0xu4IaMC |Seite=155 }}}}</ref>

Nachdem im Jahre 1971 mit Kathleen Barrys Aufsatz ''The Vagina on Trial''<ref>{{Internetquelle | url=http://www.cwluherstory.org/the-vagina-on-trial.html |autor=Kathleen Barry | titel=The Vagina on Trial | zugriff=2016-06-25}}</ref> eines der ersten Thesenpapiere zur Funktion der Vergewaltigung in der [[Patriarchat (Soziologie)|patriarchalischen]] Gesellschaft erschienen war, befürchteten [[Feminismus|Feministinnen]], dass Frauen durch solche Lektüre daran gewöhnt werden könnten, Vergewaltigung und [[häusliche Gewalt]] als selbstverständlichen Teil ihres eigenen Lebens zu akzeptieren. Der ''Bodice Ripper'' zeigte unschuldige [[Jungfrau]]en, die durch Vergewaltigung zu [[Nymphomanie|Nymphomaninnen]] und romantisch Liebenden wurden: ein Szenario, das nach feministischer Auffassung mit den Fantasien realer Vergewaltiger erschreckend genau übereinstimmte.<ref>{{Literatur | Autor=Hsu-Ming Teo | Titel=Desert Passions: Orientalism and Romance Novels | Verlag=University of Texas Press | Ort=Austin, TX | Jahr=2012 | ISBN=978-0-292-73938-3 | Seiten=156f | Online = {{Google Buch|BuchID=y7XK0xu4IaMC |Seite=156 }}}}</ref>

Spätere Feministinnen wie Tania Modleski und Deborah Lutz haben diese Deutung in Frage gestellt und argumentiert, dass diese Romane darauf hinauslaufen, den anfangs sadistischen Vergewaltiger zu domestizieren und ihn der Heldin letztlich zu unterwerfen.<ref>{{Literatur | Autor=Tania Modleski | Titel=Loving with a Vengeance: Mass-Produced Fantasies for Women | Verlag=Archon | Ort=Hamden, CT | Jahr=1982 | ISBN= }} {{Literatur | Autor=Deborah Lutz | Titel=The Dangerous Lover: Gothic Villains, Byronism, and the Nineteenth-Century Seduction Narrative | Verlag=Ohio State University Press | Ort=Columbus, OH | Jahr=2006 | ISBN= }} {{Literatur | Autor=Hsu-Ming Teo | Titel=Desert Passions: Orientalism and Romance Novels | Verlag=University of Texas Press | Ort=Austin, TX | Jahr=2012 | ISBN=978-0-292-73938-3 | Seiten=157f | Online = {{Google Buch|BuchID=y7XK0xu4IaMC |Seite=157 }}}}</ref> 1998 wurde in einer Studie aufgewiesen, dass mehr als die Hälfte der Frauen ein sexuelles Überwältigtwerden, das sie in der Realität als vernichtend und traumatisch empfinden würden, in der literarischen [[Fiktion]] als lustvoll zu genießen vermögen.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9681121 |autor=D.S. Strassberg, L.K. Lockerd | titel=Force in women’s sexual fantasies |werk=Archives of Sexual Behavior, Band 27, Heft 4, August 1998, S. 403–414 | zugriff=2016-06-25}}</ref> Wie die Kulturhistorikerin Hsu-Ming Teo aufgewiesen hat, erscheinen die Heldinnen der ''Bodice Rippers'' niemals als Opfer oder als gebrochene Frauen, sondern als Überwinderinnen, die am Ende über jede Härte triumphieren.<ref>{{Literatur | Autor=Hsu-Ming Teo | Titel=Desert Passions: Orientalism and Romance Novels | Verlag=University of Texas Press | Ort=Austin, TX | Jahr=2012 | ISBN=978-0-292-73938-3 | Seiten=159 | Online = {{Google Buch|BuchID=y7XK0xu4IaMC |Seite=159 }}}} {{Literatur | Autor=Sabine Sielke | Titel=„Crisis, What Crisis?“ |Herausgeber=Jürgen Martschukat, Olaf Stieglitz |Sammelwerk=Väter, Soldaten, Liebhaber. Männer und Männlichkeiten in der Geschichte Nordamerikas | Verlag=transcript | Ort=Bielefeld | Jahr=2007 | ISBN=978-3-89942-664-9 | Seiten=43–64 | Online={{Google Buch|BuchID=OV5PBwAAQBAJ |Seite=43 }}}}</ref>


== Erfolgreiche Beispiele ==
== Erfolgreiche Beispiele ==
Zeile 32: Zeile 39:
*[[Natasha Peters]]: ''Savage Surrender'' (1977, Ace)
*[[Natasha Peters]]: ''Savage Surrender'' (1977, Ace)
*[[Johanna Lindsey]]: ''Wogen der Leidenschaft'' (''A Pirate’s Love'', 1978, Avon)
*[[Johanna Lindsey]]: ''Wogen der Leidenschaft'' (''A Pirate’s Love'', 1978, Avon)
*Christina Nicholson (= [[Christopher Nicole]]): ''The Savage Sands'' (1978, Coward, McCann & Geoghegan)
*[[Bertrice Small]]: ''The Kadin'' (1978, Avon)
*[[Bertrice Small]]: ''The Kadin'' (1978, Avon)
*[[Catherine Coulter]]: ''Devil’s Embrace'' (1982, Penguin)
*[[Catherine Coulter]]: ''Devil’s Embrace'' (1982, Penguin)
Zeile 40: Zeile 48:


== Literatur ==
== Literatur ==
*{{Literatur | Autor=Lisa Fletcher | Titel=Historical Romance Fiction: Heterosexuality
 and Performativity | Verlag=Ashgate | Ort=Burlington, VT | Jahr=2008 | ISBN= | Seiten= }}
*{{Literatur | Autor=Lisa Fletcher | Titel=Historical Romance Fiction: Heterosexuality
 and Performativity | Verlag=Ashgate | Ort=Burlington, VT | Jahr=2008 | ISBN= | Seiten= }}
*{{Literatur | Autor=Carole Thurston | Titel=The Romance Revolution | Verlag=University of Illinois Press | Ort=Champaign, IL | Jahr=1987 | ISBN=978-0252012471 }}
*{{Literatur | Autor=Carole Thurston | Titel=The Romance Revolution | Verlag=University of Illinois Press | Ort=Champaign, IL | Jahr=1987 | ISBN=978-0252012471 }}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 25. Juni 2016, 18:06 Uhr

Kathleen Woodiwiss, die Autorin des ersten „Bodice Ripper“

Der Ausdruck Bodice Ripper (Aussprache: /ˈbɑːdɪs ˈɹɪpɚ/) bezeichnet im nordamerikanischen Verlags- und Buchhandelsjargon einen in historischer Vergangenheit spielenden Liebesroman, der aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur die Geschichte einer jungen Frau und eines etwas älteren Mannes erzählt, die im Verlaufe der Handlung über Konflikte und Missverständnisse hinweg zur großen Liebe finden. Eine Besonderheit der Bodice Ripper, die ihn von anderen Liebesromanen unterscheidet, ist die ausgeprägte Gewalttätigkeit, die der weiblichen Hauptfigur widerfährt: der Mann, ein Sadist, vergewaltigt sie am Beginn der Handlung, oder vergewaltigt sie fast, und liefert damit den Auftakt zu einer von großer emotionaler und erotischer Spannung gekennzeichneten komplizierten Beziehung, die schließlich in ein Happy End einmündet. Die Bücher sind dickleibig und erzählen ihre Geschichte, deren Handlung sich oft über mehrere Kontinente erstreckt, über einen meist sehr weit gespannten zeitlichen Rahmen hinweg.[1]

Bodice Rippers werden der Trivialliteratur zugerechnet und im billigen Taschenbuchformat (Mass Market Paperback) für ein überwiegend weibliches Lesepublikum gemacht. Die Autoren sind fast ausschließlich weiblich und leben und schreiben meist in den Vereinigten Staaten.[2]

Der Bodice Ripper entstand in den Vereinigten Staaten im Jahre 1972. Weil positive Darstellungen gewaltsamer Sexualität vor dem Hintergrund der Zweiten Welle der Frauenbewegung als frauenfeindlich empfunden wurden, verlor dieser Romantypus in den 1980er Jahren an Bedeutung und verschwand um 1990 vollständig.

Frontdeckel

Der Ausdruck „Bodice Ripper“ (englisch für „Mieder-Reißer“) rührt daher, dass auf dem Frontdeckel vieler dieser Romane eine nur mit einem Mieder bekleidete junge Frau dargestellt wird, nach der ein gutaussehender Mann greift.[3]

Seit Ende der 1980er Jahre sind keine neuen Bodice Rippers im engen Wortsinne – Romane, in denen es um gewaltsamen Sex geht – mehr erschienen. Entsprechende Frontdeckel werden von den Verlagen jedoch bis in die Gegenwart verwendet, besonders um Romane zu kennzeichnen, die in der Branche als „Erotic Historical Romance“ eingestuft werden.[4]

Sprachgebrauch

Mit dem Bodice Ripper war in den Vereinigten Staaten 1972 das erste und prototypische Subgenre einer neuen „Romance Novel“ entstanden, die in Nordamerika bis heute einen erheblichen Marktanteil behauptet. Im offiziellen Sprachgebrauch des Buchhandels fallen die Bodice Ripper in die Sparte „Historical Romance“, die heute auch eine ganze Anzahl jüngerer Subgenres umfasst, wie z. B. die Erotic Historical Romance, die Western Romance, die Highlander Romance oder die Regency Romance. Nach dem Prinzip Pars pro toto wird der Ausdruck „Bodice Ripper“ – ebenso wie die deutsche Übersetzung „Nackenbeißer“ – häufig nicht nur für Historical Romance Novel mit Darstellung sexueller Gewalt, sondern für triviale Liebesromanliteratur überhaupt verwendet.

Geschichte

1972 erschien in den Vereinigten Staaten Kathleen E. Woodiwiss’ Debütroman Wohin der Sturm uns trägt (Originaltitel: The Flame and the Flower), ein um 1800 in den amerikanischen Südstaaten spielendes Frauenschicksalsdrama über eine junge Frau, die nach Schwängerung durch Vergewaltigung mit dem Täter zwangsverheiratet wird, nach und nach jedoch den guten Charakter ihres Peinigers erkennt und ihn zu lieben beginnt. Unter Marketinggesichtspunkten stellte die Publikation dieses Romans eine bedeutende Neuerung dar, weil der Verlag, Avon, der Taschenbuchausgabe nicht wie sonst branchenüblich eine gebundene Ausgabe vorausgehen ließ, sondern das sehr billig gemachte Mass-Market Paperback sofort auf den Markt brachte. Schon in den ersten vier Jahren verkaufte Avon 2,3 Millionen Exemplare.[5]

Avon ließ weitere Romane derselben Machart folgten, und andere Verlage kopierten das Konzept. Die charakterischen Frontdeckel der Taschenbücher hatten Ähnlichkeit mit den Frontdeckeln vieler Pulp-Magazine, einem Typ von billig hergestellten Zeitschriften mit literarischen Geschichten, der in den USA bis in die 1950er Jahre stark verbreitet gewesen war.

In den späten 1980er Jahren wanderten die Leserinnen in benachbarte Sparten ab, in denen nicht mehr vergewaltigt wurde.[6]

Sexualität

Kritiker stießen sich bereits in den 1970er Jahren an den Vergewaltigungsszenen, die sie nicht nur als brutal, sondern als schablonenhaft empfanden. Die Autoren, die 1981 die erste Konferenz der Romance Writers of America besuchten, wurden auf dieser Verstaltung davor gewarnt, Vergewaltigungsgeschichten zu schreiben, weil die Leser – so die Auffassung – solche Geschichten nicht mochten.[7]

Nachdem im Jahre 1971 mit Kathleen Barrys Aufsatz The Vagina on Trial[8] eines der ersten Thesenpapiere zur Funktion der Vergewaltigung in der patriarchalischen Gesellschaft erschienen war, befürchteten Feministinnen, dass Frauen durch solche Lektüre daran gewöhnt werden könnten, Vergewaltigung und häusliche Gewalt als selbstverständlichen Teil ihres eigenen Lebens zu akzeptieren. Der Bodice Ripper zeigte unschuldige Jungfrauen, die durch Vergewaltigung zu Nymphomaninnen und romantisch Liebenden wurden: ein Szenario, das nach feministischer Auffassung mit den Fantasien realer Vergewaltiger erschreckend genau übereinstimmte.[9]

Spätere Feministinnen wie Tania Modleski und Deborah Lutz haben diese Deutung in Frage gestellt und argumentiert, dass diese Romane darauf hinauslaufen, den anfangs sadistischen Vergewaltiger zu domestizieren und ihn der Heldin letztlich zu unterwerfen.[10] 1998 wurde in einer Studie aufgewiesen, dass mehr als die Hälfte der Frauen ein sexuelles Überwältigtwerden, das sie in der Realität als vernichtend und traumatisch empfinden würden, in der literarischen Fiktion als lustvoll zu genießen vermögen.[11] Wie die Kulturhistorikerin Hsu-Ming Teo aufgewiesen hat, erscheinen die Heldinnen der Bodice Rippers niemals als Opfer oder als gebrochene Frauen, sondern als Überwinderinnen, die am Ende über jede Härte triumphieren.[12]

Erfolgreiche Beispiele

Literatur

  • Lisa Fletcher: Historical Romance Fiction: Heterosexuality
 and Performativity. Ashgate, Burlington, VT 2008.
  • Carole Thurston: The Romance Revolution. University of Illinois Press, Champaign, IL 1987, ISBN 978-0-252-01247-1.

Einzelnachweise

  1. Margaret Ann Jenson: Love’s Sweet Return. The Harlequin Story. Bowling Green State University Popular Press, Bowling Green, Ohio 1984, ISBN 0-87972-318-1, S. 66 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Jessica Luther: Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism. In: The Atlantic. 18. März 2013, abgerufen am 22. Juni 2016. Ray Walters: Paperback Talk. In: The New York Times. 19. Juli 1981, abgerufen am 24. Juni 2016.
  2. Margaret Ann Jenson: Love’s Sweet Return. The Harlequin Story. Bowling Green State University Popular Press, Bowling Green, Ohio 1984, ISBN 0-87972-318-1, S. 66 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Mark Athikakis: A Romance Glossary. Abgerufen am 20. Juni 2016. Anke Stieber: Nackenbeißer beißen nicht! In: Happy-Ende-Buecher.de. 7. Dezember 2011, abgerufen am 24. Juni 2016.
  4. Zum Beispiel viele Romane von Elizabeth Hoyt und von Lynette Vinet.
  5. Google Books: The Flame and the Flower. Abgerufen am 20. Juni 2016.
  6. Jessica Luther: Beyond Bodice-Rippers: How Romance Novels Came to Embrace Feminism. In: The Atlantic. 18. März 2013, abgerufen am 22. Juni 2016.
  7. Hsu-Ming Teo: Desert Passions: Orientalism and Romance Novels. University of Texas Press, Austin, TX 2012, ISBN 978-0-292-73938-3, S. 155 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Kathleen Barry: The Vagina on Trial. Abgerufen am 25. Juni 2016.
  9. Hsu-Ming Teo: Desert Passions: Orientalism and Romance Novels. University of Texas Press, Austin, TX 2012, ISBN 978-0-292-73938-3, S. 156 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Tania Modleski: Loving with a Vengeance: Mass-Produced Fantasies for Women. Archon, Hamden, CT 1982. Deborah Lutz: The Dangerous Lover: Gothic Villains, Byronism, and the Nineteenth-Century Seduction Narrative. Ohio State University Press, Columbus, OH 2006. Hsu-Ming Teo: Desert Passions: Orientalism and Romance Novels. University of Texas Press, Austin, TX 2012, ISBN 978-0-292-73938-3, S. 157 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. D.S. Strassberg, L.K. Lockerd: Force in women’s sexual fantasies. In: Archives of Sexual Behavior, Band 27, Heft 4, August 1998, S. 403–414. Abgerufen am 25. Juni 2016.
  12. Hsu-Ming Teo: Desert Passions: Orientalism and Romance Novels. University of Texas Press, Austin, TX 2012, ISBN 978-0-292-73938-3, S. 159 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Sabine Sielke: „Crisis, What Crisis?“ In: Jürgen Martschukat, Olaf Stieglitz (Hrsg.): Väter, Soldaten, Liebhaber. Männer und Männlichkeiten in der Geschichte Nordamerikas. transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-664-9, S. 43–64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).