Ishii Shirō

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Ishii Shirō 1932 – Bild aus dem Bulletin der Einheit 731, Fotograf Masao Takezawa

Ishii Shirō (jap. 石井 四郎; * 25. Juni 1892 in Yotsukaidō, Präfektur Chiba; † 9. Oktober 1959 in Tokyo) war ein japanischer Kriegsverbrecher, Mikrobiologe und Generalleutnant in der berüchtigten Einheit 731 der Kaiserlich Japanischen Armee während des Chinesisch-Japanischen Krieges 1937 bis 1945. Er führte mehrere Experimente an Menschen durch und ist mutmaßlich für den Tod von schätzungsweise 300.000 Menschen verantwortlich.[1] Gelegentlich wird er auch als der „japanische Josef Mengele bezeichnet.[2][3]

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ishii entstammte einer wohlhabenden Familie aus Yotsukaidō und war das vierte Kind. Er wuchs in einer ländlichen Region auf, sein Vater war Sakehersteller. Schon in der Grundschule wurde ihm hohe Intelligenz attestiert. Während er charakterlich kritisch gesehen wurde, glänzte er an der Kaiserlichen Universität Kyōto auf dem Gebiet der Medizin, die 1922 dem 1. Armeekrankenhaus und der Armeemedizinschule in Tōkyō zugeordnet war. Dort beeindruckte seine Arbeit seine Vorgesetzten genug, um ihn zwei Jahre später zu postgradualen Studien zurück an die Universität nach Kyōto zu schicken.

Ishii machte ab 1928 eine zweijährige Reise in den Westen, auf der er intensiv zu den Auswirkungen von biologischer Kriegführung und Chemiewaffen seit dem Ersten Weltkrieg forschte. Seine sehr erfolgreiche Mission sicherte ihm die Unterstützung des Armeeministers Sadao Araki.

Menschenversuche in China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1932 begann er vorbereitende Experimente. 1936 wurde die Einheit 731, eine als Wasseraufbereitungseinheit getarnte Einheit zur biologischen Kriegführung, gebildet. Ishii baute vor der Stadt Harbin in China eine riesige Einrichtung – mehr als 150 Gebäude über 6 km2 verteilt.

Im Jahr 1942 begann er Feldversuche zur Anwendung kriegstauglicher Keime und den als Träger genutzten Waffen (Feuerwaffen, Bomben usw.). Dazu machte er Versuche an lebenden russischen und chinesischen Kriegsgefangenen und Zivilisten. Etwa 3.000–10.000 Chinesen und einige hundert Russen kamen dabei ums Leben, weitere ca. 20.000 Zivilisten starben nach 1945, als pestinfizierte Ratten eine Epidemie auslösten.[4] Experimentiert wurde unter anderem mit den Erregern von Pest, Cholera und Milzbrand.

Seine Einheit führte „im Namen der Wissenschaft“ auch physiologische Experimente durch, bei denen lebende Menschen seziert wurden, Abtreibungen und künstlich erzeugte Schlaganfälle und Herzinfarkte herbeigeführt wurden.

1945 sprengten japanische Truppen in den letzten Tagen des Pazifikkrieges sein Hauptquartier. Ishii ließ die verbleibenden 150 Gefangenen umbringen, um die Experimente zu verschleiern.

Nach dem Krieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1946 bereiteten die USA ein geheimes Abkommen mit Ishii und den Leitern der Einheit 731 vor, in dem sie im Gegenzug für aus den Menschenversuchen gewonnene Daten zur biologischen Kriegführung Immunität gegen Verfolgung als Kriegsverbrecher anboten. Dieses Abkommen auf Initiative des Generalmajors Charles Willoughby wurde zwei Jahre später abgeschlossen.[5]

Es ist nicht exakt bekannt, was Ishii in den Jahren nach dem Krieg gemacht hat. Der amerikanische Dozent der Cambridge University Richard Drayton behauptete, dass Ishii als Berater für Biowaffen in Maryland fungierte, andere Quellen geben an, dass er in Japan eine Klinik eröffnete und Patienten kostenfrei behandelte. Ishii schrieb regelmäßig Tagebücher, in denen er jedoch niemals die Forschungen in China erwähnte.

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinen letzten Lebensjahren fiel es Ishii zunehmend schwer zu sprechen, schließlich wurde bei ihm Kehlkopfkrebs diagnostiziert, dem er trotz therapeutischer Behandlung erlag. Er starb am 9. Oktober 1959 im Alter von 67 Jahren in einem Krankenhaus in Shinjuku, Tokyo. Seine Beerdigung wurde von Generalleutnant Kitano Masaji organisiert und durchgeführt. Ishiis Tochter Harumi gab später an, dass Ishii kurz vor seinem Tod zum Christentum konvertiert sei. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, dass Ishii seine Taten jemals bereut hätte.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Archivlink (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) abgerufen am 9. März 2015
  2. Japan’s Dr. Mengele: Medical Experiments on POW’s at Unit 731 auf warhistoryonline.com, abgerufen am 29. Juni 2021
  3. The Twisted Story Of Shiro Ishii, The Josef Mengele Of World War 2 Japan auf allthatsinteresting.com, abgerufen am 29. Juni 2021
  4. Archivlink (Memento vom 15. Mai 2010 im Internet Archive) abgerufen am 14. Mai 2010
  5. Drea, Edward (et al): Researching Japanese War Crimes Records: Introductory Essays; Washington 2006, ISBN 1-880875-28-4

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]