„Operatorenrechnung“ – Versionsunterschied

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Unter '''Operatorenrechnung''' versteht man in der [[Elektrotechnik]] und der [[Systemtheorie (Ingenieurwissenschaften)|Systemtheorie der Nachrichtentechnik]] verschiedene historisch gewachsene mathematische [[Kalkül]]e zur Beschreibung des Verhaltens von [[Lineares zeitinvariantes System|linearen zeitinvarianten Systemen]]. Anstelle der „klassischen“ Beschreibung durch [[Differentialgleichung]]en und [[Differentialgleichungssystem]]e und deren aufwändiger Lösung beschreibt die Operatorenrechnung das Verhalten der elementaren Bauelemente und der komplexen Systeme durch Operatoren und führt damit die Differentialgleichungen auf [[Algebraische Gleichung|algebraische Gleichungen]] zurück.
Unter '''Operatorenrechnung''' versteht man in der [[Elektrotechnik]] und der [[Systemtheorie (Ingenieurwissenschaften)|Systemtheorie der Nachrichtentechnik]] verschiedene historisch gewachsene mathematische [[Kalkül]]e zur Beschreibung des Verhaltens von [[Lineares zeitinvariantes System|linearen zeitinvarianten Systemen]]. Anstelle der „klassischen“ Beschreibung durch [[Differentialgleichung]]en und [[Differentialgleichungssystem]]e und deren aufwändiger Lösung beschreibt die Operatorenrechnung das Verhalten der elementaren Bauelemente und der komplexen Systeme durch Operatoren und führt damit die Differentialgleichungen auf [[Algebraische Gleichung|algebraische Gleichungen]] zurück.

Mathematisch liegt dabei ein in den Dimensionen endlicher [[Funktionenvektorraum]] vor, welcher sich immer auch explizit algebraisch formulieren läßt.


Ein System wird dabei durch den folgenden einfachen algebraischen Zusammenhang beschrieben:
Ein System wird dabei durch den folgenden einfachen algebraischen Zusammenhang beschrieben:

Wirkung = Systemcharakteristik × Ursache
:<math>\mathrm{Wirkung = Systemcharakteristik \star Ursache}</math>


In allen Operatorenrechnungen verschwindet der Unterschied zwischen den Signalen und den Systemcharakteristiken. Beide werden gleichwertig durch die jeweiligen Operatoren repräsentiert.
In allen Operatorenrechnungen verschwindet der Unterschied zwischen den Signalen und den Systemcharakteristiken. Beide werden gleichwertig durch die jeweiligen Operatoren repräsentiert.
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{{Hauptartikel|Komplexe Wechselstromrechnung}}
{{Hauptartikel|Komplexe Wechselstromrechnung}}
Diese [[Komplexe Wechselstromrechnung|symbolische Methode der Wechselstromrechnung]] führt (als sog. „jω-Rechnung“) den komplexen [[Widerstandsoperator]] (und andere) ein, ist aber an stationäre [[sinus]]förmige Signale gebunden. Auch die Einführung der [[Komplexe Frequenz|komplexen Frequenz]] in der [[Erweiterte symbolische Methode der Wechselstromtechnik|erweiterten symbolischen Methode]] kann daran prinzipiell nichts ändern.
Diese [[Komplexe Wechselstromrechnung|symbolische Methode der Wechselstromrechnung]] führt (als sog. „jω-Rechnung“) den komplexen [[Widerstandsoperator]] (und andere) ein, ist aber an stationäre [[sinus]]förmige Signale gebunden. Auch die Einführung der [[Komplexe Frequenz|komplexen Frequenz]] in der [[Erweiterte symbolische Methode der Wechselstromtechnik|erweiterten symbolischen Methode]] kann daran prinzipiell nichts ändern.

== Das Heaviside-Kalkül ==
== Das Heaviside-Kalkül ==
{{Hauptartikel|Heavisidesche Operatorenrechnung}}
{{Hauptartikel|Heavisidesche Operatorenrechnung}}
[[Oliver Heaviside]] erweiterte die [[Komplexe Wechselstromrechnung|symbolische Methode der Wechselstromrechnung]] empirisch für beliebige Signale, indem er den [[Differentialoperator]] <math>p = \frac{d}{dt}</math> einführte und ihn wie eine „normale“ Variable gebrauchte. Diese Heavisidesche Operatorenrechnung führte aber bei der („etwas schwierigen“) Interpretation manchmal (d. h. unter nicht konkret zu spezifizierenden Bedingungen) zu fehlerhaften Ergebnissen und war mathematisch nicht exakt begründet.
[[Oliver Heaviside]] erweiterte die [[Komplexe Wechselstromrechnung|symbolische Methode der Wechselstromrechnung]] empirisch für beliebige Signale, indem er den [[Differentialoperator]] <math>p = \frac{d}{dt}</math> einführte und ihn wie eine „normale“ Variable gebrauchte. Diese Heavisidesche Operatorenrechnung führte aber bei der („etwas schwierigen“) Interpretation manchmal (d. h. unter nicht konkret zu spezifizierenden Bedingungen) zu fehlerhaften Ergebnissen und war mathematisch nicht exakt begründet.

Eine Erweiterung und Verallgemeinerung des Heaviside-Kalküls stellt das ''HY-Kalkül'' dar <ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Mathis
|Jahr=1987 |Titel=Theorie nichtlinearer Netzwerke |Verlag=Springer-Verlag | ISBN = 3-540-18365-5}}</ref>.

== Die Laplace-Transformation ==
== Die Laplace-Transformation ==
{{Hauptartikel|Laplace-Transformation}}
{{Hauptartikel|Laplace-Transformation}}
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Deshalb und aufgrund der umfangreichen Literatur ist in der ''Praxis der Ingenieurtätigkeit'' aber auch in der Lehre auch heute noch die [[Laplace-Transformation]] die meist angewandte Methode der Operatorenrechnung.
Deshalb und aufgrund der umfangreichen Literatur ist in der ''Praxis der Ingenieurtätigkeit'' aber auch in der Lehre auch heute noch die [[Laplace-Transformation]] die meist angewandte Methode der Operatorenrechnung.

== Nachweise ==
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 28. Februar 2010, 21:16 Uhr

Unter Operatorenrechnung versteht man in der Elektrotechnik und der Systemtheorie der Nachrichtentechnik verschiedene historisch gewachsene mathematische Kalküle zur Beschreibung des Verhaltens von linearen zeitinvarianten Systemen. Anstelle der „klassischen“ Beschreibung durch Differentialgleichungen und Differentialgleichungssysteme und deren aufwändiger Lösung beschreibt die Operatorenrechnung das Verhalten der elementaren Bauelemente und der komplexen Systeme durch Operatoren und führt damit die Differentialgleichungen auf algebraische Gleichungen zurück.

Mathematisch liegt dabei ein in den Dimensionen endlicher Funktionenvektorraum vor, welcher sich immer auch explizit algebraisch formulieren läßt.

Ein System wird dabei durch den folgenden einfachen algebraischen Zusammenhang beschrieben:

In allen Operatorenrechnungen verschwindet der Unterschied zwischen den Signalen und den Systemcharakteristiken. Beide werden gleichwertig durch die jeweiligen Operatoren repräsentiert.

Die unterschiedlichen Operatorenrechnungen entstanden in der nachfolgend gegebenen historischen Reihenfolge:

Die komplexe Wechselstromrechnung

Diese symbolische Methode der Wechselstromrechnung führt (als sog. „jω-Rechnung“) den komplexen Widerstandsoperator (und andere) ein, ist aber an stationäre sinusförmige Signale gebunden. Auch die Einführung der komplexen Frequenz in der erweiterten symbolischen Methode kann daran prinzipiell nichts ändern.

Das Heaviside-Kalkül

Oliver Heaviside erweiterte die symbolische Methode der Wechselstromrechnung empirisch für beliebige Signale, indem er den Differentialoperator einführte und ihn wie eine „normale“ Variable gebrauchte. Diese Heavisidesche Operatorenrechnung führte aber bei der („etwas schwierigen“) Interpretation manchmal (d. h. unter nicht konkret zu spezifizierenden Bedingungen) zu fehlerhaften Ergebnissen und war mathematisch nicht exakt begründet.

Eine Erweiterung und Verallgemeinerung des Heaviside-Kalküls stellt das HY-Kalkül dar [1].

Die Laplace-Transformation

Die von Thomas John l'Anson Bromwich, Karl Willy Wagner, John R. Carson (1886–1940) und Gustav Doetsch praxistauglich ausgearbeitete Laplace-Transformation versuchte diese Probleme (ausgehend von der Fourier-Transformation) durch eine Funktionaltransformation zu beseitigen. Dazu mussten aber die Menge der beschreibbaren Zeitfunktionen eingeschränkt und zur Begründung verschiedene Grenzwertprobleme gelöst werden. Die Beweisführung der Sätze der Laplace-Transformation ist oft mathematisch „sehr anspruchsvoll“.

Die Operatorenrechnung nach Mikusiński

Diese algebraisch begründete Operatorenrechnung wurde in den 50iger Jahren vom polnischen Mathematiker Jan Mikusiński entwickelt. Sie baut auf der Heavisideschen Operatorenrechnung auf und begründet diese mit algebraischen Methoden mathematische exakt neu.

Vorteile der Operatorenrechnung nach Mikusiński

  • Ein Operator ist unmittelbar ein mathematisches Modell des Systems.
  • Es ist kein Umweg über einen Bildbereich (Frequenzbereich) nötig, sondern man arbeitet immer im Originalbereich (Zeitbereich).
  • Konvergenzuntersuchungen und daraus folgende Einschränkungen sind nicht notwendig.
  • Die Arbeit mit Distributionen zur Beschreibung des Dirac-Impulses (und ähnlicher Signale) ist nicht nötig.

Nachteile der Operatorenrechnung nach Mikusiński

  • Die algebraische Begründung ist mathematisch sehr abstrakt und für wenig algebraisch ausgebildete „praktizierende Ingenieure“ unanschaulich.
  • Der Übergang zur praktisch oft benutzten „imaginären Frequenz“ und damit die Spektraldarstellung von Signalen ist nicht sofort offensichtlich.

Deshalb und aufgrund der umfangreichen Literatur ist in der Praxis der Ingenieurtätigkeit aber auch in der Lehre auch heute noch die Laplace-Transformation die meist angewandte Methode der Operatorenrechnung.

Nachweise

  1. Wolfgang Mathis: Theorie nichtlinearer Netzwerke. Springer-Verlag, 1987, ISBN 3-540-18365-5.

Literatur

  • Jan Mikusiński: Operatorenrechnung. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1957.
  • F. H. Lange: Signale und Systeme - Band 1: Spektrale Darstellung. Verlag Technik, Berlin 1965.
  • Gerhard Wunsch: Geschichte der Systemtheorie. Akademie-Verlag, Leipzig 1985.