Gebührenordnung für Ärzte

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Basisdaten
Titel: Gebührenordnung für Ärzte
Abkürzung: GOÄ
Art: Bundesrechtsverordnung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Berufsrecht der Heilberufe, Besonderes Verwaltungsrecht
Fundstellennachweis: 2122-4
Ursprüngliche Fassung vom: 18. März 1965
(BGBl. I S. 89)
Inkrafttreten am: 1. April 1965
Neubekanntmachung vom: 9. Februar 1996
(BGBl. I S. 210)
Letzte Neufassung vom: 12. November 1982
(BGBl. I S. 1522)
Inkrafttreten der
Neufassung am:
1. Januar 1983
Letzte Änderung durch: Art. 17 G vom 4. Dezember 2001
(BGBl. I S. 3320, 3325)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
2. Januar 2002
(Art. 20 G vom 4. Dezember 2001)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) regelt die Abrechnung der ärztlichen Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland. Eine nach den Vorschriften der GOÄ erstellte Privatliquidation erhalten sowohl Privatpatienten, d. h. Patienten, die bei einer privaten Krankenversicherung versichert oder unversichert sind und ihre Behandlung selbst bezahlen als auch gesetzlich Versicherte im Fall so genannter individueller Gesundheitsleistungen oder bei Wahl des Kostenerstattungsverfahrens.

Dagegen ist die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen nach dem fünften Sozialgesetzbuch durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab geregelt (§ 87 Abs. 2 SGB V). Die Abrechnung erfolgt hier nicht gegenüber den Versicherten, sondern über die Kassenärztliche Vereinigung mit der gesetzlichen Krankenversicherung.

Approbierte Ärzte dürfen in Deutschland keine selbst kalkulierten Honorare für medizinische Leistungen verlangen, sondern sind nach dem ärztlichen Berufsrecht, konkretisiert durch die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung, an die GOÄ gebunden. Ihr von der Berufsausübungsfreiheit umfasstes Preisbestimmungsrecht unterliegt jedoch geringeren Einschränkungen als im System der gesetzlichen Krankenversicherung, das im Hinblick auf die soziale Schutzbedürftigkeit der Versicherten und die Sicherstellung ihrer Versorgung Marktmechanismen weitgehend ausschaltet.[1] Einschränkungen des Rechts zur Entgeltforderung sind nur dort gerechtfertigt, wo die Gebührenordnung dem Gemeinwohlbelang eines Ausgleichs der berechtigten Interessen der Leistungserbringer und der Patienten dient.[2] Die GOÄ ähnelt hierin den Gebührenordnungen anderer freier Berufe, z. B. von Rechtsanwälten und Architekten.

Geschichte

Vorgängerin der GOÄ war die Preußische Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte (Preugo). Die Preugo von 1896 (Neufassung 1924) war die staatliche Gebührenordnung für ärztliche Leistungen im deutschen Reich, und wurde 1952 in das Bundesrecht übernommen.[3] Der Hartmannbund („Verband der Ärzte Deutschlands“) veröffentlichte 1928 eine eigene Gebührenordnung, die Allgemeine Deutsche Gebührenordnung für Ärzte (Adgo). Sie enthielt zum Teil doppelt so hohe Sätze wie die Preugo und wurde angewendet, wenn Arzt und Patient dies privatrechtlich vereinbarten. Preugo und Adgo zählten die einzelnen Arztleistungen auf und setzten dafür Mindest- und Höchstsätze fest, eine sog. Taxe.

Am 1. April 1965 wurde die Preugo in der Bundesrepublik durch die erste GOÄ und die „Bundeseinheitliche Gebührenordnung für Zahnärzte“ (BUGO-Z) abgelöst. Beim Übergang von der Preugo zur GOÄ wurden die allgemeinen gebührenrechtlichen Bestimmungen der Preugo mit dem Leistungsverzeichnis der „Ersatzkassen-Adgo“ („E-Adgo“) einschließlich ihrer Abrechnungsbestimmungen verbunden.[3] Die Adgo blieb als „Privat-Adgo“ weiterhin in Gebrauch, bis 1982 die aktuelle GOÄ in Kraft trat. 1987 wurde außerdem die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) erlassen.

Die aktuelle Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) stammt vom 12. November 1982.[4] Zuletzt geändert wurde sie vor dreizehn Jahren (Stand Ende 2014) mit der Umrechnung des Punktwerts von „11,4 Deutsche Pfennige“ auf „5,82873 Cent“ per Gesetz vom 4. Dezember 2001.[5]

Weiterentwicklung

Angesichts der Erfahrungen mit der GOÄ von 1965 wurde schon vor dem Inkrafttreten der neuen GOÄ gemahnt: „Der Staat sollte zukünftig an die laufende Fortentwicklung der amtlichen Gebührenordnung denken, denn das jahrelange Nichtstun seit 1965 hat sich in keiner Weise bewährt“.[6] Wie bei den vorausgegangenen Gebührenordnungen fand jedoch keine Weiterentwicklung statt. Die Bundesärztekammer mahnte daher schon 2005 eine Reform an: „Die geltende GOÄ datiert in wesentlichen Teilen immer noch aus dem Jahre 1982, der letztmaligen umfassenden Reform; wobei das damals neu gefasste Gebührenverzeichnis auf der Ersatzkassen-Gebührenordnung – E-Adgo – von 1978 basiert. Dies bedeutet, dass von den insgesamt 37 Abschnitten des Leistungsverzeichnisses der geltenden GOÄ seit 1982 bzw. 1978 26 Kapitel nicht mehr grundlegend aktualisiert worden sind. Die restlichen 11 Kapitel des Verzeichnisses sind mit der Vierten Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1995 neu gefasst worden: Sie sind inzwischen mehr als 10 Jahre alt. Der Fortschritt der Medizin der letzten 3 Jahrzehnte ist somit nicht systematisch in die GOÄ einbezogen worden.“[7]

Über eine Neufassung der GOÄ verhandelt gegenwärtig (Stand 2015) die Bundesärztekammer mit dem Verband der privaten Krankenversicherung. Ärztekammer-Präsident Montgomery erklärte im Mai 2015 auf dem Deutschen Ärztetag: „In einem zugegebenermaßen mühsamen Prozess haben wir mit dem PKV-Verband eine neue GOÄ verhandelt … Wir sind inzwischen so weit, dass wir dem Ministerium einen gemeinsam konsentierten Vorschlag machen konnten, der 400 Gesamtleistungen und 160 Zuschlagsleistungen beinhaltet, die etwa 80 Prozent des Volumens der GOÄ abdecken“.[8]

Aufbau

Die GOÄ regelt die Vergütung für die beruflichen Leistungen der Ärzte einschließlich Entschädigungen und Auslagenersatz, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, dürfen nur berechnet werden, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind (§ 1 GOÄ).

Innerhalb eines Gebührenrahmens zwischen dem Einfachen und dem Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 5 GOÄ). Der 2,3fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab. Ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten dies rechtfertigen und müssen in der Rechnung gegenüber dem Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar begründet werden. Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.[9] Aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Patienten kann der 3,5fache Gebührensatz auch überschritten werden (§ 2 GOÄ).[10]

Die berechnungsfähigen Leistungen ergeben sich aus dem Gebührenverzeichnis als Anlage zur GOÄ.

Das Gebührenverzeichnis ist unterteilt in 16 fachgebietsbezogene Abschnitte. In diesen Abschnitten werden mögliche Leistungen des Arztes durch Ziffern definiert, z. B.
Ziffer 1: Beratung (Einfacher Gebührensatz 4,66 Euro, 2,3-facher Gebührensatz 10,72 Euro)
Ziffer 5: symptombezogene Untersuchung (einfacher Gebührensatz 4,66 Euro)

Neben den Ziffern existieren Buchstaben; sie stehen für die Zuschläge. So bedeutet z. B.
Zuschlag B "Zuschlag für in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr erbrachte Leistungen".

In der GOÄ ist auch geregelt, welche Ziffer der Arzt nicht zusammen mit anderen Ziffern abrechnen darf.

Analogleistungen

Der Arzt kann gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnen. Die ausgesuchte Analogleistung muss demzufolge der nicht in der GOÄ abgebildeten Leistung gleichwertig, nicht gleichartig, also nicht inhaltsähnlich sein. Die Analogleistung muss den entsprechenden angemessenen Geldwert der nicht enthaltenen Leistung widerspiegeln.

Um Abrechnungsprobleme zu vermeiden, wurde ein gemeinsamer Bewertungsausschuss der privaten Krankenversicherungen und der Bundesärztekammer geschaffen, der neue medizinische Verfahren analysiert und seine analogen Abrechnungsempfehlungen im deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. Da diese analoge Berechnung für alle Beteiligten, also auch die privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen, keine bindende Wirkung hat, entstehen auch bei Zugrundelegung der Abrechnungsempfehlungen in der Abrechnung häufig Erstattungsprobleme mit privaten Krankenversicherungen.[11]

Trivia

Obwohl in der letzten Änderung der GOÄ Ende 2001 der Punktwert von „11,4 Deutsche Pfennige“ auf „5,82873 Cent“ umgestellt wurde (§ 5 Abs. 1 Satz 3),[12] heißt es in demselben Paragraphen bis heute (Stand 2014): „Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Pfennigs unter 0,5 abzurunden“ (Satz 4). Auch Wegegeld und Reisekosten in §§ 8 und 9 werden bis heute in Deutschen Mark und Pfennigen veranschlagt: „bei Abwesenheit von mehr als 8 Stunden 200,- Deutsche Mark je Tag“ (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. BVerfG Beschluss vom 20. März 2001 - 1 BvR 491/96 = BVerfGE 103, 172
  2. BVerfG Beschluss vom 25. Oktober 2004 - 1 BvR 1437/02
  3. a b Amtliche Begründung der Bundesregierung zur GOÄ 1982, Bundesrats-Drucksache 295/82 vom 19. Juli 1982.
  4. Bundesgesetzblatt (BGBl) 1982 Teil I, S. 1522.
  5. BGBl Jg. 2001 Teil I Nr. 64, S. 3325.
  6. Friedrich Nienhaus: Neue GOÄ – Ende der Privat-Adgo. In: Deutsches Ärzteblatt. Ausgabe B, 79. Jahrgang Heft 49, 10. Dezember 1982, S. 61.
  7. Pressemeldung der Bundesärztekammer zum Deutschen Ärztetag 2005.
  8. Falk Osterloh: 118. Deutscher Ärztetag In: Deutsches Ärzteblatt. Ausgabe C, 112. Jahrgang Heft 20, 15. Mai 2015, S. 727.
  9. Bundesgerichtshof Urteil vom 8. November 2007 - III ZR 54/07
  10. BVerfG Beschluss vom 25. Oktober 2004 - 1 BvR 1437/02
  11. Bundesärztekammer : Private Krankenversicherung - Abrechnungshickhack
  12. BGBl Jg. 2001 Teil I Nr. 64, S. 3325.

Weblinks