„Dinitromethan“ – Versionsunterschied

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Version vom 22. September 2010, 21:47 Uhr

Strukturformel
Struktur von Dinitromethan
Allgemeines
Name Dinitromethan
Summenformel CH2N2O4
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit schwachem angenehmen Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 625–76–3
Wikidata Q1226509
Eigenschaften
Molare Masse 106,0376 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,524 g·cm−3 (20 °C)[1]

Siedepunkt

39–40 °C (2 Torr)[1]

pKS-Wert

3,57 (20 °C)[2]

Brechungsindex

1,4480 (20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Dinitromethan ist der zweifachsubstituierte Vertreter der Reihe der Nitromethane mit Nitromethan, Dinitromethan, Trinitromethan und Tetranitromethan sowie die einfachste geminale Dinitroalkylverbindung. Die Verbindung ist bei Temperaturen oberhalb Raumtemperatur zunehmend instabil. Eine sichere Handhabung erfolgt eher in Form ihrer Alkalisalze.

Geschichte

Eine erste, unsichere Quelle der Herstellung von Dinitromethan stammt aus dem Jahr 1878, wo Dinitromethan in heftiger Reaktion aus Aceton und konzentrierter Salpetersäure entstanden sein soll.[3][4] Die ersten Herstellungen des Kaliumsalzes gelangen Villiers 1884[5] und Duden 1893[4] in geringen Ausbeuten aus Bromdinitromethan, welches durch Erhitzen von 2,4,6-Tribromanilin mit konzentrierter Salpetersäure erhalten wurde. Eine 1951 von Feuer et. al.[6] veröffentlichte zweistufige Synthesevariante geht von Nitromethan aus, das zunächst zum Chlornitromethan chloriert wird. Durch eine nukleophile Substitution mittels Kaliumnitrit im basischen Medium entsteht das Kaliumsalz. Die Ausbeute dieser Variante liegt allerdings nur bei 23 %.

Darstellung und Gewinnung

Eine Synthese geht vom Malonsäuremonomethylester aus, der durch eine oxydative Nitrierung unter Decarboxylierung in den 2,2-Dinitroessigsäuremethylester umgewandelt wird. Der zweite Decarboxylierungsschritt erfolgt bei der basischen Esterhydrolyse des Methylesters mittels Natronlauge, wobei zunächst das Natriumsalz des Dinitromethans entsteht.[7]

Dinitromethan ist auch ein Nebenprodukt der Synthese von Diaminodinitroethylen. Die Synthese geht vom 2,6-Dihydroxy-4-methylpyrimidin aus, welches durch eine Nitrierung in Nitriersäure zu einem Tetranitrozwischenprodukt umgesetzt wird. Das Zwischenprodukt wird danach hydrolytisch zu Dinitromethan, Diaminodinitroethylen und Kohlenstoffdioxid gespalten.[8]

Synthese von FOX-7

Diaminodinitroethylen besitzt acide Eigenschaften. In Gegenwart von Basen erfolgt eine Deprotonierung. Bei einer Umsetzung mit Kalilauge bei niedrigen Temperaturen lässt sich das Kaliumsalz als weißer, kristalliner Feststoff isolieren. Das Erhitzen auf 70 °C mit Kalilauge führt zu einer basischen Hydrolyse, wobei das Kaliumsalz des Dinitromethans und Harnstoff gebildet werden.[9]

Protolysegleichgewicht und basische Hydrolyse


Eigenschaften

Dinitromethan ist je nach Reinheit ein farbloses bis gelbliches Öl.[4][1] Die Verbindung ist instabil. Bei Raumtemperatur wird eine langsame Zersetzung beobachtet.[4] Bei Lagerung bei 0 °C ist die Verbindung über Monate stabil.[1] Eine Destillation wurde im Vakuum bei 2 Torr mit einem Siedepunkt bei 39–40 °C bzw. bei 4 Torr bei 52–53,5 °C durchgeführt.[1] Wegen der Fähigkeit zum explosionsartigen Zerfall wird davon aber abgeraten. Mit einem pKs-Wert von 3,57 ist die Verbindung ein starke Säure.[2] Die Säurestärke ist vergleichbar mit der der Ameisensäure (pKs 3,75).

Bei chemischen Umsetzungen geht man meist vom Kalium- oder Natriumsalz des Dinitromethans aus. Das Anion wirkt als gutes Nucleophil. So reagiert es mit Formaldehyd zum 2,2-Dinitropropan-1,3-diol.[6]

Verwendung

Trotz der Explosionsfähigkeit wird die Verbindung wegen der schlechten Handhabbarkeit nicht als Explosivstoff verwendet. Die Salze des Dinitromethans können als Synthesebausteine für Heterocyclensynthesen eigesetzt werden.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g G.Y. Legin, V. Okhlobystinaand, A.A. Fainzilberg: Preparation of pure dinitromethane and its properties in Russ. Chem. Bull. 14 (1965) 2190–2191, doi:10.1007/BF00846018.
  2. a b H.G. Adolph, M.J. Kamlet: Fluoronitroaliphatics. I. The Effect of α Fluorine on the Acidities of Substituted Nitromethanes in J. Am. Chem. Soc. 88 (1966) 4761–4763, doi:10.1021/ja00972a065
  3. Chancel: Compt. Rend. 86 (1878) 1405 und Jahresbericht für 1878, 694
  4. a b c d P. Duden: Ueber das Dinitromethan in Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 26 (1893) 3003–3011, doi:10.1002/cber.189302603135.
  5. R. Villiers: Bull. Soc. Chim. Fr. 41 (1884) 281 und 43 (1886) 322.
  6. a b H. Feuer, G.B. Bachmann, J.P. Kispersky: A New Preparation of Potassium Dinitromethane and its Conversion to 2,2-Dinitro-1,3-propanediol in J. Am. Chem. Soc. 73 (1951) 1360.
  7. V. Grakauskas, A.M. Guest: Dinitromethane in J. Org. Chem. 43 (1978) 3485–3488.
  8. N.V. Latypov, M. Johansson, E. Holmgren, E.V. Sizova, V.V. Sizov, A.J. Bellamy: On the Synthesis of 1,1-Diamino-2,2-dinitroethene (FOX-7) by Nitration of 4,6-Dihydroxy-2-methylpyrimidine in Org. Process Res. Dev. 11 (2007) 56–59. doi:10.1021/op068010t
  9. A.J. Bellamy: FOX-7 (1,1-Diamino-2,2-dinitroethene) in Struc. Bond. 125 (2007) 1-33. doi:10.1007/430_2006_054 (Structure & Bonding, Vol. 125: High energy density materials, Ed. T.M. Klapötke. Springer 2007, doi:10.1007/978-3-540-72202-1 ISBN 9783540722014)