Kathisma-Kirche

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Ruinen der Kathisma-Kirche, Luftbild 2022
Kathisma-Kirche, Grundriss
Kathisma-Kirche, Fragment des Mosaikbodens (2010)

Die Kathisma-Kirche (Κάθισμα, dt. etwa Kirche vom Sitz Mariens) war eine byzantinische Kirche des 5. Jahrhunderts im Heiligen Land zwischen Jerusalem und Bethlehem. Sie wurde an der überlieferten Ruhestätte Mariens auf dem Weg nach Bethlehem erbaut, welche im Protoevangelium des Jakobus erwähnt wird. Die Errichtung erfolgte nach dem Ersten Konzil von Ephesus im Jahr 431, als die Marienverehrung zu großer Bedeutung gelangte. Sie ist eine der frühesten bekannten Kirchen, die der Theotokos, also Maria, der Gottesgebärerin, geweiht wurden.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Überreste wurden 1992 beim Bau der Autobahn 60 in der Nähe des Klosters Mar Elias zufällig entdeckt. Der Verlauf der Autobahn wurde verlegt, um Schäden an der Stätte zu vermeiden, sodass sich die Ruinen nun direkt an der Straße befinden, an der einstigen Stadtgrenze zwischen Jerusalem und Bethlehem vor 1967. Die Stätte wurde ab 1997 ausgegraben.

Bei den Ausgrabungen wurden mögliche Überreste eines kleinen Heiligtums aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts gefunden, vor allem aber eine große und aufwendige achteckige Kirche und das dazugehörige Kloster, die ursprünglich um 456 von der Witwe Ikelia erbaut und zwischen 531 und 538 umfassend restauriert wurden.[1]

Kathisma-Kirche und das Ostjerusalemer Stadtviertel Givat HaMatos (2022)

Die südliche Apsis wurde in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts in eine Moschee umgewandelt, während der Rest des Gebäudes weiterhin als Kirche genutzt wurde.[2] Die Archäologen gehen davon aus, dass die Kirche während der persischen Invasion im Jahr 614 zerstört wurde.[3]

2019 hat es um das Ruinenfeld herum gebrannt.[4]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Überreste der Kirche (2008)

Das Gebäude hatte einen oktogonalen Grundriss von 43 m × 52 m, mit dem Kathisma-Felsen in der Mitte.[3] Es ist vergleichbar mit der Geburtskirche in Bethlehem aus dem 4. Jahrhundert und anderen byzantinischen Kirchen, die beim Bau des muslimischen Felsendoms im späten 7. Jahrhundert nachgeahmt wurden.[5] Die meisten Räume der Kirche waren mit farbigen Mosaiken mit floralen und geometrischen Mustern ausgekleidet.

Literarische Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

De Situ Terrae Sanctae (6. Jahrhundert)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Schrift De Situ Terrae Sanctae des Theodosius aus dem 6. Jahrhundert heißt es, dass der einflussreiche byzantinische Hofbeamte Urbicius den Felsen in eine rechteckige Form schneiden ließ, die einem Altar glich und ihn nach Konstantinopel bringen lassen wollte. Doch war niemand in der Lage, ihn über das Stephanstor in Jerusalem hinaus zu bewegen, sodass er in der Auferstehungskirche direkt hinter dem Grab Jesu aufgestellt wurde, wo er für die Feier der Eucharistie verwendet wurde.[6][7]

Vita des hl. Theodosius (6. Jahrhundert)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche wird in der Hagiographie in der Vita Theodosii des Theodosius dem Koinobiarchen von Kyrillos von Skythopolis (ca. 525–559) erwähnt. Diesem Text zufolge wurden sowohl die Kirche als auch das Kloster der Kathisma von einer wohlhabenden Witwe namens Ikelia (Iqilia, Hicelia) zur Amtszeit von Bischof Juvenal von Jerusalem (422–458) erbaut. Theodosius soll als junger Mönch in diesem Kloster gelebt haben.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rina Avner: The Kathisma church and monastery of Mary Theotokos on the Jerusalem – Bethlehem Road. Final report of the 1992, 1997, 1999 and 2000 excavation seasons (= Israel Antiquities Authority Reports. Band 69). Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2022, ISBN 978-965-406-753-9 (englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kathisma-Kirche – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Leslie Brubaker, Mary Cunningham: The Cult of the Mother of God in Byzantium: Texts and Images (= Birmingham Byzantine and Ottoman Studies. Band 11). Routledge, 2016, ISBN 978-1-351-89197-4 (englisch).
  2. Gideon Avni: The Byzantine-Islamic Transition in Palestine. An Archaeological Approach. In: Oxford Studies in Byzantium (online). Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-968433-5, S. 150–151 (englisch).
  3. a b Bargil Pixner: Sulle strade del Messia. Luoghi della Chiesa primitiva alla luce delle nuove scoperte archeologiche. In: Bibbia e Terra Santa. Band 9. EMP, Padova u. a. 2013, ISBN 978-88-250-2965-9, S. 52–64.
  4. Ulrich W. Sahm: Gelände um „Abdruck“ der Maria abgebrannt. Audiatur-Online, 19. August 2019, abgerufen am 27. Februar 2023.
  5. Rina Avner: The Dome of the Rock in Light of the Development of Concentric Martyria in Jerusalem: Architecture and Architectural Iconography. In: Muqarnas. An Annual on the Visual Cultures of the Islamic World. Nr. 27, 2010, S. 31–49, hier S. 43–44, JSTOR:25769691 (englisch).
  6. Johann Gildemeister (Hrsg.): Theodosius: De situ Terrae Sanctae im ächten Text und der Breviarius de Hierosolyma vervollständigt. Adolph Markus, Bonn 1882, S. 28 (archive.org [abgerufen am 4. Januar 2020]).
  7. Rina Avner: The Initial Tradition of the Theotokos at the Kathisma: Earliest Celebrations and the Calendar. In: Leslie Brubaker (Hrsg.): The Cult of the Mother of God in Byzantium. Routledge, 2016, ISBN 978-1-351-89197-4, S. 31–52 (englisch).

Koordinaten: 31° 44′ 21,2″ N, 35° 12′ 46,1″ O