Museumsquartier Bern

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Die Lage des Quartiers in der Stadt Bern

Das Museumsquartier Bern ist ein langjährig angedachtes und seit 2019 wieder konkret geplantes Kulturareal in der Schweizer Stadt Bern. Bestehende Museen und Kulturinstitutionen, die sich auf einer städtebaulichen Fläche zwischen Helvetiaplatz, Bernastrasse, Helvetiastrasse und Kirchenfeldstrasse im Kirchenfeldquartier befinden, planen mit dem Museumsquartier Bern einen gemeinsamen Auftritt und eine inhaltliche Zusammenarbeit. Auch räumlich sollen die elf ansässigen Institutionen zusammenwachsen. Der Name ist noch kein definierter Titel. Einerseits sind auch Nicht-Museen Teil des Museumsquartiers Bern, andererseits befindet sich dieses zurzeit noch in einer Aufbauphase.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Acht Institutionen bilden die Trägerschaft und damit den Vorstand des Museumsquartiers Bern:

Zusammen mit dem Gymnasium Kirchenfeld, der Mediothek der Pädagogischen Hochschule Bern und dem Yehudi Menuhin Forum Bern formen insgesamt elf Institutionen das Museumsquartier Bern.

Diese elf Institutionen sowie Vertretungen des Kantons Bern, der Einwohnergemeinde Bern, der Burgergemeinde Bern und der Quartiervertretung QUA4 bilden zusammen die Vereinsversammlung. Der Vorstandsausschuss setzt sich aus den vier Direktorinnen und Direktoren des Alpinen Museums, des Bernischen Historischen Museums, des Museums für Kommunikation, des Naturhistorischen Museums sowie einem Direktor der übrigen vier Träger zusammen. Die Geschäftsstelle besteht aus dem Vorstandsausschuss und der Geschäftsführerin Sally De Kunst sowie deren Stellvertreterin Michèle Zweifel.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Strassen, die auf dem Kirchenfeldterrain unmittelbar hinter dem Brückenkopf der 1883 errichteten Kirchenfeldbrücke erstellt wurden, bilden eine städtebauliche Einheit. Diese wurde u. a. von 1892 bis 1894 mit dem Gebäude des Bernischen Historischen Museums am Helvetiaplatz bebaut. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden auf dem Perimeter weitere Museums- und Bibliotheksbauten erstellt: 1917 bis 1918 die Kunsthalle am Helvetiaplatz, 1926 das Gymnasium Kirchenfeld an der Kirchenfeldstrasse 25, 1931 die Nationalbibliothek an der Hallwylstrasse 15, 1933 bis 1934 das Alpine Museum am Helvetiaplatz und 1936 das Naturhistorische Museum an der Bernastrasse 15.

Baracken des Eidgenössischen Kriegsernährungsamtes während des 2. Weltkrieges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1942 liess das Eidgenössische Kriegsernährungsamt an der Helvetiastrasse 16 Bürobaracken aufstellen.[1] Diese wurden in den 1980er und 1990er Jahren bis zu ihrem Abriss 1993 u. a. als Kunstateliers genutzt. Auch eine Brockenstube, ein Architekturbüro und eine Kunstgalerie hatten sich eingemietet.

Planung eines Kulturgüterschutzzentrums Kirchenfeld in den 1970er Jahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den 1970er Jahren wurde aufgrund der grossen Sammlungsbestände der Museen das sogenannte Kulturgüterschutzzentrum Kirchenfeld angedacht. Die Museumssammlungen waren unzweckmässig untergebracht., was die Arbeit mit den Kulturgütern erschwerte und auch für Schäden sorgte.[2] Das Bernische Historische Museum und das Naturhistorische Museum Bern – beide teilweise bzw. ganz von der Burgergemeinde Bern getragen – äusserten deswegen den Gedanken zu einem unterirdischen Kulturgüterschutzzentrum, das mit den anderen Institutionen geteilt werden sollte. Solche Kulturschutzräume hatte die Burgergemeinde bereits 1967 und 1972 mit der Erweiterung des Bibliotheksgebäudes an der Münstergasse umgesetzt. Die Umfrage für das Bauvorhaben stiess auf grosses Interesse. «Ein entscheidender Impuls kam dabei von den PTT-Betrieben, die […] gezwungen waren, das im Schweizerischen Alpinen Museum am Helvetiaplatz eingemietete PTT-Museum anderswo in grösseren und zweckmässigeren Räumen unterzubringen.»[2] 1978 fand die erste Sitzung der Koordinationsstelle unter dem Präsidium des Direktors des Naturhistorischen Museums statt. Ein Jahr später konnte die Vereinbarung über das «Kulturgüterschutzzentrum Unteres Kirchenfeld», von da an Kulturgüterzentrum (KGZ) genannt, unterzeichnet werden. Unterzeichnet wurde es von den vier Trägern PTT, Kanton Bern, Einwohnergemeinde Bern und Burgergemeinde Bern. Der ausarbeitende Architekt Andrea Roost teilte das Bauvorhaben in drei Etappen ein.[3] Die erste Etappe war der Bau des PTT-Museums, des heutigen Museums für Kommunikation. Dieser Bau wurde 1987 bis 1989 umgesetzt. Etappe 2 und 3 hätten Universitätsräume, die Erweiterung des Bernischen Historischen Museums und des Naturhistorischen Museums umfasst.[4] Realisiert wurde allerdings nur der Erweiterungsbau des Naturhistorischen Museums.

In der Beschreibung des geplanten Gesamtprojektes wurden vor allem die Erweiterungsbauten, die im Grundriss dem Buchstaben H entsprochen hätten, als KGZ bezeichnet: «Die Konzentration des neuen Zentrums wird gebildet durch einen H-förmigen Gebäudekomplex, in dem die verschiedenen Nutzungen untergebracht sind. Im südlichen Gebäudeflügel befinden sich das PTT-Museum [heute: Museum für Kommunikation] und die Postfiliale Kirchenfeld. Der nördliche Trakt beherbergt die Erweiterung des Historischen Museums. […]. Im verbindenden Mitteltrakt liegen das gemeinsame Foyer, eine Cafeteria, ein Hörsaal, Räume des Archäologischen Dienstes wie auch der Universität. In dem von den langgestreckten Baukörpern gebildeten Innenhof ist die Erweiterung des Naturhistorischen Museums vorgesehen. Trotz der Integration in einen einheitlich wirkenden Gesamtkomplex bleiben die einzelnen Museen betrieblich weitgehend autonom. Der Zugang erfolgt von der Helvetiastrasse her über den dreiseitig umschlossenen Eingangshof mit der markanten Silberpappel[5]

Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erklärung der Kulturinstitutionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

«Wir verschiedenartigen Institutionen bilden heute schon das grösste zusammenhängende Kulturareal der Schweiz», schrieben die im Kirchenfeldquartier ansässigen Kulturinstitutionen 2019 in einer gemeinsamen Erklärung. Daraus entstehe der Wunsch, sich gemeinschaftlich weiterzuentwickeln und die optimale Nutzung des Areals durch inhaltliche und räumliche Bezüge zwischen den Institutionen zu ermöglichen, auch wenn die Selbstständigkeit der einzelnen Institutionen bewahrt werden solle. Die Erklärung endet mit den Worten: «Das Museumsquartier Bern ist eine einmalige Chance für uns und für Bern.»[6]

Machbarkeitsstudie 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Jahrzehnten wurde die Vision eines Museumsquartiers in der Schweizer Bundesstadt wieder lebendig. Die räumlich nah beieinanderliegenden, aber getrennt auftretenden Kulturinstitutionen im Kirchenfeldquartier sollten «inhaltlich vernetzt und räumlich verbunden werden. Auf diese Weise soll mitten in der Stadt Bern ein Bildungs- und Kulturareal von internationaler Strahlkraft entstehen.»[6] 2019 liessen der Kanton Bern und die Stadt Bern sowie die Burgergemeinde Bern eine Machbarkeitsstudie für ein künftiges Museumsquartier ausarbeiten.[7] Autor der Machbarkeitsstudie ist der österreichische Kunsthistoriker und Museumsplaner Dieter Bogner, der bereits das Konzept für das Museumsquartier in Wien entwickelt hat. Titel des ersten Kapitels der Studie ist «Einheit in Vielfalt» und leitet wie folgt ein: «Das Museumsquartier definiert sich als ein aus autonomen Teilsystemen bestehendes, räumlich abgegrenztes, durch kulturelle und soziale Kommunikation vernetztes Ganzes, das auf vielfältige Art und Weise mit seinen unterschiedlichen Umwelten auf inhaltlicher, organisatorischer und wirtschaftlicher Ebene verbunden ist.»[6] Das Ziel der Machbarkeitsstudie ist es, aufzuzeigen, dass auf der 67'500 Quadratmeter grossen Fläche unweit der Berner Altstadt ein ganzheitlich konzipiertes Museumsquartier entwickelt werden kann. Bei der Erstellung der Studie bilden noch verkehrsreiche Strassen, Zäune, Parkplätze, Lagerflächen und Hinterhöfe «unüberwindbare Barrieren zwischen diesen kulturellen Einrichtungen […]».[6]

Teil der Machbarkeitsstudie ist die städtebauliche Studie, die drei Varianten beschreibt: Randbauten mit Museumspark, ein Leuchtturmprojekt im Museumsgarten und einen Westflügel mit Museumsplatz. Bei allen drei Varianten werden der Freiraum, die Zugänge und bauliche Eingriffe geplant. Auch ein Zentraldepot ist noch immer Thema wie bereits beim Kulturgüterschutzzentrum von früher.

Vereinsgründung 2021[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 2021 wurde der Verein Museumsquartier Bern von acht der elf im Quartier ansässigen Kulturinstitutionen gegründet. Er bildet die organisatorische Klammer für die Zusammenarbeit der Kulturinstitutionen im Museumsquartier.[8] Sally De Kunst ist seit Juli 2021 die Geschäftsführerin des Vereins Museumsquartier. Sie koordiniert und begleitet den Entwicklungsprozess des Museumsquartiers Bern, wobei es u. a. um ein Kooperationsmodell mit einer angeeigneten Organisationsstruktur, gemeinsamen Ausstellungs-, Vermittlungs- und Bildungsangeboten, einer Dachmarke und der Entwicklung eines neuen Stadtraums geht. Gleichzeitig ist sie verantwortlich für den operativen Betrieb, die Kommunikation, das Fundraising und für das Programm im Rahmen der Aufbauphase.[9]

Aufbauphase 2021–2024 «under construction»[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer vierjährigen Aufbauphase, 2021–2024, möchten die elf Institutionen aus dem Kirchenfeldquartier näher zusammenwachsen, inhaltliche Formate und Angebote ausdenken und den neuen Stadtraum gemeinsam entwickeln. Diese Phase wird «under construction» genannt. Dieser Titel bezieht sich auf das Positionspapier der Direktionen der vier grossen, beteiligten Museen und fasst die Vision des Museumsquartiers Bern zusammen. Laut dieser soll es Veränderungen in Gesellschaft und Natur zum Programm machen und sich zu gemeinsamen Projekten formieren. Ziel sind auch die Partizipation des Publikums sowie ein neuer Blick auf die Sammlungen und Bestände.[10]

Das Haupt-Aktionsfeld dieser Aufbauphase ist im sogenannten Museumsgarten lokalisiert. Er entstand mit der Öffnung und dem späteren Abriss eines Zauns zwischen zwei Museumsgrundstücken. Hier befindet sich auch das Büro der Geschäftsführerin Sally De Kunst. Interne Aktivitäten und Publikumsevents finden im gesamten Museumsquartier Bern statt.[11]

Die zusammen mit Grafiker Peter Auchli entwickelte visuelle Identität für diese Phase repräsentiert das Museumsquartier Bern als Entwurfsfeld: ein kariertes Papier mit hellblauen Strichen in einem Rautenmuster (schweizerdeutsch: Hüselipapier). Zu sehen ist dieses etwa auf der Website des Museumsquartiers Bern.

Seit Mai 2022 ist Regula Berger neu die stellvertretende Geschäftsführerin Museumsquartier Bern an der Seite von Sally De Kunst.[12] Regula Berger war zuvor Direktorin des Schützenmuseums.

Der Zeitabschnitt der Organisationsentwicklung startete im Januar 2022. Innerhalb des agilen Prozessmanagements des Museumsquartiers Bern gibt es verschiedene Arbeitsgruppen, die sich aus Mitarbeitenden der beteiligten Kulturinstitutionen zusammensetzen.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Museumsquartier Bern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Baubewilligung der Stadt Bern, Stadtarchiv Bern, Signatur SAB_1038_5_1204.
  2. a b Das neue PTT Museum. PTT (Red.), Bern, S. 21.
  3. Das neue PTT Museum. PTT (Red.), Bern, S. 24.
  4. Das neue PTT Museum. PTT (Red.), Bern, S. 25.
  5. Das neue PTT Museum. PTT (Red.), Bern, S. 26.
  6. a b c d Museumsquartier Bern. Website des Museumsquartiers Bern, abgerufen am 20. September 2022 (Pageflow).
  7. Bern plant Museumsquartier für 250 Millionen Franken. In: Der Bund. 29. April 2019, abgerufen am 25. September 2021.
  8. Alexander Sury: Museen machen vorwärts mit Museumsquartier. In: Der Bund. 4. März 2021, abgerufen am 25. September 2021.
  9. Christoph Reichenau: Die vernetzte Komplementaristin. In: Journal B. 15. April 2021, abgerufen am 10. Januar 2022.
  10. under construction: Transformation zum neuen Museumsquartier Bern. Positionspapier zur Machbarkeitsstudie Museumsquartier Bern (2019). Hrsg.: Alpines Museum der Schweiz, Bernisches Historisches Museum, Museum für Kommunikation, Naturhistorisches Museum Bern. 14. Januar 2021 (PDF; 2,3 MB).
  11. Joanna Nowotny: Zuerst riss sie den Zaun zwischen den Häusern ein. In: Der Bund. 5. Januar 2022, abgerufen am 5. März 2022.
  12. Susanne Leuenberger: «Ich bin noch immer Kuratorin». In: Berner Kulturagenda. Abgerufen am 5. Oktober 2022.