Deutsch-Französisches Jugendwerk

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Deutsch-Französisches Jugendwerk
Gründung 1963
Website www.ofaj.org

Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW; französisch: Office franco-allemand pour la Jeunesse, OFAJ) ist eine Organisation im Dienst der deutsch-französischen Zusammenarbeit und hat zur Aufgabe, die Beziehungen zwischen jungen Menschen in Deutschland und Frankreich zu intensivieren, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und ihnen dadurch die Kultur des Nachbarlandes näherzubringen.

Geschichte

DFJW in Berlin
Tafel zur Erinnerung an das DFJW in Rhöndorf (2014)

Den Grundstein für den Aufbau des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) legten der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle mit der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages am 22. Januar 1963. In einem zwischenstaatlichen Abkommen wurde dann am 5. Juli des gleichen Jahres die Gründung einer „Organisation zur Förderung der Beziehungen zwischen der deutschen und der französischen Jugend“ vereinbart. Artikel 2 (1) des Gründungsabkommens schreibt fest:

„Das Jugendwerk hat die Aufgabe, die Bande zwischen der Jugend der beiden Länder enger zu gestalten und ihr Verständnis füreinander zu vertiefen; es hat hierzu die Jugendbegegnung und den Jugendaustausch anzuregen, zu fördern und gegebenenfalls selbst durchzuführen.[1]

Am 29. Juli 1963 wurden die Diensträume des DFJW in Rhöndorf bei Bonn – dem damaligen Wohnort Konrad Adenauers – eröffnet, am 9. Oktober 1963 bezog es Diensträume in Paris.[2] In Rhöndorf war das Generalsekretariat des Deutsch-Französischen Jugendwerks bis Dezember 2000 mit zuletzt 44 Mitarbeitern ansässig, am zweiten Standort in Paris mit seinerzeit 26 Mitarbeitern. Seitdem ist Paris Sitz des Generalsekretariats und befindet sich der deutsche Standort des DFJW in Berlin.[3][4] Im Jahr 2014 wurde die Außenstelle in Saarbrücken eröffnet, die hauptsächlich für die Organisation des Deutsch-Französischen Freiwilligendienstes zuständig ist.[5]

Anlässlich des 50. Jahrestages des Élysée-Vertrages wurden die Verdienste des DFJW gewürdigt. So erhielt das DFJW den Adenauer-De Gaulle-Preis.[6]

Organisation

Das DFJW ist eine unabhängige internationale Organisation, an deren Spitze ein Verwaltungsrat steht. Den Vorsitz haben die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, und Patrick Kanner, Minister für Stadtentwicklung, Jugend und Sport in Frankreich. Ausführendes Organ des Verwaltungsrats ist das Generalsekretariat, an dessen Spitze ein deutsch-französisches Tandem steht: Dr. Markus Ingenlath, der sein Mandat im Januar 2012 angetreten hat, und Béatrice Angrand, die das Jugendwerk seit 2009 leitet. Die 70 Bediensteten des Jugendwerks arbeiten in binational besetzten Referaten an den Standorten Paris, dem Sitz des DFJW, Berlin und in der Außenstelle Saarbrücken.

Das Deutsch-Französische Jugendwerk ist ein Kompetenzzentrum für die Regierungen beider Länder und fungiert als Berater und Mittler zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen und den Akteuren der Zivilgesellschaft in Deutschland und Frankreich. Das DFJW arbeitet nach dem Subsidiaritätsgedanken mit zahlreichen Partnern zusammen und unterstützt sie bei finanziellen, pädagogischen und sprachlichen Fragen des Austauschs. Es leistet Hilfe bei der inhaltlichen Vorbereitung und Analyse von Begegnungen, informiert und berät. Dabei greift das DFJW immer wieder aktuelle Themen auf, die die Jugend in beiden Ländern bewegen (Integration, bürgerschaftliches Engagement, Jugendkultur, Zukunft Europas sowie wissenschaftlich-technische Themen).

Ziel ist es,

  • die Beziehungen zwischen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie für die Jugendarbeit Verantwortlichen in beiden Ländern zu vertiefen,
  • die Kultur des Partners zu vermitteln,
  • das interkulturelle Lernen zu fördern,
  • bei der beruflichen Qualifizierung zu unterstützen,
  • gemeinsame Projekte für bürgerschaftliches Engagement zu stärken,
  • für die besondere Verantwortung Deutschlands und Frankreichs in Europa zu sensibilisieren und
  • die Neugier auf die Partnersprache zu wecken und zu vertiefen.

Zahlen

Seit 1963 hat das DFJW 8,2 Millionen jungen Deutschen und Franzosen die Teilnahme an rund 300.000 Austauschprogrammen ermöglicht. Das DFJW fördert jedes Jahr durchschnittlich ca. 9.000 Begegnungen (mehr als 5.300 Gruppenaustauschprogramme und rund 3.700 Individualaustauschprogramme), an denen 2013 ca. 200.000 Jugendliche teilgenommen haben.

Dem DFJW wurden 2013 seine Haushaltsmittel um 10 % erhöht. Es verfügt somit im Jahr 2013 über einen Haushalt von 24,8 Millionen Euro, der sich aus gleichen Beiträgen der deutschen und französischen Regierung zusammensetzt. Zusätzlich erhielt es Mittel aus Sonderfonds, die von den beiden Außenministerien insbesondere für den Austausch mit den mittel- und osteuropäischen Ländern und den südosteuropäischen Ländern bewilligt wurden. Darüber hinaus sind Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) für Programme zugunsten junger Arbeitsloser bestimmt.

Pilotthemen

Das DFJW wird sich in den kommenden Jahren aufbauend auf die DFJW-Konferenz (5.–7. Juli 2008) weiter dafür engagieren, Vergangenheit und Zukunft zu verbinden und Projekte zu initiieren, die den gesellschaftspolitischen Entwicklungen in Deutschland und Frankreich Rechnung tragen, mit folgenden Schwerpunkten:

  • Engagement
  • Aneignung fachübergreifender Kompetenzen zur Förderung der beruflichen Eingliederung
  • Nachhaltigkeit
  • Europa und europäische Identität für alle

Das DFJW will so Schlüsselkompetenzen für Europa vermitteln und seine Spezifität wie auch den Mehrwert des DFJW unterstreichen.

Die Arbeitsbereiche

Berufliche Bildung

Die derzeitige Priorität junger Menschen in Deutschland und Frankreich ist der Zugang zum Arbeitsmarkt am Ende ihrer universitären oder beruflichen Ausbildung. Junge Menschen in der Berufsausbildung, benachteiligte Jugendliche, Studenten und junge Berufstätige beschäftigen sich mit denselben Fragen hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft.

Jedes Jahr vereinen beinahe 400 Begegnungen fast 8.000 Jugendliche pro Jahr: Berufsschulen, Handwerk, Landwirtschaft, berufliche Eingliederungsprogramme für junge Arbeitslose, Fortbildung junger Berufstätiger aus verschiedenen Bereichen, „Arbeit beim Partner“, Stipendien für junge Künstler und Multiplikatoren im Bereich Kulturvermittlung und Medien, deutsch-französischer Freiwilligendienst; Praxes.

Studentenaustausch

Das DFJW hat das Ziel, die Mobilität der Studierenden und junger Forscher im deutsch-französischen und internationalen Rahmen zu verbessern. Es arbeitet einerseits mit Universitäten zusammen, die Austauschprogramme organisieren, andererseits mit Studenten, die auf sich alleine gestellte Praktika und Forschungsaufenthalte im Partnerland durchführen.

158 Programme mit 2.717 Studenten: Binationale Seminare und Workshops, Praktika in Unternehmen, für deutsch-französische Projekte, für Studienaufenthalte an Kunst- und Musikhochschulen, etc. Dazu 381 Praktika im Hochschulbereich

Schüleraustausch

Gruppenbegegnungen finden entweder am Ort des Partners oder an einem Drittort statt. Sie richten sich an Schüler des Primar- und Sekundarbereichs. Die Programme des individuellen Schüleraustauschs (Voltaire-Programm und Brigitte-Sauzay-Programm) bilden die zweite Seite des Schulaustauschs und basieren auf dem Prinzip der gegenseitigen Aufnahme eines Gastschülers in einer Familie sowie in einer Schule des Partnerlandes.

2.709 Begegnungen von Schulklassen mit 123.504 Schülern der Sekundar- und Primarstufe. 2.059 Schüler im individuellen Austausch; Lehrerfortbildungen im Bereich der Austauschpädagogik.

Außerschulische Jugendbegegnungen

980 Programme mit 18.467 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden von Jugendverbänden, Städtepartnerschaftskomitees, Sportvereinen und Vereinen aus dem Kunst- und Kulturbereich durchgeführt. 154 Jugendliche erhalten jährlich ein Stipendium im Rahmen eines Indivudialstipendiums.

Erlernen der Partnersprache

Austauschprogramm, Reims 2013.

Der Förderung der Partnersprache kommt bei den Programmen des DFJW eine zentrale Rolle zu. Diese richten sich in der Regel an junge Menschen zwischen 3 und 30 Jahren sowie an Verantwortliche von Jugendbegegnungen. Das DFJW vergibt Stipendien für Intensivsprachkurse an junge Berufstätige und Studierende sowie an Leiterinnen und Leiter deutsch-französischer Jugendbegegnungen. Es unterstützt außerschulische Sprachkurse für Jugendliche und Erwachsene, insbesondere im Rahmen von Städtepartnerschaften, sowie Kindersprachkurse. Darüber hinaus fördert das DFJW binationale Sprachkurse, an denen deutsche und französische Jugendliche gemeinsam teilnehmen. Durch die Tandem-Methode unterstützen sie sich gegenseitig beim Erlernen der Fremdsprache.

Das DFJW hat innovative Methoden für die Vermittlung der Partnersprache im Rahmen deutsch-französischer Jugendbegegnungen entwickelt und vermittelt diese ebenfalls im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer und Betreuer von Austauschprogrammen. Zu diesen Methoden gehört die Sprachanimation, die Tandem-Methode sowie Tele-Tandem. In Zusammenarbeit mit seinen Partnerorganisationen bildet das DFJW außerdem Gruppendolmetscher aus, die in Jugendbegegnungen zum Einsatz kommen. Jedes Jahr nehmen mehr als 200 Personen an diesen Fortbildungen teil.

Um die Kommunikation in Jugendbegegnungen zu unterstützen, veröffentlicht das DFJW außerdem eine Reihe von zwei- oder dreisprachigen Glossaren zu spezifischen Themen (u.a. Fußball, Integration und Chancengleichheit, Küche, Kindergarten und Grundschule). 2.181 Jugendliche und 4.511 Kinder haben an vom DFJW geförderten Sprachkursen teilgenommen.

Die Pädagogik des interkulturellen Lernens

Um die Qualität deutsch-französischer und trinationaler Jugendbegegnungen zu gewährleisten und Jugendleitern und Lehrern zu ermöglichen, interkulturelle und sprachliche Lernprozesse anzustoßen, bieten das DFJW mit seinen Partnern Aus- und Fortbildungen im Bereich Austauschpädagogik und Sprache an. Darunter fallen Grundausbildungen, BAFA-JuLeiCa-Ausbildungen, thematische Fort- und Weiterbildungen.

1.994 Teamer wurden vom DFJW im Jahr 2013 ausgebildet. Dazu wurden 16 Fortbildungen durchgeführt. 112 Grundschullehrer, die am deutsch-französischen Grundschullehreraustauschprogramm teilnehmen. Erarbeitung von pädagogischem Material und begleitende Forschung.

Trinationale Programme

Das DFJW ist seit 1976 ermächtigt, 5 Prozent seiner Programme trilateral mit Jugendlichen aus Ländern der Europäischen Gemeinschaft und seit 1990 mit allen anderen Ländern durchzuführen; seit 2004 dürfen bis zu 15 Prozent des Budgets für trinationale Begegnungen ausgegeben werden. Es gibt mehrere Schwerpunktregionen: die Länder Mittel- und Osteuropas (MOE), Südosteuropas (SOE) sowie die Länder des Mittelmeerraums. Bei den MOE- und SOE-Programmen wird das DFJW durch einen Sonderfonds von Auswärtigem Amt und Ministère des Affaires Etrangères et Européennes, unterstützt. Verstärkte Initiativen in Richtung der Mittelmeer-Anrainerstaaten wurden ergriffen; vereinzelt gibt es auch Programme mit Ländern wie Kanada, Südkorea, Mali, Mexiko, Japan, Senegal oder den USA.

Insgesamt fanden 2013 226 trinationale Programme in 42 Ländern mit Unterstützung des DFJW statt.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Manfred Bock (Hrsg.): Deutsch-französische Begegnung und europäischer Bürgersinn. Studien zum Deutsch-Französischen Jugendwerk 1963–2003. Leske & Budrich, Opladen 2003.
  • Hans Manfred Bock, Corine Defrance, Gilbert Krebs, Ulrich Pfeil (Hrsg.): Les jeunes dans les relations transnationales. L’Office franco-allemand pour la Jeunesse 1963–2008. PSN, Paris 2008.
  • Corine Defrance, Ulrich Pfeil: 50 Jahre Deutsch-Französisches Jugendwerk / L’Office franco-allemand pour la jeunesse a 50 ans, hg. vom DFJW, Berlin, Paris 2013.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Elysée-Vertrag im Originaltext auf der Seite des Auswärtigen Amts
  2. Elyseevertrag/DFJW-Abkommen, Deutsch-Französisches Jugendwerk
  3. Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, 24. Sitzung, 3. März 1999 (Plenarprotokoll, S. 1859)
  4. "Der Blick auf den Drachenfels wird uns fehlen", General-Anzeiger, 17. Dezember 2000
  5. SR-Online Deutsch-französisches Jugendwerk öffnet Saarbrücker Büro
  6. [1] Adenauer-de Gaulle-Preis