Jügelhaus

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Jügelhaus
Das Jügelhaus

Das Jügelhaus

Daten
Ort Frankfurt am Main
Architekt Ludwig Neher
Bauherr Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften
Baustil Neobarock
Baujahr 1906
Grundfläche 12.000[1] m²
Koordinaten 50° 7′ 5,2″ N, 8° 39′ 6″ OKoordinaten: 50° 7′ 5,2″ N, 8° 39′ 6″ O

Das Jügelhaus ist ein neobarockes Gebäude auf dem Campus Bockenheim in Frankfurt am Main. Das Gebäude wurde für die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften 1906 vom Architekten Ludwig Neher errichtet. Nach der Universitätsgründung 1914 wurde es als Hauptgebäude der Goethe-Universität Frankfurt benutzt. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde es von Ferdinand Kramer umgebaut. Heute befindet es sich im Besitz der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und wird von dieser momentan saniert. Im Anschluss soll es als Forschungsgebäude verwendet werden.

Geschichte

Bau durch die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften

Das Jügelhaus, die Sternwarte und das Senckenberg Museum

Den Auftrag einen Entwurf für das Gebäude zu zeichnen erhielt Ludwig Neher im Februar des Jahres 1904 von der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften. Das Gebäude sollte der Akademie als Verwaltungs- und Hörsaalgebäude dienen. Im Spätsommer dieses Jahres begannen die Bauarbeiten,[2] bis 1907 waren sie abgeschlossen.[1] Eingeweiht wurde es am 21. Oktober 1906, eine Eröffnungsrede hielt der Oberbürgermeister Franz Adickes.[3] Der Name Jügelhaus bezieht sich auf den Stifter Carl Christian Jügel, der ein Vermögen von zwei Millionen Mark hinterließ. Die Baukosten betrugen 1.096.000 Mark, die Möbel kosteten noch einmal 50.000 Mark.[2]

Das Gebäude spiegelte das Gebäude des Physikalischen Vereins. Im Innenraum befanden sich zehn Hörsäle mit bis zu 250 Plätzen, verschiedene Sitzungs- und Lesesäle, eine Bibliothek mit 40.000 Bänden und eine Aula mit 600 Sitzplätzen. Außerdem waren Seminar-, Aufenthalts- und Sprechräume im Gebäude untergebracht. Bildhauer der Verzierungen und Statuen waren unter anderem Augusto Varnesi und Franz Krüger.[2]

Baugestaltung

Jügelhaus um 1907

Bereits in der Architektursprache erhob das Gebäude den Anspruch Universitätsbau zu sein. Den dreigliedrigen Baukörper dominiert der viergeschossige Mittelrisalit aus Mainsandstein. Einer zweigeschossigen Rustikazone folgen zwei als Beletage ausgestaltete Obergeschosse mit reichem Bauschmuck. Hinter den Rundbogenfenstern liegt die Aula, rückwärtig das Audimax. Neben lateinischen Inschriften, heben sich aus dem Bauschmuck drei goldene Medaillons hervor, die Profile der drei deutschen Gelehrten Immanuel Kant, Johann Wolfgang Goethe und Wilhelm von Humboldt zeigen. Ein Staffelgeschoss beherbergte die lichtdurchflutete Zentralbibliothek und schloss mit einer Attika und samt weiterer Dachterrasse ab. Ein Gurtgesims über der Rustikazone fasst Risalit und fünfgeschossige Nebenflügel zusammen. Ihre höhere Geschosszahl wird durch vertikale Zusammenfassung der Fensterachsen gemildert. Sie schließen mit schiefergedecktem Mansardgeschoss ab. Im Erdgeschoss befand sich ursprünglich ein schmaler neobarocker Eingang mit geschwungener Freitreppe. Die Portalfiguren bildeten die Allegorien der Wissenschaft und der schönen Künste. Als Ausdruck großbürgerlichen Emanzipationsstrebens gegenüber der preußischen Obrigkeit krönte eine Wappenkartusche mit Frankfurter Adler das Portal. Im Eingang erinnerten Bronzereliefs an die Stifter.

Plan (EG), 1907
Querschnitt, 1907
Vorbild im Umland:Gießener Aulagebäude

Auf kleinem T-förmigen Grundriss brachte Ludwig Neher den akademischen Mindestbedarf auf kurzen Wegen so monumental wie möglich unter. Statt durchgängiger Zentralhalle konzipierte Neher Wandelhallen als effizientere Wegkreuze, in deren Einsprünge zehn Hörsäle gefasst waren, einschließlich innovativer Kleidungsablagen davor und eines Erfrischungsraums im EG. In Anlehnung an Zentralhallen waren EG und 1. OG durch eine Öffnung verbunden. Die Seitenflügel beherbergten Institute und Verwaltung. Im Hinblick auf die Zukunft kritisierte der Bund deutscher Architekten 1913 die geringe Größe und mangelnde Erweiterungsmöglichkeiten, sowie die dennoch schlechte Personenzirkulation, verstärkt durch ein sehr enges Hauptportal. Mit affirmativem Konservatismus suchte man universitären Traditionsmangel durch Übernahmen von Baugliederung und Raumprogramm von anderen Hochschulbauten und der Palastarchitektur auszugleichen, etwa durch Anlehnung des Staffelgeschosses an das Mannheimer Schloss, während sich zum Aulagebäude Gießens (1880) allgemeine Bezugnahmen feststellen lassen, auch wenn man in Frankfurt mäßig modernisierte Formen des Neubarock bevorzugte.[4]

Übernahme durch die Stiftungsuniversität

Das Kollegiengebäude repräsentierte die Akademie und später die Universität pars pro toto nach außen, obgleich zur Gründung der Stiftungsuniversität Frankfurt schon bald ein Erweiterungsbau nach Plänen Nehers ergänzt werden musste.[4] 1914 ging die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in der neuen Universität auf. Das angebaute Gebäude kostete 800.000 Mark.[5] Im Gebäude wurden fortan unter anderem die juristische, philosophische, Teile der naturwissenschaftlichen sowie die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät untergebracht.

Neuer Eingang von Ferdinand Kramer 1959

Bereits 1913 merkte der Bund der Architekten an, das Gebäude sei nicht geeignet für seine Benutzung, so sei etwa der Eingangsbereich zu eng.[6] 1953 gestaltete der Architekt Ferdinand Kramer das Gebäude neu. Der Eingangsbereich wurde verbreitert, Aufzüge eingebaut und einige Innenwände verschoben. Da Kramer historischen Zierrat, Statuen und Figuren entfernte, wurde der Umbau vielfach kritisiert und Kramer als „Barbar“ bezeichnet.[6] Im Krieg mäßig beschädigt, diente die Aula des Jügelhauses zunächst öffentlichen Ereignissen, wie der Amtseinführung Walter Kolbs. Sie wurde zunächst in vereinfachter Form wiederhergestellt[4], in den frühen Achtziger Jahren jedoch, bis auf die kleinen Kronleuchter, vollständig rekonstruiert.

Übernahme durch die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Seit 2012 gehört das Jügelhaus der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die es seit 2014 umbaut. Architekt ist Peter Kulka, der gleichzeitig die Umbauarbeiten im Gebäude des Physikalischen Vereins leitet. Das Jügelhaus wird im Anschluss an die Bauarbeiten das geologische Zentrallabor und die Zentralbibliothek der Gesellschaft beherbergen. Außerdem soll ein Tagungszentrum eingerichtet werden.[7]

Bei den Umbauarbeiten werden die Merkmale der verschiedenen baugeschichtlichen Epochen beibehalten. So bleiben etwa die historischen Böden, aber auch die Umbauten durch Ferdinand Kramer erhalten.[1] Die Baukosten in Höhe von 116 Millionen Euro werden mit 70 Millionen vom Bund und mit 46 Millionen vom Land getragen.[8]

Galerie

Literatur

  • Deutsche Bauzeitung. Band 42, Nr. 87. Berlin 1908 (Informationen zur Ausstattung des Gebäudes kurz nach dem Bau).

Weblinks

Commons: Jügelhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Inga Janovic: Aufwendige Umbauarbeiten: Senckenberg übernimmt die Uni – Frankfurter Neue Presse. In: fnp.de. 24. Januar 2014, abgerufen am 2. April 2016.
  2. a b c Deutsche Bauzeitung. Band 42, Nr. 87. Berlin 1908.
  3. Ludwig Heilbrunn: Die Gründung der Universität Frankfurt a. M. Josef Baer & Co., Frankfurt am Main 1915, Die Carl-Christian-Jügel-Stiftung, S. 37 (Digitalisat – Internet Archive [abgerufen am 8. Oktober 2016]).
  4. a b c David Liuzzo: Jügelhaus, in: Maximilian Große-Beck/Charlotte Surridge (Hrsg.): Vom Auditoriengebäude zum Campus Bockenheim. Bau-Geschichten. Ein Studierendenprojekt. Frankfurt am Main 2014, S. 14–17.
  5. Ludwig Heilbrunn: Die Gründung der Universität Frankfurt a. M. Josef Baer & Co., Frankfurt am Main 1915, Übersicht über die Einnahmen, die Ausgaben und das Kapitalvermögen der Universität Frankfurt a. M,, S. 198 (Digitalisat – Internet Archive [abgerufen am 8. Oktober 2016]).
  6. a b 1953. Modernisierung des Jügelhauses – philosophicum.org. In: philosophicum.org. Abgerufen am 2. April 2016.
  7. Christian Riethmüller: Das Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt wird bis zum Jahr 2018 erweitert und umgebaut – Frankfurt. In: op-online.de. 24. Januar 2014, abgerufen am 2. April 2016.
  8. Lukas Gedziorowski: Spatenstich fürs Senckenberg – Umbau des Jügelhauses beginnt. In: journal-frankfurt.de. 16. Mai 2014, abgerufen am 2. April 2016.