Kombination (Orgel)

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Druckknöpfe für Kombinationen am Spieltisch einer Orgel

Eine Kombination ist bei der Orgel eine Spielhilfe, mit welcher der Organist eine vorher festgelegte Registrierung aktiviert, um während des Orgelspiels schnell Klangfarbe und / oder Tonstärke verändern zu können. Besonders bei Orgeln mit einer großen Anzahl von Registern würde das manuelle Umregistrieren während des Spiels zu lange dauern und ggf. den Einsatz einer weiteren Person, eines Registranten, erfordern. Voraussetzung ist i. d. R. eine elektrische oder pneumatische Registertraktur zur Steuerung der Register. Es existieren auch Kombinationen bei Orgeln mit mechanischer Registertraktur, jedoch sind die dafür notwendigen mechanischen Kombinationsapparate sehr aufwendig herzustellen und daher selten. Daher wird bei größeren Orgeln mit mechanischer Registertraktur mitunter ein zusätzlicher elektrischer Antrieb für jedes Register vorgesehen, der das Register bei Einsatz einer Kombination betätigt.

Man unterscheidet freie und feste Kombinationen. Absteller, Sperrventile und Einführungstritte können ähnliche Wirkungen haben wie feste Kombinationen, sind jedoch eigene Formen von Registrierhilfen (siehe unten).

Das Dynamisieren des Orgelklanges durch das gleichzeitige auf einen "Knopfdruck" oder das automatisierte sequentielle Ein- bzw. Ausschalten von Registern benötigt eine entsprechende steuerungstechnischen Einrichtung. Schaltungen hierfür wurden erst mit der Einführung pneumatischer Trakturen im 19. Jahrhundert ermöglicht. Mit der nachfolgenden Entwicklung von elektrischen Trakturen konnten komplexere elektromechanische Schaltungen realisiert werden. Die Einführung elektronischer Schaltungen am Ende des 20. Jahrhunderts erweiterte die Möglichkeiten nochmals um ein Vielfaches.

Freie Kombinationen

Freie Kombinationen sind vom Organisten ad libitum wählbar. Es gibt zwei Bauarten:

Klassische Freie Kombination

Oberhalb der großen Registerwippen zwei Reihen Schalter für zwei freie Kombinationen am Spieltisch der Orgel der Liebfrauenkirche Ravensburg

Bei jedem Registerzug befinden sich mehrere kleine Schalter, meistens unterschiedlicher Farbe, je einer für eine Kombination. Per Knopfdruck oder Pedal werden dann die in der entsprechenden Kombination gewählten Register aktiviert und die anderen deaktiviert.

In der Regel sind zwei bis vier Kombinationen üblich, es gibt jedoch auch durchaus Ausführungen mit bis zu acht und mehr Kombinationen, was jedoch schnell unübersichtlich wird.

Teilweise findet man zusätzlich zu den freien Kombinationen, die auf alle Teilwerke der Orgel wirken, noch freie Pedalkombinationen, bei denen nur Pedalregistrierungen voreingestellt werden können. Aktiviert man an einem der Manuale die freie Pedalkombination, so schalten sich automatisch beim Spiel auf diesem Manual die ausgewählten Pedalregister ein.

Setzerkombination

Mittels eines Setzknopfes („Setzer“) wird eine per Handregister gewählte Registrierung auf einen bestimmten Speicherplatz abgelegt. Auf diese Weise können bis zu mehrere Tausend Registrierungen gespeichert werden. Inzwischen sind bei Neubauten auch Setzeranlagen mit Diskettenlaufwerk oder USB-Anschluss in Gebrauch, um die Kombinationen dauerhaft zu sichern. (Es gibt auch Software, mit der sich die Kombinationen am heimischen PC bearbeiten lassen.) Die Kombinationen sind per Taster, Tritte oder Pistons über einen Sequenzer (Schrittschalter) abrufbar. Dies ist ein Tasterpaar (jeweils ein Taster für „vorwärts“ und „rückwärts“), mit dem eine vorher festgelegte Folge von Registrierungen durchlaufen werden kann. Häufig ist zu einem solchen Tasterpaar für Handbetätigung noch ein weiteres Paar zur Bedienung mit dem Fuß vorgesehen.

Setzerkombination waren früher elektrisch und sind heutzutage elektronisch gebaut. Es gab auch mechanische Setzer nach Systemen von Rieger-Heuss und Aug. Laukhuff, die allerdings sehr komplex und damit gleichermaßen aufwändig (teuer) und fehleranfällig sind.

Feste Kombinationen

Feste Kombinationen, auch Kollektivzug oder Gruppenzug genannt, sind Kombinationen, die vom Orgelbauer festgelegt wurden und vom Spieler nicht veränderbar sind. Nur, wenn es sich um eine elektrische Registertraktur handelt, können von einem technisch versierten Organisten Änderungen vorgenommen werden. Übliche Festkombinationen sind dynamische Abstufungen wie pp, p, mf, f, ff oder Tutti. Solche festen Kombinationen haben ihre Geschichte und Herkunft in der pneumatischen und mechanischen Registertraktur (deutsch-romantische Orgel) und werden heute mit Ausnahme des Generalabstellers nicht mehr gebaut.

Während es im deutschen und französischen Orgelbau üblich ist, Kombinationen aller Art so anzulegen, dass sie jeweils auf alle Teilwerke einer Orgel wirken, verfügen englische und amerikanische Orgeln meist über separate Kombinationen (sogenannte „Divisionals“) für jeweils ein Teilwerk, je nach Orgelgröße zwischen drei und acht pro Manual und Pedal, die untereinander noch einmal gekoppelt werden können („Divisional couplers“).

Sonstige Registrierhilfen

Absteller

Absteller erlauben das An- und Abstellen einzelner Registergruppen (zum Beispiel Zungenabsteller) oder aller Register (Generalabsteller). Der Absteller wirkt nur, wenn ein entsprechendes Register auch registriert ist (per Hand oder durch eine Kombination oder den Registerschweller).

Einen Generalabsteller, der auf Knopfdruck alle Register abstößt, besitzt heute jede neuere Orgel mit elektrischer Registertraktur. Anders als bei übrigen Abstellern ist seine Betätigung jedoch nicht rückgängig zu machen. Die vorherige Registrierung geht verloren, so dass er nicht als Spielhilfe, sondern eher als einen Art „Ruhezustand“ betrachtet werden kann. Die Orgel wird in einen passiven und „ungefährlichen“ Grundzustand gebracht, so dass ein unbeabsichtigtes Betätigen der Klaviaturen keine Töne erklingen lässt.

Sperrventile

Sperrventile in Orgeln sind nur indirekt als Kombination zu betrachten. Sie dienen dazu, einzelne Teilwerke komplett an- und abzuschalten, indem die Windzufuhr zu ihnen unterbrochen wird. In größeren historischen Orgeln insbesondere des Barock finden sich oft Windsperrventile, mithilfe derer der Windfluss immer nur zu den Teilwerken gelenkt wird, die auch akut benötigt werden. Dadurch konnte der (seinerzeit noch mit Menschenkraft erzeugte und grundsätzlich eher knappe) Wind ökonomischer ausgenutzt und ggf. Undichtigkeiten umgangen werden. Große Orgeln verfügen auch bisweilen über zwei getrennte Pedalwerke, von denen eines die kräftigeren Register und das andere die schwächeren Register enthält. Über zwei Sperrventile können beide Pedalwerke an das Pedal angeschaltet werden. Damit ist ein schneller Lautstärke- und Klangfarbenwechsel ohne umständliches Umregistrieren möglich. Zudem sind vor allem in den Barockorgeln auf der iberischen Halbinsel oft mehr Teilwerke als Manuale vorhanden. Hier werden die Teilwerke über Sperrventile nach Bedarf auf die vorhandenen Manuale zugeschaltet. In Verbindung mit der bei diesen Instrumenten üblichen Schleifenteilung bei c1/cis1 bieten selbst einmanualige Orgeln einen zum Teil ungewöhnlich großen Klangfarbenreichtum und erlauben somit ein entsprechend klangvariables Spiel. In der heutigen Zeit verlieren die Sperrventile mit dem Aufkommen elektronischer Setzer an Bedeutung.

Einführungstritte

Diese schalten ebenso wie die Sperrventile bestimmte Registergruppen an und ab. Diese werden jedoch nicht als eigene Teilwerke verstanden sondern nach ihrer Funktion gruppiert. Verbreitet waren solche Einrichtungen in Frankreich und Italien (Tiratutti). Während in den französischen Orgeln der Romantik (vgl. Aristide Cavaillé-Coll) die Teilwerke immer in zwei Gruppen, die „Jeux de Fond“ (Grundstimmen) und die „Jeux d’Anches“ (Zungenstimmen und Mixturen) unterteilt wurden und Letztere über Sperrventile, die sog. „Appels“ an- und abgeschaltet werden konnten, dient das italienische „Tiratutti“ dazu, alle zum Ripieno gehörenden Einzelregister auf einmal einzuschalten.

Literatur

  • Wolfgang Adelung: Einführung in den Orgelbau. 4. Auflage. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1979, ISBN 3-7651-0088-9, S. 147 ff.

Siehe auch