„EGFR-Mutation T790M“ – Versionsunterschied

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Version vom 27. Februar 2019, 10:33 Uhr

Unter einer T790M-Mutation versteht man eine einzelne Missense-Mutation, eine Punktmutation, die den Einbau einer anderen Aminosäure in ein Protein verursacht. Die Missense-Mutation ist eine sinnverändernde Mutation, die für eine andere Aminosäure codiert.[1] Am häufigsten erfolgt die T790M-Mutation am epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (englisch Epidermal Growth Factor Receptor, EGFR) indem ein Threonin (T) durch ein Methionin (M) an Position 790 von Exon 20 ersetzt wird.[2] Threonin ist eine kleine polare Aminosäure; Methionin ist eine größere unpolare Aminosäure.

Grundlagen

Tyrosinkinasen sind eine Gruppe von Enzymen aus der Familie der Proteinkinasen, deren Aufgabe die reversible Übertragung einer Phosphatgruppe auf die Hydroxygruppe der Aminosäure Tyrosin eines anderen Proteins ist. Dadurch wird die Aktivität des Zielproteins beträchtlich beeinflusst.

Dysregulierte Tyrosinkinasen spielen jedoch häufig eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen. Bei einigen Krebszellen sitzen sehr viele dieser Wachstumsrezeptoren auf der Zellmembran und in Tumorzellen ist die Tyrosinkinase oft dauerhaft aktiv. Die Zelle erhält so ununterbrochen das Signal zur Teilung. Ein Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) kann spezifisch diese Tyrosinkinase hemmen, um eine Tumorerkrankung damit zu behandeln, sprich die Teilung der Krebszellen zu verlangsamen.[3] Dieses winzige Molekül (englisch Small Molecule) kann durch die Zellwand in die Zelle eindringen und dort den innen liegenden Teil des Rezeptors besetzen, sodass die Signalkette, die zur Zellteilung führt, unterbrochen wird. Das Zellwachstum wird dadurch stark verlangsamt. Tyrosinkinase-Inhibitoren wirken wesentlich spezifischer und haben meistens ein geringeres Nebenwirkungsspektrum als herkömmliche Zytostatika.

Tyrosinkinase-Inhibitoren der 1. Generation wurden in den 1990-Jahren entwickelt, es folgten Tyrosinkinase-Inhibitoren der 2. Generation. TKIs der 3. Generation sind eine neue Wirkstoffklasse, die kovalent an den EGFR binden und die Resistenz gegen TKI der 1. und 2. Generation bei Vorliegen einer T790M-Mutation überwinden können.[4]

Klinische Bedeutung

Patienten mit EGFR-sensibilisierenden Mutationen, die mit TKIs der 1. oder 2. Generation behandelt wurden, sollten zum Zeitpunkt der klinischen oder radiologischen Progression auf T790M getestet werden. Die Ergebnisse sollten die Behandlungsentscheidungen bestimmen. Tests auf das Vorhandensein von EGFR T790M als Resistenzmechanismus können entweder bevorzugt aus zirkulierender Tumor-DNA (englisch Circulating free DNA, cfDNA) aus Plasma mittels der Liquid Biopsy oder aus der DNA aus dem Gewebe mittels konventioneller Biopsie durchgeführt werden.

Ein positives Ergebnis von T790M aus einem cfDNA-Test kann eine Indikation für eine auf die T790M-Mutation gerichtete Therapie sein. Eine Gewebebiopsie kann folgen, wenn die Liquid Biopsy für T790M negativ ausfällt.[5]

Die T790M-Mutation auf dem Exon 20 des EGFR-Gens ist die häufigste (primäre oder erworbene) Resistenzmutation beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (englisch non small cell lung cancer, NSCLC). Im November 2015 erteilte die US-amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) eine beschleunigte Zulassung von Osimertinib (Tagrisso®) für die Behandlung von Patienten bei fortgeschrittenem Lungenkrebs mit aktivierenden EGFR-Mutationen. Seit März 2016 ist Osimertinib dafür in Deutschland zugelassen. [6]

Einzelnachweise

  1. H. A. Yu, M. E. Arcila u. a.: Analysis of tumor specimens at the time of acquired resistance to EGFR-TKI therapy in 155 patients with EGFR-mutant lung cancers. In: Clinical Cancer Research. Band 19, Nummer 8, April 2013, S. 2240–2247, doi:10.1158/1078-0432.CCR-12-2246, PMID 23470965, PMC 3630270 (freier Volltext).
  2. D. Ayeni, K. Politi, S. B. Goldberg: Emerging Agents and New Mutations in EGFR-Mutant Lung Cancer. In: Clinical Cancer Research. Band 21, Nummer 17, September 2015, S. 3818–3820, doi:10.1158/1078-0432.CCR-15-1211, PMID 26169963, PMC 4720502 (freier Volltext).
  3. Doriano Fabbro, Frank McCormick: Protein Tyrosine Kinases: From Inhibitors to Useful Drugs. Cancer Drug Discovery and Development. Springer Science & Business Media, 2007. ISBN 978-1-59259-962-2. S. 1ff.
  4. D. A. Cross, S. E. Ashton u. a.: AZD9291, an irreversible EGFR TKI, overcomes T790M-mediated resistance to EGFR inhibitors in lung cancer. In: Cancer discovery. Band 4, Nummer 9, September 2014, S. 1046–1061, doi:10.1158/2159-8290.CD-14-0337, PMID 24893891, PMC 4315625 (freier Volltext).
  5. T. Stockley, C.A. Souza, et. al.: Evidence-based best practices for EGFR T790M testing in lung cancer in Canada. In: Current Oncology. 25, 2018, S. 163, doi:10.3747/co.25.4044.
  6. Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Osimertinib (neues Anwendungsgebiet: nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, Erstlinientherapie), Gemeinsamer Bundesausschuss, 17. Januar 12019. Abgerufen am 26. Februar 2019.

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