„Thermal Oxide Reprocessing Plant“ – Versionsunterschied

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'''THORP''' ist die Kurzbezeichnung für '''Thermal Oxide Reprocessing Plant''' und bezeichnet die neuere der beiden in [[Sellafield]], [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] befindlichen [[Wiederaufarbeitungsanlage]]n für nukleare [[Brennelement]]e. Der Name drückt aus, dass dort oxidische Brennelemente aus thermischen Reaktoren, das heißt aus [[Leichtwasserreaktor]]en, aufgearbeitet werden.
'''THORP''' ist die Kurzbezeichnung für '''Thermal Oxide Reprocessing Plant''' und bezeichnet die neuere der beiden in [[Sellafield]], [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] befindlichen [[Wiederaufarbeitungsanlage]]n für nukleare [[Brennelement]]e.<ref>{{Literatur |Autor=Man-Sung Yim |Titel=Spent Fuel Reprocessing and Nuclear Waste Transmutation |Sammelwerk=Nuclear Waste Management |Band=83 |Verlag=Springer Netherlands |Ort=Dordrecht |Datum=2022 |Sprache=en |ISBN=978-94-024-2104-0 |DOI=10.1007/978-94-024-2106-4_8 |Seiten=341–384 |Online=https://link.springer.com/10.1007/978-94-024-2106-4_8 |Abruf=2023-06-19}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Hartmut Frey |Titel=Brennstoffkreislauf |Sammelwerk=Kernenergie |Verlag=Springer Fachmedien Wiesbaden |Ort=Wiesbaden |Datum=2021 |ISBN=978-3-658-31511-5 |DOI=10.1007/978-3-658-31512-2_11 |Seiten=363–428 |Online=https://link.springer.com/10.1007/978-3-658-31512-2_11 |Abruf=2023-06-19}}</ref> Der Name drückt aus, dass dort oxidische Brennelemente aus thermischen Reaktoren, das heißt aus [[Leichtwasserreaktor]]en, aufgearbeitet werden.


== Verfahren ==
== Verfahren ==
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In der [[Sellafield MOX Plant]] (SMP), einem anderen Gebäudekomplex in Sellafield, wurde das aufgearbeitete Plutoniumoxid zu frischen [[MOX-Brennelement]]en für Leichtwasserreaktoren verarbeitet. Die SMP wurde 2011, einige Monate nach der [[Nuklearkatastrophe von Fukushima]], geschlossen.<ref name="sp1" />
In der [[Sellafield MOX Plant]] (SMP), einem anderen Gebäudekomplex in Sellafield, wurde das aufgearbeitete Plutoniumoxid zu frischen [[MOX-Brennelement]]en für Leichtwasserreaktoren verarbeitet. Die SMP wurde 2011, einige Monate nach der [[Nuklearkatastrophe von Fukushima]], geschlossen.<ref name="sp1" />


== Geschichte ==
== Geschichte der Anlage ==
Die erste Anlage zur Wiederaufarbeitung in Sellafield hatte eine rein militärische Zielsetzung: Seit den 1950er Jahren wurde das in den beiden [[Windscale]]-Reaktoren erzeugte Waffen-Plutonium dort im Nachgang für den Einsatz in [[Kernwaffe]]n zur weiteren Verarbeitung separiert. 1964 dann wurde die Anlage B205 für Brennelemente der britischen [[Magnox-Reaktor]]en und später [[AGR-Reaktor]]en in Betrieb genommen. 1969 bis 1973 stand zudem eine weitere Anlage in Betrieb, die für in Großbritannien (noch) nicht in Betrieb stehende [[Leichtwasserreaktor]]en im Ausland gedacht war. Das Projekt scheiterte allerdings 1973 an einem [[Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen|schwereren Unfall]].
Die erste Anlage zur Wiederaufarbeitung in Sellafield hatte eine rein militärische Zielsetzung: Seit den 1950er Jahren wurde das in den beiden [[Windscale]]-Reaktoren erzeugte Waffen-Plutonium dort im Nachgang für den Einsatz in [[Kernwaffe]]n zur weiteren Verarbeitung separiert. 1964 dann wurde die Anlage B205 für Brennelemente der britischen [[Magnox-Reaktor]]en und später [[AGR-Reaktor]]en in Betrieb genommen. 1969 bis 1973 stand zudem eine weitere Anlage in Betrieb, die für in Großbritannien (noch) nicht in Betrieb stehende [[Leichtwasserreaktor]]en im Ausland gedacht war. Das Projekt scheiterte allerdings 1973 an einem [[Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen|schwereren Unfall]].


Der Bau der THORP-Anlage war eines der größten Bauprojekte am Standort Sellafield in den 1980er Jahren.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.gov.uk/government/news/thorp-one-of-the-largest-construction-projects-of-the-eighties |titel=Thorp: One of the largest construction projects of the eighties |werk=Sellafield Ltd, [[Nuclear Decommissioning Authority]] |hrsg=[[Gov.uk]] |datum=2018-10-26 |sprache=en |abruf=2023-06-19}}</ref> Im Gegensatz zur älteren Anlage B205, die für die nicht lange lagerfähigen Brennelemente britischer Reaktoren vorgesehen war, wurde THORP aus rein kommerziellen Überlegungen heraus für britische und ausländische Kunden gebaut.
Der Bau der THORP-Anlage begann im Jahr 1983 und wurde im Januar 1992 abgeschlossen.
<!--- wann ging sie in Betrieb ? --->
Im Gegensatz zur älteren Anlage B205, die für die nicht lange lagerfähigen Brennelemente britischer Reaktoren vorgesehen war, wurde THORP aus rein kommerziellen Überlegungen heraus für britische und ausländische Kunden gebaut.
<!--- Von den ausländischen Kunden sind vor allem auch Kernkraftwerksbetreiber aus Japan und Deutschland zu nennen. --- warum vor allem die ? Weil es - allgemein rel. bekannt - die größten waren --->


Bis in das Jahr 2018 wurde mit dem [[Thermal Oxide Reprocessing Plant]] (THORP) die Wiederaufbereitung von ausländischen Brennelementen bedient und schließlich beendet.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Nuclear Decommissioning Authority]], Sellafield Ltd |url=https://www.gov.uk/government/news/end-of-reprocessing-at-thorp-signals-new-era-for-sellafield |titel=End of reprocessing at Thorp signals new era for Sellafield |hrsg=[[Gov.uk]] |datum=2018-11-16 |sprache=en |abruf=2023-05-23}}</ref> Zu den Kunden zählten Italien, Japan, Schweiz, Deutschland und die Niederlande.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.gov.uk/government/news/all-foreign-owned-waste-at-sellafield-packaged-and-set-for-return |titel=All foreign-owned waste at Sellafield packaged and set for return |werk=Sellafield Ltd |hrsg=Gov.uk |datum=2021-12-09 |sprache=en |abruf=2023-05-23}}</ref> Für den Transport und Rücktransport ist die ''Nuclear Transport Solutions (NTS)'' zuständig. Sie gehört zur [[Nuclear Decommissioning Authority|NDA]].<ref>{{Internetquelle |autor=David Peattie |url=https://www.gov.uk/government/news/nda-update |titel=NDA Update |werk=New Transport and Waste Divisions |hrsg=[[Gov.uk]] |datum=2021-01-19 |sprache=en |abruf=2023-05-23}}</ref> Bis 2070 soll THROP für das Lagern von Brennelemente genutzt werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.world-nuclear-news.org/Articles/Reprocessing-ceases-at-UKs-Thorp-plant |titel=Reprocessing ceases at UK's Thorp plant : Waste & Recycling - World Nuclear News |werk=World nuclear news |hrsg=[[World Nuclear Association]] |datum=2018-11-14 |sprache=en |abruf=2023-05-23}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.iwr.de/news.php?id=35619 |titel=Atomanlage Sellafield: Ende und Neustart zugleich |sprache=de-DE |abruf=2023-06-19}}</ref>
Ende 1994 aber kündigten die beiden deutschen Energiekonzerne RWE und Bayernwerk bereits abgeschlossene Verträge über die Wiederaufarbeitung ihrer Brennelemente in Thorp. Der Abnahmevertrag mit der französischen Anlage in La Hague wurde nicht verlängert. Sie begründeten beide Schritte mit Kostennachteilen ("Uran ist auf dem Weltmarkt billig zu haben, die Wiederaufarbeitung ist sehr teuer"). In Thorp entfielen durch diese Kündigung Aufarbeitungsaufträge über insgesamt 550 Tonnen, rund 20 Prozent der Thorp-Aufträge für die Jahre 2004 bis 2014. Die Thorp-Manager hatten ursprünglich kalkuliert, vom Jahr 2004 an Gewinn machen zu können.<ref>spiegel.de 30. Januar 1995: [https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9159101.html Abkehr von der Aufarbeitung]</ref>


== Geschichte der Wiederaufbereitung deutscher Brennelemente ==
Die rot-grüne Koalition (1998–2005) war grundsätzlich gegen die Wiederaufarbeitung ("Plutoniumwirtschaft"); sie drängte die Atomkonzerne zu einem Verzicht darauf.<ref>spiegel.de 1. Februar 1999: [https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8566424.html Chaos mit Kanzler]</ref>
Ende 1994 kündigten die beiden deutschen Energiekonzerne RWE und Bayernwerk bereits abgeschlossene Verträge über die Wiederaufarbeitung ihrer Brennelemente in Thorp. Der Abnahmevertrag mit der französischen Anlage in La Hague wurde nicht verlängert. Sie begründeten beide Schritte mit Kostennachteilen ("Uran ist auf dem Weltmarkt billig zu haben, die Wiederaufarbeitung ist sehr teuer"). In Thorp entfielen durch diese Kündigung Aufarbeitungsaufträge über insgesamt 550 Tonnen, rund 20 Prozent der Thorp-Aufträge für die Jahre 2004 bis 2014. Die Thorp-Manager hatten ursprünglich kalkuliert, vom Jahr 2004 an Gewinn machen zu können.<ref>{{Literatur |Titel=Abkehr von der Aufarbeitung |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=1995-01-29 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wissenschaft/abkehr-von-der-aufarbeitung-a-3997a7da-0002-0001-0000-000009159101 |Abruf=2023-06-19}}</ref>


Die rot-grüne Koalition (1998–2005) war grundsätzlich gegen die Wiederaufarbeitung ("Plutoniumwirtschaft"); sie drängte die Atomkonzerne zu einem Verzicht darauf.<ref>{{Literatur |Autor=Horand Knaup, Jürgen Leinemann, Hartmut Palmer, Hajo Schumacher, Gerhard Spörl |Titel=Chaos mit Kanzler |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=1999-01-31 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/politik/chaos-mit-kanzler-a-5f25d018-0002-0001-0000-000008566424 |Abruf=2023-06-19}}</ref>
Deutschland liefert seit einer politischen Entscheidung – [[Atomkonsens]] vom Sommer 2000, umgesetzt 2002 in einer [[Atomgesetz (Deutschland)#Novellierung 2002|Atomgesetz-Novelle]] – seit Mitte 2005 keine abgebrannten Brennelemente mehr zur Wiederaufarbeitung und nimmt sämtliche Abfälle zurück. Die [[MOX-Brennelement]]e, die von einzelnen AKW-Betreibern weiterhin bezogen werden, <!--- 2012 immer noch ?? JA --->stammen noch aus vor diesem Entscheid geschlossenen Verträgen.


Deutschland liefert seit einer politischen Entscheidung – [[Atomkonsens]] vom Sommer 2000, umgesetzt 2002 in einer [[Atomgesetz (Deutschland)#Novellierung 2002|Atomgesetz-Novelle]] – seit Mitte 2005 keine abgebrannten Brennelemente mehr zur Wiederaufarbeitung und nimmt sämtliche Abfälle zurück. Die [[MOX-Brennelement]]e, die von einzelnen AKW-Betreibern bis ca. 2018 bezogen wurden, stammten noch aus vor diesem Entscheid geschlossenen Verträgen.
Die MOX-Brennelementefabrik (die aber nicht zu THORP gehört) wurde 2011, einige Monate nach der [[Nuklearkatastrophe von Fukushima]], geschlossen.<ref name="sp1">spiegel.de 3. August 2011: [https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/nach-fukushima-grossbritannien-macht-brennelementefabrik-dicht-a-778238.html Großbritannien macht Brennelementefabrik dicht]</ref>


Die MOX-Brennelementefabrik (die aber nicht zu THORP gehört) wurde 2011, einige Monate nach der [[Nuklearkatastrophe von Fukushima]], geschlossen.<ref name="sp1">{{Literatur |Titel=Nach Fukushima: Großbritannien macht Brennelementefabrik dicht |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2011-08-03 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/nach-fukushima-grossbritannien-macht-brennelementefabrik-dicht-a-778238.html |Abruf=2023-06-19}}</ref>

== Vorfälle ==
Am 19. April 2005 wurde auf dem THORP-Betriebsgelände bemerkt, dass im Lauf mehrerer Monate etwa 90.000 Liter [[plutonium]]-haltige Flüssigkeit ausgelaufen war. Bedienungspersonal hatte erstmals im August 2004 bemerkt, dass mehr Flüssigkeit in die Anlage hineinging als wieder herauskam; das Leck blieb aber bis 2005 unentdeckt. Es gelangte angeblich keine Radioaktivität in die Umwelt; der Unfall wurde mit [[Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse|INES]] 3 eingestuft. Im Januar 2007 erhielt Thorp die Genehmigung, wieder in Betrieb zu gehen.<ref>Näheres in der [[:en:Sellafield#2005 Thorp plant leak|englischen Wikipedia]] oder hier: [https://www.hse.gov.uk/nuclear/periodic-safety-review/thorp.htm Thermal Oxide Reprocessing Plant (THORP) leak investigation and consent to restart]</ref>
Am 19. April 2005 wurde auf dem THORP-Betriebsgelände bemerkt, dass im Lauf mehrerer Monate etwa 90.000 Liter [[plutonium]]-haltige Flüssigkeit ausgelaufen war. Bedienungspersonal hatte erstmals im August 2004 bemerkt, dass mehr Flüssigkeit in die Anlage hineinging als wieder herauskam; das Leck blieb aber bis 2005 unentdeckt. Es gelangte angeblich keine Radioaktivität in die Umwelt; der Unfall wurde mit [[Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse|INES]] 3 eingestuft. Im Januar 2007 erhielt Thorp die Genehmigung, wieder in Betrieb zu gehen.<ref>Näheres in der [[:en:Sellafield#2005 Thorp plant leak|englischen Wikipedia]] oder hier: [https://www.hse.gov.uk/nuclear/periodic-safety-review/thorp.htm Thermal Oxide Reprocessing Plant (THORP) leak investigation and consent to restart]</ref>


== Literatur ==
Am 9. November 2018 wurde auf Grund der rückläufigen Nachfrage zum letzten Mal Kernbrennstoff aufbereitet. Die Anlage soll in Zukunft als Tanklager benutzt werden.<ref>www.iwr.de 20. November 2018: [https://www.iwr.de/news.php?id=35619 Atomanlage Sellafield: Ende und Neustart zugleich]</ref>

* {{Literatur |Titel=Volume 2: Fuel cycle |Verlag=Clarendon Press ; Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=1983 |Sprache=en |Reihe=Nuclear power technology |BandReihe=2 v. 3 |HrsgReihe=W. Marshall |Online=https://archive.org/details/nuclearpowertech0000unse}}
* {{Literatur |Autor=Michele Laraia |Titel=Nuclear Decommissioning |Verlag=Springer International Publishing |Ort=Cham |Datum=2018 |Sprache=en |Reihe=Lecture Notes in Energy |BandReihe=66 |ISBN=978-3-319-75915-9 |DOI=10.1007/978-3-319-75916-6}}
* {{Literatur |Autor=Man-Sung Yim |Titel=Nuclear Waste Management: Science, Technology, and Policy |Verlag=Springer Netherlands |Ort=Dordrecht |Datum=2022 |Sprache=en |Reihe=Lecture Notes in Energy |BandReihe=83 |ISBN=978-94-024-2104-0 |DOI=10.1007/978-94-024-2106-4}}

== Weblinks ==

* {{Internetquelle |url=https://nda.blog.gov.uk/what-is-reprocessing/ |titel=What is reprocessing? - Cleaning up our nuclear past: faster, safer and sooner |werk=[[Nuclear Decommissioning Authority]] |hrsg=Gov.uk |datum=2018-10-23 |zugriff=2023-06-19}}
* {{YouTube|id=https://www.youtube.com/watch?v=QhfxmXrA_lo|titel=#ThanksThorp: Construction|abruf=2023-06-19|uploader=Sellafield Ltd|sprache=en}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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== Literatur ==
Ch. Küppers/M. Sailer: ''MOX-Wirtschaft oder die zivile Plutoniumnutzung'', eine [[IPPNW]]-Publikation


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Version vom 19. Juni 2023, 11:11 Uhr

THORP ist die Kurzbezeichnung für Thermal Oxide Reprocessing Plant und bezeichnet die neuere der beiden in Sellafield, Großbritannien befindlichen Wiederaufarbeitungsanlagen für nukleare Brennelemente.[1][2] Der Name drückt aus, dass dort oxidische Brennelemente aus thermischen Reaktoren, das heißt aus Leichtwasserreaktoren, aufgearbeitet werden.

Verfahren

Die Anlage wurde für eine Kapazität von bis zu 1200 Tonnen Uran pro Jahr (abbrandabhängig) ausgelegt; dieser Durchsatz wurde aber bisher noch in keinem Jahr erreicht. Bis März 2005 wurden insgesamt etwa 5670 t verarbeitet.

Die Wiederaufarbeitung erfolgt nach dem PUREX-Verfahren mit folgenden Einzelschritten:

  • Brennelementempfang und -lagerung
  • Brennelementzerlegung und -auflösung in Salpetersäure
  • Abtrennung der Spaltprodukte von den wiederverwendbaren Stoffen Uran / Plutonium
  • Trennung von Uran und Plutonium
  • Endreinigung von Uran und Plutonium und Konversion zu UO3 oder PuO2
  • Abfallbehandlung und -lagerung

Die flüssigen hochradioaktiven Abfälle werden in der Anlage WVP (Windscale Vitrification Plant) verglast.

In der Sellafield MOX Plant (SMP), einem anderen Gebäudekomplex in Sellafield, wurde das aufgearbeitete Plutoniumoxid zu frischen MOX-Brennelementen für Leichtwasserreaktoren verarbeitet. Die SMP wurde 2011, einige Monate nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima, geschlossen.[3]

Geschichte der Anlage

Die erste Anlage zur Wiederaufarbeitung in Sellafield hatte eine rein militärische Zielsetzung: Seit den 1950er Jahren wurde das in den beiden Windscale-Reaktoren erzeugte Waffen-Plutonium dort im Nachgang für den Einsatz in Kernwaffen zur weiteren Verarbeitung separiert. 1964 dann wurde die Anlage B205 für Brennelemente der britischen Magnox-Reaktoren und später AGR-Reaktoren in Betrieb genommen. 1969 bis 1973 stand zudem eine weitere Anlage in Betrieb, die für in Großbritannien (noch) nicht in Betrieb stehende Leichtwasserreaktoren im Ausland gedacht war. Das Projekt scheiterte allerdings 1973 an einem schwereren Unfall.

Der Bau der THORP-Anlage war eines der größten Bauprojekte am Standort Sellafield in den 1980er Jahren.[4] Im Gegensatz zur älteren Anlage B205, die für die nicht lange lagerfähigen Brennelemente britischer Reaktoren vorgesehen war, wurde THORP aus rein kommerziellen Überlegungen heraus für britische und ausländische Kunden gebaut.

Bis in das Jahr 2018 wurde mit dem Thermal Oxide Reprocessing Plant (THORP) die Wiederaufbereitung von ausländischen Brennelementen bedient und schließlich beendet.[5] Zu den Kunden zählten Italien, Japan, Schweiz, Deutschland und die Niederlande.[6] Für den Transport und Rücktransport ist die Nuclear Transport Solutions (NTS) zuständig. Sie gehört zur NDA.[7] Bis 2070 soll THROP für das Lagern von Brennelemente genutzt werden.[8][9]

Geschichte der Wiederaufbereitung deutscher Brennelemente

Ende 1994 kündigten die beiden deutschen Energiekonzerne RWE und Bayernwerk bereits abgeschlossene Verträge über die Wiederaufarbeitung ihrer Brennelemente in Thorp. Der Abnahmevertrag mit der französischen Anlage in La Hague wurde nicht verlängert. Sie begründeten beide Schritte mit Kostennachteilen ("Uran ist auf dem Weltmarkt billig zu haben, die Wiederaufarbeitung ist sehr teuer"). In Thorp entfielen durch diese Kündigung Aufarbeitungsaufträge über insgesamt 550 Tonnen, rund 20 Prozent der Thorp-Aufträge für die Jahre 2004 bis 2014. Die Thorp-Manager hatten ursprünglich kalkuliert, vom Jahr 2004 an Gewinn machen zu können.[10]

Die rot-grüne Koalition (1998–2005) war grundsätzlich gegen die Wiederaufarbeitung ("Plutoniumwirtschaft"); sie drängte die Atomkonzerne zu einem Verzicht darauf.[11]

Deutschland liefert seit einer politischen Entscheidung – Atomkonsens vom Sommer 2000, umgesetzt 2002 in einer Atomgesetz-Novelle – seit Mitte 2005 keine abgebrannten Brennelemente mehr zur Wiederaufarbeitung und nimmt sämtliche Abfälle zurück. Die MOX-Brennelemente, die von einzelnen AKW-Betreibern bis ca. 2018 bezogen wurden, stammten noch aus vor diesem Entscheid geschlossenen Verträgen.

Die MOX-Brennelementefabrik (die aber nicht zu THORP gehört) wurde 2011, einige Monate nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima, geschlossen.[3]

Vorfälle

Am 19. April 2005 wurde auf dem THORP-Betriebsgelände bemerkt, dass im Lauf mehrerer Monate etwa 90.000 Liter plutonium-haltige Flüssigkeit ausgelaufen war. Bedienungspersonal hatte erstmals im August 2004 bemerkt, dass mehr Flüssigkeit in die Anlage hineinging als wieder herauskam; das Leck blieb aber bis 2005 unentdeckt. Es gelangte angeblich keine Radioaktivität in die Umwelt; der Unfall wurde mit INES 3 eingestuft. Im Januar 2007 erhielt Thorp die Genehmigung, wieder in Betrieb zu gehen.[12]

Literatur

  • Volume 2: Fuel cycle (= W. Marshall [Hrsg.]: Nuclear power technology. 2 v. 3). Clarendon Press ; Oxford University Press, Oxford 1983 (englisch, archive.org).
  • Michele Laraia: Nuclear Decommissioning (= Lecture Notes in Energy. Band 66). Springer International Publishing, Cham 2018, ISBN 978-3-319-75915-9, doi:10.1007/978-3-319-75916-6 (englisch).
  • Man-Sung Yim: Nuclear Waste Management: Science, Technology, and Policy (= Lecture Notes in Energy. Band 83). Springer Netherlands, Dordrecht 2022, ISBN 978-94-024-2104-0, doi:10.1007/978-94-024-2106-4 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Man-Sung Yim: Spent Fuel Reprocessing and Nuclear Waste Transmutation. In: Nuclear Waste Management. Band 83. Springer Netherlands, Dordrecht 2022, ISBN 978-94-024-2104-0, S. 341–384, doi:10.1007/978-94-024-2106-4_8 (englisch, springer.com [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  2. Hartmut Frey: Brennstoffkreislauf. In: Kernenergie. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-658-31511-5, S. 363–428, doi:10.1007/978-3-658-31512-2_11 (springer.com [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  3. a b Nach Fukushima: Großbritannien macht Brennelementefabrik dicht. In: Der Spiegel. 3. August 2011, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  4. Thorp: One of the largest construction projects of the eighties. In: Sellafield Ltd, Nuclear Decommissioning Authority. Gov.uk, 26. Oktober 2018, abgerufen am 19. Juni 2023 (englisch).
  5. Nuclear Decommissioning Authority, Sellafield Ltd: End of reprocessing at Thorp signals new era for Sellafield. Gov.uk, 16. November 2018, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  6. All foreign-owned waste at Sellafield packaged and set for return. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, 9. Dezember 2021, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  7. David Peattie: NDA Update. In: New Transport and Waste Divisions. Gov.uk, 19. Januar 2021, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  8. Reprocessing ceases at UK's Thorp plant : Waste & Recycling - World Nuclear News. In: World nuclear news. World Nuclear Association, 14. November 2018, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  9. Atomanlage Sellafield: Ende und Neustart zugleich. Abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  10. Abkehr von der Aufarbeitung. In: Der Spiegel. 29. Januar 1995, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  11. Horand Knaup, Jürgen Leinemann, Hartmut Palmer, Hajo Schumacher, Gerhard Spörl: Chaos mit Kanzler. In: Der Spiegel. 31. Januar 1999, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  12. Näheres in der englischen Wikipedia oder hier: Thermal Oxide Reprocessing Plant (THORP) leak investigation and consent to restart

Koordinaten: 54° 24′ 56″ N, 3° 30′ 6″ W