„Ascoviridae“ – Versionsunterschied

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| NCBI_Tax = 43680
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Version vom 15. Januar 2019, 23:22 Uhr

Ascoviridae
Systematik
Klassifikation: Viren
Ordnung: ‚Megavirales‘
Familie: Ascoviridae
Gattung: Ascovirus
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA zirkulär
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: komplex, ovoid[1]
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Ascovirus
Links

Die Familie Ascoviridae mit der einzigen Gattung Ascovirus umfasst behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, zirkulären DNA als Genom, die bislang ausschließlich bei Insekten der Ordnung Schmetterlinge (Lepidoptera) zu finden sind. Der Name der Familie leitet sich aus dem griechischen ασκός für „Schlauch, Säckchen“ ab, was auf die für die Ascoviren typische Abschnürung von virushaltigen Membranbläschen bei infizierten Zellen hindeutet. Die erste Virusspezies der Familie wurde 1983 entdeckt.[2]

Die Ascoviren gehören zur Gruppe der NCLDV, für die vorgeschlagen wurde, sie als Megavirales in den Rang einer Virusordnung zu erheben. Mehrere Studien unterstützen seit dem Jahr 2000 die Annahme, dass die Ascoviridae sich aus den Iridoviridae entwickelt haben.[3][4][5][6]

Morphologie

Die behüllten Virionen der Ascoviridae haben eine unregelmäßige, längliche, ovale Form mit einem Durchmesser von etwa 130 nm und einer Länge von 200–400 nm. Sie bestehen aus einer Virushülle mit einer netzartig geformten Oberfläche und einer inneren Partikelstruktur. Dieses innere Partikel wird von einem Kapsid mit komplexer Symmetrie und einer darum herumgelegten, inneren Lipidmembran gebildet. Diese zweite innere Membran erinnert an den Aufbau der Poxviridae, mit denen die Ascoviren aber sonst keine Sequenzähnlichkeiten teilen.

Genom und Vermehrung

Das zirkuläre Genom der bisher sequenzierten Ascoviren ist zwischen 120 und 180 kBp groß; damit gehören sie zusammen mit den Herpesvirales und Poxviridae zu den größten Viren. Aus den noch nicht ganz aufgeklärten Offenen Leserahmen des Genoms leiten sich mindestens 15 Polyproteine ab. Die Vermehrung des Genoms und der Zusammenbau des Kapsids geschieht im Zellkern der Insektenzelle, wobei dieser aufquillt und die Kernmembran zerreißt. Es kommt zur Bildung von typischen Membranfalten und vielfachen Abschnürungen im Inneren der Zelle. Die zuerst gebildeten Kapside werden mit einer de novo gebildeten Lipidmembran umkleidet und dieses innere Partikel wird durch eine Knospung an der Zellmembran mit der Virushülle umkleidet.

Biologische Eigenschaften

Larve von Spodoptera frugiperda
Eiablage der Schlupfwespe Aleiodes indiscretus in eine Mottenlarve

Ascoviren infizieren die Larven von Schmetterlingen und Faltern überwiegend aus der Familie Noctuidae (Eulenfalter). Die Larven sterben bei einer chronischen Ascovirus-Infektion ab, und sind zuvor in ihrer Entwicklung erheblich verlangsamt; die Vermehrung des Virus geschieht überwiegend im Fettgewebe der Raupen.[7] Die Ascoviren sind wahrscheinlich weltweit überall dort verbreitet, wo Eulenfalter-Arten anzutreffen sind.

Bisher wurden unterschiedliche Virusspezies aus Arten der Familie Noctuidae isoliert, und zwar bei Spodoptera frugiperda, Trichoplusia ni, Heliothis virescens, Helicoverpa spp. und Autographa precationis. Eine Infektion ist auch bei der Lauchmotte Acrolepiopsis assectella (Familie Yponomeutidae) beschrieben. Die Virusspezies TnAV-2a und HvAV-3a sind bei mehreren Falterarten zu finden und können sich experimentell in Insektenzellen aus sehr vielen Spezies der Familie Noctuidae vermehren. Die Vermehrung des SfAV-1a ist strikt auf die Spezies Spodoptera frugiperda beschränkt.

Die Übertragung der Viren geschieht durch parasitische Schlupfwespen (Familien Brachonidae und Ichneumonidae), deren Eiablage-Apparat (Ovipositor) bei der Eiablage in infizierten Raupen kontaminiert wird. Bei erneuter Eiablage in anderen Raupen kann das Virus weiter verbreitet werden. Bei einer Wespenart (Diadromus pulchellus) liegt das Genom des Ascovirus DpAV-4a in nicht-integrierter Form in den Zellkernen vor, so dass auch innerhalb der übertragenden (aber nicht erkrankten) Wespenpopulation das Virus schon auf die Wespeneier übertragen wird.[8]

Systematik

  • Familie Ascoviridae
  • Gattung Ascovirus
  • Spezies Spodoptera-frugiperda-Ascovirus 1a (SfAv-1a)
  • Spezies Diadromus-pulchellus-Ascovirus 4a (DpAV-4a)
  • Spezies Heliothis-virescens-Ascovirus 3a (HvAV-3a, drei Subtypen 3a, 3b, 3c)
  • Spezies Trichoplusia-ni-Ascovirus 2a (TnAV-2a)
vorläufig klassifizierte Spezies der Familie Ascoviridae:
  • Spezies Helicoverpa-armigera-Ascovirus 7a (HaAV-7a)
  • Spezies Helicoverpa-punctigera-Ascovirus 8a (HpAV-8a)
  • Spezies Spodoptera-exigua-Ascovirus 5a (SeAV-5a)
  • Spezies Spodoptera-exigua-Ascovirus 6a (SeAV-6a)

Ähnlichkeiten zu anderen Viren

Aufgrund von Sequenzuntersuchungen ist anzunehmen, dass die Ascoviridae und die morphologisch doch sehr abweichenden Iridoviridae einen gemeinsamen Vorfahren teilen und sich aus den Ascoviridae vermutlich die Gattung Ichnovirus (Familie Polydnaviridae) entwickelt hat.

Einzelnachweise

  1. Eugene V. Koonin, Natalya Yutin: Evolution of the Large Nucleocytoplasmatic DNA Viruses of Eukaryotes and Convergent Origins of ViralGigantism, in: Advances in Virus reseach, Band 103, AP 21. Januar 2019, doi:10.1016/bs.aivir.2018.09.002, S. 167-202. Als Ovoid werden eiförmige dreidimensionale Körper bezeichnet.
  2. B. A. Federici: Enveloped double-stranded DNA insect virus with novel structure and cytopathology. In: PNAS. 80, 24, 1983, S. 7664–7668. PMID 16593397
  3. K. Stasiak, M. V. Demattei, B. A. Federici, Y. Bigot: Phylogenetic position of the Diadromus pulchellus ascovirus DNA polymerase among viruses with large double-stranded DNA genomes. In: The Journal of General Virology. Band 81, Pt 12, Dezember 2000, S. 3059–3072, doi:10.1099/0022-1317-81-12-3059, PMID 11086137.
  4. K. Stasiak, S. Renault, M. V. Demattei, Y. Bigot, B. A. Federici: Evidence for the evolution of ascoviruses from iridoviruses. In: The Journal of General Virology. Band 84, Pt 11, November 2003, S. 2999–3009, doi:10.1099/vir.0.19290-0, PMID 14573805.
  5. B. A. Federici, D. K. Bideshi, Y. Tan, T. Spears, Y. Bigot: Ascoviruses: superb manipulators of apoptosis for viral replication and transmission. In: Current Topics in Microbiology and Immunology. Band 328, 2009, ISBN 978-3-540-68617-0, S. 171–196, doi:10.1007/978-3-540-68618-7_5, PMID 19216438.
  6. B. Piégu, S. Asgari, D. Bideshi, B. A. Federici, Y. Bigot: Evolutionary relationships of iridoviruses and divergence of ascoviruses from invertebrate iridoviruses in the superfamily Megavirales. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 84, März 2015, S. 44–52, doi:10.1016/j.ympev.2014.12.013, PMID 25562178.
  7. R. Govindarajan, B. A. Federici: Ascovirus infectivity and effects of infection on the growth and development of noctuid larvae. In: J. Invertebr. Pathology. 56, 3, 1990, S. 291–299. PMID 2250099
  8. Y. Bigot, A. Rabouille u. a.: Biological and molecular features of the relationships between Diadromus pulchellus ascovirus, a parasitoid hymenopteran wasp (Diadromus pulchellus) and its lepidopteran host, Acrolepiopsis assectella. In: J. Gen. Virol. 78, 5, 1997, S. 1149–1163. PMID 9152436

Literatur

  • B. A. Federici u. a.: Family Ascoviridae, Genus Ascovirus. In: C. M. Fauquet, M. A. Mayo u. a.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. London/ San Diego 2004, 2. 269–274
  • David M. Knipe, Peter M. Howley u. a. (Hrsg.): Fields´ Virology,. 4. Auflage. Philadelphia 2001.

Weblinks