Cellulophaga

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Cellulophaga
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Bacteroidetes
Klasse: Flavobacteriia
Ordnung: Flavobacteriales
Familie: Flavobacteriaceae
Gattung: Cellulophaga
Wissenschaftlicher Name
Cellulophaga
Johansen et al. 1999

Cellulophaga ist eine Gattung von Bakterien. Die Arten kommen im Meer vor. Einige bevorzugen niedrige Temperaturen, sie sind psychrophil. Man kann bei vielen Arten ein Irisieren beobachten, die Kolonien glitzern in verschiedenen Farben.[1]

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arten von Cellulophaga sind nicht begeißelt, sie können sich aber gleitend bewegen („gliding motility“). Die Zellen sind stäbchenförmig mit abgerundeten Enden. Flexirubin-Pigmente werden nicht gebildet. Die gelbe bis orange Färbung der Kolonien wird von Carotinoiden hervorgerufen.[1]

Viele Stämme von Cellulophaga-Arten zeigen unter dem Mikroskop ein auffälliges „Glitzern“ oder „Schillern“, ein sogenanntes Irisieren. Es wird durch die Selbstorganisation der Bakterienzellen innerhalb des Biofilms verursacht, wodurch hexagonale photonische Kristalle entstehen.[1] Hierbei spielt wahrscheinlich die gleitende Bewegung (gliding motility) und Zell-Zell-Kommunikation eine wichtige Rolle.[2] Beschrieben wurde das Irisieren von Cellulophaga lytica, C. baltica, C. fucicola, C. pacifica, C. tyrosinoxydan und C. geojensis. Bei C. algicola wurde es nicht beobachtet.[1] Andere irisierende Bakterien sind z. B. bei den Gattungen Tenacibaculum und Aquimarina zu finden.[3]

Stoffwechsel und Wachstum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arten von Cellulophaga sind chemoorganotroph, d. h. sie benötigen für den Stoffwechsel organische Verbindungen.[1] Sie sind auf Sauerstoff angewiesen (aerob). Der Oxidase-Test und der Katalase-Test verlaufen beide positiv. Die Stämme benötigen Na+ und wachsen optimal auf Medien, die Meerwassersalz oder 2–4 % NaCl enthalten. Einige Arten sind stark proteolytisch und können sich von toten eukaryotischen Zellen ernähren und auch lebende Organismen, wie Hefen und einzellige Algenarten, angreifen und auflösen. Einige Arten können kolloidale Cellulose abbauen, nicht aber kristalline oder native Formen von Cellulose. Darauf beruht auch der Gattungsname Cellulophaga.

Es folgt eine Tabelle mit Merkmalen einiger Arten:

C. lytica C. baltica C. algicola C. pacifica C. geojensis
Irisieren je nach Stamm
unterschiedlich
ja nein ja ja
Zelllänge 1.5–3.5 2.2–4.5  1.5–4.0 2.7–5.3  2-6
Zellbreite 0.4– 0.6–0.8 0.4–0.5 0.5–0.7 0.5-0.8
Optimale Temperatur 22–30  ∼25 20–25  25–30 25
Temperatur, bei der
Wachstum möglich ist
2–40  2–30  -2–28 4–34 15–35
Optimaler pH-Wert 7.0–8.0 7.0–8.0 7.0–8.0 7.5–8.5 7.0–8.0

Chemotaxonomische Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das wichtigste Chinon der Arten von Cellulophaga ist das Menachinon-6. Dies trifft auch auf andere Mitglieder der Familie der Flavobacteriaceae zu. Cellulophaga-Arten akkumulieren hauptsächlich das Polyamin Homospermidin[4] und besitzen hauptsächlich verzweigtkettige Fettsäuren mit 15 bis 17 C-Atomen. Der GC-Gehalt der DNA liegt zwischen 32 und 36.[1]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Cellulophaga zählt zu der Familie Flavobacteriaceae.[5]

Cellulophaga lytica ist die Typusart der Gattung. Sie wurde zuerst der Gattung Cytophaga zugeordnet und als Cytophaga lytica von Lewin im Jahr 1969 eingeführt. Später wurde es zu der neu gebildeten Gattung Cellulophaga überführt.[6]

Cellulophaga-Arten weisen einige Ähnlichkeiten mit anderen Mitgliedern der Familie Flavobacteriaceae auf, insbesondere mit Arten der Gattung Zobellia. Die Arten von Cellulophaga lassen sich jedoch von diesen Arten in erster Linie durch das Fehlen von knospenden Zellen, das Fehlen von Pigmenten vom Flexirubin-Typ und einem rein aeroben Wachstum unterscheiden. Vertreter der ähnlichen Gattung Sediminicola fehlen die gleitende Beweglichkeit und sie haben einen höheren DNA-G+C-Gehalt (38-40 mol%).[1]

Namensherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gattungsname Cellulophaga ist gebildet aus dem lateinischen Wort „Cellulosum“ (Zellulose) und dem griechischen Wort „phageîn“ (essen) und bedeutet soviel wie „Zellulosefresser“. Der Artname C. lytica kommt von dem griechischen Wort „lutikê“ und bedeutet „fähig zum Auflösen“. Der Name ist nicht ganz treffend, da wie oben schon erwähnt keine Art der Gattung tatsächlich in der Lage ist, native Formen (wie Filterpapier) oder hochkristalline Formen von Zellulose abzubauen. Allerdings sind viele in der Lage, Carboxymethylcellulose, ein künstliches Zellulosederivat mit Carboxymethylgruppen, abzubauen. Hierzu werden die sogenannten Carboxymethylcellulase-Enzyme genutzt.[1]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arten von Cellulophaga kommen im Meer und im Brackwasser vor.[1] Sie wurden häufig auf Oberflächen von Makro- und Mikroalgen gefunden. In mehreren anderen Studien wurden Cellulophaga-Isolate aus verschiedenen Meeresgebieten identifiziert, unter anderem aus toxischen Dinoflagellatenblüten, aus dem Kiemengewebe von Lachsfischen und aus Tiefseesedimenten.[1] Molekularbiologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Arten von Cellulophaga auch häufig auf und in der Nähe von Meereseis der Antarktik vorkommen.[7][1]

C. pacifica wurde aus Meerwasser im Japanischen Meer isoliert.[8] Cellulophaga baltica und C. fucicola bevorzugen brackiges Meerwasser und sind zumindest in der Ostsee heimisch, wo sie auf benthischen Makroalgen (insbesondere auf Sägetang (Fucus serratus)) und im umgebenden Meerwasser vorkommen.[6] C. algicola ist eine psychrophile, also kälteangepasste Art und bevorzugt Temperaturen zwischen 10 und 20 °C. Die Art wurde hauptsächlich von Algenoberflächen in Verbindung mit Meereseis isoliert.[9]

Cellulophaga-Arten sind stark saccharolytisch (sich von Kohlenhydraten ernährend). Einige Arten können sich von eukaryontische Organismen wie Hefen und einzellige Algenarten ernähren. Sie können sich hierbei auch räuberisch ernähren, also lebende Individuen angreifen.[1] Sie bevorzugen insbesondere die Polysaccharide (Vielfachzucker) Agar und Alginate. Diese kommen häufig in den Zellwänden verschiedener Meeresalgen, vor allem in Makroalgen der Braunalgen vor. Diese Aktivität scheint auf die Freisetzung von lytischen Enzymen in der Nähe der Beutezellen zurückzuführen zu sein. Dies gilt insbesondere für C. baltica.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m John P. Bowman: Cellulophaga In: Bergey's Manual of Systematics of Archaea and Bacteria, 9. Dezember 2016. John Wiley & Sons doi:10.1002/9781118960608.gbm00300.pub2
  2. Betty Kientz, Adrien Ducret, Stephen Luke, Peter Vukusic, Tâm Mignot, Eric Rosenfeld: Glitter-Like Iridescence within the Bacteroidetes Especially Cellulophaga spp.: Optical Properties and Correlation with Gliding Motility In: PLoS One (2012) Band 7, Ausgabe 12, e52900 doi:10.1371/journal.pone.0052900
  3. Betty Kientz, Hélène Agogué, Céline Lavergne, Pauline Marié und Eric Rosenfeld: Isolation and distribution of iridescent Cellulophaga and other iridescent marine bacteria from the Charente-Maritime coast, French Atlantic In: Systematic and Applied Microbiology ( 2013) Band 36, Ausgabe 4, S. 244–251 doi:10.1016/j.syapm.2013.02.004
  4. K. Hamana und Y. Nakagawa: Polyamine distribution profiles in newly validated genera and species within the Flavobacterium-Flexibacter-Cytophaga-Sphingobacterium complex. In: Microbios (2001). Band 106 (Suppl 2): S. 105–116
  5. LPSN
  6. a b Jens E. Johansen, Preben Nielsen, Carsten Sjøholm: Description of Cellulophaga baltica gen. nov., sp. nov. and Cellulophaga fucicola gen. nov., sp. nov. and reclassification of [Cytophaga] lytica to Cellulophaga lytica gen. nov., comb. nov. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (1999) Band 49, S. 1231–1240. doi:10.1099/00207713-49-3-1231
  7. Mark V. Brown, John P. Bowman: A molecular phylogenetic survey of sea-ice microbial communities (SIMCO). In: FEMS Microbiology Ecology (2001) Band 35, S. 267–275.doi:10.1111/j.1574-6941.2001.tb00812.x
  8. Olga I. Nedashkovskaya, Makoto Suzuki, Anatoly M. Lysenko, Cindy Snauwaert, Marc Vancanneyt, Jean Swing, Mikhail V. Vysotskii, Valery V, Mikhailov: Cellulophaga pacifica sp. nov. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2004) Band 54: 609–613 doi:10.1099/ijs.0.02737-0
  9. John P. Bowman: Description of Cellulophaga algicola sp. nov., isolated from the surfaces of Antarctic algae, and reclassification of Cytophaga uliginosa (ZoBell and Upham 1944) Reichenbach 1989 as Cellulophaga uliginosa comb. nov. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2000), Band 50, S. 1861–1868 doi:10.1099/00207713-50-5-1861