Friedrich Gerst

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Friedrich Eduard Gerst, Taufname Fridericus Eduardus Gerst (* 17. November 1805 in Düsseldorf; † 13. September 1867 ebenda), war ein deutscher Priester der römisch-katholischen Kirche, der von 1841 bis zu seinem Tode als erster katholischer Gefängnisseelsorger Düsseldorfs wirkte und in dieser Tätigkeit – zeitweise zusammen mit Theodor Fliedner – für die Resozialisierung von Strafgefangenen eintrat. Als Pastor Jääsch erfreute er sich hoher Popularität; schon zu Lebzeiten galt er als ein Düsseldorfer Original. Sein Wirken ist durch humorvolle Anekdoten überliefert.

Leben

„Königliche Arrest- und Corrections-Anstalt“ in Düsseldorf, im Düsseldorfer Platt allgemein „et Kaschott“ genannt, von Gerst ironisch auch als „Strafhotel“ bezeichnet, auf einer historischen Aufnahme

Gerst wurde als sechstes von 14 Kindern der Eheleute Wilhelm und Adelheid Gerst, geb. Meurer, in eine alteingessene Düsseldorfer Familie von Fuhr- und Gastleuten geboren. In der Altstadt wuchs er im Haus „Zu den drei Schollen“ (Hunsrückenstraße 36) auf. Berichtet wird, dass Gerst zunächst eine Schreinerlehre machte und als Geselle arbeitete. Nach dem Besuch eines Gymnasiums begann er vergleichsweise spät – erst im Alter von 27 Jahren – am 29. April 1833 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn ein Studium der katholischen Theologie, das er im Wintersemester 1835/1836 abschloss. Anschließend besuchte er das Priesterseminar Köln, wo er wie folgt beurteilt wurde: „mittelmässiges Subject, gutmütig aber nicht ganz selbstständig, gefällig, die äussere Bildung ist nicht besonders, gesund und stark, predigt mittelmäßig“. Am 25. September 1837 erhielt er die Priesterweihe. Am 12. Dezember 1837 wurde ihm die Vikarstelle der Pfarrei zu Lützenkirchen zugeteilt, auf Vorschlag des dortigen Pfarrers. Am 24. Oktober 1841 ernannte ihn das preußische Innenministerium zum katholischen Gefängnisseelsorger der „Königlichen Arrest- und Corrections-Anstalt“ zu Düsseldorf, eine Stelle, auf die er sich beworben hatte und die er zunächst ohne kirchliche Sendung und Erlaubnis antrat. Dort engagierte er sich für die Resozialisierung von Strafgefangenen, ein Ziel, das er zusammen mit Theodor Fliedner und drei Staatsanwälten auch in der 1826 gegründeten Rheinisch-Westfälischen Gefängnisgesellschaft verfolgte.[1] Unter anderem bemühte sich Gerst um Wohn- und Arbeitsgelegenheiten für entlassene Häftlinge. Ein bekannter Häftling, um den sich Gerst kümmerte, war der mehrfach verurteilte Wilderer Johann Muckel. Am 25. September 1862 beging Gerst sein 25. Priesterjubiläum. Dieses Ereignis fand öffentliche Beachtung, der Rechtsanwalt Anton Bloem hielt die Festansprache. Weil Gerst durch Schwerhörigkeit bei der Gefängnisseelsorge beeinträchtigt war, wurde ihm im Oktober 1865 Conrad Prell als Stellvertreter zugeordnet. Dieser wurde auch sein Nachfolger, nachdem Gerst im Kloster der barmherzigen Schwestern verstorben und unter großer öffentlicher Anteilnahme am 16. September 1867 auf dem Golzheimer Friedhof bestattet worden war.

Rezeption und Würdigungen

Plakette zur Erinnerung an „Pastor Jääsch“ am historischen Portal vor dem Filmmuseum Düsseldorf, Schulstraße, Düsseldorf-Carlstadt
Gedenkplakette für „Pastor Jäsch“ am Maxhaus, Schulstraße, Düsseldorf-Carlstadt

Die Humoresken, die der Handschuhmacher und Schriftsteller Theodor Groll (* 1831), ein früherer Messdiener Gersts, im Jahr 1885 unter dem Titel Geerschtiaden veröffentlichte, trugen wesentlich dazu bei, dass Gersts in frecher Düsseldorfer Mundart vorgetragener Witz und seine originellen Bibelinterpretationen bis heute überliefert sind. Groll schilderte Gerst darin als einen trinkfesten Menschen, der seine Sprüche gerne in geselliger Runde, etwa in Wirtshäusern und auf Gesellschaften des Künstlervereins Malkasten, zum Besten gab. Viele seiner ironischen Bemerkungen richtete er gegen die Reichen und Mächtigen und zeigen Empathie für Arme und Sünder.[2] Die Erinnerung an „Pastor Jääsch“ wurde durch zahlreiche Veröffentlichungen, Stücke und Gegenstände aufrechterhalten, in Büchern, Aufsätzen und Zeitungsartikeln, auf Bierdeckeln, Postkarten, Karnevalsorden, Plaketten und Gedenkschildern. Der Schriftsteller Erich Meyer-Düwerth verfasste 1932 das Volksstück Pastor Geesch, das 1936 unter dem Generalintendanten Walter Bruno Iltz mit Adolf Dell in der Hauptrolle des Pastors im Schauspielhaus Düsseldorf uraufgeführt wurde.[3] Der Heimatverein Altstädter Bürger-Gesellschaft Düsseldorf 1948 stiftete eine Gedenkplakette, die am Maxhaus, lange Zeit Wohnsitz von Gerst, angebracht wurde. Die Alde Düsseldorfer Bürgergesellschaft von 1920 verleiht die Pastor-Jääsch-Plakette an Menschen, die sich um Benachteiligte kümmern.[4] Eine Tischgemeinschaft des Heimatvereins Düsseldorfer Jonges, die den Namen Pastor Jääsch trägt, gründete ein Archiv mit Ausstellungsstücken über Leben und Wirken des Gefängnispfarrers in einem Raum der Kaiserswerther Diakonie.[5][6] Die Stadt Düsseldorf ehrte Gerst durch Benennung des Pastor-Jääsch-Weges am Alten Hafen.

Literatur

  • Thomas Schatten: Pastor Jääsch. Thomas-Schatten-Verlag, Düsseldorf 1998, ISBN 3-9805688-3-0.
  • Heinz Jürgens: dr Jääsch. Jeschechte us Kerch on Kaschott. Grupello Verlag, Düsseldorf 1998, ISBN 3-928234-85-4, mit Illustrationen von Joachim Klinger
  • Theodor Groll: Geerschtiaden. Humoresken aus dem Leben Gerst’s weiland Gefängnispastor in Düsseldorf in niederrheinisch-plattdeutscher Sprache. Verlag Dietz, Düsseldorf 1885 (Digitalisat)

Weblinks

Commons: Fridericus Eduardus Gerst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Spurensuche: Das erste Düsseldorfer Stadtgefängnis. Webseite im Portal lokalkompass.de, abgerufen am 9. Mai 2015.
  2. Vor 200 Jahren kam in Düsseldorf ein unvergessener Lokalheiliger zur Welt: Pastor Jääsch. Der herzensgute Hirte für die schwarzen Schäfchen. In: Das Tor. Heft 3/2005 (PDF)
  3. Theo Lücker: Ons Stadt op Platt. Triltsch Verlag, Düsseldorf 1971, S. 183.
  4. Ehrung für Pater Wolfgang. In: Jan Wellem. Alde Düsseldorfer Bürgergesellschaft von 1920 e.V. 83. Jahrgang, Heft 4 (2008/2009), S. 5 (PDF)
  5. Semiha Ünlü: „Pastor Jääsch“ wird gewürdigt. Artikel vom 29. Januar 2015 im Portal rp-online.de, abgerufen am 9. Mai 2015.
  6. Archiv Pastor Jääsch (PDF)