Schauspielhaus Bad Godesberg

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Der Eingang zu den Kammerspielen vom Theaterplatz aus gesehen, 2010

Die Kammerspiele Bad Godesberg sind das größte Schauspielhaus der Stadt Bonn[1] und der erste Theaterneubau der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit.[2] Das Gebäude wurde in der Bad Godesberger Innenstadt in den frühen 1950er Jahren erbaut. Es gehört heute zum Bonner Ortsteil Alt-Godesberg und liegt am Theaterplatz 9/Am Michaelshof (Anschrift: zunächst Friedrich-Ebert-Str, seit 1956 Michaelstr. 9, heute Am Michaelshof 9);[3] es steht unter Denkmalschutz.[4]

Geschichte

Bad Godesberg war im Zweiten Weltkrieg zwar kaum zerstört worden, die Wohnraumbeschaffung für Flüchtlinge und zugezogene Bundesbedienstete belastete den Haushalt der damals noch nicht nach Bonn eingemeindeten Stadt in der Nachkriegszeit aber erheblich. Mangels ausreichender Mittel entschied die Ratsverwaltung Anfang der 1950er Jahre, statt der ebenfalls benötigten Stadthalle zunächst ein modernes Theatergebäude zu errichten.[5] Dieses als Stadttheater bezeichnete Gebäude war der der erste Theaterneubau in Deutschland nach dem Krieg. Es wurde nach Plänen des Krefelder[6] Architekten Ernst Huhn unter Leitung des Stadtbauamtes innerhalb von acht Monaten in den Jahren 1951/52 gebaut.[7] Das Theater wurde am 28. März 1952 mit einer Aufführung der Zauberflöte festlich eröffnet. [3] Bundespräsident Theodor Heuss war anwesend und ließ sich bei einem Rundgang die moderne Bühnen- und Kinotechnik des Gebäudes erläutern.[5] Die Bild- und Tonanlage war von der Düsseldorfer UFA-Handelsgesellschaft geliefert worden, die weitere Ausstattung beinhaltete zwei Ernemann X-Projektoren in Rechtsausführung mit angebauter Diaeinrichtung, Bogenlampengleichrichtern zu je 75 Ampere und einer Klangfilm-Gestell-Verstärker-Anlage der Type MX mit Reserve-Verstärker. Der Zuschauerraum fasste ursprünglich 738 Sitzplätze, Schröder & Henzelmann aus Bad Oeynhausen lieferte die Bestuhlung. Der Theaterraum war durch graue und grüne Farbtöne bestimmt.[3] Erster Leiter des Theaters war Ernst Rademacher, ihm folgten Fritz Kucht und Josef Loschelder.[3]

Das Theater wurde durch Gastensembles bespielt und war außerdem – zur besseren Auslastung – nach einem Ratsbeschluss aus dem Jahr 1951 auch als Kino zu führen.[5] Es folgten mehrere Umbauphasen, 1962 wurde das Theater zwecks Renovierungsarbeiten zeitweise geschlossen,[3] im Jahr 1967 wurde die Zuschauerkapazität auf 684 Plätze reduziert.

So wie der Bund viele Einrichtungen Bonns und Bad Godesbergs finanziell unterstützte, erhielt die Godesberger Stadtverwaltung auch Zuschüsse zum Betrieb des Stadttheaters. Nach einer Vereinbarung aus dem Jahr 1970 wurden 58,7 % des Verlustausgleiches des Theaters vom Bund übernommen. Aufgrund des Einsatzes der Bundestagsabgeordneten Hugo Hauser und Horst Ehmke wurde der Zuschuss des Bundes zu den Unterhaltskosten im Jahr 1980 sogar auf 70 % erhöht.[8] 1986 kam es im Rahmen der Eingliederung in die Dachorganisation Theater Bonn – von nun an als Kammerspiele bezeichnet – zu baulichen Anpassungen des Gebäudes. 2008 finanzierte die Stadt eine neue Bestuhlung,[2] heute finden hier 473 Zuschauer Platz.[1] Im Jahr 2008 wurde das Theater von der Bonner Stadtverwaltung unter Denkmalschutz gestellt. Der Schutzumfang betrifft den Außenbau und die Kassenhalle.[4] Die an das Gebäude anschließende Werkstatthalle ist nicht geschützt.[2]

Diskussionen um Schließung des Theaters

Bereits seit dem Jahr 2006 wurde die Schließung und Umnutzung des Theatergebäudes regelmäßig diskutiert. 2014 plädierte Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch für die Aufgabe des Bad Godesberger Theaters als städtische Spielstätte. Die Stadtverwaltung schlug dem Stadtrat vor, Theaterstücke künftig im Bonner Opernhaus zu spielen. Neben den hohen laufenden Kosten wurde auf anstehende Sanierungskosten im Godesberger Haus für Bühnentechnik und Elektrik in Höhe mehrerer Millionen Euro als Begründung verwiesen.[9] Alleine die Kosten zur notwendigen Sanierung der Bühnenmaschine wurden auf rund zwei Millionen Euro veranschlagt.[10] Auch ein Teil der hohen Kosten für den Transport von Bühnenbildern und Kulissen zwischen dem Depot auf dem Gelände der Halle Beuel, den Kammerspielen in Bad Godesberg und der Oper am Rheinufer seien bei einer Zusammenlegung vermeidbar.[10]

Im Jahr 2015 wurde dann entschieden, das Godesberger Haus zur zentralen Spielstätte für Theaterstücke in Bonn zu machen.[11] Das bislang in der Halle Beuel spielende städtische Theater nutzt seitdem das Kammertheater in Bad Godesberg.[12] Es musste die Beueler Halle verlassen, um dort Platz für die Aufführungen des nicht von der Stadt finanzierten Pantheon-Theaters zu schaffen, das seinerseits aus dem abzureißenden Bonn-Center ausziehen musste.[13] Die Kammerspiele erhielten so eine Bestandsgarantie auch über das Jahr 2018 hinaus.[13]

Architektur

Das rund 30 x 70 Meter große Gebäude erstreckt sich entlang Am Michaelshof bis zum Theaterplatz, an dem es seinen Haupteingang hat und den es durch sein Erscheinungsbild dominiert.[2] Das Flachdachgebäude ist, je nach Nutzung der einzelnen Baubestandteile, in unterschiedlichen Höhen gestaffelt. Die repräsentative Schaufront mit Bändern aus schmalen hochrechteckigen, schlitzartig anmutenden Fenstern verfügt über gerundete Gebäudeecken.[2]

Die Antragsbegründung zum Schutz als Denkmal lautete:

„Der gestaffelte Theaterbau mit flach ausgebildeten Dächern ist charakteristisch für die Bauweise und formale Gestaltung einer fortschrittlich geprägten Architekturauffassung der Nachkriegszeit.“

Untere Denkmalbehörde der Stadt Bonn, gem. Bonner General-Anzeiger vom 27. Dezember 2008[2]

Einzelnachweise

  1. a b Information auf der Website Zweckverbandes Naturpark Rheinland
  2. a b c d e f Felix Gutschmidt, Godesberger Kammerspiele sind ein Denkmal, 27. Dezember 2008, Bonner General-Anzeiger
  3. a b c d e Filmwoche, Nr. 9/51, bei: Bonn Stadttheater Bad Godesberg, Kinowiki
  4. a b Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 6, Nummer A 4041
  5. a b c Monika und Thomas Weieremann, Fünfzig Jahre Stadthalle Bad Godesberg: Kulinarisch tagen und Feste feiern im Grünen, herausgegeben zum 50. Jahrestag der Einweihung der Stadthalle Bad Godesberg am 15. Dezember 1955, Stadthalle Bad Godesberg (Hrsg.), S. 16f.
  6. andere Quellen sprechen von einer Düsseldorfer Herkunft
  7. Irmgard Wolf, Vom Feldherrnhügel zur Fußgängerzone, 28. Dezember 2013, Kölner Stadt-Anzeiger
  8. Jens Krüger, Die Finanzierung der Bundeshauptstadt Bonn, ISBN 978-3-11020-2-786, Walter de Gruyter, 2006, S. 157
  9. Dietmar Kanthak, Stadtverwaltung Bonn Stehen die Kammerspiele vor dem Aus?, 2. November 2014, Bonner General-Anzeiger
  10. a b Bernward Althoff, Nächste „Sparwelle“ kommt: Schließung der Kammerspiele immer wahrscheinlicher, 15. Januar 2015, Bonner Rundschau
  11. Zukunft des Bonner Theaters: Kammerspiele in Bad Godesberg bleiben, 16. Dezember 2015, Website von Bündnis 90/Die Grünen Bonn
  12. Marion Steeger, Bonn: Kammerspiele sind gerettet… , 17. Dezember 2015, Express
  13. a b Dieter Brockschnieder, Zukunft des Bonner Theaters Kammerspiele bleiben, Pantheon zieht um, 16. Dezember 2016, Kölnische Rundschau

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kammerspiele (Bad Godesberg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 40′ 59,9″ N, 7° 9′ 13,8″ O