Horst Erdmann

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Horst Erdmann (* 31. Januar 1919 in Breslau; † zwischen 1993 und 1999; Pseudonym Dr. Theo Friedenau) war NS-Funktionär, Hochstapler, Nachrichtendienst-Agent und Verleger. Im Zeitraum von 1949 bis 1958 war er der erste Leiter des Untersuchungsausschusses Freiheitlicher Juristen (UFJ).

Bekanntheit

Erdmann wurde der deutschen Öffentlichkeit unter seinem Pseudonym Dr. Theo Friedenau dadurch bekannt, dass er ab dem Jahr 1949 von West-Berlin aus zusammen mit Gleichgesinnten und mit der finanziellen Unterstützung[1][2] des CIA den Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen aufgebaut hatte, als dessen erster Leiter er auch fungierte. Vor seinem Tätigwerden in West-Berlin hatte er in Belzig in Brandenburg als Rechtsanwalt gearbeitet und dabei einige Unrechtszustände in der SBZ kennengelernt.

Der UFJ arbeitete als Rechtsberatung für DDR-Bürger. Dabei wurden Informationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen der DDR gesammelt und eine „Belastetendatei“ aufgebaut. An Personen, bei denen der UfJ eine Regimenähe vermutete, wurden Drohbriefe versendet. Horst Erdmann legte stets großen Wert auf die Gewaltfreiheit der Aktivitäten. Er betonte auch, dass er nichts mit Geheimdiensten zu tun hätte,[3] obwohl er bereits zu Beginn seiner UfJ-Tätigkeit durch den CIA-Offizier Henry Hecksher verpflichtet worden war.[1]

Bloßstellung und Sturz

Am 25. Juni 1958 warf das Ministerium für Staatssicherheit der DDR Horst Erdmann öffentlichkeitswirksam Hochstapelei, Lügen und seine NS-Vergangenheit vor.[4][5]

  • Horst Erdmann hatte mehrfach angegeben, am 3. Januar 1911 in Lübeck geboren zu sein. Tatsächlich wurde er am 31. Januar 1919 in Breslau geboren.
  • Falsch war seine Angabe, dass seine Mutter Jüdin gewesen sei.
  • Erfunden war sein beruflicher Werdegang, dass er von 1930 bis 1933 in Berlin und Breslau studiert, 1933 das Referendarexamen bestanden, 1934 promoviert, 1936 das Assessorexamen bestanden und von 1936 bis 1944 als Syndikus in verschiedenen Betrieben gearbeitet habe. Tatsächlich war Erdmann erst am 26. September 1940 in Breslau immatrikuliert worden. Er legte nie eine juristische Staatsprüfung ab. Seine Stellung als Rechtsanwalt und Notar in Belzig erschlich er durch falsche Papiere.
  • Die eidesstattliche Erklärung, er sei nie NSDAP-Mitglied gewesen, war ebenfalls wahrheitswidrig. Horst Erdmann war Mitglied der NSDAP, HJ-Stammführer, Leiter der Sozialabteilung der HJ-Gebietsführung, Gaujugendwalter der Deutschen Arbeitsfront und Gaubeauftragter für den Kriegsberufswettkampf. [6]

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wiegelten der UFJ und Horst Erdmann zunächst ab.[4] Nicht zuletzt aufgrund des Drängens des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, bei dem Horst Erdmann dem Institut für Ostrecht vorstand, grenzte sich der UFJ bald von ihm ab. Am 7. Juli 1958 trat er von seiner Funktion als Leiter des UFJ zurück.[7]

Verlegertätigkeit

Nach seinem Weggang vom Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen wirkte Horst Erdmann als Verleger in seinem 1956 gegründeten „Verlag für Internationalen Kulturaustausch“, der 1967 unter dem Namen „Horst Erdmann Verlag für Internationalen Kulturaustausch“ nach Tübingen umzog. Nach Besitzerwechseln trägt der Verlag den Namen Edition Erdmann.

Literatur

  • Frank Hagemann: Der Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen 1949–1969. Dissertation, Universität Kiel, 1994, ISBN 3-631-47716-3.

Einzelnachweise

  1. a b G. Bailey, S. Kondratschow, D. Murphy: Die Unsichtbare Front, 1997, ISBN 3-549-05603-6, S. 159
  2. Karl Wilhelm Fricke, Roger Engelmann: „Konzentrierte Schläge“: Staatssicherheitsaktionen und politische Prozesse, Schriftenreihe des BStU, 11, S. 90, Online
  3. „Drohung mit Recht“, Spiegel, 16. April 1952, online
  4. a b „Umgang mit Unrecht“, Spiegel, 16. Juli 1958, online
  5. Frank Hagemann: Der Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen 1949–1969, Dissertation, Universität Kiel, 1994, S. 167
  6. Frank Hagemann: Der Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen 1949–1969, Dissertation, Universität Kiel, 1994, S. 168
  7. Frank Hagemann: Der Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen 1949–1969, Dissertation, Universität Kiel, 1994, S. 170f