Lex Rhodia de iactu

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Die lex Rhodia de iactu („Große Haverei“) war eine aus dem griechischen Seefahrrecht in das römische Recht adaptierte Bestimmung, die verhältnismäßig den Verlustausgleich aller an Fahrzeug und Fracht beteiligten Parteien eines in Seenot oder durch Piraterie verlustig gegangenen oder beschädigten Schiffes regelte.

Antikes Seerecht

Die Solidarbestimmung stammte vermutlich aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. und war nach dem griechischen Seeschifffahrtsbrauch der Insel Rhodos benannt. Im 2. Jahrhundert v. Chr. fand diese Regelung ihren Eingang in das römische ius gentium, um dort als eine verbindliche Norm im privaten Vertragsrecht dauerhaft Aufnahme zu finden.[1] In den spätklassischen Digesten findet sich ein Fragment unter dem Titel „de lege Rhodia de iactu“, das aus dem Reskriptex lege Rhodia“ stammt, welches vom Juristen Lucius Volusius Maecianus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. als kaiserliches Antwortschreiben auf eine seerechtliche Rechtsanfrage bezüglich der Eigentumsverhältnisse an schiffbrüchiger Ladung verfasst wurde.[2] Hier wurde bestimmt, dass die durch Seenot verlorene Ladung im Eigentum des Befrachters bleibt.[3] Der tatsächliche Gewahrsam und somit Besitz an der Sache ging zwar durch höhere Gewalt (vis maior) verlustig, der rechtliche Wille am Gewahrsam und am Eigentum der Sache blieb jedoch weiterhin bestehen.

Die lex Rhodia definierte eine Gefahrengemeinschaft, die sich aus Schiffseigner und Befrachter zusammensetzte. Die finanziellen Risiken, welche sich naturgemäß aus dem Seehandelsverkehr ergaben, sollten damit minimiert und gerecht verteilt werden. Der für die Rettung des Schiffs vorgenommene Seewurf und dadurch entstandene Verlust der Ladung oder die vorgenommene Beschädigung des Schiffs für den Erhalt der Ladung wurden anteilmäßig unter den Parteien aufgeteilt.[4] Die Auslösung eines durch Piraterie an Schiff und Ladung verlustig gegangenen Eigentums wurde ebenso gemeinschaftlich getragen.[5] Selbst die Kosten für Bergungsmaßnahmen zur Wiedererlangung verlustiger Fracht wurden proportional aufgeteilt.

Neuzeitliches Seerecht

Der solidarische Aspekt der lex Rhodia de iactu bildet heute weiterhin das Grundprinzip einer schadensausgleichenden, gemeinschaftlich tragenden, seerechtlichen Risikogemeinschaft. Der Schadensersatz wird in der Regel jedoch nicht mehr anteilmäßig reguliert, sondern gutachterlich, nach versicherungsinternen Maßstäben ermittelt. Die gesetzlichen Bestimmungen finden sich im bundesdeutschen Recht u.a. unter den §§ 588 ff. HGB.[6] [7][8]

Anmerkungen

  1. Wolfgang Kunkel, Martin Schermaier: Römische Rechtsgeschichte. 13. Auflage. Böhlau, Köln 2001, S. 97.
  2. Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See, S. 121.
  3. Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See, S. 113.
  4. Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See, S. 125.
  5. Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See, S. 144.
  6. HGB in der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Seehandelsrechts am 25. April 2013 geltenden neuen Fassung des 5. Buches des HGB -Seehandelsrecht-. Bis 24. April 2013 war die Große Haverei in den §§ 700 ff. Handelsgesetzbuch geregelt.
  7. Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See, S. 131.
  8. Wolfgang Kunkel, Martin Schermaier: Römische Rechtsgeschichte. 13. Auflage. Böhlau, Köln 2001, S. 97.

Literatur

  • Christoph Krampe: Römisches Recht auf hoher See. Die Kunst des Guten und Gerechten. In: Iole Fargnoli, Stefan Rebenich (Hrsg.): Das Vermächtnis der Römer: Römisches Recht und Europa. Haupt, Bern 2012, ISBN 978-3-258-07751-2, S. 111–150.
  • Albert Schug: Der Versicherungsgedanke und seine historischen Grundlagen. (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts. Bd. 6.) V & R Unipress, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89971-647-4, S. 111-127.

Weblinks

Siehe auch