„Optimum der Römerzeit“ – Versionsunterschied

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Der Klimatologe [[Christian-Dietrich Schönwiese]] entwarf 1979, unter Rückgriff auf Arbeiten von Hubert Lamb und Hermann Flohn, eine Periodisierung der Klimageschichte des Holozän. Darin kennzeichnete er mit dem Begriff „Optimum der Römerzeit“ – unter Verweis auf die Klimaverhältnisse im Alpenraum und Nordafrika – eine Epoche von 300 v. Chr. bis 400 n. Chr. als ähnlich warm oder wärmer als die Mittelalterliche Warmzeit und niederschlagsreich. Er zog Parallelen zur römischen Kaiserzeit von [[Augustus]] (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) bis zur größten Ausdehnung des Römischen Reiches (96 n. Chr. – 180 n. Chr.). Schönwiese wies ausdrücklich darauf hin, dass der Begriff „Optimum“ nicht im Sinn „global besserer Klimabedingungen“ bzw. als in einem normativen Sinn „gut“ fehlinterpretiert werden dürfe.<ref name="schoenwiese1979">{{Literatur |Autor=Christian-Dietrich Schönwiese |Titel=Klimaschwankungen |Datum=1979 |Verlag=Springer |Ort=Berlin, Heidelberg, New York |Reihe=Verständliche Wissenschaft |BandReihe=115 |Seiten=75–84}}</ref><ref name="schoenwiese1995">Christian-Dietrich Schönwiese: ''Klimaänderungen: Daten, Analysen, Prognosen.'' Berlin 1995, ISBN 3-540-59096-X, S. 79–80, 86</ref>
Der Klimatologe [[Christian-Dietrich Schönwiese]] entwarf 1979, unter Rückgriff auf Arbeiten von Hubert Lamb und Hermann Flohn, eine Periodisierung der Klimageschichte des Holozän. Darin kennzeichnete er mit dem Begriff „Optimum der Römerzeit“ – unter Verweis auf die Klimaverhältnisse im Alpenraum und Nordafrika – eine Epoche von 300 v. Chr. bis 400 n. Chr. als ähnlich warm oder wärmer als die Mittelalterliche Warmzeit und niederschlagsreich. Er zog Parallelen zur römischen Kaiserzeit von [[Augustus]] (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) bis zur größten Ausdehnung des Römischen Reiches (96 n. Chr. – 180 n. Chr.). Schönwiese wies ausdrücklich darauf hin, dass der Begriff „Optimum“ nicht im Sinn „global besserer Klimabedingungen“ bzw. als in einem normativen Sinn „gut“ fehlinterpretiert werden dürfe.<ref name="schoenwiese1979">{{Literatur |Autor=Christian-Dietrich Schönwiese |Titel=Klimaschwankungen |Datum=1979 |Verlag=Springer |Ort=Berlin, Heidelberg, New York |Reihe=Verständliche Wissenschaft |BandReihe=115 |Seiten=75–84}}</ref><ref name="schoenwiese1995">{{Literatur |Autor=Christian-Dietrich Schönwiese |Titel=Klimaänderungen: Daten, Analysen, Prognosen |Verlag=Springer |Ort=Berlin, Heidelberg, New York |Datum=1995 |ISBN=3-540-59096-X |Seiten=79–92}}</ref>


In der Periodisierung, wie sie bei Schönwiese zu finden ist, folgt auf das Optimum der Römerzeit das [[Pessimum der Völkerwanderungszeit]]. In der darauffolgenden [[Mittelalterliche Warmzeit|mittelalterlichen Warmzeit]] kam es auf der Nordhalbkugel zu einer erneuten Phase höherer Durchschnittstemperaturen.<ref name="schoenwiese1979"/>
In der Periodisierung, wie sie bei Schönwiese zu finden ist, folgt auf das Optimum der Römerzeit das [[Pessimum der Völkerwanderungszeit]]. In der darauffolgenden [[Mittelalterliche Warmzeit|mittelalterlichen Warmzeit]] kam es auf der Nordhalbkugel zu einer erneuten Phase höherer Durchschnittstemperaturen.<ref name="schoenwiese1979"/>

Version vom 30. November 2018, 14:15 Uhr

Als Optimum der Römerzeit (auch Römische Warmzeit oder Klimaoptimum der Römerzeit) werden in verschiedenen Periodisierungen der Klimageschichte klimatische Verhältnisse in Zeiträumen bezeichnet, die einige Jahrzehnte oder Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung beginnen und irgendwann zwischen dem zweiten und fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung enden. Räumlich sind damit in der Regel die Klimaverhältnisse des Mittelmeerraums und Europas, gelegentlich auch des Nordatlantikraums oder anderer Teile der Welt gemeint. Die Bezeichnung nimmt Bezug auf das Römische Reich, dessen Kaiserzeit (27 v. Chr.–284 n. Chr.) größtenteils in diesen Zeiträumen fällt. Häufig wird ein Zusammenhang zwischen den klimatischen Verhältnissen und den als prosperierend angesehenen Verhältnissen im Römischen Reich jener Zeit hergestellt.

Begriff und Abgrenzung

Entwicklung der Schneegrenze westnorwegischer Gletscher im Holozän, nach Liestøl (1960), in dem ein kleines Optimum als in römischer Zeit liegend markiert wird[1]; Skizze und Bezeichnung wurden von Schwarzbach 1961[2] und Flohn 1967[3] aufgegriffen

Beginnend in den 1960er Jahren, in der Frühzeit der Historischen Klimatologie, schlugen Pioniere dieses Zweiges, wie Hubert Lamb oder Emmanuel Le Roy Ladurie, Periodisierungen der Klimageschichte vor, die sie mit Epochen der traditionellen europäischen Geschichtsschreibung in Verbindung brachten.[4]

Der Klimatologe Christian-Dietrich Schönwiese entwarf 1979, unter Rückgriff auf Arbeiten von Hubert Lamb und Hermann Flohn, eine Periodisierung der Klimageschichte des Holozän. Darin kennzeichnete er mit dem Begriff „Optimum der Römerzeit“ – unter Verweis auf die Klimaverhältnisse im Alpenraum und Nordafrika – eine Epoche von 300 v. Chr. bis 400 n. Chr. als ähnlich warm oder wärmer als die Mittelalterliche Warmzeit und niederschlagsreich. Er zog Parallelen zur römischen Kaiserzeit von Augustus (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) bis zur größten Ausdehnung des Römischen Reiches (96 n. Chr. – 180 n. Chr.). Schönwiese wies ausdrücklich darauf hin, dass der Begriff „Optimum“ nicht im Sinn „global besserer Klimabedingungen“ bzw. als in einem normativen Sinn „gut“ fehlinterpretiert werden dürfe.[5][6]

In der Periodisierung, wie sie bei Schönwiese zu finden ist, folgt auf das Optimum der Römerzeit das Pessimum der Völkerwanderungszeit. In der darauffolgenden mittelalterlichen Warmzeit kam es auf der Nordhalbkugel zu einer erneuten Phase höherer Durchschnittstemperaturen.[5]

Auch in der Forschung des 21. Jahrhunderts wird der Begriff noch gebraucht. So gliedert der US-amerikanische Historiker Kyle Harper den Zeitraum von der römischen Kaiserzeit bis zur Spätantike in die Epochen: „römisches Klimapotimum“ (200 v. Chr. – 150 n. Chr.), Late Roman Transitional Period („spätrömische Übergangsperiode“, 150 n. Chr. – 450 n. Chr.)[7] und Late Antique Little Ice Age („Kleine Eiszeit der Spätantike“, 450 n. Chr. – 700 n. Chr.)[8]. Anhand dieser Gliederung stellt er die Entwicklung und Krisen des Römischen Reiches dar und stellt Zusammenhänge zwischen Seuchen (Antoninische Pest, Cyprianische Pest, Justinianische Pest), Klimaschwankungen und den geschichtlichen Entwicklungen her.[9]

Der Historiker John Haldon und andere merkten 2018 an, dass eine derartige Einteilung der Klimageschichte und ihrer Folgen zwar rhetorischen Wert hat, aber der Komplexität des vorliegenden Materials nicht gerecht wird. Eine solche Epochenbildung wird in der Forschung allmählich aufgegeben.[4]

Klimatische Verhältnisse

Das Klima Europas erwärmte sich wahrscheinlich um 1–2 °C.[10] Es war wahrscheinlich eher warm, aber nicht zu trocken. Die Temperaturen waren danach ähnlich wie die des 20. Jahrhunderts, nördlich der Alpen vielleicht etwas wärmer, jedoch nicht so warm wie gegenwärtig (1986–2015).[11] Nordafrika und der Nahe Osten waren feuchter. Als Klimamarker gilt die Bodenwanzenart Heterogaster urticae, die während des Optimums der Römerzeit auch in York nachweisbar ist.[12] Temperaturrekonstruktionen für diesen Zeitraum sind allerdings mit erheblicher Unsicherheit behaftet.

Folgen

Der Rückgang der Alpengletscher verbesserte die Passierbarkeit der Alpenpässe und erleichterte die Eroberung und Eingliederung von Gallien, Germania inferior, Germania superior, Raetia und Noricum in das Römische Reich.[6] Ab 280 n. Chr. wurde Wein in Germanien und Britannien angebaut.

In Nordeuropa stieg die Bevölkerungszahl und Goten, Gepiden und Wandalen begannen im 2. und 3. Jahrhundert ihre Wanderung nach Süden, um neue Siedlungsgebiete zu erschließen, zunächst in den Raum der Karpaten und des heutigen Südrusslands.

Literatur

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Nach Abbildung 100 in Olav Liestøl: Glaciers of the present day. In: Olaf Holtedahl (Hrsg.): Geology of Norway (= Norges Geologiske Undersökelse. Nr. 208). Oslo 1960.
  2. Martin Schwarzbach: Das Klima der Vorzeit: eine Einführung in die Paläoklimatologie. F. Enke, 1961, Abbildung 115 (Die Quellenangabe zu Liestøl (1960) ist im Literaturverzeichnis späterer Ausgaben verloren gegangen, die Grafik weiter enthalten.).
  3. Flohn gibt als Quelle Schwarzbach (1961) an: Hermann Flohn: Klimaschwankungen in historischer Zeit. In: Hans von Rudloff (Hrsg.): Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Europa seit dem Beginn der regelmässigen Instrumenten-Beobachtungen. Vieweg, Braunschweig 1967, ISBN 3-540-09635-3, S. 85.
  4. a b John Haldon, Hugh Elton, Sabine R. Huebner, Adam Izdebski, Lee Mordechai, Timothy P. Newfield: Plagues, climate change, and the end of an empire: A response to Kyle Harper's The Fate of Rome (1): Climate. In: History Compass. November 2018, doi:10.1111/hic3.12508.
  5. a b Christian-Dietrich Schönwiese: Klimaschwankungen (= Verständliche Wissenschaft. Band 115). Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1979, S. 75–84.
  6. a b Christian-Dietrich Schönwiese: Klimaänderungen: Daten, Analysen, Prognosen. Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1995, ISBN 3-540-59096-X, S. 79–92.
  7. von ihm so bezeichnet, siehe Holdren u. a. (2018)
  8. Bezeichnung nach Ulf Büntgen u. a.: Cooling and societal change during the Late Antique Little Ice Age from 536 to around 660 AD. In: Nature Geoscience 9, 2016, 231-236. Nachricht hierzu: Justinianische Pest und Völkerwanderung Folge einer Kleinen Eiszeit?. Archäologie online, 12. Februar 2016
  9. Kyle Harper: Climate, Disease and the Fate of Rome. Princeton University Press, 2017, ISBN 978-0-691-16683-4.
  10. Behringer (2007), S. 258.
  11. J Luterbacher u. a.: European summer temperatures since Roman times. In: Environmental Research Letters. 2016, doi:10.1088/1748-9326/11/2/024001 (HTML).
  12. Behringer (2007), S. 108.