Heinrich Schlüter (Dirigent)

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Heinrich Schlüter, auch Heinz Schlüter und Heinz Schlüter Kaiser[1] (* 7. Dezember 1917; † 12. August 2012 in Koblenz[2]), war ein deutscher Dirigent und Musikoffizier der Bundeswehr. Außerdem war er u. a. musikalischer Leiter der deutschen Auslandssekte Colonia Dignidad in Chile.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits während des Zweiten Weltkriegs war Schlüter als Militärmusiker tätig.[3] Von 1957 bis 1979 leitete Schlüter im Rang eines Oberstleutnants das Heeresmusikkorps 5 der Bundeswehr in Koblenz.[4] In dieser Zeit entstanden zahlreiche Tonaufnahmen, darunter für den rechtsextremistischen Munin-Verlag die Schallplatte Deutsche Präsentier- und Parademärsche mit Stücken, die im Dritten Reich eigens für die SS komponiert worden waren.[5]

Schlüter leitete nach seiner Pensionierung seit 1981 in Santiago de Chile das neugegründete Orchester der chilenischen Armee.[1] Nach einem Besuch der Colonia Dignidad, übernahm er die Leitung von Orchester und Chor der von Deutschen gegründeten Sekte.[6][7] Hierzu reiste Schlüter jährlich im chilenischen Sommer zwei Monate in die Siedlung.[6][8] Schlüter bekam während seiner Tätigkeit für die Sekte einerseits mit, wie der Sektenführer Paul Schäfer die Sektenangehörigen schikanierte.[9] Andererseits beschwerte er sich bei Schäfer über dessen Praxis, Fische durch Strom zu töten, während sich Sektenangehörige im Wasser befanden.[10]

Zum Jahreswechsel 1995/1996 besuchte Schlüter die Sektensiedlung das letzte Mal.[6] Mit dem Orchester trat er 1996 vor dem ehemaligen Diktator Augusto Pinochet auf.[11] Nach einem unangekündigten Besuch von Pinochet und Schlüter in dem von der Sekte betriebenen Restaurant in Bulnes endete Schlüters Tätigkeit für die Sekte.[12]

Schlüter unterrichtete zudem chilenische Militärmusiker[13] und private Musikschüler.[14]

Privat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlüter war verheiratet mit Klara Schlüter (1914–2020),[2][15] die ihn auch in die Colonia Dignidad begleitete.[9] In den 1940er Jahren lebte Schlüter in Berlin, ab 1956 in Koblenz, seit 2011 in Rothenklempenow.[3] Er wurde auf See bestattet.[2]

Tonträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zwischen Rhein und Mosel. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter. 1973
  • Deutsche Heeresmärsche aus der preußischen Armeemarschsammlung. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der preußischen Armeemarschsammlung – Folge 2. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der preußischen Armeemarschsammlung – Folge 3. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der preußischen Armeemarschsammlung – Folge 4. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der preußischen Armeemarschsammlung – Folge 5. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der sächsischen Armeemarschsammlung. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus der bayerischen Armeemarschsammlung. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Heeresmärsche aus Hannover und Hessen. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Königlich preussische Armeemärsche. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Armeemärsche und Der große Zapfenstreich. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter. Bauer Studio, 1979
  • Deutsche Parademärsche. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Der Große Zapfenstreich. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Deutsche Präsentier- und Parademärsche. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter
  • Freudenklänge. Dirigent: Oberstleutnant Heinrich Schlüter

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Manuel Paz Placencia: A compases marciales, desarrollo y vinculación social de las bandas militares del Ejécito chileno 1960-1989. Universidad Católica de la Santísima Concepción, Concepción 2019, S. 33 (abgerufen am 19. Juni 2022).
  2. a b c Traueranzeige, Rhein-Zeitung, 17. August 2012 (abgerufen am 19. Juni 2022).
  3. a b Stephanus-Stiftung: Zwei Mal über Hundert: Hohe Geburtstage im Haus am See in Brüssow, 18. Juli 2019 (abgerufen am 22. Juni 2022).
  4. Heeresmusikkorps 300, Koblenz. rundel.de (abgerufen am 22. Juni 2022).
  5. Jürgen Pomorin, Reinhard Junge: Die Neonazis – Vorwärts, wir marschieren zurück. Teil II. Weltkreis-Verlag, Dortmund 1979, ISBN 978-3-88142-219-2, S. 65.
  6. a b c Heike Rittel, Jürgen Karwelat: Lasst uns reden : Frauenprotokolle aus der Colonia Dignidad. Schmetterling Verlag, Stuttgart 2018. ISBN 978-3-89657-159-5, S. 269.
  7. Dieter Maier: Anmerkungen zu Edeltraud Bohnau, Mein Leben in der Sekte, S. 87. Colonia Dignidad – Public History Forschungsblog, 14. Januar 2020 (abgerufen am 19. 2020).
  8. Gero Gemballa: Colonia Dignidad. Ein Reporter auf den Spuren eines deutschen Skandals. Campus Verlag, Frankfurt a. M./New York 1998, ISBN 3-593-35922-7, S. 38.
  9. a b Colonia Dignidad – Ein chilenisch-deutsches Oral-History-Archiv: Interview mit Werner S. (ab Minute 1:26:37), 20. November 2019 (abgerufen am 19. Juni 2022).
  10. Friedrich Paul Heller: Lederhosen, Dutt und Giftgas : die Hintergründe der Colonia Dignidad Schmetterling Verlag, Stuttgart 2006. ISBN 978-3-89657-093-2, S. 37.
  11. Steffen Hoss, Michael Passon: Hartmut Hopp – Erstmals redet der frühere Sektenarzt von Colonia Dignidad, Westdeutsche Zeitung, 28. Januar 2017 (abgerufen am 19. Juni 2022).
  12. Colonia Dignidad – Ein chilenisch-deutsches Oral-History-Archiv: Interview mit Manfred S. (ab Minute 1:25:17), 14. März 2021 (abgerufen am 19. Juni 2022).
  13. Con 31 años de trayectoria, vuelve a Valdivia la banda de conciertos del Ejército de Chile (abgerufen am 19. Juni 2022).
  14. Musikschule „rhythm matters“, Krefeld (abgerufen am 1. Februar 2023).
  15. Traueranzeige Klara Schlüter, Rhein-Zeitung, 4. April 2020 (abgerufen am 19. Juni 2022).