Borel-Cantelli-Lemma

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Borel-Cantelli-Lemma, manchmal auch Borel’sches Null-Eins-Gesetz, (nach Émile Borel und Francesco Cantelli) ist ein Satz der Wahrscheinlichkeitstheorie. Es ist oftmals hilfreich bei der Untersuchung auf fast sichere Konvergenz von Zufallsvariablen und wird daher für den Beweis des starken Gesetzes der großen Zahlen verwendet. Eine weitere, veranschaulichende Anwendung des Lemmas ist das Infinite-Monkey-Theorem. Das Lemma besteht aus zwei Teilen, wobei der „klassische“ Satz von Borel-Cantelli nur den ersten Teil enthält. Der zweite ist eine Erweiterung und stammt von Paul Erdős und Alfréd Rényi.

Aussage des Lemmas[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Formulierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Borel-Cantelli-Lemma besagt Folgendes:[1][2][3]

Es sei eine unendliche Folge von Ereignissen eines Wahrscheinlichkeitsraums .

Dann gilt:

  1. Ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten der endlich, so ist die Wahrscheinlichkeit des Limes superior der gleich 0.
  2. Ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten der unendlich und sind die Ereignisse paarweise unabhängig, so ist die Wahrscheinlichkeit des limes superior der gleich 1.

Da die Aussage von der Form ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Menge, hier des limes superior, entweder 0 oder 1 ist, zählt das Borel-Cantelli-Lemma zu den 0-1-Gesetzen.

Formale Aussage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Symbolisch: Für

gilt:

  1. und die sind paarweise unabhängig

Zum Beweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die klassische Aussage 1. kann so bewiesen werden: Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendein Ereignis mit eintritt, ist nicht größer als und strebt wegen der vorausgesetzten Konvergenz der Summe gegen 0 für . Der Limes superior der ist das Ereignis, dass unendlich viele eintreten, und ist ein Teilereignis von jedem der im vorigen Satz erwähnten Ereignisse, und seine Wahrscheinlichkeit ist somit nicht größer als sämtliche Glieder einer Nullfolge, also 0, was zu beweisen war.

Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Umkehrung von Aussage (1) ist nicht wahr. Betrachte hierzu den Wahrscheinlichkeitsraum und die Mengenfolge mit . Es gilt , daher ist , obwohl . Dies liefert auch gleich ein Beispiel dafür, dass die paarweise Unabhängigkeit in (2) unerlässlich ist.

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus dem Lemma von Borel-Cantelli ergibt sich folgendes nützliche Kriterium für die fast sichere Konvergenz von Zufallsvariablen:[1][3]

Sei eine Zufallsvariable und eine Folge von Zufallsvariablen über einem gewissen Wahrscheinlichkeitsraum .

Wenn für jedes , dann gilt fast sicher.

Gegenstück zum Borel-Cantelli-Lemma[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein nützliches „Gegenstück“ zum Borel-Cantelli-Lemma ersetzt die paarweise Unabhängigkeit der , die in der zweiten Version vorausgesetzt wird, durch eine Monotoniehypothese für alle hinreichend großen Indizes k. Dieses Lemma besagt: [4]

Sei eine Folge von Ereignissen, die für alle hinreichend großen k erfüllt, und sei das komplementäre Ereignis zu . Dann treten unendlich viele mit Wahrscheinlichkeit 1 ein dann und nur dann, wenn eine strikt monoton wachsende Folge existiert mit

Dieses Resultat ist hilfreich bei Problemen, die Eintrittswahrscheinlichkeiten betreffen, so z. B. die Frage, ob ein stochastischer Prozess mit Wahrscheinlichkeit 1 in eine gewisse Zustandsmenge eintritt. Die Zustandsmenge wird als absorbierend definiert, was die Monotonie impliziert, und eine geschickte Wahl der Folge liefert dann oft schnell die Antwort.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Heinz Bauer: Wahrscheinlichkeitstheorie. 2002, S. 73 ff
  2. A. Rényi: Wahrscheinlichkeitsrechnung. 1971, S. 252, 326 ff
  3. a b A. N. Širjaev: Wahrscheinlichkeit. 1988, S. 265 ff
  4. F. T. Bruss: Counterpart Borel-Cantelli Lemma 1980, S. 1094 ff