Buch der Lieder (China)

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Das Buch der Lieder (chinesisch 詩經 / 诗经, Pinyin Shījīng) ist einer der Fünf Klassiker. Es ist die älteste Sammlung von chinesischen Gedichten und die größte aus vorchristlicher Zeit. Konfuzius soll, der Tradition nach, die Lieder aus einem Fundus von 3000 Gedichten ausgewählt und in ihren jetzigen Zustand gebracht haben, dies ist jedoch eher eine Legende als eine Tatsache. Entstanden ist das Shijing zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr.

Aufbau

Zeichen Pinyin Anmerkung
fēng 160 Volkslieder
小雅 小雅 xiǎoyǎ 74 kleinere Festlieder oder Oden
大雅 大雅 dàyǎ 31 größere Festlieder
sòng 40 Hymnen

Das Buch der Lieder enthält eine Sammlung von 305 Liedern, die in 160 Volkslieder (風 feng); 74 kleinere Festlieder oder Oden (小雅 xiaoya); 31 größere Festlieder (大雅 daya) und 40 Hymnen (頌 sòng) unterteilt ist. Im Konfuzianismus werden diese Gedichte moralisch interpretiert. Andere, insbesondere westliche Sinologen heben allerdings die Volksliedhaftigkeit der Lieder hervor.

Die Volkslieder sind nach Vasallenstaaten geordnet, die Kunstlieder (xiaoya und daya) sind Texte zu Zeremonial- und Opferzwecken. Die Xiaoya handeln von den Untertanen, die Daya von den Königen. Die Song, der älteste Teil der Lieder, sind Fest- und Preislieder, die die Ahnen der Shang-Dynastie, der Zhou-Dynastie und des Landes Lu rühmen.

Da die ältesten Lieder wahrscheinlich im Ahnentempel gesungen und musikalisch und tänzerisch begleitet wurden, liegt ein religiöser Hintergrund vor.

Marcel Granet sieht den Ursprung der Volkslieder in Wechselgesängen zwischen einem Mann und einer Frau, bei denen wahrscheinlich ein ritueller Hintergrund vorliegt, deren Ursprung im Ritualtanz zu finden sei. Sie wurden zum Anlass jahreszeitlicher Feste gesungen, um Fruchtbarkeit, Regen u.ä. zu erbeten.

Die Lieder bestehen überwiegend aus Texten mit vier Zeichen pro Vers und drei bis vier Strophen zu jeweils sechs Zeilen. Die Verse bilden Reime und sind durch Symmetrie, Juxtaposition, Wiederholung und Variation gestaltet. Ein auffallendes Element der Lieder sind die sogenannten formulae, die wahrscheinlich auf eine mündliche Überlieferung zurückgehen. Eine Formula ist eine Gruppe von Worten als semantische Einheit, die wiederholt wird, um eine wichtige Idee zu betonen, entweder innerhalb eines Liedes oder in verschiedenen Liedern. Möglicherweise führen sich auch Naturmotive des Wachsen und Werdens mit formelhaftem Charakter im Buch der Lieder auf Fruchtbarkeitskulte zurück.

Als literarische Stilmittel der Lieder werden in der älteren Forschung besonders hervorgehoben: die direkte Beschreibung ( 賦), ausdrückliche Vergleiche ( 比) und implizite Vergleiche (xìng 興).

Bedeutung

Das Shijing hat eine große Bedeutung auch als eines der ältesten Sprachdenkmäler des Altchinesischen. Es hat daher insbesondere für die Erforschung der Grammatik und Semantik und bis zu einem gewissen Grad auch der Phonetik des Altchinesischen große Bedeutung.

Literatur

  • Schi-king. Das kanonische Liederbuch der Chinesen. Aus dem Chinesischen übersetzt und erklärt von Victor von Strauß, Heidelberg 1880 (Gesamtausgabe)
  • Albert Ehrenstein: China klagt! Nachdichtungen revolutionärer Lyrik aus drei Jahrtausenden. Reihe: Malik-Bücherei, 8. Malik, Herzfeld und Gumperz, Berlin 1924; Reprint AutorenEdition, Königstein 1981, ISBN 3-7610-8111-1[1]
  • Wolfgang Kubin: Geschichte der chinesischen Literatur Band 1: Die chinesische Dichtkunst. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-24541-6
  • Der Kranich ruft. Chinesische Lieder der ältesten Zeit. Aus dem Chinesischen übertragen und mit einem Nachwort versehen von Günther Debon, Berlin: Elfenbein 2003. ISBN 978-3-932245-62-6
  • "Hell ein Vogelruf ertönt." Altchinesische Volkslyrik. Guofeng; neu übertragen und erläutert von Hans-Günter Wagner, YinYang Media, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-935727-12-9
  • Rainald Simon (Hrsg.): Shijing / Das altchinesische Buch der Lieder, Reclam-Verlag, Ditzingen 2015, ISBN 978-3-15-010865-9 (Neuübersetzte zweisprachige Gesamtausgabe mit phonetischer Umschrift)

Notizen

  1. enthält aus dem Schi-king: Kaisers Bote; Der Diener; Der Junker; An den Fürsten; Klage; Bedrückung; Klage des armen Sohnes; Himmel und Hölle; Marsch; Heimweh; Lied auf dem Heimmarsch; Heimkehr; Der Soldat stellt seinen Feldherrn. S. 11–28

Weblinks