Monika Helbing

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Monika Brigitte Freifrau von Seckendorff-Gudent (* 16. November 1953 in Flein), bekannt unter ihrem bis in die 1970er Jahre verwendeten Geburtsnamen Monika Helbing, ist eine ehemalige Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF). Sie gehörte zur zweiten Generation und war an der Schleyer-Entführung beteiligt. 1980 tauchte sie in die DDR unter. 1990 wurde sie entdeckt, 1992 zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und 1995 auf Bewährung entlassen.

Leben

Monika Helbing brach 1974 eine Lehre zur Krankenpflegerhelferin ab und geriet über die „Anti-Folter-Komitees“ in die Sympathisantenszene der RAF. 1974 nahm sie zusammen mit den späteren RAF-Mitgliedern Christian Klar und Knut Folkerts an der Besetzung des Büros von amnesty international in Hamburg teil. 1976 taucht sie unter und bildet mit Christian Klar und anderen die „süddeutsche Zelle“ der RAF. Helbing war an der Vor- und Nachbereitung der Entführung von Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977 beteiligt. Unter dem Namen Annerose Lottmann-Bücklers mietete sie am 21. Juli 1977 als vorgebliche Modeschneiderin[1] die Wohnung Nummer 104 in einem Hochhaus in der Straße „Zum Renngraben“ in Erftstadt an,[2] in welcher Schleyer später gefangen gehalten wurde. Später reiste sie nach Bagdad und bereitete die Ankunft anderer RAF-Mitglieder vor. Im März 1978 wurde gegen Helbing ein Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts der Beteiligung an der Schleyer-Ermordung und mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung erlassen.[3]

1980 stieg sie aus der RAF aus, floh in die DDR und wurde, neben weiteren Mitgliedern der zweiten Generation der RAF, von der Stasi mit einer neuen Identität ausgestattet.[4] Sie ließ sich in Frankfurt (Oder) nieder und heiratete den ebenfalls aus der Bundesrepublik in die DDR übergewechselten Ekkehard Freiherr von Seckendorff-Gudent (* 1940),[5] der auch zum Umfeld der RAF gerechnet wurde und gegen den seit August 1980 ein Haftbefehl bestand.[3][6] Von Seckendorff arbeitete mehrere Jahre als Rheuma-Fürsorgerin in der Frankfurter Poliklinik, das Ehepaar zog einen Sohn groß.[7]

Nach dem Ende der SED-Diktatur in der DDR wurde sie im Juni 1990 verhaftet und später vor Gericht gestellt. Ihr gleichzeitig verhafteter Ehemann war zuvor nach einer Gegenüberstellung als nicht tatverdächtig entlassen worden.[8] Wegen der Beteiligung an der Schleyer-Entführung wurde Monika von Seckendorff 1992 unter Anwendung der Kronzeugenregelung vom OLG Stuttgart zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sie sagte unter anderem aus, dass der Selbstmord der in Stammheim inhaftierten Terroristen 1977 von vornherein für den Fall eingeplant war, dass ihre Befreiung scheitern würde (RAF-interne Bezeichnung „Suicide Action“). Die Geschichte vom „Mord an den Gefangenen“ war laut Helbing eine „Lüge“.[9] 1995 wurde von Seckendorff auf Bewährung entlassen. Sie distanzierte sich von der RAF.[10] Sie sagte als Zeugin in RAF-Strafprozessen aus, darunter 1995 am OLG Stuttgart zur Beteiligung von Sieglinde Hofmann an der Schleyer-Ermordung[11] und 1997 am OLG Frankfurt am Main zur Beteiligung von Monika Haas an der Entführung des Flugzeugs „Landshut“.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.zeit.de/2000/37/Der_Schrank_ist_jetzt_beim_BKA/komplettansicht
  2. http://www.mz-web.de/politik/raf-terrorismus-1977--hanns-martin-schleyer-koennte-noch-leben-,20642162,18629340.html
  3. a b Klaus Marxen u. a. (Hrsg.): Strafjustiz und DDR-Unrecht. Band 6: MfS-Straftaten. De Gruyter, Berlin 2006, S. 349
  4. Michael Sontheimer: RAF in der DDR: "Die wichtigsten Jahre in meinem Leben". In: Spiegel Online vom 2. Juni 2015, abgerufen am 14. August 2015
  5. Ekkehard Freiherr von Seckendorff-Gudent nahm in der DDR den Namen Horst Winter an und arbeitete als Arzt. Siehe auch SWR 2 Archivradio
  6. Lars-Broder Keil, Sven Felix Kellerhoff: Terrorismus: Aufstieg und Fall der zweiten RAF-Generation; Welt-Online vom 15. Februar 2007
  7. Dein Vater ist ein Mörder: Wie die Kinder inhaftierter RAF-Aussteiger leben. In: Der Spiegel vom 24. Juni 1991, abgerufen am 14. August 2015
  8. Lars-Broder Keil, Sven Felix Kellerhoff: Was aus den ehemaligen Terroristen wurde. In: Die Welt vom 13. Februar 2007, S. 4
  9. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13501916.html
  10. http://www.welt.de/politik/article714651/Aufstieg-und-Fall-der-zweiten-RAF-Generation.html
  11. Wulf Reimer: RAF: Prozeß gegen die Terroristin Sieglinde Hofmann. Und eine schob den Kinderwagen. In: Süddeutsche Zeitung vom 15. September 1995, S. 3