Friedel Heymann

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Friedel Heymann (* 9. August 1919 in Königstein, Taunus; † 28. März 1945 in Aschaffenburg) war Leutnant der Artillerie. Er wurde in den letzten Kriegstagen Opfer eines Endphaseverbrechens.

Leben

Nach dem Tod des Vaters von Friedel Heymann zog seine Familie in den 1930er Jahren nach Schweinheim, einem späteren Stadtteil von Aschaffenburg, um. Nach seinem Abitur am Kronberg-Gymnasium absolvierte Heymann 1938 im Odenwald den Reichsarbeitsdienst. Im Herbst 1938 wurde er in die Wehrmacht eingezogen, wo er zuerst der Artillerie angehörte. Nachdem er 1941 an der Ostfront verletzt wurde, gehörte er einer Ersatzabteilung der leichten Artillerie an. Nach einer schweren Verwundung, die er sich im Januar 1945 an der Ostfront zugezogen hatte, kam er nach Aschaffenburg. Am 23. März heiratete er seine Jugendliebe Anneliese Büttner aus Schweinheim standesamtlich und einen Tag später kirchlich.[1]

Verhaftung

Nach einer Verwundung am linken Arm und der Hand im Februar 1945 kam Friedel Heymann nach Aschaffenburg. Nachdem ihm ein Finger amputiert worden war, konnte er ambulant gepflegt werden und wohnte deshalb wieder in Schweinheim bei seiner Frau. Da das Lazarett in Schweinheim aufgelöst wurde, weil die amerikanischen Truppen bereits den Main überquert hatten, sollte sich Heymann an ein Lazarett wenden, das noch in ungefährdeter Lage war. Als sich Heymann auf den Weg in das Lazarett in Haibach machte, wurde er von einer Streife kontrolliert, die seine Papiere für in Ordnung befanden und ihn aufforderten, sich in der Schweinheimer Kaserne zu melden. Nachdem Heymann in Haibach seine Hand hatte verbinden lassen, kehrte er nach Hause zurück, wo er abends von einer Heeresstreife mitgenommen und ihm seine Papiere abgenommen wurden. An diesem Abend, dem 27. März 1945, wurde Heymann vor ein Standgericht gestellt, was auf Befehl von Kampfkommandant Lamberth geschah. Die Verhandlung fand im Kellerraum der Jägerkaserne statt und dauerte 45 Minuten. Der Hauptanklagepunkt lautete Fahnenflucht. Die Entlassungspapiere Heymanns und die Papiere des Haibacher Lazaretts lagen nicht vor. Nach einer Beratung der anwesenden Offiziere wurde 15 Minuten später das Todesurteil verkündet.[2]

Öffentliche Hinrichtung

Die Hinrichtung Heymanns fand öffentlich am 28. März 1945 gegen 9 Uhr in der Herstallstraße statt. Dazu wurde ein provisorisches Gerüst errichtet, das Reklameschild eines Cafés diente zur Befestigung des Strickes. Kurz vor der Hinrichtung wurde Heymann seiner Ehrungen degradiert, die ihm von seinen Schulterstücken gerissen wurden, und vom Kampfkommandanten Lamberth als „Feigling und Verräter“ beschimpft.

Nach der Hinrichtung blieb der Tote, durch einen NS-Posten bewacht, als abschreckendes Beispiel hängen. Am 3. April 1945 marschierten amerikanische Truppen in Aschaffenburg ein, nahmen den Leichnam ab und brachten ihn auf den Schweinheimer Friedhof, wo er am 4. April 1945 beerdigt wurde.[3]

Gesetzliche Aufhebung des NS-Urteils

Die Urteile des Landesgerichts Würzburg von 1949 und 1950 charakterisierten das Todesurteil gegen Friedel Heymann als Unrecht. Im Jahre 1998 wurde das Urteil durch das Gesetz zur Aufhebung von Unrechtsurteilen in der NS-Zeit offiziell und vollständig rehabilitiert. Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg hat im April 2004 gegenüber der Witwe offiziell bestätigt, dass das Todesurteil gegen Friedel Heymann offiziell aufgehoben ist.[4]

Gedenksteine

  • 2005: In der Herstallstraße 5 wurde ein Gedenkstein für Friedel Heymann von der Stadt Aschaffenburg eingelassen.[5][6]
  • 2013: In der Freundstraße 20 wurde ein Stolperstein für Friedel Heymann verlegt.[7]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Elisabeth Kohlhaas: 1945 – Krieg nach innen. NS-Verbrechen in Aschaffenburg und an Aschaffenburgern. Aschaffenburg 2005, S. 90f.
  2. Elisabeth Kohlhaas: 1945 – Krieg nach innen. NS-Verbrechen in Aschaffenburg und an Aschaffenburgern. Aschaffenburg 2005, S. 92 f.
  3. Elisabeth Kohlhaas: 1945 – Krieg nach innen. NS-Verbrechen in Aschaffenburg und an Aschaffenburgern. Aschaffenburg 2005, S. 93–96.
  4. Elisabeth Kohlhaas: 1945 – Krieg nach innen. NS-Verbrechen in Aschaffenburg und an Aschaffenburgern. Aschaffenburg 2005, S.126.
  5. Erinnerung an Friedel Heymann, Aschaffenburg im Dialog, April 2005, S. 8
  6. Wer waren die Opfer, wer die Täter? – Streit um eine Gedenktafel, Nachtrag zu: Monika Schmittner: Verfolgung und Widerstand 1933 bis 1945 am bayerischen Untermain, 2002 auf der Website des Verlags
  7. Stolpersteine werden verlegt, Pressemitteilung Stadt Aschaffenburg, 2. September 2013
  8. Schmittners Text findet sich auch in: „Und der Gerechtigkeit Frucht wird Frieden sein...“, Reader mit Hintergrundinformationen und Anregungen zur gottesdienstlichen Gestaltung des 60. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945, herausgegeben vom Kirchenamt der EKD in Hannover, S. 24–26