Johannes Pfefferkorn

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Johannes Pfefferkorn (* 1469; † 22. Oktober 1521[1] in Köln) war ein deutscher Jude, der zum Christentum konvertierte. Er befürwortete die Verbrennung des Talmud und ist vor allem durch seine Auseinandersetzung mit Johannes Reuchlin bekannt geworden.

Leben

Der Geburtsort von Johannes (jüdischer Vorname Joseph) Pfefferkorn ist unsicher. Es wird Mähren,[2] aber auch Nürnberg[3] vermutet. Nach eigenen Angaben erhielt er in Prag von einem Onkel namens Meir Pfefferkorn Unterricht in den Lehren des Talmud. Um 1491 lebte Pfefferkorn in Prag, um 1504 in Dachau. Wahrscheinlich war er Geldverleiher und Vertreter der jüdischen Gemeinde in Dachau.

Nach einer Urkunde des Heinrich von Gutenstein vom 24. Oktober 1509 bestahl Pfefferkorn einen Mitbürger, kam ins Gefängnis und wurde gegen eine Zahlung von 100 ungarischen Gulden begnadigt. Dem steht entgegen, dass die Stadt Dachau dem Johannes Pfefferkorn in der Urkunde vom 21. Januar 1510 ein gutes Leumundszeugnis ausstellte. In dieser Urkunde bestreitet die Stadt Dachau zum einen, Johannes Pfefferkorn sei als Dieb verurteilt worden, zum anderen, er sei Metzger gewesen.

Nach einem unruhigen Leben kam Pfefferkorn nach Köln, wo er unter dem Einfluss der Dominikaner im Jahr 1504[4] zusammen mit seiner Familie vom jüdischen Glauben zum Christentum konvertierte. Im Jahr 1513 wird er als Spitalmeister von St. Ursula / St. Revilien und Salzmesser der Stadt genannt.

Er veröffentlichte, gewissermaßen als Werkzeug der Kölner Dominikaner in deren Kampf gegen das Judentum, Schmähschriften gegen die Juden, darunter den Judenspiegel, „Wie die blinden Jüden ihr Ostern halten“, „Judenbeicht“ (alle 1508) und „Judenfeind“ (1509).[3] Auf Betreiben der Dominikaner erhielt er 1509 von Kaiser Maximilian I. ein Mandat zur Beschlagnahme aller jüdischen Schriften. In Frankfurt am Main, Mainz, Bingen und in anderen Städten im Rheinland kam es zur Durchführung des Auftrags unter erheblicher Unruhe in der christlichen Bevölkerung. Der Erzbischof von Mainz, Uriel von Gemmingen, und der Rat der Stadt Frankfurt protestierten gegen Pfefferkorns Vorgehen.

Der Kaiser ordnete beim Reichstag zu Worms 1510 die Rückerstattung der beschlagnahmten Bücher an und setzte gleichzeitig eine Untersuchungskommission ein mit Uriel von Gemmingen als Vorsitzendem. Der in die Kommission berufene Johannes Reuchlin wandte sich in einem Gutachten gegen Pfefferkorns Vorgehen und setzte sich dafür ein, jüdisches Leben und jüdische Literatur lernbereit zu studieren. In dem mit Schriften und Gegenschriften ausgetragenen Streit der Parteien wurde Reuchlin von seinen humanistischen Freunden unterstützt, vor allem auch von Erasmus von Rotterdam. Pfefferkorn hatte Rückhalt bei den Kölner Dominikanern und fand Unterstützung bei dem Inquisitor Jakob van Hoogstraten und auch der Pariser Universität.

In seinem 1511 erschienenen Handtspiegel versuchte Pfefferkorn, Reuchlins positives Gutachten über den Talmud zu widerlegen, und er griff in seiner Schrift Reuchlin auch persönlich an. Noch im gleichen Jahr verteidigte Reuchlin seine Position im Augenspiegel. Die Auseinandersetzung nahm an Schärfe zu und fand kein Ende trotz des kaiserlichen Schweigegebots vom Juni 1513 und des päpstlichen Votums für die von Reuchlin vertretene Position im März 1514. In den „Dunkelmännerbriefen“ uferte der Streit nach 1515 schließlich aus und entfernte sich von den ursprünglichen Zielen.

Werke

  • Furtrag, wie die blinden Juden yr Ostern halten. 1509 Digitalisat
  • Ich bin ain Buchlinn, der Juden veinde ist mein namen. 1509 Digitalisat
  • Explicatio quomodo ceci Judei suum pascha servent et maxime quo vitu paschalem cenam manducent. Exprimitur preterea judaeos esse hereticos et desertores veteris et oppugnatores novi testamenti. 1509 Digitalisat
  • In laudem et honorem illustrissimi Maximiliani dei gratia Romanorum imperatoris. von Neuss, Köln 1518. (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

Literatur

  • Paul Gerhard Aring: Pfefferkorn, Johannes. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 14, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-073-5, Sp. 1359–1360.
  • Ludwig Geiger: Pfefferkorn, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 621–624.
  • Karl-Heinz Gerschmann: Zu Johannes Pfefferkorns 'Übersetzung’ der Evangelien. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 21, 1969, 166-171.
  • Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von der Verbannung der Juden aus Spanien und Portugal (1494) bis zur dauernden Ansiedlung der Marranen in Holland (1618). 4. durchges. Aufl., Oskar Leiner, Leipzig 1907, S. 477-506 (derselbe: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Aus den Quellen neu bearbeitret. Bd. 9)
  • Hans Martin Kirn: Das Bild vom Judentum im Deutschland des frühen 16. Jahrhunderts, dargestellt an den Schriften Johannes Pfefferkorns. Mohr, Tübingen 1989 ISBN 3-16-745354-0 (Texts and studies in medieval and early modern Judaism 3).
  • Ellen Martin: Die deutschen Schriften des Johannes Pfefferkorn. Zum Problem des Judenhasses und der Intoleranz in der Zeit der Vorreformation. Kümmerle, Göppingen 1994 ISBN 3-87452-849-9 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 604).
  • Ellen Martin: Pfefferkorn, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 311 f. (Digitalisat).
  • Avraham Siluk (Bearbeiter): Der Reuchlin-Pfefferkorn Streit um die jüdischen Bücher. In: Privilegien, Pogrome, Emanzipation. Deutsch-jüdische Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Modellprojekt im Leo-Baeck-Programm, hrsg. von Reinhard Neebe online

Weblinks

Wikisource: Johannes Pfefferkorn – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Vgl. Robert Jütte: „Johannes Reuchlin (1455–1522) und die ‚soziale Frage‛ seiner Zeit – Ein Beitrag zur Konjekturalhistorie“, in: Die Welt im Augenspiegel. Johannes Reuchlin und seine Zeit, hg. v. Daniela Hacke u. Bernd Roeck. Stuttgart 2002 (Pforzheimer Reuchlinschriften 8), S. 29–42, hier S. 42.
  2. Heinrich Graetz, S. 65.
  3. a b Johannes Pfefferkorn In: Catholic Encyclopedia (englisch)
  4. Nach Herich Graetz um 1505. (S. 65)