Ersatzteil

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Als Ersatzteil bezeichnet man Bauteile, die defekte oder verschlissene Bauteile eines komplexeren Produktes ersetzen. Ersatzteile werden notwendig, wenn sich z. B. bewegliche Teile im normalen Regelbetrieb abnutzen, Teile durch unsachgemäße Benutzung oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung überlastet und somit beschädigt, unbrauchbar oder zerstört werden.

Ersatzteilhandel

Ersatzteile können entweder selbst hergestellt oder von spezialisierten Lieferanten zugekauft werden, wie z. B. Elektroteile bei Fahrzeugen oder Maschinen.

Original-Ersatzteile werden durch den Hersteller des Produktes vertrieben, indem sie entweder aus der laufenden Produktion herausgenommen werden, von vornherein mit in die Anzahl mit einkalkuliert werden oder nachträglich wieder in (Klein-)Serie produziert werden. Es gibt jedoch auch Unternehmen, die Ersatzteile für Geräte anderer Hersteller fertigen. Man spricht vom so genannten Aftermarket. Diese erfüllen üblicherweise die gleiche Funktion, können allerdings vom Original abweichen. Ersatzteile, für die der Hersteller nachweisen kann, dass sie exakt bau- und funktionsgleich mit denen des Originalherstellers sind, nennt man auch Identteile. Sie entsprechen in jeder Hinsicht dem Original, werden jedoch unter anderem Namen verkauft.[1] Meist werben die Hersteller für die Verwendung von Original-Ersatzteilen. Dadurch kann der Hersteller die Qualitätskriterien vorgeben, zudem profitiert er am Umsatz. Um ihren Qualitätsanspruch zu untermauern, schreiben einige Verbände herstellerunabhängiger Unternehmen wie etwa die Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe ihren Mitgliedern vor, ausschließlich Original-Ersatzteile oder Identteile zu verwenden.[1]

Gewährleistungsansprüche

Nicht selten drohen Hersteller mit Verlust oder Einschränkung der Gewährleistungsansprüchen, wenn anstelle von Originalteilen die Teile von anderen Firmen eingebaut werden. Es gibt jedoch im Einzelfall immer wieder Gerichtsurteile, die dem widersprechen. Fällt ein Bauteil während der gesetzlichen Gewährleistungszeit aus, so hat der Hersteller meist für ein kostenloses Ersatzteil in angemessener Zeit und meist auch für den kostenfreien Einbau (nicht aber den kostenlosen Transport) zu sorgen. Ob der Hersteller das Ersatzteil kostenlos nachliefern muss, wird über die "bestimmungsgemäße Verwendung" in der beiliegenden Dokumentation geregelt: Wurde das Gerät gegebenenfalls nicht richtig bedient oder verwendet, so hat der Anwender die Kosten für das Ersatzteil selber zu tragen. Nach der Gewährleistungszeit entfällt dieser Anspruch, und der Anwender muss das Ersatzteil auf eigene Kosten erwerben. Mit dem Einbau eines Originalersatzteiles geben viele Hersteller als besonderen Kaufanreiz noch eine neue, zusätzliche Gewährleistung auf das neue Bauteil ab dem Einbaudatum.

Erfolgsfaktor: Ersatzteillogistik

Für den erfolgreichen Auftritt am Markt bedarf es bei aufwendigen technischen Produkten (z. B. Fahrzeuge, Elektronische Geräte, Maschinen etc.) nicht nur eines gelungenen Designs und guter technischer Daten. Oft ist auch eine gute Ersatzteilversorgung entscheidend. Ersatzteile müssen in der richtigen Menge, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort beim Endkunden sein. Dies zusammen fällt unter den Begriff "Ersatzteil-Logistik".

Der Käufer entscheidet sich nicht selten für ein wesentlich teureres Produkt, weil er glaubt oder sicher sein kann, dass im Falle eines Defekts, Unfalls, Verschleißes oder einer unsachgemäßen Behandlung ein aufwendiges und teures Gerät mittels eines schnell zur Verfügung stehenden Ersatzteiles in kurzer Zeit wieder einsatzbereit ist. Oft stehen die hohen Ausfallkosten in keinem Verhältnis zum eingesparten Kosten beim Kauf (z. B. Bagger, Flugzeug, LKW)

Ersatzteile im Eigenbau

Im Maschinenbau wird nicht selten vertraglich geregelt, dass Zeichnungen oder ganze Zeichnungssätze zur Eigenherstellung von Ersatzteilen mitgekauft werden. Der Hersteller einer solchen Maschine stimmt dem zu und liefert nicht nur die Zeichnung, sondern auch wichtige Informationen zur korrekten Herstellung wie Material sowie Wärme- und Oberflächenbehandlung. Diese Ersatzteile dürfen dann aber nur für den Eigenbedarf hergestellt werden. Ein Verkauf an Dritte wird meist nur gegen eine entsprechende "Lizenzgebühr" erlaubt.

Nachbau nach Muster

Oft werden auch defekte Bauteile (z. B. der Zahn einer Baggerschaufel) "nach Muster" (also ohne Zeichnung nur durch abnehmen der Maße) von einem unabhängigen dritten Maschinenhersteller im Auftrag des Endanwenders hergestellt. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Hersteller in der Zwischenzeit konkurs ging oder die Produktion oder das Produkt einstellte. Oft ist auch nur der (vom Kunden empfundene) überhöhte Preis des Teiles der Grund für den "Nachbau nach Muster".

Gefälschte Nachbauten

Soweit es sich bei Ersatzteilen um nicht autorisierte Nachbauten handelt, spricht man von Plagiaten oder Piratenteilen[1]. Als Bogus parts (engl. bogus = gefälscht, spare parts = Ersatzteile) bezeichnet man insbesondere in der Luftfahrtindustrie Ersatzteil-Nachbauten, die - mit gefälschten Zertifikaten versehen - äußerlich nur schwer von Originalteilen zu unterscheiden sind. Aufgrund des hohen Preisniveaus ist das Fälschen von Flugzeugersatzteilen besonders attraktiv. Unerkannte, aus minderwertigem Material hergestellte Plagiate stellen eine Gefahr für die Sicherheit der Luftfahrt dar. Strafbar wird der Nachbau besonders dann, wenn durch Verwendung von gefälschten Prüfzeichen der betroffene Käufer gezielt betrogen werden soll und ihm damit ein Schaden entsteht oder entstehen kann.

Garantie, Zusatzgarantie

Bei Markenartikeln geben Hersteller oft eine Ersatzteilgarantie ab. So gewährleistet z. B. ein Autoproduzent für eine Zeit von zehn Jahren, für ein Fahrzeug Ersatzteile liefern zu können. Die Ersatzteilversorgung wird dabei zu einer logistischen Herausforderung. Die Garantien wirken sich oft im höheren Preis des Produktes aus, aber unterscheiden so Markenprodukte von Nonameprodukten.

Tauschteil

Bei aufwändigen Ersatzteilen wird oft ein Tauschteil angeboten, um die Kosten der Reparatur zu minimieren. Die zurückgenommenen defekten Tauschteile können wieder rationell in größeren Stückzahlen repariert werden (z. B. Lichtmaschinen oder runderneuerte Reifen bei Fahrzeugen).

Ersatzteilkataloge

Viele Hersteller führen ihre Ersatzteile in einem elektronischen Ersatzteilekatalog. Die häufigste Art der Darstellung ist die Explosionszeichnung: Die Baugruppen werden so dargestellt, dass die einzelnen Teile "zerlegt dargestellt" und somit gut erkennbar sind. Meist werden sie mit einer Positionsnummer versehen. Diese verweist in einer Stückliste auf die Artikelnummer des gesuchten Ersatzteiles. Mit dieser Nummer kann die Werkstatt oder der Endkunde indirekt über den Fachhandel oder selten direkt beim Hersteller die Ersatzteile kaufen.

Die Kataloge werden meist (teuer) auf Papier gedruckt, früher meist platzsparend als Microfilm (sogenannte "Microfiche") oder zunehmend als datenbankgestützte Webapplikation im Internet oft auch multimedial angeboten.

Verschleiß- und Kaufteillisten

Käufer von komplexen Maschinen verlangen oft vom Hersteller Listen von "Verschleißteilen" mit der zu erwartenden voraussichtlichen Lebensdauer, damit diese Teile rechtzeitig gekauft und im eigenen Lager zur gegebenen Zeit vorgehalten werden können. Zunehmend wird auch die Lagerung und zeitnahe Vorhaltung vom Hersteller immer mehr vertraglich gefordert. Die "Kaufteileliste" umfasst alle Teile, die unabhängig vom Hersteller frei auf dem Markt gekauft werden können (z. B. Kugellager, Schalter, Pneumatikzylinder). Mit Hilfe dieser Listen ist der Betrieb von hochkomplexen Anlagen, unter anderem durch vorbeugende Wartung, ohne lange Ausfallzeiten möglich.

Designschutz

Gestaltgebende Bauteile wie z. B. ein Kotflügel oder eine Motorhaube einer Autokarosserie dürfen nach der aktuellen Rechtsprechung in Deutschland nicht von dritten Firmen nachgebaut werden: der Hersteller hat auf Grund des hohen schöpferischen Wertes einer gelungenen Autokarosserie einen besonderen Schutz auf diese Teile. Selbst der Zulieferer des Autoherstellers, der die „Originalteile“ für die Originalkarosserie herstellt, darf diese Teile nicht ohne Zustimmung des Autoherstellers (des sogenannten „OEM“) verkaufen. Er muss dazu vom Autohersteller eine "Lizenz" erwerben, was diese Ersatzteile natürlich wiederum verteuert. Die EU-Kommission will diesen Sachverhalt im Interesse des Verbrauchers ändern, was aber auf heftigen Widerstand bei den Autoherstellern stößt [2].

Preisgestaltung

Die Gestaltung des optimalen Ersatzteilpreises ist eine sehr schwierige kalkulatorische Kunst. Oft wollen Hersteller die bei harten Verkaufsverhandlungen verlorene Marge mit den Ersatzteilen wieder erwirtschaften. Sind die Teile zu teuer und können diese nicht durch Patente oder Designschutz ausreichend geschützt werden, so entsteht schnell ein lukrativer Markt für Dritte.

Einzelnachweise

  1. a b c Güte und Prüfbestimmungen für Motoreninstandsetzung (PDF; 616 kB)
  2. http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,315209,00.html SPIEGEL: Designschutz für Ersatzteile soll fallen