Dschibla

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arabisch جبلة, DMG Ǧibla
Dschibla
Dschibla (Jemen)
Dschibla (Jemen)
Dschibla
Koordinaten 13° 55′ N, 44° 9′ OKoordinaten: 13° 55′ N, 44° 9′ O
Basisdaten
Staat Jemen
Gouvernement Ibb
Höhe 1875 m
Einwohner 13.325 (Zensus 2004[1])
Die Fassade der Oberstadt Dschiblas
Die Fassade der Oberstadt Dschiblas
Die Fassade der Oberstadt Dschiblas
Ein- und Ausblicke über Terrassen und Dächer Dschiblas. Im Hintergrund die fruchtbaren Berghänge.
Die Arwā-bint-Aḥmad-Moschee

Dschibla (auch: Dhū Jibla oder auch Dschibbla, Dschiblah und Jiblah; arabisch جبلة, DMG Ǧibla) ist eine jemenitische Kleinstadt im Gouvernement Ibb, knapp 6 km südwestlich von Ibb, etwa halbwegs auf der Strecke von Sana'a nach Aden. Die Stadt liegt eingegrenzt zwischen zwei Flüssen und schmiegt sich an die Flanken eines Basaltkegels des sogenannten Westlichen Gebirgshangs, der als spektakulärste Landschaft im Jemen gilt. Aus dem 15. Jahrhundert sind drei Brücken erhalten, die sich über die beiden Flussarme spannen. Aufgrund der Hanglage teilt sich die Stadt in eine Ober- und eine Unterstadt.[2] Dschibla und seine Umgebung wurden 2002 – noch unverbindlich – in die sogenannte UNESCO-World Heritage Tentative List als vermeintliches Gemeinkulturerbe aufgenommen.[3]

Der Name der Stadt wird einem jüdischen Töpfer zugeschrieben, der in Dschibla arbeitete und Jebilah hieß.[4]

Geschichte

Die Bedeutung Dschiblas geht auf die kunsthistorisch bedeutsame Große Moschee aus dem 11. Jahrhundert zurück. Dieses als Grabmoschee konzipierte Bauwerk entstand auf Veranlassung der für ihre energischen Regierungsgeschäfte bekannten Königin Arwa bint Ahmad (arabisch أروى بنت أحمد, DMG Arwā bint Aḥmad; * 1050; † 1138) aus dem ismailitischen Herrscherhaus der Sulaihiden (10861138). Sie war die Schwiegertochter des Dynastiebegründers Ali as-Sulaihi (arabisch أبي الحسن علي بن محمد الصليحي, DMG Abī l-Ḥasan ʿAlī b. Muḥammad aṣ-Ṣulaiḥī) und hatte den Regierungssitz nach dem Tod ihres Mannes al-Mukarram Ahmad (أحمد المكرم بن علي, DMG Aḥmad al-Mukarram b. ʿAlī) und damit auch die jemenitische Hauptstadt von Sanaa nach Dschibla verlegt, von wo aus sie eine glanzvolle Regierungsepoche einleitete.[5]

Arwā-bint-Aḥmad-Moschee

Die Arwā-bint-Aḥmad-Moschee, die Große Moschee oder Freitagsmoschee von Dschibla, erbaut 1088 n. Chr., imponiert mit zwei weißen, filigranen Ziegelsteinminaretten. Es handelt sich um eine Hof-Moschee mit einer fatimidisch gehaltenen Gebetshalle, die ein erhöhtes Mittelschiff und mehrere Wandelgänge aufweist. Die Moschee repräsentiert weitere fatimidische (ismailitische) Einflüsse, insbesondere wird dies in den vorhandenen Kalligrafien und Dekorationen deutlich. An der Westseite, neben dem im rein fatimidisch gehaltenen Mihrāb, liegt die Ruhestätte der Herrscherin (Grabstein).[6] Im Mittelalter galt die Moschee als Synonym und Symbol der Weisheit Arwas und gilt bis heute als das prachtvollste aller von ihr gesetzten architektonischen Denkmäler.[7]

Die Moschee verfügt über eine sehr werthaltige Bibliothek, welche eine Vielzahl rarer Manuskripte über den Islam und die arabische Sprache beherbergt. Darunter befindet sich ein Manuskript des Korans, dessen Abfassung vor über 700 Jahren vermutet wird. Auch machte sich Arwā bint Aḥmad für die Ausbildung von Frauen stark und ermutigte sie hierzu. Auch darüber legt die Bibliothek reichhaltiges Zeugnis ab, denn es finden sich von Frauen verfasste Schriften. Diese Umstände brachten Dschibla den Ruf ein, eine Stadt des Geistes, des Wissens und der Wissenschaften zu sein.[4]

Arwa bint Ahmad-Palast (Arwa al- Sulaihi)

Ruine des Arwa bint Ahmad-Palasts, auch Arwa al- Sulaihi genannt

Auf dem Berg liegt das Religiöse Institut. Von dort aus hat man einen guten Weitblick über die umgebende Landschaft und Dschibla selbst. Der alte – ehemals vierstöckige – Königinnen-Palast (Arwa bint Ahmad-Palast) ist zerfallen. Einst lebte Arwā bint Aḥmad hier und traf im Palast auch ihre politischen Entscheidungen. Der Palast soll aus 365 Räumen bestanden haben, wobei Vorbild das aus 365 Tagen bestehende Jahr gewesen sein soll. Um potentiellen nächtlichen Angreifern Höchstschwierigkeiten beim Näherungsversuch zu machen, soll sie jede Nacht in einem anderen Raum verbracht haben. Heute existieren gerade noch zwei Räume.[4]

Neben dem Palast steht ein Museum zu Ehren der Königin Arwā bint Aḥmad, welche auch nicht unerhebliche finanzielle Aufwendungen für die Anlage von Gemüse-Terrassen (um den Berg herum) aufgebracht hatte. Noch heute sind diese Terrassen vorhanden.

Stadtbild und Umgebung

Dschibla hat viele kleine und steile Gassen, die die tiefer gelegenen mit den oberen Stadtrevieren verbinden. Enge belebte Sūqs, sowie stattliche – bis zu fünfgeschossige – Steinhäuser und weitere jahrhundertealte Moscheen geben dem Städtchen ein typisches jemenitisches Gepräge.[8][9]

Da Dschibla an zwei Flüssen liegt und über reichliche Wasserquellen verfügt, ist die Region sehr fruchtbar. Hinzu kommt, dass die ganze Gegend als sehr regenreich gilt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Territorien im Jemen lassen sich problemlos Obst und Gemüse anbauen.[4]

Literatur

  • Delia Cortese, Simonetta Calderini - Women and the Fatimids in the world of Islam, 2006, Edinburgh University Press Ltd., ISBN 0-7486-1732-9.
  • Volker Höhfeld: Städte und Städtewachstum im Vorderen Orient - vergleichende Fallstudien zur regionalen Differenzierung jüngerer städtischer Entwicklungsprozesse im orientalisch-islamischen Kulturkreis; Wiesbaden 2005 (= Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B, Nr. 61)
  • Aviva Klein-Franke: Die Juden im Jemen in Werner Daum Jemen, Umschau-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-7016-2251-5.
  • Aviva Klein-Franke: Tradition und Neuerung in der Schmuckherstellung im Jemen im 20. Jahrhundert, in: Simurgh 1, S. 19-29, 2005.
  • Horst Kopp (Herausgeber): Länderkunde Jemen, Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden, 2005, ISBN 3-89500-500-2.
  • Ester Muchawsky-Schnapper: The Yeminites: Two Thousand Years of Jewish Culture, Jerusalem 2000.
  • G. Rex Smith: Politische Geschichte des islamischen Jemen bis zur ersten türkischen Invasion. In: Werner Daum: Jemen. Umschau-Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-7016-2251-5, S. 136–154.
  • Werner Daum: Jemen, Umschau-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-7016-2251-5.

Weblinks

Commons: Dschibla – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zensus 16. Dezember 2004
  2. Gerhard Heck, Manfred Wöbcke, Arabische Halbinsel
  3. Jibla and its surroundings. whc.unesco.org, abgerufen am 10. Juli 2011.
  4. a b c d Jiblah and Queen Arwa
  5. Jenny Walker, Stuart Butler, Terry Carter, Lara Dunston, Frances Linzee Gordon Oman, UAE & Arabian Peninsula
  6. Ronald Lewcock: Jemenitische Architektur im Mittelalter, in: Werner Daum: Jemen, Umschau-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-7016-2251-5, S. 203.
  7. Bild des Innenhofes der Moschee in der Totalen
  8. Fotogalerie der Stadt
  9. Altstadtansichten im open-map-Verfahren