Ammoniumperchlorat

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Strukturformel
Ammoniumion Perchloration
Allgemeines
Name Ammoniumperchlorat
Andere Namen

Überchlorsaures Ammonium

Summenformel NH4ClO4
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7790-98-9
PubChem 24639
Wikidata Q410203
Eigenschaften
Molare Masse 117,49 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,95 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

210–240 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

gut in Wasser (205,9 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201​‐​271
P: 221​‐​283​‐​210​‐​373​‐​401​‐​501[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ammoniumperchlorat (NH4ClO4) ist das Ammonium-Salz der Perchlorsäure (HClO4). Es wird oft durch Einwirken von Perchlorsäure HClO4 auf Ammoniumchlorid NH4Cl hergestellt.

Eigenschaften

Ammoniumperchlorat

Ammoniumperchlorat (Summenformel NH4ClO4) bildet farb- und geruchlose, leicht wasserlösliche Kristalle, die bei Reibung, Hitze und in Gegenwart starker Säuren explodieren können. Feuergefahr besteht bei Berührung mit brennbaren Stoffen oder Reduktionsmitteln wie Schwefel, Phosphor, Metallpulver und organischen Stoffen. In stabilisiertem Zustand (z. B. mit 10 % Wasser) ist der Stoff nicht explosionsgefährlich, aber brandfördernd. Bei Kontakt treten starke Reizungen an den Schleimhäuten auf.

Der Umgang mit Ammoniumperchlorat ist im Sprengstoffgesetz geregelt und in Deutschland ohne entsprechende Erlaubnis verboten.

Verwendung

Ammoniumperchlorat eignet sich, mit einem Bindemittel versetzt, als Raketentreibstoff für Feststoffraketen, Feuerwerksraketen, Modellraketen oder als Sprengstoff. Der Grund dafür ist, dass sich Ammoniumperchlorat bei Initialzündung oder Erhitzung über 200 °C nach folgender Gleichung zersetzt:

Ammoniumperchlorat zersetzt sich bei Erwärmung über 200 °C in Chlor, Sauerstoff, Stickstoff und Wasser.

Es entstehen nur gasförmige Reaktionsprodukte, die sich wegen der entstehenden Reaktionswärme explosionsartig ausdehnen. Das Ammonium-Ion wirkt als Reduktionsmittel, das Perchlorat-Anion als Oxidationsmittel. Der freigesetzte Sauerstoff und das Chlor können noch weiter oxidierend wirken. Daher wird noch bis zu 30 % (Massenanteil) Aluminium zugesetzt, das dann als eigentlicher Treibstoff dient und mit seiner hohen Reaktionstemperatur die Reaktion zwischen den Bestandteilen des Ammoniumperchlorats in Gang hält. Der spezifische Impuls ist aber trotzdem geringer als bei den meisten Flüssigtreibstoffen. Trotzdem wird und wurde Ammoniumperchlorat in Gemisch mit anderen brennbaren Substanzen (besonders Aluminiumpulver) als APCP für Raketenbooster eingesetzt, da diese einfach und billig in der Konstruktion sind, beispielsweise für Ariane 5, Space Shuttle, Titan IIIC-IVB, H-II,- und Delta-Raketen. Eine weitere Verwendung findet es in Blinksternen (Strobestars), die gelegentlich auf Großfeuerwerken eingebaut und dort in Feuerwerksbomben verschossen werden.

Herstellung

Die industrielle Herstellung erfolgt elektrolytisch in der sogenannten Perchloratzelle. Dabei wird zunächst Natriumchlorid NaCl in einer wässrigen Lösung zum Natriumperchlorat NaClO4 oxidiert. Anschließend wird das Natriumperchlorat mit einem Ammoniumsalz (zum Beispiel Ammoniumchlorid NH4Cl) in einer Ionentauschreaktion umgesetzt. Dabei entsteht das Endprodukt:

Natriumperchlorat und Ammoniumchlorid reagieren zu Ammoniumperchlorat und Natriumchlorid.

Durch die verschiedenen Löslichkeiten der Salze lassen sich diese leicht trennen. Das entstandene Natriumchlorid NaCl lässt sich wiederum als Ausgangsprodukt für die Perchloratzelle verwenden.

Gefährlichkeit

Das unkontrollierte Abbrennen von Ammoniumperchlorat ist sehr gefährlich. Am 4. Mai 1988 ereignete sich bei dem Chemieunfall bei PEPCON in Henderson, Nevada, ein verheerender Brand in einer Fabrik, die das Ammoniumperchlorat für den Raketentreibstoff der NASA herstellte und lagerte. Hierbei gab es eine Explosion, die mehr als 25 Meilen weit zu spüren war. Die Auswirkungen von Ammoniumperchlorat auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt werden unter REACH im Jahr 2015 im Rahmen der Stoffbewertung von Deutschland geprüft.[3]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Eintrag zu Ammoniumperchlorat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  2. Eintrag zu Ammonium perchlorate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. Vorlage:CoRAP-Liste

Weblinks