Joséphine Boulay

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Joséphine Boulay (1895)

Joséphine Pauline Boulay (* 22. Mai 1869 in Paris; † 5. August 1925 ebenda) war eine französische Organistin, Komponistin und Musikpädagogin.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Joséphine Boulay wurde am 22. Mai 1869 im 17. Pariser Arrondissement als Tochter von Charles Alfred Boulay und Louise Joséphine Chambon ehelich geboren.[1] Sie erblindete im Alter von drei Jahren.[2] Mit sieben Jahren besuchte sie die Schule der Blinden Schwestern von Saint-Paul (französisch Sœurs aveugles de Saint-Paul), und mit neun Jahren wurde sie Schülerin am Institut National des Jeunes Aveugles (INJA), dem Nationalen Institut für junge Blinde.[2]

Da sie eine bemerkenswerte musikalische Begabung zeigte, bewarb Boulay sich am Pariser Konservatorium und wurde 1887 in die Orgelklasse von César Franck aufgenommen. Als erste Frau gewann sie 1888 am Konservatorium einen Ersten Preis für Orgel. Obwohl das Nationale Blindeninstitut sie inzwischen als Lehrerin angestellt hatte und sie die Orgel- und Kompositionsklassen der Einrichtung leitete, setzte sie gleichzeitig ihre musikalische Ausbildung am Pariser Konservatorium fort. Dort gewann sie 1890 einen Zweiten Preis in Harmonielehre in der Klasse von Charles Lenepveu, 1895 einen Zweiten Preis in Kontrapunkt und Fuge in der Klasse von Jules Massenet und 1897 einen Ersten Preis in der Kompositionsklasse von Gabriel Fauré.[3] Für ihre „zahlreichen und so glänzenden Erfolge am Konservatorium“ wurde Boulay mit dem Orden Palmes académiques ausgezeichnet.[4]

Joséphine Boulay mit weiteren Mitgliedern der Kompositionsklasse am Pariser Konservatorium, 1895

Eines der wenigen erhaltenen historischen Fotos von Boulay zeigt sie im Jahr 1895 – als einzige Frau inmitten ihrer männlichen Kollegen der Kompositionsklasse des Pariser Konservatoriums stehend. Das Gruppenfoto wurde von dem bekannten Pariser Fotografen Eugène Pirou (1841–1909) anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Konservatoriums aufgenommen.[5]

Boulay unterrichtete 37 Jahre lang[2] junge Blinde in den Fächern Orgel, Komposition, Harmonielehre und Klavier – mit Wohlwollen, aber auch hohem Anspruch. Ihre pädagogische Leitlinie lautete:

« Aimez bien le travail, avec lui, on arrive à oublier bien des peines. Par le travail on triomphe de tout. »

„Liebt die Arbeit, durch sie gelangt man dazu, viele Mühen zu vergessen. Durch die Arbeit triumphiert man über alles.“

Joséphine Boulay[2]

Nach achtmonatiger schwerer Krankheit starb Joséphine Boulay am 5. August 1925 im Alter von 56 Jahren in ihrer Wohnung am Boulevard les Invalides im 7. Pariser Arrondissement.[6]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu ihren Kompositionen zählen:[7]

  • Chant de paix, für dreistimmigen Frauenchor mit Klavierbegleitung (1896), Ed. Heugel
  • 3 Pièces: Andante, Prélude, Fugue, für Orgel, Ed. Durand (1898)
  • 6 Motets à la Sainte Vierge et au Saint-Sacrement (1900), für Singstimme und Orgel oder Harmonium, Ed. Enoch
  • Suite pour violon et piano (1902), Ed. Enoch

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sébastien Durand: Une femme d’exception dans l’ombre de l’Institution Nationale des Jeunes Aveugles: Joséphine Boulay (1869–1925). In: L’orgue. Nr. 255, 2001, S. 7–20 (französisch).
  • Joséphine Boulay (1869–1925). In: Association Femmes et Musique (Hrsg.): Compositrices françaises au XXe siècle. Band 2. Delatour France, Sampzon 2014, ISBN 978-2-7521-0240-9 (französisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Archives de Paris en ligne, acte de naissance, registre Paris 17{{e}}, acte n° 1092 du 23/5/1869 (Geburtsregister, französisch)
  2. a b c d Joséphine Tuffreau: Mlle Joséphine BOULAY. In: Le Valentin Haüy. Nr. 4, 1925, S. 74–76 (französisch, Digitalisat).
  3. Constant Pierre: Le Conservatoire national de musique et de déclamation. Documents historiques et administratifs. In: Dictionnaire des lauréats. Imprimerie Nationale, Paris 1900, S. 705
  4. Nouvelles et Renseignements. In: Le Valentin Haüy. Nr. 3, 1. März 1899, S. 28 (französisch, Digitalisat).
  5. Centenaire du Conservatoire national de musique et de déclamation: 1795-1895. [Classe de composition musicale] / Eugène Pirou [photogr.]. In: gallica.bnf.fr. 5. März 2012, abgerufen am 15. Januar 2023 (französisch).
  6. Archives de Paris en ligne, acte de décès, registre Paris 7{{e}}, acte n° 1324 (Sterberegister, französisch)
  7. Suche im Hauptkatalog der BnF