Kamacit

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Kamacit
Widmannstättensche Figur – breite, dunkle Streifen sind Kamacit-Balken
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

Balkeneisen

Chemische Formel α-(Fe,Ni)
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Elemente – Metalle, Legierungen, intermetallische Verbindungen
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

I/A.07
1.AE.05 bis 2001, seit 2006 diskreditiert[1]
01.01.11.01
Ähnliche Minerale Taenit
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Im3m (Nr. 229)Vorlage:Raumgruppe/229[1]
Gitterparameter a = 2,87 bis 2,88 Å[1]
Formeleinheiten Z = 2[1]
Häufige Kristallflächen {111}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4
Dichte (g/cm3) 7,9
Spaltbarkeit undeutlich
Bruch; Tenazität hakig
Farbe schwarz, grau
Strichfarbe grau
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz
Magnetismus magnetisch
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in Säuren

Kamacit, auch als Balkeneisen bekannt, ist eine nickelhaltige Varietät des Eisens meteoritischen Ursprungs. Bis 2006 galt Kamacit als eigenständiges Mineral, es wurde dann aber von der International Mineralogical Association (IMA) diskreditiert und auf den Status einer Eisenvarietät reduziert.[2].

Kamacit hat einen Nickel-Anteil von 4 bis 7,5 %, kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit kubisch-raumzentrierter Kristallstruktur und entwickelt in Eisenmeteoriten tafelförmige Kristalle in schwarzer bis grauer Farbe, die von hellfarbigem, lamellarem nickelreichen Taenit umgeben sind. Besonders gut lassen sich diese Kristalle im Querschnitt auf angeschliffenen Meteoritenproben betrachten, wo sie balkenförmig erscheinen und zusammen mit Taenit sogenannte Widmannstättensche Figuren bilden[3]. Kamacit kommt in mm-großen, unregelmäßigen Kristallen auch in allen Chondriten vor.

Bei einem Anteil von 20 bis 50 % Nickel in der Verbindung bildet sich Taenit, der eine andere Kristallstruktur hat. Bei einem Ni-Gehalt von 50 % bildet sich Tetrataenit. Eine feine Verwachsung von Kamacit und Taenit wird als Plessit bezeichnet.

Etymologie und Geschichte

Die Mineralnamen Kamacit (Balkeneisen), Taenit (Bandeisen) und Plessit (Fülleisen) wurden von Karl von Reichenbach 1861 geprägt[4]. Das Wort Kamacit leitet sich vom griechischen κάμαξ kamaks ab, was „Latte“, „Stock“, „Zapfen“ bedeutet[5] und auf die balkenförmige Ausbildung zurückzuführen ist, die im Anschliff sichtbar ist.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kamacit zur Mineralklasse der „Elemente“ und dort zur Abteilung der „Metalle und intermetallischen Legierungen (ohne Halbmetalle)“, wo er zusammen mit Eisen, Mangan und Wairauit die „Eisen-Reihe“ mit der System-Nr. I/A.07 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnete den Kamacit bis 2005 ebenfalls in die Abteilung der „Metalle und intermetallischen Verbindungen“ und dort in die „Eisen-Kamacit-Gruppe“ mit der System-Nr. 1.AE.05 innerhalb der Unterabteilung der „Eisen-Chrom-Familie“ ein. Da Kamacit allerdings seit 2006 seinen Mineralstatus verloren hat, ist er in der aktuellen Strunz’schen Systematik nicht mehr aufgeführt.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kamacit allerdings nach wie vor in die Klasse der „Elemente“ und dort in die gleichnamige Abteilung ein. Hier ist er zusammen mit Eisen, Taenit, Tetrataenit, Awaruit, Nickel und Wairauit in der „Eisen-Nickelgruppe“ mit der System-Nr. 01.01.11 innerhalb der Unterabteilung „01.01 Elemente: metallische Elemente außer der Platingruppe“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Kamacit bildet sich in Eisenmeteoriten im festen Zustand bei sehr langsamer Abkühlung entsprechend dem Fe-Ni-Zustandsdiagramm bei Temperaturen zwischen 750 und 450 °C aus Taenit. Es wird an den Aufschlagorten von Eisenmeteoriten auf der Erde gefunden. Außerdem bildet es sich beim Zerfall von Cohenit, das nur bei hohen Drücke als stabil gilt.

Kristallstruktur

Kamacit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Im3m (Raumgruppen-Nr. 229)Vorlage:Raumgruppe/229 mit dem Gitterparameter a = 2,87 bis 2,88 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 23, 444–445.

Weblinks

Commons: Kamacite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 41.
  2. Ernst A. J. Burke: A mass discreditation of GQN Minerals. In: Canadian Mineralogist, 44 (2006), 1575-1560 (englisch, PDF 116,2 kB)
  3. Vagn F, Buchwald: Handbook of Iron Meteorites, University of California Press, 1975
  4. John G. Burke: Cosmic Debris, Meteorites in History. University of California Press, 1986.
  5. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 275.