Charon (Mythologie)
Charon (Vorlage:ELSalt) ist in der griechischen Mythologie der düstere greise Fährmann, der die Toten für einen Obolus (Münze) in einem Binsenboot über den Totenfluss Acheron (häufig werden auch die Flüsse Lethe und Styx genannt) bringt, damit sie ins Reich des Herrschers der Unterwelt Hades gelangen.
Mythos
Charon bringt die Toten über den Fluss Acheron zum Eingang des Hades. Auf die Fähre dieses unbestechlichen Fährmannes darf nur, wer die Begräbnisriten empfangen hat und wessen Überfahrt mit einer Geldmünze, dem sogenannten „Charonspfennig“ (Obolus), bezahlt worden ist. Diese Münzen bekommen die Toten unter die Zunge gelegt. Unbestattete Tote, denen Charon den Zugang verwehrt, müssen hundert Jahre am Ufer des Acheron als Schatten umherirren.
Die erste Erwähnung von Charon in der griechischen Literatur scheint ein durch Pausanias erwähntes Gedicht Minyen zu sein. Das Gedicht gibt der Legende von Charon einen ägyptischen Ursprung, was durch Diodor aus Sizilien bestätigt wird.
Darstellungen
Die Griechen dachten sich Charon als einen finsteren und grämlichen Alten, mit einem dunklen Schifferkittel bekleidet, wie er z. B. auf dem Gemälde des Polygnot in Delphi zu sehen war und vielfach auch auf attischen Gräbervasen abgebildet ist. Auf etruskischen Grabmalereien jedoch wird Charon als scheußlicher Todesdämon abgebildet.
Charon in anderen Kulturen
Die Etrusker kannten den Gott Charun, eine Art von Würger mit halbtierischem Äußeren und mit einem großen Hammer bewaffnet. Er war Krieger wie auch Wache am Eingang an der Grabpforte und war der Geleiter Verstorbener in die Unterwelt, wie der griechische Hermes.
Nachleben
In den Liedern der Neugriechen lebt Charon fort als Charos oder Charontas, der mürrische Greis, der wie ein schwarzer Vogel auf sein Opfer niederschießt, oder als fliegender Reiter die Scharen der Verstorbenen durch die Lüfte zum Totenreich führt. Weitere Erwähnung findet er in Vergils Aeneis und später von Dante Alighieri, der ihn in seiner Göttlichen Komödie in die christliche Mythologie überträgt.
In der Novelle Der Tod in Venedig von Thomas Mann tritt Charon in der Gestalt des Gondoliere auf, der den Protagonisten Aschenbach über die Lagune zum Lido fährt. In Friedrich Dürrenmatts Werk Der Richter und sein Henker wird das Auto des erschossenen Polizisten Schmied in Anspielung auf die mythologische Bedeutung der „blaue Charon“ genannt. In dem Film Shadow of the Vampire heißt der Zug, mit dem die Protagonisten in das Gebiet des Vampirs fahren, Charon. In dem Buch Kopf hoch, Norbert von Patoso/Drente bringt Charon die Seelen von Enten in die Unterwelt. Im Roman „Quo vadis?“ von Henryk Sienkiewicz holt ein als Charon verkleideter Mann die zum Tode verurteilten Christen in die Arena.
Astronomie
Nach Charon ist Charon, der Mond des Zwergplaneten Pluto, benannt.
Literatur
- Wilhelm Heinrich Roschers: Charon. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 884–886 (Digitalisat).
- Otto Waser: Charon 1. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,2, Stuttgart 1899, Sp. 2177 f. ((Digitalisat).
Weblinks
- Charon. In: Encyclopædia Britannica Online (englisch)
- Charon im Theoi Project (englisch)
- Warburg Institute Iconographic Database – Fotos von Darstellungen Charons in der Kunst