Gerichtsbezirk Kratzau

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Ehemaliger Gerichtsbezirk
Kratzau
(tschechisch: soudní okres Chrastava)
Basisdaten
Kronland Böhmen
Bezirk Reichenberg
Sitz des Gerichts Kratzau (Chrastava)
Vorlage:Infobox Gerichtsbezirk/Wartung/Keine Kennziffer
zuständiges Landesgericht  Reichenberg
Fläche 147,92 km2
(1910)
Einwohner 29.855
Aufgelöst 1919
Abgetreten an Tschechoslowakei


Der Gerichtsbezirk Kratzau (tschechisch: soudní okres Chrastava) war ein dem Bezirksgericht Kratzau unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Böhmen. Er umfasste Gebiete im Norden Böhmens im Okres Liberec. Zentrum des Gerichtsbezirks war die Stadt Kratzau (Chrastava). Nach dem Ersten Weltkrieg musste Österreich den gesamten Gerichtsbezirk an die Tschechoslowakei abtreten, seit 1991 ist das Gebiet Teil der Tschechischen Republik.

Geschichte

Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revoultionsjahren 1848/49 aufgehoben. An ihre Stelle traten die Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte, die nach den Grundzügen des Justizministers geplant und deren Schaffung am 6. Juli 1849 von Kaiser Franz Joseph I. genehmigt wurde.[1] Der Gerichtsbezirk Kratzau gehörte zunächst zum Bunzlauer Kreis und umfasste 1854 die 22 Katastralgemeinden Christofsgrund, Döhnis, Engelsberg, Frauenberg, Görsdorf, Grafenstein, Grottau, Ketten, Kratzau A., Kratzau B., Machendorf, Mühlscheibe, Neuland, Neundorf, Niederberzdorf, Niederwittig, Oberberzdorf, Oberkratzau, Oberwittig, Unterkratzau, Weißkirchen und Wetzwalde.[2]

Der Gerichtsbezirk Kratzau bildete im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[3] ab 1868 gemeinsam mit dem Gerichtsbezirk Reichenberg (Liberec) den Bezirk Reichenberg.[4]

Im Gerichtsbezirk Kratzau lebten 1869 21.669 Menschen,[5] 1900 waren es 27.867 Personen.[6]

Der Gerichtsbezirk Kratzau wies 1910 eine Bevölkerung von 29.855 Personen auf, von denen 27.398 Deutsch (91,8 %) und 1.255 Tschechisch (4,2 %)[7] als Umgangssprache angaben. Im Gerichtsbezirk lebten zudem 1.202 Anderssprachige oder Staatsfremde.[8]

Durch die Grenzbestimmungen des am 10. September 1919 abgeschlossenen Vertrages von Saint-Germain wurde der Gerichtsbezirk Kratzau zur Gänze der neugegründeten Tschechoslowakei zugeschlagen, wobei die Gerichtseinteilung bis 1938 im Wesentlichen bestehen blieb. Nach dem Münchner Abkommen wurde das Gebiet Teil des Landkreises Reichenberg bzw. des Sudetenlandes.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Gebiet Teil des Okres Liberec zudem das Gebiet des ehemaligen Gerichtsbezirks bis heute gehört. Nachdem die Bezirksbehörden im Zuge einer Verwaltungsreform 2003 ihre Verwaltungskompetenzen verloren, werden diese von den Gemeinden bzw. dem Liberecký kraj wahrgenommen, zudem das Gebiet um Chrastava seit Beginn des 21. Jahrhunderts mit anderen Bezirken zusammengefasst wurde.

Gerichtssprengel

Der Gerichtssprengel umfasste 1910 die 20 Gemeinden Christofsgrund (Kryštofovo Údolí), Dönis (Donín), Engelsberg (Andělská Hora), Görsdorf (Loučná), Grafenstein (Grabštejn), Grottau (Hrádek), Ketten (Chotyně), Kratzau (Chrastava), Machendorf (Machnín), Neuland (Novina), Neundorf (Nová Ves), Niederberzdorf (Dolní Pertoltice), Niederwittig (Dolní Wittig), Oberberzdorf (Horní Pertoltice), Oberkratzau (Horní Chrastava), Oberwittig (Horní Wittig), Ullersdorf (Oldřichov), Unterkratzau (Dolní Chrastava), Weißkirchen (Bílý Kostel) und Wetzwalde (Václavice).

Literatur

  • k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915 (Spezialortsrepertorien der österreichischen Länder)

Einzelnachweise

  1. Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“
  2. Landes-Regierungs-Blatt für das Königreich Böhmen 1854, I. Abtheilung, XLVII. Stück, Nr. 277: „Verordnung der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vom 9. Oktober 1854, betreffen die politische und gerichtliche Organisirung des Königreichs Böhmen“
  3. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
  4. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (Reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
  5. Böhmische k. k. Statthalterei (Hrsg.): Orts-Repertorium des Königreiches Böhmen. Mit Benützung der von der k .k. statistischen Central-Commission zusammengestellten Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 herausgegeben. Prag 1872, S. 11
  6. C.k. místodržitelství (Hrsg.): Seznam míst v Království českém. K rozkazu c. k. místodržitelství na základě úřadních udání sestaven. Prag 1907, S. 269
  7. In der Volkszählung wurden Personen mit böhmischer, mährischer und slowakischer Umgangssprache zusammengefasst
  8. k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915, S. 362