Einkaufaktuell

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Einkaufaktuell (eigene Schreibweise: EINKAUFAKTUELL) ist eine unadressierte Postwurfsendung (Werbesendung) der Deutschen Post AG, die wöchentlich samstags in bestimmten Zielgebieten in Deutschland an alle Haushalte ohne Postfachadresse verteilt wird. Das Trägermedium des Werbeproduktes ist eine TV-Programmübersicht mit dem aktuellen Fernsehprogramm der Folgewoche, ausgewählter, überwiegend werbefinanzierter Fernsehsender. Des Weiteren enthält die Wurfsendung regionale und überregionale Beilagen- und Anzeigenwerbung. Die Postwurfsendung wird seit Herbst 2002 verteilt.

Auflage und Verteilungsgebiet

Das Trägermedium wird derzeit in einer Auflage von rund 18 Millionen Stück von verschiedenen Druckereien, darunter die Druckerei Svoboda Press in Prag, gedruckt. Einkaufaktuell wird derzeit (Stand: August 2010) in 20 verschiedenen Ausgaben größerer Städte bzw. Ballungsräume verteilt. Die Verteilung erfolgt in einer PE-Umhüllung. Durch das Bündeln mit Werbeprospekten gilt Einkaufaktuell als Werbesendung und darf nicht in Briefkästen mit dem Vermerk „keine Werbung“ eingeworfen werden.

Umweltbelastung

Die PE-Verpackung wiegt pro Sendung 2,3 Gramm (Probemessung 04/2008); das bedeutet, dass bei einer Auflage von 17,6 Millionen Stück die Folierung ein Gesamtverpackungsgewicht von 40,4 Tonnen pro Ausgabe ausmacht. Das mit pro Ausgabe (Einzelgewicht 3,3 Gramm) über 58 Tonnen anfallende Papier beinhaltet noch nicht die regional beigelegten Werbezusätze. Die Umweltbelastung ist aufgrund der Tatsache, dass Werbesendungen in vielen Haushalten nicht getrennt nach Papier und Umverpackung meist im Papiermüll landen, noch als weitaus höher einzuschätzen. Die seit dem 1. März 2008 erscheinenden Ausgaben des Trägermediums tragen das Umweltzeichen „Blauer Engel“, da sie zu 100 % aus Altpapier bestehen.[1]

Juristische Auseinandersetzungen

Kartellbeschwerde und einstweilige Verfügungen

Seit der Einführung der Wurfsendung wurden mehrere einstweilige Verfügungen gegen die Deutsche Post AG erwirkt. Mehrere dieser einstweiligen Verfügungen beziehen sich auf wettbewerbsrechtliche Verstöße, die zahlreiche Werbeaussagen bezüglich der Reichweite, Werbewirkung und Wettbewerbsvergleichen bei Strafe untersagen.[2]

Die beiden Verlegerverbände, Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) und Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), reichten im September 2003 beim Bundeskartellamt Beschwerde gegen die Deutsche Post AG ein und warfen der Deutschen Post AG vor mit dem Werbeprospekt Einkaufaktuell mit Dumpingpreisen gezielt Werbekunden der Anzeigenblatt- und Tageszeitungsverleger abzuwerben.[3] Das Bundeskartellamt lehnte aber eine Untersagung der Wurfsendung ab.[4]

Vorwürfe des Monopolmissbrauchs und der Verfassungswidrigkeit

Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) kritisierte die Deutsche Post AG bezüglich Einkaufaktuell, dass der Konzern mit dem Werbeprodukt seine Monopolstellung auf dem Postmarkt missbrauchen würde.[5] Der Anwalt für Wettbewerbsrecht Christian Frhr. von Ulmenstein merkte zur Zeit, als das Briefmonopol in Deutschland noch nicht aufgehoben war an, dass, würden bei der Verteilung der Wurfsendung, Postzusteller gleichzeitig als Prospektverteiler eingesetzt und somit Dienstleistungen für private Firmen erbracht werden, dies wettbewerbsrechtlich problematisch sei. Ferner merkte er an, dass die kostenlose „Dreingabe“ des Fernsehprogramms ein „Lockmittel für unverlangte Werbung“ ist und „wohl unzulässig“ wäre.[6]

Im März 2008 klagte der BDZV, da die Deutsche Post mit ihrem Werbeprodukt „Einkaufaktuell“ und der Beifügung einer Illustrierten in Verbindung mit der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der Deutschen Post AG gegen die Freiheitsgrundrechte, insbesondere gegen Art. 5 GG (Pressefreiheit) verstoße.[7]

Vor der Bundestagswahl 2009 rief Einkaufaktuell zur Wahl der CDU auf. Dies brachte ihr seitens des BVDA den Vorwurf ein, das Gebot der Staatsferne verletzt zu haben. Einen Tag vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010 wurde auf dem Titelblatt von Einkaufaktuell für den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers geworben und im Inneren befand sich ein Interview mit ihm. Nur bei genauem Hinsehen war ersichtlich, dass es sich um eine Anzeige handelte. Dieses Vorgehen wurde erneut vom BDZV kritisiert.[8]

Postwurfsendungen gegen den Willen des Empfängers

Am 4. November 2011 bestätigte das Landgericht Lüneburg die Rechtsprechung, dass Postwurfsendungen gegen den Willen des Empfängers eine unzumutbare Belästigung darstellen (4 S 44/11)[9][10][11]. Es hob damit ein Urteil des Amtsgerichtes Lüneburg vom 1. Juni 2011 (AZ 9 C 17/11) auf. Geklagt hatte ein Rechtsanwalt, der die Zusendung der Postwurfsendung „Einkaufaktuell“ nicht wünschte und der Zustellung gegenüber der Deutschen Post AG widersprach. Da die Zustellungen trotz Widerspruchs nicht eingestellt wurden, klagte der Geschädigte auf Unterlassung gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB, § 1, § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Die Deutsche Post AG wurde unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung auf Unterlassung verurteilt.

In der Begründung des Landgerichts heißt es, dass „das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers … einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ darstellt und dass „Postwurfsendungen, die der Empfänger erkennbar nicht wünscht, … stets eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG“ darstellen. „Für die Erkennbarkeit eines entgegenstehenden Willens des Empfängers genügt eine entsprechende Mitteilung an das werbende Unternehmen, es besteht keine Pflicht zum Anbringen eines Aufklebers »Werbung – Nein danke« auf dem Briefkasten.“

Die Deutsche Post AG hatte angeführt, dass die Nichtzustellung „mit höheren Kosten und einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden“ sei. Für das Gericht war diese Ausführung unbeachtlich, da „eine besonders kostengünstige und effektive Werbung … kein rechtliches Argument“ darstellt „um sich über das gesetzliche Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu erheben“. Hierbei bezog sich das Gericht auf ein vergleichbares Urteil des Landgerichts Flensburg.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Einkaufaktuell mit Blauem Engel ausgezeichnet, Deutsche Post AG, 22. Februar 2008
  2. Einkauf Aktuell: Erneute Niederlage für Deutsche Post AG / Verlegerverbände erwirkten bisher fünf Einstweilige Verfügungen, Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter e.V. (BVDA) 22. Januar 2004
  3. Deutsche Post AG sorgt für Wettbewerbsverzerrung im Beilagengeschäft, Gemeinsame Pressemitteilung BDZV und BVDA, 24. September 2003
  4. Verlegerverbände gehen mit Beschwerde über Deutsche Post AG nach Brüssel, Gemeinsame Pressemitteilung BDZV und BVDA, 11. Juni 2004
  5. Prospektflut der Post sorgt für Ärger (Memento vom 24. April 2008 im Internet Archive), Neue Rhein Zeitung, 6. November 2007
  6. Wenn der Postmann drei Mal klingelt, Der Tagesspiegel, 19. Mai 2003
  7. Zeitungsverleger: Presse-Pläne der Post müssen sofort vom Tisch / Engagement der Post im Pressemarkt wäre verfassungswidrig, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV), 11. April 2008
  8. Rüttgers als Postwurfsendung (Memento vom 11. Januar 2011 im Internet Archive), wdr.de vom 8. Mai 2010
  9. Unzumutbare Belästigung: Postwurfsendungen gegen den Willen des Empfängers. LG Lüneburg 4. Zivilkammer, Urteil vom 4. November 2011, 4 S 44/11
  10. „Einkaufaktuell“: Bitte wirklich keine Werbung (Memento vom 7. Januar 2012 im Internet Archive), FTD, 11. Dezember 2011
  11. „Einkauf aktuell“: Hartes Urteil gegen Reklame im Briefkasten, Express, 5. Januar 2012