Gnadenkapelle (Altötting)

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Die Gnadenkapelle von Altötting
Der Rundgang um die Kapelle ist mit Votivbildern behängt.

Die Gnadenkapelle Altötting, auch Heilige Kapelle genannt, ist eine Wallfahrtskapelle am Kapellplatz in Altötting in Bayern.

Legende

Der Grund für die weltweite Bekanntheit Altöttings als Marienwallfahrtsort liegt in einer Begebenheit aus dem 15. Jahrhundert. Im Jahr 1489 soll sich dort folgendes Wunder ereignet haben: Ein dreijähriger Knabe war in den Mörnbach gefallen, von der Strömung mitgetragen worden und wurde für ertrunken gehalten. Die verzweifelte Mutter brachte das leblose Kind nach seiner Bergung in die der Muttergottes geweihte Kapelle und legte es auf den Altar. Dort begann sie mit anderen Gläubigen, für die Rettung ihres Kindes zu beten. Nach kurzer Zeit kehrte das Leben in den Körper des scheinbar toten Kindes zurück. Die Legende besagt, dass der gerettete Knabe später zum Priester geweiht wurde.

Gnadenbild

Um 1330 kam das in Burgund oder am Oberrhein entstandene, aus Lindenholz geschnitzte, hohe frühgotische Bild einer stehenden Muttergottes mit dem Kind nach Altötting. Vom Volksmund wird sie „die schwarze Maria von Ötting“ genannt. Heutzutage ist auch die Bezeichnung „Schwarze Madonna“ in Gebrauch gekommen, was auf die Verbreitung deutschsprachiger Versionen des Liedes zur schwarzen Madonna von Tschenstochau zurückzuführen sein dürfte.

Am 11. September 2006 pilgerte Papst Benedikt XVI. nach Altötting und legte seinen Bischofsring, den er bis zu seiner Papstwahl getragen hatte, vor dem Gnadenbild nieder. Der Ring ist heute am Zepter der Muttergottesstatue angebracht.

Außer von Benedikt XVI. wurde die Gnadenkapelle von den Päpsten Pius VI. und Johannes Paul II. besucht.

Wallfahrt

Holzkreuze werden um die Kapelle getragen.

Es verbreitete sich der Brauch, zur Gnadenkapelle zu pilgern und die „schwarze Madonna“ von Altötting um Hilfe zu bitten. Unzählige Votivtafeln, die an den Außenwänden und im Inneren der Kapelle zu finden sind, wurden aus Dankbarkeit für die von Maria gewährten Wunder angebracht. Im Umgang befinden sich heute über 2.000 Votivbilder. Die Pilger umrunden, teils kniend, die Kapelle, oft mit eigens dafür bereitliegenden Holzkreuzen, und beten um Hilfe in ihren Sorgen und Nöten.

Am 15. August 2008 wurde der Wallfahrtskirche von Altötting durch Papst Benedikt XVI. eine Goldene Rose verliehen, eine hohe päpstliche Auszeichnung, die Joachim Kardinal Meisner als Kardinallegat am Fest Mariä Himmelfahrt dem Wallfahrtsdirektor überreichte.

Bauwerk

Die Datierung der Gnadenkapelle ist zwischen 8. und 10. Jahrhundert umstritten. Dem im Kern wohl agilolfingischen Zentralbau wurden 1494 ein Schiff und ein Spitzturm angefügt. Ein offener Umgang um die Kapelle folgte 1517. Der Anbau der Sakristei wurde 1686 vorgenommen.

Innenausstattung

Die Umgestaltung des Inneren erfolgte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, der Gnadenaltar ist von 1670. Der ganz in Silber getriebene Schmuck des Gnadenaltars stammt aus dem Jahr 1670. Die Laibung der Altarnische ziert eine Darstellung der Wurzel Jesse. Die Silberarbeiten stammen von den Goldschmieden Balthasar Ableithner, Franz Oxner und Johann F. Fesenmayr. Eine bedeutende Schmiedearbeit ist der rechts am Altar kniende, 1737 von Kurfürst Karl Albrecht gestiftete „Silberprinz“ des niederländischen Meisters Wilhelm de Groff. Es stellt das Abbild des zehnjährigen Kurprinzen Maximilian III. Joseph in zierlicher Rokokorüstung dar. Als Pendant kam links vom Altar in den 1930er Jahren die von dem Münchener Bildhauer Prof. Georg Busch geschaffene Silberfigur des knienden heiligen Bruders Konrad von Parzham hinzu. Mittlerweile ist über dem „Silberprinzen“ auch die von Benedikt XVI. verliehene Goldene Rose angebracht.

Bestattungen

Gnadenbild der Gnadenkapelle

Im Laufe der Zeit fanden in der Gnadenkapelle insgesamt drei Körperbestattungen (1633, 1634, 1666) statt, daneben erfolgten über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren insgesamt 28 Herzbestattungen.[1]

Als 1633 die Gemahlin des Grafen Wilhelm von Slavata starb, bewilligten Stiftsdekan Scheitenberger und das Kollegiatstift die Bestattung der Gräfin Lucie Otilie in der Gnadenkapelle, welche am Abend des 18. Mai 1633 ganz unauffällig erfolgte. Kurfürst Maximilian I. befürchtete nicht ohne Grund, dass dieser Präzedenzfall Nachahmung finden könnte und zudem die Leichenausdünstungen schädliche Wirkungen auf die Gesundheit der Kapellenbesucher haben würden. In seiner Antwort auf das kurfürstliche Protestschreiben wies der Dekan unter anderem darauf hin, dass die Verstorbene eine bedeutende Wohltäterin der Gnadenkapelle gewesen war und gesundheitliche Schäden nicht entstehen könnten, weil die Leiche zuerst in zwei Holzsärge und schließlich auch noch in einen Zinnsarg gelegt und über mannshoch in die Erde versenkt worden sei. Der Kurfürst entschied schließlich, dass weder Gedenkstein noch Grabplatte an oder über dem Bestattungsort in der Gnadenkapelle angebracht werden dürfe, was auch unterblieb.[2]

Die Herzen stammen überwiegend von Mitgliedern des Hauses Wittelsbach, so dass heute die Herzen von einem Kaiser, sechs Königen, drei bayerischen Kurfürsten, elf fürstlichen Frauen, fünf Bischöfen sowie zwei anderen fürstlichen Personen in der Gnadenkapelle bestattet sind. 13 Herzurnen sind eingemauert oder unter dem Pflasterboden bestattet und damit nicht sichtbar. 14 silberne Urnen mit insgesamt 15 Herzen sind in Mauernischen ausgestellt, die meisten stehen in Wandnischen auf der Westseite des Oktogons.[1]

Die in den Mauernischen aufgestellten Urnen sind ausschließlich aus Silber, zum Teil vergoldet und mit Edelsteinen geschmückt. Im Fall von Kronprinz Rupprecht wurde auf Anordnung seines Sohnes Albrecht anstelle einer silbernen Herzurne ein vergoldetes Silbergefäß mit Bergkristall aufgestellt. Die Herzen der Mütter von Kurfürst Karl Theodor und König Maximilian I. wurden auf Ersuchen des Hauses Wittelsbach 1983 in der Gnadenkapelle aufgenommen. Sie befinden sich hinter dem Altar und sind aus Zinn, bzw. Kupfer und ohne weitere Verzierung. Im Fall der Kurfürstin Elisabeth Renata sind außer dem Herzen auch ihre Eingeweide in der Gnadenkapelle beigesetzt.[1]

Sichtbar in Nischen aufgestellt:[1]

Nicht sichtbar in der Kapelle verwahrt:[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Herzbestattungen in der Gnadenkapelle von Altötting. In: neueschatzkammer.de, Zugriff am 8. Januar 2013
  2. Friedrich Leeb: Die Altöttinger Gnadenkapelle als letzte Ruhestätte, in: Ostbairische Grenzmarken 4 (1960), S. 20–25.

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Gnadenkapelle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Gnadenkapelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 13′ 34,6″ N, 12° 40′ 35,6″ O