Elektro- und Elektronikgerätegesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten
Kurztitel: Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Abkürzung: ElektroG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland            
Rechtsmaterie: Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umweltrecht
Fundstellennachweis: 2129-59
Ursprüngliche Fassung vom: 16. März 2005
(BGBl. I S. 762)
Inkrafttreten am: 13. August 2005
Letzte Neufassung vom: Art. 1 G vom 20. Oktober 2015
(BGBl. I S. 1739)
Inkrafttreten der
Neufassung am:
24. Oktober 2015
(Art. 7 G vom 20. Oktober 2015)
Letzte Änderung durch: Art. 3 G vom 20. Oktober 2015
(BGBl. I S. 1739, 1769)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
15. August 2018
GESTA: N008
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) setzt in Deutschland die WEEE-Richtlinie der EU zum Umgang mit Elektronikschrott um. Das ElektroG soll dafür sorgen, dass Elektroaltgeräte nicht über den Hausmüll entsorgt, sondern getrennt gesammelt und recycelt werden. Durch die gesteuerte und kontrollierte Entsorgung soll der illegale Export von Elektroaltgeräten ins Ausland weiter bekämpft werden, sollen wertvolle Rohstoffe wiederverwendet und die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit reduziert werden.

Hintergrund

Elektro- und Elektronik-Altgeräte stellen in der EU einen der am größten wachsenden Anteile an Abfällen dar. 2005 betrug die Menge noch ca. 9 Millionen Tonnen, bis 2020 erwartet die EU-Kommission einen Anstieg auf mehr als 12 Millionen Tonnen. Elektronikschrott besteht hierbei aus unterschiedlichsten Materialien und Komponenten, deren gefährliche Inhaltsstoffe zu besonderen Umwelt- und Gesundheitsrisken führen können. Zudem erfordert die Herstellung solcher Geräte seltene und teure Rohstoffe.

Als Reaktion auf diese Problematik hat die EU-Kommission 2002 und 2003 zwei Richtlinien erlassen: Die WEEE-Richtlinie und die RoHS-Richtlinie. Während die ROHS-Richtlinie die Zielsetzung verfolgt, die Verwendung von gefährlichen Stoffen in Produkten zu reduzieren, wurde durch den Erlass der WEEE-Richtlinie ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, um ausgediente Elektro- und Elektronik-Geräte von Verbrauchern einzusammeln, den Anteil dieser Geräte am Hausmüll zu reduzieren und Rohstoffe fachgerecht zu sammeln und der Wiederverwertung zuzuführen.[1]

Das Gesetz

Die WEEE-Richtlinie und die RoHS-Richtlinie wurden in Deutschland zunächst durch das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) vom 16. März 2005 als Zustimmungsgesetz in nationales Recht umgesetzt.

Die ursprüngliche RoHS-Richtlinie wurde 2011 durch eine Neufassung ersetzt, die umfangreichere Stoffbeschränkungen einführte. Eine entsprechende Erweiterung des deutschen ElektroG wurde verworfen. Stattdessen wurde der Anteil der RoHS-Richtlinie im ElektroG gestrichen[2] und mit der ElektroStoffV umgesetzt.

Ab 2016 formuliert die Neufassung des ElektroG als Sammelziel 45 % der durchschnittlich in den drei Vorjahren in Verkehr gebrachten Menge an Geräten. 2019 wird dieses Sammelziel auf 65 % erhöht. Eine flächendeckende Sammelstruktur und optimierte Sammelgruppen sollen für einen effizienteren Recyclingprozess und eine erhöhte Rückgewinnung von Rohstoffen sorgen.

Die Pflicht zur unentgeltlichen Rücknahme von Elektro-Altgeräten trifft alle Vertreiber mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte (bei Distanzhändlern Lager- und Versandflächen) von 400 m² und mehr. Kleinstgeräte (wenn keine der äußeren Abmessungen 25 cm übersteigt) sind unabhängig vom Verkauf eines entsprechenden Neugeräts zurückzunehmen.[3]

Das ElektroG führt mit Wirkung ab 2018 einen offenen, sich auf alle Elektro- und Elektronikgeräte erstreckenden Anwendungsbereich ein, der folgende sechs Kategorien umfasst:

  1. Wärmeüberträger
  2. Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm² enthalten
  3. Lampen
  4. Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt (Großgeräte)
  5. Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt (Kleingeräte)
  6. Kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt

Geschichte

Um möglichst große Mengen von Elektro- und Elektronikgeräten einer umweltfreundlichen Entsorgung zuzuführen, wurden kommunale Sammelstellen eingerichtet, die mit einer ausreichenden Zahl an Behältnissen zur Aufnahme der Altgeräte ausgestattet sein mussten. Die weitere Verwertung und das Recycling der Altgeräte werden von den Herstellern der Elektro- und Elektronikgeräte finanziert, die in Deutschland einer Registrierungspflicht unterliegen. Sie müssen nachweisen, dass die Finanzierung der Entsorgung ihrer nach August 2005 zur Verwendung in privaten Haushalten hergestellten Geräte gesichert ist. Durch die Registrierungspflicht soll verhindert werden, dass Hersteller wettbewerbswidrig Geräte in Verkehr bringen, ohne ihren jeweiligen Rücknahme- und Entsorgungspflichten nachzukommen.

Für gewerblich genutzte Geräte wurden entsprechende Regelungen eingeführt. Die Hersteller sind für die Rücknahme und Verwertung der ab August 2005 verkauften Geräte verantwortlich, allerdings nicht für den auf dem Markt vorhandenen gewerblichen Bestand. Das Recyceln oder Beseitigen dieses Altbestandes muss von den gewerblichen Besitzern selbst organisiert werden. Vertragliche Vereinbarungen mit Dritten bezüglich der Altgeräterücknahme und der Kostenaufteilung sind möglich.

Vom 10. November 2006 bis zum 8. Januar 2007 fand zum Elektro- und Elektronikgerätegesetz eine öffentliche Petition statt.[4] Diese wurde beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags eingereicht und fand als e-Petition über das Internet statt. Der Petent bezeichnet die durch das Gesetz und dessen derzeitige Umsetzung entstehenden Kosten und Mühen, insbesondere für kleinere Unternehmen als Verkaufsbeschränkung. Laut Stiftung EAR könnten alleine für die Anmeldung Kosten von bis zu 1415,20 Euro entstehen. Hinzu kämen weitere Kosten und auch schwer zu erbringende hohe Sicherheitsleistungen. Für kleinere Unternehmen und Nischenhersteller stünden diese Kosten in keinem Verhältnis zum Umsatz, so dass diese Anbieter ihre Produkte vom Markt nehmen müssten. Der Petent fordert eine Überarbeitung der Gebührenordnung, so dass Inverkehrbringer von Kleinstmengen nur eine faire und marktgerechte Gebühr zu tragen haben. Die Petition fand 4956 Mitzeichner. Am 24. April 2008 hat der Deutsche Bundestag die Petition beraten und beschlossen sie abzuschließen, womit das Petitionsverfahren beendet ist.[5]

Am 13. August 2012 ist die Neufassung der WEEE-Richtlinie 2012/19/EU in Kraft getreten. Mit der Umsetzung des EU-Rechts wurde das bestehende ElektroG fortentwickelt. Am 11. März 2015 beschloss die Bundesregierung die Änderung des Gesetzes, das nach Zustimmung des Bundesrates am 23. Oktober 2015 in Kraft trat.

Übergangsfristen

Damit Hersteller und Kommunen sich auf ihre neuen Aufgaben entsprechend vorbereiten konnten und um ein reibungsloses Anlaufen der Umsetzung des Gesetzes zu gewährleisten, wurden Übergangsvorschriften in das Elektrogesetz aufgenommen: für die Registrierung der Hersteller galt eine Übergangsfrist von acht Monaten, für die Sammlung und Bereitstellung der Altgeräte durch die Kommunen und die Rücknahme und Entsorgung durch die Hersteller eine Übergangsfrist von zwölf Monaten nach Verkündung des Gesetzes.

Am 24. November 2005 lief die 8-monatige Übergangsfrist ab. Ab diesem Datum mussten alle Hersteller, die in Deutschland Elektro- und Elektronikgeräte auf den Markt bringen, bei der zuständigen Stiftung Elektro-Altgeräte Register registriert sein. Fach- und Aufsichtsbehörde für die Stiftung ist das Umweltbundesamt.

Ab 24. März 2006 folgte die nächste Stufe des ElektroG: Endnutzer sind nun verpflichtet, ihre Altgeräte der getrennten Erfassung zu überlassen. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln die bei ihnen zurückgegebenen Geräte aus privaten Haushalten kostenfrei und stellen sie zur Abholung bereit, die Hersteller sind für die Rücknahme und Entsorgung der Altgeräte verantwortlich.

Die einzelnen Fristen für deutsche Unternehmen waren wie folgt:

  • 1. Juni 2005: Ursprünglicher Termin für den Registrierungsbeginn bei der Stiftung EAR, Testregistrierungen schon früher.
  • 24. November 2005: Jeder Hersteller muss registriert sein, da sonst das Inverkehrbringen von Geräten untersagt werden kann.
  • 24. März 2006: Neugeräte müssen zu diesem Zeitpunkt spätestens den Kennzeichnungspflichten des Gesetzes entsprechen.
  • 1. Juli 2006: Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe in Neugeräten gelten und sind einzuhalten.
  • 31. Dezember 2006: Hersteller oder Importeure sowie die Vertreiber müssen ihre Verwertungsquoten nachweisen und mitteilen.

Laut Stiftung EAR ist ausschließlich eine Registrierungsnummer im Format WEEE-Reg.-Nr. DE 12345678 als Nachweis einer rechtsgültigen Registrierung im Rahmen der Kennzeichnungspflicht zulässig. Das bedeutet, dass nicht entsprechend gekennzeichnete Geräte oder Geräte, die unter Verwendung einer zwischenzeitlich vergebenen "InterimsID" gekennzeichnet wurden, nicht mehr verkauft werden dürfen.

Für die Unternehmen entstehen Kosten bei der Umstellung der Produkte, ggf. Mehrkosten bei der Produktion, sowie Kosten für die Registrierung und Mitgliedschaft bei der Stiftung EAR. Bei Geräten im unteren Preissegment wurden Preissteigerungen zwischen 10 und 25 Prozent erwartet: z. B. 25 bis 30 Euro für einen Kühlschrank oder 40 Eurocent für eine Leuchtstoffröhre.[6]

Die Verbesserung der Umweltverträglichkeit der Elektro- und Elektronikgeräte durch das Verbot von Blei ist umstritten. Bleifreie Lote benötigen höhere Löttemperaturen, die mit längeren Aufheiz- und Abkühlphasen einhergehen, was zu ca. 20-30 % mehr Energieverbrauch beim Löten führt. Die Langzeitstabilität von bleifreien Loten ist nicht ausreichend untersucht. Es ist möglich, dass gerade Massenware durch die Whiskerbildung von Reinzinn zukünftig eine deutlich kürzere Lebensdauer haben wird.

Registrierung

Die nationalen WEEE-Umsetzungen verlangten anfangs von jedem Hersteller in dem jeweiligen Land, in das er seine Geräte absetzt, eine Registrierung und Beteiligung am lokalen Entsorgungssystem. Dies galt auch bei Versandgeschäften direkt an Endverbraucher in anderen EU-Staaten. Viele dieser nationalen Gesetze stehen nur in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung oder verbieten eine Registrierung ohne Firmensitz im jeweiligen Land. In Deutschland wird diese dem EU-Binnenmarkt widersprechende Abschottung durch die Registrierung bei der EAR erreicht, die nach aktuellem Stand nur mit einer deutschen Kontoverbindung möglich ist, welche wiederum in der Regel nur mit einer Niederlassung in Deutschland zu bekommen ist.

Um weiterhin in der ganzen EU verkaufen zu können, bräuchte ein Hersteller entweder in jedem Land eine Niederlassung oder Händler, die die Herstellerpflichten übernehmen, was für viele kleinere Unternehmen schwer realisierbar ist.

Gelegentlich wird behauptet, dass sich dies seit dem 18. März 2008 jedoch geändert hat, so dass eine Registrierung in Deutschland ausreicht, um von Deutschland aus in die ganze EU verkaufen zu dürfen.[7] Die Stiftung EAR widersprach auf Nachfrage aber dieser Aussage. Hier erfolgt der Verweis, dass das Gesetz nur innerhalb des Geltungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland gültig ist und die nationale Umsetzung weiterer Mitgliedsstaaten von der deutschen Umsetzung abweichen kann.

Änderungen des ElektroG zum 1. Juni 2012: Die neuen Begriffsbestimmungen in § 3 ElektroG können zu einer Abmahnung von Unternehmen führen, die nicht registrierte Elektrogeräte oder Batterien anbieten. Ein Vertreiber kann z.B. ein Bußgeld erhalten, wenn sein Lieferant als Hersteller im Sinne des ElektroG registriert ist, jedoch nicht die vertriebene Geräteart und Marke registriert wurde. [8]

Literatur

  • Stefan Ernst: Das Elektrogesetz – Einige Hinweise zur Umsetzung der Verpflichtungen. In: Verwaltungsrundschau (VR). Zeitschrift für Verwaltung in Praxis und Wissenschaft. 53. Jg., 2007, ISSN 0342-5592, S. 227–232.
  • Ludger Giesberts, Juliane Hilf: ElektroG. Elektro- und Elektronikgerätegesetz. Kommentar. 2. Auflage. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58112-0.
  • Markus W. Pauly: Elektro- und Elektronikgerätegesetz. Einführung, Gesetzestext, EU-Richtlinien. Bundesanzeiger-Verlag, Köln 2005, ISBN 3-89817-433-6.
  • Rebecca Prelle, Holger Thärichen, Andrea Versteyl: ElektroG. Elektro- und Elektronikgerätegesetz. Kommentar. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-11017-9.
  • Martin Stabno: ElektroG. Textausgabe mit Anwendungshinweisen. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-555-01374-2.
  • VDI Richtlinie 2343 – Recycling von elektr(on)ischen Geräten, Berlin: Beuth Verlag

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Europäische Kommission: Waste Electrical & Electronic Equipment (WEEE). Abgerufen am 22. Februar 2016.
  2. Gesetz zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, 3. Mai 2013
  3. Änderung des ElektroG zum 11. März 2015. In: Erklärung der Bundesregierung zum Elektronikgerätegesetz: Elektroschrott leichter entsorgen. 11. März 2015, abgerufen am 24. März 2015.
  4. Petition
  5. Auszug aus der Begründung des Petitionsausschuss Zip Archiv
  6. Daniel AJ Sokolov, Jürgen Kuri: EU-Regeln zur Rückgabe von Elektroschrott in Kraft. In: heise online. 13. August 2008, abgerufen am 12. August 2009.
  7. FAQ der Stiftung EAR zum Export. Abgerufen am 11. Dezember 2012.
  8. Änderungen des ElektroG zum 1. Juni 2012 (IHK Frankfurt am Main)