August Johann Gottfried Bielenstein
August Bielenstein (lett.: Augusts Bīlenšteins) (* 20. Februarjul. / 4. März 1826greg. in Mitau (lettisch: Jelgava); † 23. Junijul. / 6. Juli 1907greg. ebenda) war ein deutschbaltischer Theologe, Sprachwissenschaftler, Volkskundler und Ethnograph.[1]
Leben
Bielenstein wuchs im väterlichen Pastorat Oši (Eschen) auf. Wie viele Pastoren des Baltikums studierte er an der Friedrichs-Universität Halle Evangelische Theologie. 1846 wechselte er an die Universität Dorpat, die ihn 1850 zum Doctor Theologiae promovierte. 1852 trat er die Nachfolge seines Vaters als Pastor der Gemeinde Neu-Autz in Kurland an.[2] Ab 1867 wirkte Bielenstein als evangelischer Pfarrer der Gemeinde Doblen, (lett.: Dobele) im Kurzeme (deutsch: Kurland).[3]
Er war von 1864 bis 1895 Präsident der Lettisch-Literärischen Gesellschaft. In dieser Funktion veranlasste Bielenstein die Bearbeitung eines Lettischen Wörterbuchs (durch Ulmann, Riga 1872, Bd. 1) und übernahm die sprachliche und exegetische Revision der lettischen Bibel (Mitau 1877). Das Magazin der Lettisch-Literärischen Gesellschaft enthält viele wertvolle Aufsätze von Bielenstein.
Bielenstein war Herausgeber der größten Zeitung in lettischer Sprache Latviešu Avīzes. Er war Autor zahlreicher Werke auf den Gebieten der Sprachwissenschaften und Ethnographie. Er förderte die Sammlung von Dainas, gab Sammlungen heraus, erforschte die traditionelle Holzbauweise. Auch untersuchte er Burghügel, um diese den Beschreibungen in alten Chroniken zuordnen zu können.[4] Obwohl Bielenstein viele anstoßgebende Beiträge zur Erforschung der lettischen Sprache und Kultur leistete, war er gleichzeitig ein erbitterter Gegner der Jungletten und vehementer Verteidiger der deutschbaltischen Tradition.
Seine wertvolle Bibliothek fiel der Russischen Revolution 1905 zum Opfer.
Zum 100. Todestag im Jahr 2007 gab es mehrere Veranstaltungen in Dobele und Riga[5] , auch die Enthüllung einer Gedenktafel.[6][7] Im Jahr 2008 fand eine Ausstellung in der estnischen Nationalbibliothek in Tallinn statt.[8]
Ehrungen
- Dr. phil. h. c. der Albertus-Universität Königsberg (1883)
- Mitglied der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften, 1890 korrespondierendes Mitglied
- Ehrenpräsident der Lettisch-Literärischen Gesellschaft (1895)
- Ehrenmitgliedschaften
- Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde zu Riga (1869)
- Kurländische Gesellschaft für Literatur und Kunst (1877)
- Litauische literarische Gesellschaft, Tilsit (1879)
- Gelehrte Estnische Gesellschaft, Dorpat (1888)
- Ehstländische Literärische Gesellschaft, Reval (1892)
- Altertumsgesellschaft Prussia (1894)
- Ehrenphilister der deutsch-baltischen Studentenverbindung Curonia Dorpat (1902)
- Halber Demidow-Preis der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg (1861)
- Heimbürger-Preis der Universität Dorpat (1892)
- Dr. theol. h. c. der Universität Dorpat (1902)
Familie
August Bielenstein war ein Sohn des Pastors Gottfried Bielenstein in Neu-Autz (Kurland) und dessen Ehefrau Emilie geb. v. Klebeck. Bielenstein heiratete 1854 Ernestine Louise Hermine Erna von Bordelius (1833–1919). Aus der Ehe gingen drei Töchter und sechs Söhne hervor. Nicht alle erreichten das Erwachsenenalter. Drei der Söhne wurden Pastoren[9] und setzten damit das Werk ihres Vaters fort. Die Tochter Martha unterstützte ihren Vater als Zeichnerin bei seinen Veröffentlichungen und trat selbst als Autorin[10] hervor.
geboren | gestorben | ||||
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Name des Kindes | Jahr | Ort | Jahr | Ort | Beruf |
Max | 1855 | Neu-Autz | 1869 | Sackenhausen | lebte 14 Jahre |
Louis Johann Emil | 1858 | Neu-Autz | 1943 | Bethel | Pastor |
Martha | 1860 | Neu-Autz | 1938 | Riga | Autorin |
Johannes (Hans) Georg Wilhelm | 1863 | Neu-Autz | 1919 | Bauske | Pastor |
Johanna | 1864 | Neu-Autz | 1864 | Neu-Autz | lebte 2 Monate |
Emma | 1865 | Neu-Autz | 1887 | Doblen | lebte 21 Jahre |
Siegfried „Six“ Alexander | 1869 | Doblen | 1949 | Senftenberg | Künstler |
Walter Adolf Axel | 1872 | Doblen | 1961 | Reutlingen | Pastor[11] |
Bernhard Max August | 1877 | Doblen | 1959 | Heilbronn | Architekt |
Werke
- Die lettische Sprache, nach ihren Lauten und Formen (2 Bände, Berlin: Dümmler, 1863-64; Nachdruck: Leipzig: Zentralantiquariat der DDR, 1972)
- Die Grenzen des lettischen Volkstammes und der lettischen Sprache in der Gegenwart und im 13. Jahrhundert (St. Petersburg: Eggers, 1892; Nachdruck: Hannover-Döhren: v. Hirschheydt, 1973, ISBN 3-7777-0983-2)
- Studien aus dem Gebiete der lettischen Archäologie, Ethnographie und Mythologie (Riga, 1896; Co-Autoren: Emil Bielenstein und Hans Bielenstein, hier online einsehbar)
- Die Holzbauten und Holzgeräte der Letten: ein Beitrag zur Ethnographie, Kulturgeschichte und Archaeologie der Völker Russlands im Westgebiet (St. Petersburg, 1907–1918; Nachdruck: Hannover-Döhren: v. Hirschheydt, 1969)
- Ein glückliches Leben: Selbstbiographie (Riga: Jonck u. Poliewsky, 1904; Nachdruck: Michelstadt: Neuthorverlag, 2002, ISBN 3-88758-080-X)
Literatur
- Heinz Mattiesen: Bielenstein, August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 226 f. (Digitalisat).
- Friedrich Wilhelm Bautz: BIELENSTEIN, August. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 585–586 .
- Walter Bielenstein: Kampferlebnisse eines Balten im Ringen um Glauben und Heimat. Berlin 1939 (Kapitel 2)
- Heinrich von Baer: Mein Erlebnis der Brüderlichkeit. Aufzeichnungen aus dem Jahre 1979. Herausgeber Brüderlicher Kreis 2012 ISBN 978-3-8482-5703-4 (Mit einem Kapitel über Walter Bielenstein; auch als E-Book)
- Sammelband der Konferenz Riga, 6. Juli 2007: Dr. August Bielenstein - Forscher der Grundlagen lettischer Kultur sowie deren Vermittler in Europa. (Zweisprachig deutsch und lettisch; Latvijas Akadēmiskā Bibliotēka, 2007)
- Sarma Kļaviņa: Die Werke von August Bielenstein - eine bedeutende Quelle der Indoeuropäistik des 19. Jahrhunderts. Online
- Wilhelm Neander: Lexikon deutschbaltischer Theologen seit 1920. Verlag und Druckerei Fritz Eberlein, Hannover, 2. Auflage 1988
- Andrejs Bankavs, Ilga Jansone: Valodniecība Latvijā: Fakti un biogrāfijas. LU Akadēmiskais apgāds 2010. ISBN 978-9984-45-183-1 (Sprachwissenschaft in Lettland: Fakten und Biografien; mit Werkverzeichnis Bielensteins)
Weblinks
- August Bielenstein im Baltischen Biographischen Lexikon digital.
- Literatur von und über August Johann Gottfried Bielenstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über August Johann Gottfried Bielenstein in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- WorldCat
- Bielenstein, August. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost)
- Album academicum der Kaiserlichen Universität Dorpat, Dorpat 1889
Einzelnachweise
- ↑ Bielenstein in der Porträt-Sammlung der Lettischen Nationalbibliothek
- ↑ Das Pfarrhaus Oši in Jaunauces Pagasts
- ↑ August Bielensteins Pastorat in Dobele, restauriert im Jahr 2007.
- ↑ August Bielenstein und die Grenzen des lettischen Volksstammes
- ↑ Lily Limane: PĀRDOMAS PĒC A. BĪLENŠTEINAM VELTĪTĀS IZSTĀDES (Zur Ausstellung in der Akademischen Bibliothek Riga im Jahr 2007)
- ↑ Gedenktafel für August Bielenstein in Dobele
- ↑ Die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands zum 100. Todestag 2007
- ↑ Bielenstein-Ausstellung in der estnischen Nationalbibliothek, Tallinn im Jahr 2008
- ↑ Neander (1988)
- ↑ Verzeichnis der Schriften von Martha Bielenstein beim Herder-Institut.
- ↑ von Baer (2012)
Personendaten | |
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NAME | Bielenstein, August |
ALTERNATIVNAMEN | Bielenstein, August Johann Gottfried (vollständiger Name); Augusts Bīlenšteins (lettisch) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-baltischer Theologe, Volkskundler, Linguist |
GEBURTSDATUM | 4. März 1826 |
GEBURTSORT | Mitau |
STERBEDATUM | 6. Juli 1907 |
STERBEORT | Mitau |