„Spannungszustand“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Components_stress_tensor_cartesian.svg|mini|Komponenten eines Spannungszustands ''σ''<sub>ij</sub> an einem freigeschnittenen Würfel. Der erste Index verweist auf die Normalenrichtung der Fläche und der zweite Index auf die Wirkrichtung der Spannung.]]
Der '''Spannungszustand''' beschreibt die einzelnen [[Spannung (Mechanik)|Spannungen]], die unter Last in einem Bauteil oder einer Werkstoffprobe an einer bestimmten Stelle in der Ebene oder im dreidimensionalen Raum herrschen. Der Spannungszustand ist abhängig von der Beanspruchung ([[Zug (Mechanik)|Zug]], [[Druck (Physik)|Druck]], [[Biegung (mechanisch)|Biegung]], [[Torsion (Mechanik)|Torsion]], [[Scherung (Mechanik)|Scherung]]) und der Geometrie des Bauteils bzw. der Probe.
Der '''Spannungszustand''' ist die Gesamtheit der einzelnen [[Mechanische Spannung|Spannungen]], die in einem [[Belastung (Physik)|belasteten]] [[Körper (Physik)|Körper]] an einer bestimmten Stelle herrschen, siehe Bild. Der Körper kann [[Starrer Körper|starr]], [[Festkörper|fest]], [[Flüssigkeit|flüssig]] oder [[Gas|gasförmig]] sein. Der Spannungszustand ist abhängig von der Belastung ([[Druck (Physik)|Druck]], [[Scherung (Mechanik)|Scherung]] und bei Festkörpern zusätzlich [[Zug (Mechanik)|Zug]], [[Biegung (mechanisch)|Biegung]], [[Torsion (Mechanik)|Torsion]]) und der Geometrie des Körpers. Die Spannungen werden dabei in [[Normalspannung|Normal-]] und [[Schubspannung]]en unterschieden. Der [[Spannungstensor]] fasst einen Spannungszustand zu einem mathematischen Objekt zusammen.


== Grad des Spannungszustands ==
Die Spannungen werden dabei in [[Normalspannung|Normal-]] und [[Schubspannung]]en unterschieden. Der Grad des Spannungszustands wird dabei von der Anzahl der Hauptspannungen bestimmt.
Der Grad des Spannungszustands wird von der Anzahl der nicht verschwindenden [[Mechanische Spannung#Hauptspannung und Hauptspannungsrichtung|Hauptspannungen]] bestimmt.


Unter Zug bzw. Druck herrscht beispielsweise ein einachsiger Spannungszustand (in Richtung der Belastung nur Hauptspannungen, keine weiteren Spannungen).
Unter einaxialem Zug bzw. Druck herrscht ein einachsiger Spannungszustand (Hauptspannung in Belastungsrichtung, die beiden anderen Hauptspannungen sind null).


An der Oberfläche eines Bauteils/Probe herrschen stets ebene oder quasi ebene Spannungszustände (Zwei Hauptspannungen ungleich Null).
Bei biaxialem Zug herrscht ein biaxialer Spannungszustand (zwei Hauptspannungen in den Belastungsrichtungen, die dritte Hauptspannung senkrecht zur Ebene ist null). Auch an unbelasteten Teilen der Oberfläche eines Körpers herrschen ebene oder quasi ebene Spannungszustände.


In unregelmäßig geformten Bauteilen/Proben (Bsp.: ISO-V-Probe aus [[Kerbschlagbiegeversuch]]), in Krafteinleitungsstellen, oder bei ungleichförmiger Belastung treten meist dreiachsige, oder ''räumliche Spannungszustände'' mit drei nicht verschwindenden Hauptspannungen auf. Speziell im [[Hydrostatischer Druck|hydrostatischen]] Spannungszustand sind alle drei Hauptspannungen gleich.
In komplexen Bauteilen/Proben (Bsp.: ISO-V-Probe aus [[Kerbschlagbiegeversuch]]) treten meist dreiachsige Spannungszustände auf (Hauptspannungen in x, y,z Richtung).<br />Handelt es sich dabei in guter Näherung um linearelastische Körper, so werden diese Bauteile/Proben in der Regel gemäß der linearen [[Elastizitätstheorie]] durch [[Spannungstensor]]en beschrieben.


== Spezialfälle ==
Spannungszustände können anschaulich durch den [[Mohrscher Spannungskreis|Mohrschen Spannungskreis]] und den Spannungswürfel bzw. den Hauptspannungswürfel dargestellt werden.


=== Ebener Spannungszustand ===
Ebene Spannungszustände kommen, wie schon gesagt, bei biaxialem Zug oder an unbelasteten Teilen der Oberfläche von Körpern vor. Genauso kann auch in dünnen [[Schale (Technische Mechanik)|Schalen]], [[Flugmembran]]en oder [[Flächentragwerk]]en fernab von Krafteinleitungsstellen oder anderen Störstellen von einem ebenen Spannungszustand ausgegangen werden. Diese können anschaulich durch den [[Mohrscher Spannungskreis|Mohr’schen Spannungskreis]] dargestellt werden.

Ein ortsabhängiger Spannungszustand kann nur näherungsweise ein ebener sein, denn auf Grund der dann ebenfalls ortsabhängigen [[Querkontraktion]] des Körpers entstehen in ihm Schubverzerrungen, die senkrecht zur Ebene wirken. Diese Schubverzerrungen bewirken im Allgemeinen aber entsprechende, senkrecht zur Ebene wirkende Schubspannungen. Nur wenn diese vernachlässigbar klein sind, kann noch von einem ebenen Spannungszustand gesprochen werden.

=== Homogener Spannungszustand ===
Ein homogener Spannungszustand ist ein ortsunabhängiger Spannungszustand, der fernab von Strörstellen, wie Krafteinleitungsstellen oder [[Kerbe]]n, entsteht. In einem homogenen Spannungszustand wird das Tragverhalten eines Materials optimal ausgenutzt.

In einem ebenso homogenen Material stellt sich ein ebenso homogener Verzerrungszustand ein. Die [[Dehnung]] kann dann mit [[Dehnungsmessstreifen]], [[Messkamera]]s oder [[Messarm]]en bestimmt werden, die makroskopische Messapparaturen sind. Nur wenn in ihrem Messbereich ein homogener Zustand vorliegt, liefert die gemessene Dehnung im betrachteten Raumbereich einen aussagekräftigen Wert. Bei bekannter Belastung kann dann von den gemessenen Dehnungen auf das Spannungs-Dehnungs-Verhalten an einem materiellen Punkt geschlossen werden. Entsprechend ist der homogene Spannungszustand in der Materialtheorie und der Messtechnik von hervorragender Bedeutung.

In diesem Zusammenhang ist die ''universale Deformation'' wichtig, die bei beliebigem Material durch ausschließlich oberflächlig eingeleitete Spannungen hervor gerufen werden kann<ref>{{Literatur| Autor=C. Truesdell| Titel=Die Nicht-Linearen Feldtheorien der Mechanik| Herausgeber=S. Flügge| Sammelwerk=Handbuch der Physik| Band=Bd. III/3| Verlag=Springer| Jahr=2013| ISBN=978-3-642-46017-3| Kommentar=englisch|Seiten=184}}</ref>. Eine universale Deformation mit homogenem Spannungszustand wird bei ein- oder mehraxialem Zug, insbesondere hydrostatischem Druck, bei Scherung oder Torsion geschaffen.

=== Spannungszustände in Flächenträgern ===
{{Hauptartikel|Schale (Technische Mechanik)}}
[[Datei:Schalerb.png|mini|Membran- und Biegespannungszustand in einer durch eine Einzelkraft belasteten Kuppelschale]]
Das Bild zeigt eine Kuppelschale, die in ihrer Mitte mit einer Einzelkraft belastet wird. Fernab der Krafteinleitung liegt der ''Membranspannungszustand'' vor (blau im Bild). In der Umgebung der Krafteinleitung, die eine Störstelle ist, liegt ein ''Biegespannungszustand'' vor (grün).

Unter bestimmten Voraussetzungen werden bei einer [[Schale (Technische Mechanik)|Schale]] die Belastungen vorrangig durch über die Wandstärke konstant verteilte und zur Schalenmittelfläche parallele Spannungen zu den Stützen hin abgeleitet. In solchen Fällen wird von einem Dehnspannungs- oder Membranspannungszustand gesprochen, der auch im ''Scheibenspannungszustand'' ebener Flächentragwerke vorliegt, siehe [[Scheibentheorie]]. Im Membranspannungszustand wird das Tragverhalten des Materials optimal ausgenutzt. Der Membranspannungszustand bildet sich fernab von Krafteinleitungsstellen und anderer Strörstellen aus.

In der Nähe von Störstellen kommt es bei Schalen zum ungünstigeren Biegespannungszustand. In der Umgebung der Störstelle entstehen über die Schalendicke variierende Biegespannungen und Schubspannungen senkrecht zur Schalenmittelfläche. Nach dem [[Prinzip von St. Venant]] klingen die Störungen aber mit dem Abstand zur Störstelle rasch ab. Der Biegespannungszustand kann mit dem ''Plattenspannungszustand'' ebener Flächentragwerke verglichen werden, siehe [[Plattentheorie]].

== Anwendung in der Festigkeitslehre ==
Der Spannungszustand kann zur Charakterisierung von [[Verformung]]en in Bauteilen herangezogen werden, wobei [[Dehnung]]en dann auch noch eine Rolle spielen. Der Spannungszustand eignet sich insbesondere für Festigkeitsbetrachtungen in isotropen elastischen Festkörpern, wobei oft die Kenntnis einer oder mehrerer Spannungen im Querschnitt eines Bauteils an einer bestimmten Stelle oder an mehreren bestimmten Stellen für Rückschlüsse an anderer Stelle im gleichen Bauteil heranzuziehen versucht wird. Solche Festigkeitsbetrachtungen sind Gegenstand der [[Elastizitätstheorie|Elastizitäts-]] und der [[Plastizitätstheorie]]. Die Verformungen verursachen Spannungen und können durch [[Festigkeitsberechnung]]en oftmals systematisch ermittelt werden. Eine häufig verwendete Vorgehensweise ist dabei die, dass man die räumlichen Spannungszustände an einem aussagekräftigen Punkt in einem belasteten Bauteil ermittelt, indem man Dehnungen am Bauteil mit [[Dehnungsmessstreifen]]-[[Messtechnik]] misst, diese über bestimmte Rechnungen in einen [[Spannungstensor]] einbringt und anschließend durch [[Hauptachsentransformation]] extremale Spannungen ermittelt.
Der Spannungszustand kann zur Charakterisierung von [[Verformung]]en in Bauteilen herangezogen werden, wobei [[Dehnung]]en dann auch noch eine Rolle spielen. Der Spannungszustand eignet sich insbesondere für Festigkeitsbetrachtungen in isotropen elastischen Festkörpern, wobei oft die Kenntnis einer oder mehrerer Spannungen im Querschnitt eines Bauteils an einer bestimmten Stelle oder an mehreren bestimmten Stellen für Rückschlüsse an anderer Stelle im gleichen Bauteil heranzuziehen versucht wird. Solche Festigkeitsbetrachtungen sind Gegenstand der [[Elastizitätstheorie|Elastizitäts-]] und der [[Plastizitätstheorie]]. Die Verformungen verursachen Spannungen und können durch [[Festigkeitsberechnung]]en oftmals systematisch ermittelt werden. Eine häufig verwendete Vorgehensweise ist dabei die, dass man die räumlichen Spannungszustände an einem aussagekräftigen Punkt in einem belasteten Bauteil ermittelt, indem man Dehnungen am Bauteil mit [[Dehnungsmessstreifen]]-[[Messtechnik]] misst, diese über bestimmte Rechnungen in einen [[Spannungstensor]] einbringt und anschließend durch [[Hauptachsentransformation]] extremale Spannungen ermittelt.

== Einzelnachweise ==
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==
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* [[Eduard Pestel]], Jens Wittenburg: ''Technische Mechanik Bd. 2 : Festigkeitslehre.'' 2. überarb. und erw. Auflage, Bibliographisches Institut, Mannheim 1992, ISBN 3-411-14822-5
* [[Eduard Pestel]], Jens Wittenburg: ''Technische Mechanik Bd. 2 : Festigkeitslehre.'' 2. überarb. und erw. Auflage, Bibliographisches Institut, Mannheim 1992, ISBN 3-411-14822-5


== Normdaten ==
[[Kategorie:Kontinuumsmechanik]]
Spannungszustand
{{Normdaten|TYP=s|GND=4329548-4}}

Einachsiger Spannungszustand {{Normdaten|TYP=s|GND=4337432-3}}

Ebener Spannungszustand
{{Normdaten|TYP=s|GND=4552049-5}}

Räumlicher Spannungszustand
{{Normdaten|TYP=s|GND=4681930-7}}

[[Kategorie:Mechanische Spannung]]
[[Kategorie:Mechanische Spannung]]
[[Kategorie:Kontinuumsmechanik]]

Version vom 11. Dezember 2016, 12:12 Uhr

Komponenten eines Spannungszustands σij an einem freigeschnittenen Würfel. Der erste Index verweist auf die Normalenrichtung der Fläche und der zweite Index auf die Wirkrichtung der Spannung.

Der Spannungszustand ist die Gesamtheit der einzelnen Spannungen, die in einem belasteten Körper an einer bestimmten Stelle herrschen, siehe Bild. Der Körper kann starr, fest, flüssig oder gasförmig sein. Der Spannungszustand ist abhängig von der Belastung (Druck, Scherung und bei Festkörpern zusätzlich Zug, Biegung, Torsion) und der Geometrie des Körpers. Die Spannungen werden dabei in Normal- und Schubspannungen unterschieden. Der Spannungstensor fasst einen Spannungszustand zu einem mathematischen Objekt zusammen.

Grad des Spannungszustands

Der Grad des Spannungszustands wird von der Anzahl der nicht verschwindenden Hauptspannungen bestimmt.

Unter einaxialem Zug bzw. Druck herrscht ein einachsiger Spannungszustand (Hauptspannung in Belastungsrichtung, die beiden anderen Hauptspannungen sind null).

Bei biaxialem Zug herrscht ein biaxialer Spannungszustand (zwei Hauptspannungen in den Belastungsrichtungen, die dritte Hauptspannung senkrecht zur Ebene ist null). Auch an unbelasteten Teilen der Oberfläche eines Körpers herrschen ebene oder quasi ebene Spannungszustände.

In unregelmäßig geformten Bauteilen/Proben (Bsp.: ISO-V-Probe aus Kerbschlagbiegeversuch), in Krafteinleitungsstellen, oder bei ungleichförmiger Belastung treten meist dreiachsige, oder räumliche Spannungszustände mit drei nicht verschwindenden Hauptspannungen auf. Speziell im hydrostatischen Spannungszustand sind alle drei Hauptspannungen gleich.

Spezialfälle

Ebener Spannungszustand

Ebene Spannungszustände kommen, wie schon gesagt, bei biaxialem Zug oder an unbelasteten Teilen der Oberfläche von Körpern vor. Genauso kann auch in dünnen Schalen, Flugmembranen oder Flächentragwerken fernab von Krafteinleitungsstellen oder anderen Störstellen von einem ebenen Spannungszustand ausgegangen werden. Diese können anschaulich durch den Mohr’schen Spannungskreis dargestellt werden.

Ein ortsabhängiger Spannungszustand kann nur näherungsweise ein ebener sein, denn auf Grund der dann ebenfalls ortsabhängigen Querkontraktion des Körpers entstehen in ihm Schubverzerrungen, die senkrecht zur Ebene wirken. Diese Schubverzerrungen bewirken im Allgemeinen aber entsprechende, senkrecht zur Ebene wirkende Schubspannungen. Nur wenn diese vernachlässigbar klein sind, kann noch von einem ebenen Spannungszustand gesprochen werden.

Homogener Spannungszustand

Ein homogener Spannungszustand ist ein ortsunabhängiger Spannungszustand, der fernab von Strörstellen, wie Krafteinleitungsstellen oder Kerben, entsteht. In einem homogenen Spannungszustand wird das Tragverhalten eines Materials optimal ausgenutzt.

In einem ebenso homogenen Material stellt sich ein ebenso homogener Verzerrungszustand ein. Die Dehnung kann dann mit Dehnungsmessstreifen, Messkameras oder Messarmen bestimmt werden, die makroskopische Messapparaturen sind. Nur wenn in ihrem Messbereich ein homogener Zustand vorliegt, liefert die gemessene Dehnung im betrachteten Raumbereich einen aussagekräftigen Wert. Bei bekannter Belastung kann dann von den gemessenen Dehnungen auf das Spannungs-Dehnungs-Verhalten an einem materiellen Punkt geschlossen werden. Entsprechend ist der homogene Spannungszustand in der Materialtheorie und der Messtechnik von hervorragender Bedeutung.

In diesem Zusammenhang ist die universale Deformation wichtig, die bei beliebigem Material durch ausschließlich oberflächlig eingeleitete Spannungen hervor gerufen werden kann[1]. Eine universale Deformation mit homogenem Spannungszustand wird bei ein- oder mehraxialem Zug, insbesondere hydrostatischem Druck, bei Scherung oder Torsion geschaffen.

Spannungszustände in Flächenträgern

Membran- und Biegespannungszustand in einer durch eine Einzelkraft belasteten Kuppelschale

Das Bild zeigt eine Kuppelschale, die in ihrer Mitte mit einer Einzelkraft belastet wird. Fernab der Krafteinleitung liegt der Membranspannungszustand vor (blau im Bild). In der Umgebung der Krafteinleitung, die eine Störstelle ist, liegt ein Biegespannungszustand vor (grün).

Unter bestimmten Voraussetzungen werden bei einer Schale die Belastungen vorrangig durch über die Wandstärke konstant verteilte und zur Schalenmittelfläche parallele Spannungen zu den Stützen hin abgeleitet. In solchen Fällen wird von einem Dehnspannungs- oder Membranspannungszustand gesprochen, der auch im Scheibenspannungszustand ebener Flächentragwerke vorliegt, siehe Scheibentheorie. Im Membranspannungszustand wird das Tragverhalten des Materials optimal ausgenutzt. Der Membranspannungszustand bildet sich fernab von Krafteinleitungsstellen und anderer Strörstellen aus.

In der Nähe von Störstellen kommt es bei Schalen zum ungünstigeren Biegespannungszustand. In der Umgebung der Störstelle entstehen über die Schalendicke variierende Biegespannungen und Schubspannungen senkrecht zur Schalenmittelfläche. Nach dem Prinzip von St. Venant klingen die Störungen aber mit dem Abstand zur Störstelle rasch ab. Der Biegespannungszustand kann mit dem Plattenspannungszustand ebener Flächentragwerke verglichen werden, siehe Plattentheorie.

Anwendung in der Festigkeitslehre

Der Spannungszustand kann zur Charakterisierung von Verformungen in Bauteilen herangezogen werden, wobei Dehnungen dann auch noch eine Rolle spielen. Der Spannungszustand eignet sich insbesondere für Festigkeitsbetrachtungen in isotropen elastischen Festkörpern, wobei oft die Kenntnis einer oder mehrerer Spannungen im Querschnitt eines Bauteils an einer bestimmten Stelle oder an mehreren bestimmten Stellen für Rückschlüsse an anderer Stelle im gleichen Bauteil heranzuziehen versucht wird. Solche Festigkeitsbetrachtungen sind Gegenstand der Elastizitäts- und der Plastizitätstheorie. Die Verformungen verursachen Spannungen und können durch Festigkeitsberechnungen oftmals systematisch ermittelt werden. Eine häufig verwendete Vorgehensweise ist dabei die, dass man die räumlichen Spannungszustände an einem aussagekräftigen Punkt in einem belasteten Bauteil ermittelt, indem man Dehnungen am Bauteil mit Dehnungsmessstreifen-Messtechnik misst, diese über bestimmte Rechnungen in einen Spannungstensor einbringt und anschließend durch Hauptachsentransformation extremale Spannungen ermittelt.

Einzelnachweise

  1. C. Truesdell: Die Nicht-Linearen Feldtheorien der Mechanik. In: S. Flügge (Hrsg.): Handbuch der Physik. Band III/3. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-46017-3, S. 184 (englisch).

Literatur

  • Hans Göldner, Franz Holzweißig: Leitfaden der Technischen Mechanik : Statik, Festigkeitslehre, Kinematik, Dynamik. 11. verb. Auflage, Fachbuchverlag, Leipzig 1989, ISBN 3-343-00497-9
  • Eduard Pestel, Jens Wittenburg: Technische Mechanik Bd. 2 : Festigkeitslehre. 2. überarb. und erw. Auflage, Bibliographisches Institut, Mannheim 1992, ISBN 3-411-14822-5

Normdaten

Spannungszustand

Einachsiger Spannungszustand

Ebener Spannungszustand

Räumlicher Spannungszustand