Herbert Baum

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Datei:Herbert Baum 1936.jpg
Herbert Baum 1936
Porträtzeichnung von Herbert Baum

Herbert Baum (* 10. Februar 1912 in Moschin, Provinz Posen; † 11. Juni 1942 in Berlin) war ein deutsch-jüdischer Widerstandskämpfer und Kommunist.

Leben

Baum kam als Kind nach Berlin und absolvierte dort die Realschule und eine Lehre als Elektriker. Anschließend arbeitete er in diesem Beruf. Bereits seit 1926 engagierte sich Baum in verschiedenen linksgerichteten und jüdischen Kinder- und Jugendorganisationen, ab 1931 im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD)[1]. Ab 1940 war er Zwangsarbeiter in den Elektromotorenwerken der Firma Siemens & Schuckert.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann er zusammen mit seiner Frau Marianne Baum und seinen Freunden Martin und Sala Kochmann – alle vier kannten sich bereits seit ihrer Schulzeit –, vorwiegend jüdische Jugendliche um sich zu scharen, die meist aus der jüdischen Jugendbewegung, aus dem kommunistischen, sozialistischen oder links-zionistischen Spektrum stammten. Der heute oft als „Gruppe Herbert Baum“ bezeichnete Freundeskreis, dem zeitweilig bis zu 100 Jugendliche angehörten, pflegte intern politische Diskussionen und kulturelle Arbeit und trat nach außen durch die Verbreitung von Flugblättern in Erscheinung. Ab 1941 unterstützte er jüdische Zwangsarbeiter und half Juden beim Untertauchen, um sie vor der Deportation zu bewahren.

Brandanschlag

Die Gruppe um Herbert Baum wurde vor allem durch einen Brandanschlag, den sie am 18. Mai 1942 auf die antikommunistische Propagandaausstellung Das Sowjetparadies am Berliner Lustgarten verübte, bekannt. Der Schaden blieb allerdings begrenzt. Innerhalb weniger Tage wurde ein Großteil der Gruppe verhaftet; vermutlich waren sie denunziert worden. Über 20 Mitglieder der Gruppe wurden später zum Tode verurteilt. Baums Grabstein listet 28, der Gedenkstein im Lustgarten 34 Mitglieder der Gruppe als Opfer auf. Insgesamt 28 Mitglieder der Gruppe wurden 1942 und 1943 ermordet. Baum selbst starb in der Haft; es ist ungeklärt, ob an den Folgen von Folter oder durch Suizid. Etwa 50 weitere Mitglieder der Gruppe erhielten langjährige Haftstrafen.[2]

Am 28./29. Mai 1942 wurden in einer „Vergeltungsaktion“ 500 Berliner jüdische Männer verhaftet, von denen die Hälfte sofort erschossen und die andere Hälfte ins Konzentrationslager gebracht wurde. Am nächsten Tag wurde Vertretern der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ in Berlin von Adolf Eichmann mitgeteilt, dass die Aktion im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Ausstellung im Lustgarten stehe, an der Juden beteiligt gewesen seien. Ob dieser Zusammenhang tatsächlich bestand, ist heute umstritten.

Gedenken

Der Berliner Gedenkstein im Lustgarten

Gedenktafel in Berlin auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee

Eine Gedenktafel[3] für die Getöteten der Herbert-Baum-Gruppe und das Grab Baums befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in der Ehrenreihe im Feld A1-G1. Das Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet. Die auf das Hauptportal des Friedhofs führende Straße heißt seit 1951 Herbert-Baum-Straße.[4]

Gedenkstein im Lustgarten

Im Lustgarten wurde 1981 ein von Jürgen Raue gefertigter Gedenkstein errichtet, der an den Anschlag der Gruppe Baum mit folgendem Spruch erinnert[5]:

„Unvergessen die mutigen Taten und die Standhaftigkeit der von dem Jungkommunisten Herbert Baum geleiteten antifaschistischen Widerstandsgruppe. – Für immer in Freundschaft mit der Sowjetunion verbunden.“

Im Jahre 2000 wurde dieser Gedenkstein verändert: Der Teil der ursprünglichen Inschrift, der die Freundschaft mit der Sowjetunion zum Thema hat, wird nun durch bedruckte Glasplatten überdeckt. Sie enthalten historische Informationen zur Gruppe Baum und zu ihrem Anschlag und schließen mit den Worten:

„So dokumentiert dieser Gedenkstein heute die mutige Widerstandsaktion des Jahres 1942, das Geschichtsverständnis 1981 und unser andauerndes Gedenken an den Widerstand gegen das NS-Regime.“

Gedenktafel

Am Wohnhaus von Sala und Martin Kochmann in der Gipsstraße in Berlin-Mitte befindet sich eine Gedenktafel für diese beiden Mitglieder der Gruppe Baum.

Ein Zubringertrawler mit der Fischereikennnummer ROS 408 der „Artur Becker“-Baureihe erhielt ebenfalls seinen Namen.

Angehörige der „Gruppe Herbert Baum“

Ehrengrabstätte für Herbert Baum auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee; Aufnahme vom April 2010

Auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee wird auf einer Gedenktafel an 27 Mitglieder der Gruppe erinnert, die 1942/43 wegen ihres Widerstands hingerichtet (bzw. getötet) wurden. Es handelt sich um:

Daneben sind als Mitglieder bekannt:

  • Rita Meyer (geborene Zocher), Frau von Herbert Meyer[6]
  • Herbert Ansbach
  • Lisa Behn (1936 verhaftet, Freundin von Werner Steinbrink)
  • Joachim Franke (1905–1942)
  • Ilse Haak
  • Richard Holzer, der nach Ungarn flüchten konnte
  • Hermann Braun
  • Charlotte Paech, wurde vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt; nach einem Bombenangriff auf Berlin gelang es ihr, aus dem Gefängnis an der Iranischen Straße zu fliehen und so ihrer Hinrichtung zu entgehen.
  • Erwin Pawlowski
  • Lotte Rotholz, erhielt eine Strafe von acht Jahren Zuchthaus, vom Frauengefängnis in der Berliner Barnimstraße zur Strafverbüßung in das Zuchthaus Cottbus gebracht, von hier aus am 12. Oktober 1943 zurück nach Berlin in das Deportationssammellager in der Großen Hamburger Straße überführt und schließlich gemeinsam mit zwei anderen Frauen aus der Gruppe um Herbert Baum, Alice Hirsch und Edith Fraenkel, am 14. Oktober 1943 mit dem sogenannten „44. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert.[7]
  • Walter Sack (* 26. Dezember 1915, † 29. April 2008)[8][9]
  • Alice Zadek, geb. Kronheim, (* 28. März 1921, † 14. April 2005) und Gerhard Zadek (* 2. November 1919, † 5. Oktober 2005)
  • Franz Krahl (1914–1990)[10]
  • Lothar Cohn (1908-1944), Bruder von Marianne Baum
  • Hans Fruck

Siehe auch

Literatur

  • Luise Kraushaar: Deutsche Widerstandskämpfer 1933 bis 1945. Berlin 1970, Band 1, S. 84ff.
  • Hans Maur: Gedenkstätten der Arbeiterbewegung in Berlin-Friedrichshain. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Berlin 1981, Biografie Baum S. 94–96.
  • Margot Pikarski: Jugend im Berliner Widerstand – Herbert Baum und Kampfgefährten. Berlin 1984.
  • Charlotte Holzer: Bericht über die „Herbert-Baum-Gruppe“. In: Andreas Lixl-Purcell (Hrsg): Erinnerungen deutsch-jüdischer Frauen 1900–1990. RUB 1423, Reclam Lpz. 1992 und öfter, ISBN 3-379-01423-0, S. 333–336 (zum Attentat auf die Ausstellung). Mskr. 01/298 im Yad Vashem-Archiv Jerusalem.
  • Konrad Kwiet, Helmut Eschwege: Die Herbert-Baum-Gruppe. In: Arno Lustiger: Zum Kampf auf Leben und Tod. Das Buch vom Widerstand der Juden in Europa 1933–1945. Köln 1994, S. 56–66.
  • Regina Scheer: Im Schatten der Sterne – Eine jüdische Widerstandsgruppe. Aufbau-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-351-02581-5.

Weblinks

Commons: Gruppe Herbert Baum – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. : Sie waren jung, jüdisch und links. In: TAZ. 3. März 2010
  2. Geschichte der revolutionären Berliner Arbeiterbewegung. Dietz Verlag, Berlin, 1987, S. 469.
  3. Widerstandsgruppe um Herbert Baum, „Gedenktafel in Berlin auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee (Eingang: Markus-Reich-Platz)“
  4. Details zur Herbert-Baum-Straße auf Luise-Berlin beim Kaupert; abgerufen am 18. April 2010
  5. Widerstandsgruppe um Herbert Baum. „Dieser von Bildhauer Jürgen Raue gestaltete Gedenkstein wurde 1981 im Auftrag des Magistrats von Berlin (Ost) ohne nähere Informationen über die Widerstandsaktion im Lustgarten aufgestellt“
  6. Seite 146 (Herbert Meyer) und 162 (Rita Zocher)(bei Margot Pikarski: Jugend im Berliner Widerstand. Herbert Baum und Kampfgefährten. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978)
  7. Johannes Tuchel: Siegbert und Lotte Rotholz – Angehörige der Widerstandsgruppe Baum
  8. Gottfried Hamacher et al. (Hrsg.): Gegen Hitler. Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung »Freies Deutschland«. Kurzbiografien (Reihe: Manuskripte/Rosa-Luxemburg-Stiftung; Bd. 53) (PDF; 894 kB) Dietz, Berlin 2005, S. 178
  9. Kurzbiografie von Walter Sack
  10. Neues Deutschland, 3. August 1982, https://www.nd-archiv.de/artikel/353540.ein-gedenkstein-erinnert-an-standhafte-jungkommunisten.html