Der gestiefelte Kater oder Wie man das Spiel spielt

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Der gestiefelte Kater oder Wie man das Spiel spielt ist eine Komödie von Tankred Dorst nach Ludwig Tiecks Der gestiefelte Kater, die am 18. Dezember 1964 unter der Regie von Hans Lietzau im Deutschen Schauspielhaus Hamburg uraufgeführt wurde.[1] Im Anschluss an die Neufassung anno 1978 erinnert sich der Autor knapp über die Inszenierungsgeschichte; hebt zum Beispiel die Schwierigkeiten bei der Inszenierung seines Erstlings damals um 1960 am Lübecker Theater hervor.[2]

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eigentlich wird Grimms KindermärchenDer gestiefelte Kater“ lediglich nachgespielt. Alle relevanten Ereignisse in jenem aus Kindertagen bestens bekanntem Königreich sind in ihrer Abfolge – bis auf unwesentliche Kleinigkeiten – leicht wiedererkennbar. Drei der kleinen Abweichungen: Der König isst die Kaninchen so gern und der große Zauberer heißt Popanz. Dieser zwergenwüchsige, hässliche Bösewicht wird vom Kater Hinze diesmal als Ratte verzehrt.

Im Untertitel ist eine bemerkenswerte Besonderheit versteckt. Die Zuschauer – sämtlich zahlende Bürger ohne Rückgrat – spielen mit. Ihr Missfallen, ihre unverhohlene Empörung nötigen den Dichter und einen von ihm bestellten Besänftiger vor die Rampe. Beide können die Wogen mit Mühe und Not glätten. Manchmal schlägt die Ablehnung des verehrten Publikums darauf in Applaus um.

Zwei Herren bei Hofe bekommen von Dorst eine Doppelrolle verordnet. Der neunmalkluge Hofgelehrte spielt noch den Dramaturgen Dr. Schulze-Reimpell[3] und der Hans Wurst den Theaterkritiker Bratfisch. Letzterer und Hinze sind die einzigen Figuren mit Rückgrat. Beide profilieren sich als Gesellschaftskritiker des aktuellen Königreichs: Der König ist ein Trottel, seine Minister sind lauter Nullen und die Prinzessin ist eine dumme Gans. Das Königreich verrottet. Der König müsste abgeschafft werden.

Beispiele für den locker-leichten Ton: Als Hinze seinen Herren, den Bauernburschen Gottlieb, für den Herrn Grafen Carabas ausgibt und nackt in den Teich springen lässt, hilft der König mit Bekleidung aus und kommentiert: „Das ist der Graf, ich kenne ihn an meinen Kleidern.“[4] Und die Prinzessin – bisher stets abweisend gegen hochadelige Freier – geht endlich in die Offensive; fragt bei Gottlieb nach: „...wollen Sie mich nicht vielleicht einmal küssen?“[5] Klamauk sorgt für Stimmung. Herr Bratfisch wird während der Aufführung vom verunsicherten Publikum scharf beobachtet. Als er in einer mehrdeutigen Passage den Mund verzieht, stellt sich heraus, er hat Zahnschmerzen.[6] Und der orientalische Prinz spricht eine eigenwillige Spiegelsprache. Dorst hat jedes Wort einfach invertiert. Aber nachdem der Orientale von der anfangs schnippischen Prinzessin abgewiesen wurde, spricht er auf einmal richtig herum: „Leck mich am Arsch.“[7] Der darob leicht verstörte König meint für den Moment, er habe unverhofft Zugang zu jener schwer verständlichen Spiegelsprache gefunden.

Adaptionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ludwig Tieck und Tankred Dorst: Der gestiefelte Kater oder Wie man das Spiel spielt. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1963. Collection Theater. Texte 15. 75 Seiten, ohne ISBN.

Verwendete Ausgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Günther Erken bei Arnold, S. 85, rechte Spalte, 3. Eintrag v.u.
  2. Selbstzeugnis Tankred Dorsts in der verwendeten Ausgabe, S. 70
  3. Arnold, S. 99, vorletzter Eintrag: Werner Schulze-Reimpell, geb. 1931, Theaterwissenschaftler
  4. Verwendete Ausgabe, S. 61, 4. Z.v.u.
  5. Verwendete Ausgabe, S. 63, 15. Z.v.o.
  6. Verwendete Ausgabe, S. 50, 17. Z.v.u.
  7. Verwendete Ausgabe, S. 23, 9. Z.v.o.
  8. Verwendete Ausgabe, S. 69 unten
  9. Eintrag bei operone.de