„Leptolyngbya“ – Versionsunterschied

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Version vom 8. August 2020, 10:41 Uhr

Leptolyngbya ist eine Gattung von Blaualgen (Cyanophyceae). Die Arten kommen in vielen verschiedenen Ökosystemen vor. Einige wurden in heißen Quellen (Thermalquellen) mit Temperaturen im Bereich von 62 – 63 °C gefunden; andere Funde stammen aus Kältewüsten und der Antartkis.b

Merkmale

Wichtige Merkmale der Gattung Leptolyngbya sind der geringe Durchmesser der Zellketten (Trichome) und das Fehlen einer deutlichen Bewegung. Das letztere kann zur Unterscheidung von der sehr ähnlichen Gattung Geitlerinema dienen.

Die filamentösen Zellen von Leptolyngbya bilden unverzweigte Trichome (Zellfäden) mit einem Durchmesser von weniger als 5 pm. Die einzelnen Zellen sind isodiametrisch oder länger als breit. Einschnürungen zwischen den Zellen fehlen im allgemeinen oder sind flach und übersteigen selten 1/8 des Durchmessers.

Die Zellteilung verläuft durch eine Binärspaltung in einer einzigen Ebene rechtswinklig zur Längsachse. Die Trichome sind nicht verzweigt. Heterocysten sind nicht vorhanden. Überdauerungszellen werden nicht gebildet.

Die apikalen, d.h. an der Spitze des Zellfadens befindlichen Zellen sind abgerundet oder kegelförmig (konisch). Mit Ausnahme der vorübergehend beweglichen Hormogonien sind die Trichome nur sehr schwach bis unbeweglich.[1] Zur Fortpflanzung bildet Leptolyngbya sogenannte Hormogonien, einzelne Abschnitte des Zellfadens die sich ablösen und wieder neu wachsen.

Viele Arten können von der Bakteriophage LPP-1 befallen werden.[1]

Stoffwechsel

Arten von Leptolyngbya führen die oxygene Photosynthese durch, hierbei wird molekularer Sauerstoff (O2) freigesetzt. Einige Arten der Gattung sind in der Lage Stickstoff (N2) zu fixieren.

[1] Bei der Stickstofffixierung wird atmosphärischer Stickstoff (N2) zu Ammoniak (NH3) umgewandelt. Ammoniak kann dann für verschiedene Prozesse im Stoffwechsel genutzt werden. Arten von Leptolyngbya' (und einiger anderer Gattungen) bilden hierfür keine speziellen Zellen ( Heterocysten.) Man spricht im englischen von „nonheterocystous cyanobacteria“. Die Stickstofffixierung findet hier unter sauerstoffarmen Bedinungen statt. Beispielarten hierfür sind Leptolyngbya boryana und Leptolyngbya foveolarum (früher Phormidium foveolarum'). [2][3][4]

Systematik

Die Gattung Leptolyngbya stellt innerhalb der phylogenetischen Systematik eine „Formgattung“ da. Untersuchungen der DNA ergaben, daß es sich um eine polyphyletische Einteilung handelt. Wahrscheinlich werden weitere phylogenetische Untersuchungen zu einer Aufspaltung der Gattung führen.[1] Weitere polyphyletische Gattungen der Blaualgen sind z.B. Anabaena, Calothrix, Leptolyngbya, Nodularia, Nostoc, Oscillatoria, Pseudanabaena, Synechococcus, Synechocystis und Trichormus.[5] Leptolyngbya wird innerhalb der morphologischen Einteilung (also nicht von genetischen Untersuchungen beruhend) in die sogennante Gruppe III gestellt. In der englischen Literatur wird hier von der Subsection III gesprochen.[6][1]

Es folgt eine Liste einiger Arten (Stand August 2020):

  • Leptolyngbya angustissima (West and West 1897) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya antarctica (West and West 1911) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya badia Johansen and Lowe 2008
  • Leptolyngbya borchgrevinkii Komárek 2007
  • Leptolyngbya boryana (Gomont 1899) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya foveolarum (Gomont 1892) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya fragilis (Gomont 1892) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya nostocorum (Bornet ex Gomont 1892) Anagnostidis and Komárek 1988
  • "Leptolyngbya ohadii" Raanan et al. 2016
  • Leptolyngbya tenuis (Gomont 1892) Anagnostidis and Komárek 1988
  • Leptolyngbya thermalis Anagnostidis 1988
  • Leptolyngbya valderiana (Gomont 1892) Anagnostidis and Komárek 1988

Leptolyngbya bijugata (Kongisser 1924) Anagnostidis and Komárek 1988 ist ein Synonym für Nodosilinea bijugata (Kongisser 1924) Perkerson and Kovácik 2011,

Leptolyngbya frigida (Fritsch 1912) Anagnostidis and Komárek 1988 für Pseudanabaena frigida (Fritsch 1912) Anagnostidis 2001, Leptolyngbya geysericola (Copeland 1936) Anagnostidis 2001 für Herpetosiphon geysericola (Copeland 1936) Lewin 1970 (Approved Lists 1980) und Leptolyngbya nodulosa Li and Brand 2007 für Nodosilinea nodulosa (Li and Brand 2007) Perkerson and Casamatta 2011.

Die Art "Leptolyngbya ohadii", beschrieben von Raanan et al. 2016 steht unter Diskussion.

Ökologie

Die Gattung Leptolyngbya beinhaltet ökologisch stark diverse Blaualgen. Es sind marine Arten, im Süßwasser vorkommende und Bodenbakterien in dieser Gattung vorhanden. Viele Arten der Gattung Leptolyngbya kommen in extremen Ökosystemen vor. Hierzu zählen Thermalquellen, Seen mit hohen Salzgehalt und extrem kalte Umgebungen.

Hierzu zählen z.b. Kältewüsten. Hier wurden auch Arten, die im Inneren von Gesteinen leben isoliert. Man spricht bei Bakterien oder auch Pilzen die in porösen Gesteinen vorkommen von Endolithen. Die Photosynthese durchführende Bakterien, wie Leptolyngybya, müssen dort mit extrem wenig Licht auskommen. Die geringe Menge an das Gestein durchdringende Photonen reicht aber für einige Bakterien- und Algenarten um Photosysnthese durchzuführen. Sie werden als sciaphile („schattenliebende“) Arten bezeichnet. Cyanobakterien-dominierte endolithische Gemeinschaften in kalten und trockenen Regionen bestehen hauptsächlich aus Chroococcidiopsis und Leptolyngbya, während in heißen Wüsten endolithisch hauptsächlich Gloeocapsa und Chroococcidiopsis vorkommen.[7][8]ref name="Wong" /> So wurde Leptolyngbya innerhalb von Gesteinen im Ostteil des Pamir Gebirges gefunden.[7] Es handelt sich um eine Kältewüste, es herschen niedrige Niederschlagsraten (zwischen 50 und 150 mm jährlich). Die durchschnittliche monatliche Lufttemperaturen liegen zwischen Oktober bis März unter Null. Außerdem ist die Umwelt einer hohen Sonneneinstrahlung und starken Winden ausgesetzt.Die untersuchten Gesteinsproben von Pamir stammen von einer Höhe von 4000 – 4500m Höhe. Innerhalb der Gesteine dominierten hier Aktinobakterien, Proteobakterien und Cyanobakterien. Die häufigsten aus den entnommenden Proben kultivierten Gattungen der Cyanobakterien waren Chroococcidiopsis und Leptolyngbya. Durch Analysen der in den Gesteinsproben vorhandenen DNA weitere, nicht kultivierte Bakterien identifiziert. Hierbei dominierten Microcoleus, Acaryochloris, Chroococcidiopsis und Thermosynechococcus. Andere Funde der Gattung Leptolyngbya stammen aus unterirdischen archäologischen Fundstätten in Rom.[9][10] Auch hier herschen nur schwache Lichtverhältnisse.

Die Arten Leptolyngbya erebi, L. scottii, L. glacialis, L. scottii und L. tenuis wurden bei Untersuchungen des Bodens am Cierva Point, eine Landspitze des Grahamlands der Antarktische Halbinsel isoliert. Es handelte sich um ornithogene Böden, also durch Guano und starker mikrobieller Aktivität gebildete Böden. Der Guano stammte hier zum größten Teil von Pinguinen. Bei der Untersuchung ging es unter anderem um den Einfluß der Klimaerwärmung auf die Algengemeinschaften im Vergleich von ornithogene Böden und mineralische Böden, die sich ohne Einfluß von Guana bilden. Hierbei wurde festgestellt, das die die mikrobiellen Gemeinschaften von mineralischen Böden anfälliger sind für Veränderungen aufgrund der Folgen des Klimawandels als die von ornithogenen Böden.

Die Art Leptolyngbya frigida wurde auch in hypolithischen Gemeinschaften gefunden.Hierbei handelt es sich um Bakterien und Pilzen, die auf der Unterseite von Gesteinen Ökosysteme bilden. Hier herschen andere Bedinungen als im Freien. So bleibt hier Wasser länger verfügbar und die Temperaturen sind etwas gemäßigter. Dies gilt sowohl in Wüstengebieten wie auch in Kältewüsten.

Die untersuchte Lebensgemeinschaften stammte aus dem Miers-Tal der McMurdo Dry Valleys in der Antarktis. Die hier vorkommenden photosynthetischen Arten nutzten die wenigen, das obere porige Gestein durchdringenden Photonen für die Photosynthese. Im Verlauf der Erstbesiedlung solcher Standorte treten Cyanobakterien besonders während der ersten Phase der Entwicklungsfolge auf. Durch die infolge der Besiedlung erhöhte Nährstoffanreicherung findet eine nachfolgende Pilzbesiedlung statt. Schließlich können Moose auftreten.[11][12] Weitere Funde von Leptolyngbya stammen aus dem eisfreien Zentralplateau der Byers-Halbinsel im Westen der Livingston-Insel der Antarktis. Hier bilden sich durch Schmelzwasser große Seen. Innerhalb dieser Gewässer treten mikrobiellen Matten auf. Diese bestehen aus zwei Schichten. Die obere besteht aus toter Biomasse und dem von Blaualgen ausgeschiedenen Pigment Scytonemin. Das Pigment dient als Schutz vor der dort auftretenden hohen UV-Strahlung. In der unteren, basalen Schicht ist der aktive Teil der photosynthetischen Mikroorganismen vorhanden. Neben Leptolyngbya wurden hier noch Arten von Phormidium, Anabaena, Tychonema, Synechokokken, Oscillatoria und anderen Blaulagen identifiziert. Ein Vergleich von Proben aus Frühjahr, Sommer und Herbst zeigte jahreszeitliche Unterschiede der Gemeinschaften.[12]

Die Art L. foveolarum kommt auch am Rand von Thermalquellen vor. Weitere Fundorte sind u.a. Gewächshäuser und Gräben mit verschmutztem Wasser[13].

Die innerhalb der Systematik der Bakterien noch nicht anerkannte Art „Leptolyngbya ohadii“ bildet Biokrusten auf Sand. Dies geschieht bei sehr geringer Wasserverfügbarkeit.[14][15] So stammen Funde der Art aus der Wüste Negev . Das Bakterium bildet hierzu Polysaccharide und kann sich innerhalb des Sandes gleitend bewegen. Durch die Krustenbildung wird der Boden stabilisiert. Dies kann genutzt werden um der Ausbreitung der Wüstenbildung in Trockengebieten entgegenzuwirken.[14]

Einzelnachweise

  1. a b c d e George M. Garrity (Hrsg.): The Archaea and the deeply branching and phototrophic Bacteria. Springer, New York 2001, ISBN 0-387-98771-1
  2. Hans Weisshaar, Helmar Almon und Peter Böger: Bioenergetics of Nitrogenase in Blue-Green Algae. I. Physiological Conditions for Nitrogenase Activity in Phormidium Foveolarum. In: Advances in Photosynthesis Research. Proceedings of the VIth International Congress on Photosynthesis, Brussels, Belgium, August 1–6, 1983 Volume 2. ISBN 978-9401763684.
  3. Ryoma Tsujimoto, Narumi Kamiya und Yuichi Fujita: Identification of a cis-acting element in nitrogen fixation genes recognized by CnfR in the nonheterocystous nitrogen-fixing cyanobacterium Leptolyngbya boryana. In: Molecular Microbiology (2016) 101 (3), S. 411–424
  4. Ryoma Tsujimoto, Narumi Kamiya und Yuichi Fujita: Transcriptional regulators ChlR and CnfR are essential for diazotrophic growth in nonheterocystous cyanobacteria. In: PNAS (2014), Band 111, Ausgabe 18. doi:10.1073/pnas.1323570111
  5. Jiří Komárek, Jan Kaštovský, Jan Mareš und Jeffrey R. Johansen: Taxonomic classification of cyanoprokaryotes (cyanobacterial genera), using a polyphasic approach. IN: Preslia (2014), 86: S.295–335. Link
  6. Boon Fei Tan, Shu Harn Te, Chek Yin Boo, Karina Yew-Hoong Gin and Janelle Renee Thompson: Insights from the draft genome of the subsection V (Stigonematales) cyanobacterium Hapalosiphon sp. Strain MRB220 associated with 2-MIB production In: Standards in Genomic Sciences (2016). Band 11, Artikelnummer 58. doi:10.1186/s40793-016-0175-5
  7. a b Nataliia Khomutovska, Maja Jerzak, Iwona Kostrzewska-Szlakowska, Jan Kwiatowski, Małgorzata Suska-Malawska et al: Life in Extreme Habitats: Diversity of Endolithic Microorganisms from Cold Desert Ecosystems of Eastern Pamir. In: Polish Journal of Ecology, Band 65, Ausgabe 4, S. 303-319 doi:10.3161/15052249PJE2017.65.4.001
  8. E. Imre Friedmann: Endolithic Microbial Life in Hot and Cold Deserts. In: Limits of Life. Springer, Dordrecht. ISBN 978-9400990876
  9. Brian A. Whitton und Malcom Potts: The Ecology of Cyanobacteria. Kluwer Academic Publisher. ISBN: 0306468557
  10. Patrizia Albertano und Lubomír Kováčik: Light and temperature responses of terrestrial sciaphilous strains of Leptolyngbya sp. in cross-gradient cultures. In: Algological Studies/Archiv für Hydrobiologie, Supplement Volumes No. 83 (1996), S. 17 – 28
  11. Stephen B. Pointing, Yuki Chan, Donnabella C. Lacap, Maggie C. Y. Lau, Joel A. Jurgens, and Roberta L. Farrell: Highly specialized microbial diversity in hyper-arid polar desert In: PNAS (2009), November 24, Band 106, Ausgabe 47, S. 19964-19969. doi:10.1073/pnas.0908274106
  12. a b Rosa Margesin: Psychrophiles: From Biodiversity to Biotechnology, Springer, Dezember 2017. ISBN 978-3319570570
  13. Jirí Komárek und Konstantinos Anagnostidis : Süßwasserflora von Mitteleuropa, Bd. 19/2: Cyanoprokaryota: Oscillatoriales. Spektrum Akademischer Verlag, 2005. ISBN 3827409195
  14. a b Gianmarco Mugnai, Federico Rossi, Vincent John Martin Noah Linus Felde, Claudia Colesie, Burkhard Büdel, Stephan Peth, Aaron Kaplan und Roberto De Philippis: The potential of the cyanobacterium Leptolyngbya ohadii as inoculum for stabilizing bare sandy substrates. In: Soil Biology and Biochemistry, Band 127, December 2018, S. 318-328 doi:10.1016/j.soilbio.2018.08.007
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