Benutzer:Hao Xi/Agostinho Comboio

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Agostinho Comboio (* 1956 oder 1957 Angola; † 16. Juni 1991 in Friedrichshafen) war ein aus Angola stammender Arbeiter und das erste Todesopfer eines fremdenfeindlichen Überfalls in Baden-Württemberg nach der Wiedervereinigung.

Biographisches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Agostinho Comboio wurde 1956 oder 1957 in Angola geboren und kam in den späten 80er Jahren nach Westdeutschland.[1]

Überfall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Nacht zum 16. Juni 1991 wurde Comboio im Alter von 34 Jahren vor einer Kneipe in Friedrichshafen (Baden-Württemberg) von einem Rechtsextremisten verprügelt und erstochen.[2]

Comboio war das erste Todesopfer eines fremdenfeindlichen Überfalls in Baden-Württemberg, und das neunte in Deutschland nach der Wiedervereinigung.[3] Nach Amadeu Antonio Kiowa, der am 6. Dezember 1990 in Eberswalde von Neonazis tödlich verletzt wurde, war Comboio das zweite angolanische Todesopfer innerhalb kurzer Zeit.

Gerichtsprozess[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut dem Landgericht Ravensburg wurde der Täter nach dem Verbrechen auf Flugblättern der örtlichen rechten Szene als "Held von Friedrichshafen" gefeiert. Zudem wurden in der Stadt rassistische Parolen gesprüht.

In der Wohnung des Täters fanden sich Flugblätter der Nationalistischen Front und der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei.[4] Der bereits wegen Sachbeschädigung und schwerer Körperverletzung Vorbestrafte gab an, im Alter von zwölf Skinhead geworden und als Ordner bei Veranstaltungen der Deutschen Volkunion tätig gewesen zu sein.[5] Er wurde im Februar 1992 wegen Totschlags zu fünf Jahren Jugendhaft verurteilt.[6]

In der Urteilsbegründung heißt es:

„Wir mussten davon ausgehen, dass die Hautfarbe des Opfers wesentlich zur Tat beigetragen hat.“

Diese Begründung wurde teilweise so aufgefasst, daß das Gericht dem Opfer eine Teilschuld zugewiesen habe, z.B. von dem Journalisten Ulrich Wickert. Wickert kritisiert die Verurteilung wegen Totschlages anstatt Mordes und sieht sie in eine Reihe anderer seines Erachtens zu milder Urteile deutscher Gerichte gegen rechtsradikale Straftäter nach der Wiedervereinigung.[7]

Nachfolgende Debatte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während Agostinho Comboio in der Statistik des Bundesinnenministeriums vom 16.09.1993 (Bundesdrucksache 12/5679) erfasst wurde, verschwand sein Name von der am 21.04.1999 (Drs. 14/805) herausgegebenen Statistik zu rechtsextremen Verbrechen.[8]

Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der vom Mauthausen Komitee Österreich in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung veranstalteten Ausstellung "Gib den Opfern einen Namen" (2003-2004) wurde auch Agostinho Comboio eine eigene Gedenktafel gewidmet.[9] Agostinho Comboio wird im Gedicht Ich hab‘ geträumt von Kofi Yakpo erwähnt.[10] Der Konzeptkünstler Hans Haacke nahm in der Installation "Kein schöner Land. Weil sie nicht deutsch aussahen", die in der Akademie der Künste in Berlin ausgestellt wurde, Bezug auf die Ermordung Comboios.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. AntiDiskriminierungs Büro Köln. The Black Book: Deutschlands Häutungen. 2009. S. 241ff.
  2. "Rechte Gewalt: 1990-1991." In: Der Tagesspiegel. 13. September 2000;.
  3. "Liste der Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im wiedervereinigten Deutschland." In: Wikipedia.
  4. Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht, 1992, Seite 87
  5. B. Siegler, O. Tolmein, C. Wiedemann: Der Pakt, 1993, S. 82-83
  6. "Rechte Gewalt: 1990-1991." In: Der Tagesspiegel. 13. September 2000;.
  7. Ulrich Wickert: Nachdenken über die republikanischen Werte, Vorlesung, Gerhard-Mercator-Universität, Duisburg 2002, Seite 30
  8. Holzberger, Mark. "Offenbarungseid der Polizeistatistiker: Registrierung rechtsextremer Straftaten." In: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 68 (1/2001). Januar 2001;.
  9. Mauthausen Komitee Österreich: Ausstellungstafeln zur Ausstellung "Gib den Opfern einen Namen", S. 19 (16. Juni 1991)
  10. Zand, Alessa. Doppelt Anders. BoD, 2009. S. 230-31.
  11. http://www.adk.de/de/aktuell/pressemitteilungen/download_2006/Hans-Haacke/01-10_PM_Haacke.pdf

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bernd Siegler, Oliver Tolmein und Charlotte Wiedemann: Der Pakt - Die Rechten und der Staat, Verlag die Werkstatt, 1993, S. 82-83.
  • The Black Book: Deutschlands Häutungen. Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. AntiDiskriminierungs Büro Köln. 2009.