Energiebilanz (Energiewirtschaft)

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In der Energiebilanz der Energiewirtschaft werden Aufkommen, Umwandlung und Verwendung von Energieträgern möglichst lückenlos und detailliert für eine Volkswirtschaft oder ein Wirtschaftsgebiet in einem bestimmten Zeitraum nachgewiesen.[1] Die Energiebilanz gibt Auskunft über den Verbrauch von Energieträgern, unterteilt in Sektoren, von ihrer Erzeugung über die Umwandlung bis zur Verwendung in den unterschiedlichen Verbrauchsbereichen. Energiebilanzen dienen als Grundlage für die Energie- und Umweltpolitik, z.B. auch für die Ermittlung von Treibhausgasemissionen als Datenbasis der internationalen Klimarahmenkonvention.[2]

Anwendung

Energiebilanzen werden für Wirtschaftsgebiete und Unternehmen erstellt, um den Aufwand und Nutzen und damit auch Einsparpotentiale ausfindig zu machen.[3] Zu diesem Zweck ist eine Unterteilung sowohl nach Energieträgern als auch nach den Verbrauchsorten notwendig.[4]

Die übergeordnete Anwendung findet die Energiebilanz in der Energiewirtschaft bei der Erstellung einer Gesamtbilanz auf Landesebene.

Deutsche Energiebilanz

Entwicklung

In der Bundesrepublik Deutschland werden energiestatistische Daten von verschiedenen Stellen erhoben und veröffentlicht. Um eine einheitliche und geschlossene Gesamtbilanz zu erhalten, ist die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (AGEB) von Verbänden der deutschen Energiewirtschaft und von wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten gegründet worden[2]

Eine einheitliche und geschlossene Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland ist erstmals im Jahre 1971 erstellt worden, die rückblickend auch den Zeitraum von 1950 bis 1969 erfasst hat. Seitdem liegen jährliche Darstellungen des Energieverbrauchs in der Bundesrepublik Deutschland vor. Für die Jahre von 1991 bis 1994 sind diese Bilanzen getrennt für die neuen Bundesländer sowie für Deutschland insgesamt (in der Gebietsabgrenzung vom 3. Oktober 1990) erstellt worden.

Ab dem Jahr 2003 wurde die amtliche Energiestatistik mit dem Energiestatistikgesetz (EnStatG) neu geregelt.[5] Die amtlichen Energiestatistiken aus verschiedenen Rechtsgrundlagen wurden zusammengeführt und an die weitergehenden Informationsbedürfnisse der Nutzer angepasst. Statistikdaten werden seitdem auch für die Bereiche Wärmemarkt, Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energieträger erhoben und ausgewertet.

Beteiligte Institutionen

Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen sind vier Energiewirtschaftsverbände:

und vier wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen wird unterstützt vom:

Die Erstellung der Energiebilanzen erfolgt seit 2003 durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und EEFA GmbH & Co. KG.

Energiebilanz in der Energiewirtschaft

Struktur

Das Schema der Energiebilanzen umfasst eine Matrix von 33 Spalten und 68 Zeilen (einschließlich der Summenspalten und -zeilen). In der horizontalen Gliederung (Spalten) werden die Energieträger ausgewiesen, die der energetischen und nichtenergetischen Nutzung dienen. In der vertikalen Gliederung (Zeilen) werden für die jeweiligen Energieträger Aufkommen, Umwandlung und Verwendung erfasst.[8]

Als Energieträger werden alle Quellen oder Stoffe bezeichnet, in denen Energie mechanisch, thermisch, chemisch oder physikalisch gespeichert ist. Fünf Kerngruppe werden bei der Energiebilanz unterschieden:

Bilanzebenen

Schematische Darstellung des Bilanzraums der deutschen Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
Primär- und Endenergie sowie Umwandlungsverluste[8]

Die Abgrenzung erfolgt in drei Bilanzbereichen:[8]

  • die Primärenergiebilanz,
  • die Umwandlungsbilanz und
  • der Endenergieverbrauch.

In der Primärenergiebilanz werden die Energieträger mit ihrem Mengenaufkommen bei der Gewinnung und Anlieferung nach folgenden Kriterien erfasst:

  • inländische Gewinnung von Energieträgern,
  • Außenhandel mit Energieträgern, unterteilt nach Einfuhr und Ausfuhr,
  • Hochseebunkerungen (Heizöl, Dieselkraftstoff und Schmierstoffe für die nationale und internationale Seeschifffahrt in deutschen Häfen. Ohne Lieferungen an Binnen- und Küstenmotorschiffe und Fischerei, die zum Sektor Verkehr (Endenergieverbrauch) zählen.)
  • Bestandsveränderungen, getrennt erfasst nach Bestandsentnahmen und -aufstockungen.

Der Primärenergieverbrauch im Inland wird von der Entstehungsseite als Summe aus der Gewinnung im Inland, aus den Bestandsveränderungen sowie dem Außenhandelssaldo abzüglich der Hochseebunkerungen errechnet. Der Primärenergieverbrauch lässt sich auch von der Verwendungsseite her als Summe aus dem Endenergieverbrauch, dem nichtenergetischen Verbrauch sowie dem Saldo in der Umwandlungsbilanz ermitteln.

In der Umwandlungsbilanz wird die physikalisch/chemische Umwandlung von Energieträgern jeweils als Einsatz und Ausstoß dargestellt. Hierunter wird auch der Verbrauch in der Energiegewinnung und in den Umwandlungsbereichen sowie die Fackel- und Leitungsverluste verbucht.

Die unterschiedlichen Energieträger werden auf die einheitliche Kenngröße Joule umgerechnet, damit sie vergleichbar und additionsfähig werden. Für brennbare Energieträger dient hierzu der untere Heizwerte (Hu). Für die übrigen Energieträger und für die Außenhandelsbilanz mit Strom gibt es keinen einheitlichen Umrechnungsmaßstab wie den Heizwert. In diesen Fällen wird auch in den Energiebilanzen für Deutschland von 1995 an das sog. Wirkungsgradprinzip angewendet – entsprechend dem Vorgehen der internationalen Organisationen (IEA, Eurostat, ECE).

Für die Kernenergie wird ein als repräsentativ erachteter physikalischer Wirkungsgrad bei der Energieumwandlung von 33 % zugrunde gelegt. Bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energieträgern, denen kein Heizwert zugeordnet werden kann (Wind, Photovoltaik), wird der jeweilige Energieeinsatz dem Heizwert der erzeugten elektrischen Energie gleichgesetzt. Der Stromaußenhandel wird ebenfalls auf der Basis des Heizwertes des Stroms, also mit 3.600 kJ/kWh, bewertet. Diese Umrechnung geht daher von einem Wirkungsgrad von 100 % aus.[8]

Bis 1994 ist in den Energiebilanzen noch das sog. Substitutionsprinzip berücksichtigt worden, bei dem davon ausgegangen wird, dass die Stromerzeugung aus Wasserkraft, Kernenergie, Müll und Abhitze sowie ein Einfuhrüberschuss beim Stromaußenhandel eine entsprechende Stromerzeugung in konventionellen Wärmekraftwerken ersetzt, womit der Brennstoffeinsatz in diesen Kraftwerken verringert wird. Zur Umrechnung auf den Primärenergieverbrauch wurde der durchschnittliche spezifische Brennstoffverbrauch in konventionellen Wärmekraftwerken der allgemeinen (öffentlichen) Versorgung angesetzt.

Im Vergleich zum Substitutionsprinzip führt das Wirkungsgradprinzips bei der Kernenergie zu einem höheren, bei den anderen Energieträgern aber zu einem niedrigeren Primärenergieverbrauch.[8] Die Aufteilung des Brennstoffeinsatzes auf die Produkte Strom und Wärme bei Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie beruht auf der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004. Zunächst wird die Primärenergieeinsparung berechnet. Dazu werden die Referenzwirkungsgrade der getrennten Erzeugung von Strom (40 %) und Wärme (80 %) in Anlehnung an die angegebene Richtlinie vorgegeben.

Im Ergebnis entstehen neben tabellarischen Übersichten auch grafische Darstellung, die den Energiefluss für die Bundesrepublik als Übersicht [9] und als detailliertes Energieflussbild [10] veranschaulichen.

Energiebilanzen in anderen Ländern

  • Österreich: Statistik Austria stellt Energiebilanzen für ganz Österreich und einzelne Bundesländer sowie Sektorbilanzen zur Verfügung.[11]
  • Schweiz: Eine Energiebilanz wird jährlich als Tabelle 4 in der Schweizerischen Gesamtenergiestatistik veröffentlicht vom Bundesamt für Energie.[12][13]
  • Liechtenstein: Das Amt für Statistik veröffentlicht zwar eine Energiestatistik, allerdings ohne Energiebilanz.[14][15]
  • Europa: Eurostat veröffentlicht Energiebilanzen für alle 28 EU-Mitgliedsstaaten, die gesamte EU sowie Island, Norwegen, Montenegro, Mazedonien, Serbien und die Türkei.[16]

Einzelnachweise

  1. http://www.lak-energiebilanzen.de/seiten/energiebilanzenMethodik.cfm , abgerufen am 22. Januar 2013.
  2. a b Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB): Internetpräsentation der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (AGEB) Essen 2013
  3. Böning, Jeanette A.: Methoden betrieblicher Ökobilanzierung. Metropolis, Marburg 1994, ISBN 3-89518-014-9, S. 26.
  4. Johannes Kals: Betriebliches Energiemanagement - Eine Einführung. Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-021133-9, S. 25 - 27.
  5. Energiestatistikgesetz (EnStatG): [1] (PDF; 43 kB)Energiestatistikgesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2867), zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2730) geändert
  6. EEFA Internetpräsentation
  7. Verein der Kohlenimporteure Internetpräsentation
  8. a b c d e Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB): Erläuterungen – Begriffserklärungen, Essen 2013
  9. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB): Energiefluss für die Bundesrepublik Deutschland 2014 – Übersichtsgrafik Essen 2015
  10. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB): Detailliertes Energieflussbild für die Bundesrepublik Deutschland 2013 (aktueller Stand Juli 2015), Essen 2015
  11. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_und_umwelt/energie/energiebilanzen/
  12. http://www.bfe.admin.ch/themen/00526/00541/00542/index.html?lang=de
  13. Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2011
  14. http://www.llv.li/amtsstellen/llv-as-publikationsarchiv/llv-as-publikationen-energie.htm
  15. Energiestatistik 2011
  16. Eurostat:Sonstige Dokumente, zuletzt abgerufen am 20. Mai 2014.