Dorfkirche Diedrichshagen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kirche in Diedrichshagen

Die Dorfkirche Diedrichshagen in der nordwestmecklenburgischen Gemeinde Rüting hat einen spätgotischen Turm aus dem 15. Jahrhundert. Das Schiff ist ein aufwendiger neugotischer Backsteinbau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reliefziegel mit dem Bild eines Skorpions an der Südseite des Kirchturms

Diedrichshagen wurde bereits 1230 im Ratzeburger Zehntregister erwähnt. Die erste Kirche in Diedrichshagen entstand mit dem Dorf in der Zeit zwischen 1230 und 1260. Sie wurde in der Weinspende Herzog Heinrich des Pilgers (1267) mitbedacht und stand zunächst unter dem Archidiakonat des Klosters Rehna. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt ging das Patronat nach 1291 auf das Kloster Eldena über und verblieb dort bis zu dessen Säkularisation im Jahr 1556.

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Kirche, welche im 15. Jahrhundert im Dorf stand, ist nur der knapp 48 Meter[1] hohe quadratische dreigeschossige Westturm erhalten. Nach Westen hat er ein schlichtes Rücksprungsportal. Das Mauerwerkt schließt mit vier Schildgiebeln ab, die durch unterschiedliches Blendmaßwerk geschmückt sind. Darüber erhebt sich der achtseitige Spitzenhelm. Mit diesem hohen Pyramidendach verweist er ebenso wie der Turm der nahegelegenen Dorfkirche Proseken mehr auf die Nikolaikirche in Wismar (deren Giebelfelder aber völlig anders ornamentiert sind), vor allem aber auf zahlreiche Vorbilder in Lübeck und Holstein. Zur Datierung des Turms verweist Friedrich Schlie auf dessen älteste bekannte Glocke aus dem Jahr 1451.

Wismar 1653:
St. Nicolai mit Pyramidendach,
St. Marien mit Kreuzdach

Der heutige Backsteinbau des Schiffs hat einen kreuzförmigen Grundriss und einen Chor mit 5/8-Schluss. Typisch für die Neugotik, ist er detaillierter gestaltet als mittelalterliche Dorfkirchen (nicht nur) dieser Region. Er wurde 1858–1861 als einer der ersten nach der mecklenburgischen Kirchenbauvorschrift durch Theodor Krüger[2] auf kreuzförmigen Grundriss errichtet und 1861 geweiht. Die Kirche steht heute unter Denkmalschutz.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenraum (2023)
Blick zur Orgel

Im Inneren der neugotisch ausgestalteten Kirche haben sich bis auf ein Tafelbild und Glasmalereien keine Ausstattungsgegenstände der Vorgängerkirche von 1601 erhalten. Die vier Glasmalereien sind im Chor mit Darstellungen der Geburt und Taufe Christi, Emmaus und Wappen eingebaut.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel wurde 1861 von Friedrich Friese III aus Schwerin auf der Westempore erbaut. Das neugotische Prospekt nach einem Entwurf des Schweriner Baurates Theodor Krüger besteht aus fünf Pfeifenfeldern und zwei großen Außenfeldern. Die 1899 durch den Hagenower Orgelbauer Marcus Runge anstelle einer Mixtur eingebauten Traversflöte wurde 2001 vom Orgelbauer Wolfgang Nußbücker aus Plau am See instand gesetzt.

Das Schleifladen-Instrument hat acht Register auf einem Manual, das Pedal ist angehängt.[3][4]

Disposition:

Manual C–c3
Bordun 16′
Principal 8′
Salicional 8′
Gemshorn 8′
Gedact 8′
Octave 4′
Spitzflöte 4′
Mixtur III–V
Pedal C–c1
angehängt

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche verfügte bis zum Ersten Weltkrieg noch über ihre drei alten Glocken. Die kleinste wurde nach ihrer Inschrift 1653 von den Wandergießern „M. STEFANEVS WOILLO VND NIKOLAVS GAGE“ aus Lothringen gegossen und zeigt, so Friedrich Schlie, „hübsche Renaissanceverzierungen“. Sie ist als einzige der alten Glocken erhalten, die beiden größeren wurden Opfer der beiden Weltkriege. 1988 erhielt die Kirche eine neue mittlere Glocke, die von Schilling in Apolda gegossen wurde. Als Nachguss der Glocke von 1451 ist sie nicht funktionstüchtig.

Altar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein neugotisches Innenaussattungsstück ist die Altarwand, in deren Mittelfeld sich ein Kreuzigungsgemälde von Pauline Steinhäuser (1809–1866) aus dem Jahr 1863 befindet.

Über der neugotischen Kanzel befindet sich ein Schalldeckel mit Maßwerkturm.

Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Diedrichshagen gehört zur Propstei Wismar im Kirchenkreis Mecklenburg der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. II. Band: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898, Neudruck Schwerin 1992, ISBN 3-910179-06-1, S. 412–416.
  • Gerd Baier, Horst Ende, Brigitte Oltmanns, Gesamtredaktion Heinrich Trost: Die Bau- und Kunstdenkmale in der mecklenburgischen Küstenregion mit den Städten Rostock und Wismar. Henschel Verlag GmbH, Berlin 1990, ISBN 3-362-00523-3.
  • Georg Dehio, bearbeitet von Hans-Christian Feldmann, Gerd Baier, Dietlinde Brugmann, Antje Heling, Barbara Rimpel: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2000, ISBN 3-422-03081-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ostsee-Zeitung: Ausgabe Graal-Müritz vom 22. April 2022, Seite 12, "Diedrichshagen muss Farbe bekennen - Über Jahrhunderte hatte man sich bei der Höhe des Kirchturms verschätzt"
  2. Horst Ende: Krüger, Theodor Christian Friedrich. In: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 6, Rostock 2001 S. 187–192.
  3. Informationen zur Orgel im Mecklenburgischen Orgelinventar, abgerufen am 24. Oktober 2023
  4. Informationen zur Orgel auf Organ index, abgerufen am 24. Oktober 2023
  5. Zugehörigkeit der Gemeinde

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dorfkirche Diedrichshagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 48′ 17,4″ N, 11° 12′ 28,3″ O