Mönchspfeffer

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Mönchspfeffer

Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Viticoideae
Gattung: Vitex
Art: Mönchspfeffer
Wissenschaftlicher Name
Vitex agnus-castus
L.

Der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Vitex in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).

Er wird in der Umgangssprache auch Keuschbaum, Keuschlamm, Liebfrauenbettstroh oder Tanis genannt, weil er angeblich den Geschlechtstrieb abschwächt. Das spiegelt sich auch im wissenschaftlichen Namen wider: lateinisch agnus bzw. Vorlage:ELSalt2 ‚Lamm‘, und lat. castus ‚keusch‘. Der Mönchspfeffer wird heute in der Naturheilkunde vor allem beim prämenstruellen Syndrom, bei Zyklusstörungen und unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt. Der ursprüngliche Verbreitungsraum des Mönchspfeffers erstreckt sich vom Mittelmeerraum über Südwestasien bis zur Krim.

Merkmale

Habitus des Mönchspfeffers

Der Strauch kann eine Höhe von bis zu vier Metern erreichen und hat hellbraune Zweige. Die Blätter stehen kreuzweise gegenständig und sind handförmig fünf- bis siebenzählig. Die Blüten sind klein, bestehen aus dichten, endständigen Blütenständen und haben eine violette, blaue, rosa oder weiße Farbe. Optisch ist er dem Hanf sehr ähnlich, weshalb es leicht zu Verwechselungen kommen kann. Die Frucht besteht aus einer viersamigen Scheinbeere.

Blütezeit ist Juli bis August. Die Treibzeit ist je nach Ortsbedingungen unterschiedlich, meist von April bis Juni. Die bevorzugten Standorte sind feuchte Plätze und Flussufer.

Blütenstand des Mönchspfeffers

Geschichte

Die griechische Göttin Hera war auf Samos unter einem Keuschbaum (Lygos) geboren worden.[1] Einmal im Jahr vereinigte sie sich auf Samos mit ihrem Gatten Zeus unter einem Keuschbaum. Ein Bad im Imbrasos erneuerte danach ihre Jungfräulichkeit. Die Feiern der Tonaia, bei dem das Kultbild der Göttin mit Keuschbaumzweigen umwunden wurde, erinnerte an dieses Ereignis. Dieser Baum stand am Altar in Heraion auf Samos und wurde unter anderem von Pausanias beschrieben.[2] Den Griechen galt Mönchspfeffer damit als Symbol der keuschen Ehe. Dioscurides beschreibt den Keuschbaum als Anaphrodisiakum.

„Agnos, Keuschlammstrauch, […] bei den Römern als wilder Pfeffer bekannt, ist ein baumartiger Strauch, welcher an Flüssen und Felsküsten wächst […] Er wird Agnos genannt, weil ihn bei den Thesmophorien die Weiber, welche ihre Keuschheit bewahren, als Lager nutzten […] oder weil er, getrunken, den Drang zum Beischlaf mäßigt.“

Die fleischigen, rotschwarzen Früchte wurden als Gewürz und Anaphrodisiakum verwendet. In den Klostergärten des Mittelalters wuchsen neben Gewürz- und Heilpflanzen auch Pflanzenarten, die der „Abkehr von weltlicher Liebe“ dienten. Die Mönche konnten die scharf schmeckenden Samen als Gewürz für ihre Speisen nehmen und hatten einen willkommenen Nebeneffekt. Im Mittelalter wurde der Mönchspfeffer zum Symbol des enthaltsamen Mönchslebens.

Franz von Sales (1567–1622) erwähnt die Anwendung von Agnus Castus (Mönchspfeffer) in seinem Büchlein Philothea im 13. Kapitel (Ratschläge zur Bewahrung der Keuschheit):

„Wer sich auf das Kraut Agnus castus bettet, wird selbst keusch und schamhaft. So wird auch dein Herz von jeder Makel und böser Lust gereinigt, wenn es im Heiland ruht, dem wahrhaft reinen und makellosen Lamm.“

Der pflanzenkundige Matthiolus schreibt 1626 in seinem Kreuterbuch:

„Er nimmt die Begierde zum Venushandel und solches tut nicht allein der Samen, sondern auch die Blätter und Blumen, nicht aber nur so man sie esset, sondern auch wenn man sie im Bett verstreut.“

Verwendung

Wirkungsmechanismus

Es wird angenommen, dass einige Stoffe, die in der Pflanze gefunden wurden, Einfluss auf die Hypophyse haben. Das könnte den Effekt auf den Hormonhaushalt erklären. Eine Studie hat gezeigt, dass Inhaltsstoffe des Mönchspfeffers an Opiatrezeptoren binden. Diese Tatsache könnte dafür verantwortlich sein, dass Mönchspfeffer Beschwerden des Prämenstruellen Syndroms lindert.[3] Der Wirkungsmechanismus ist noch nicht zur Gänze verstanden.[4] In geringeren Dosen, wie sie in vergangenen Jahrhunderten zur Unterdrückung des sexuellen Verlangens eingesetzt wurden, hemmt Mönchspfeffer die Aktivierung der Dopamin-2-Rezeptoren über kompetitive Bindung, was zu einem leichten Anstieg der Prolaktinfreisetzung führt. In höheren Konzentrationen ist die Bindungsaktivität ausreichend, um die Freisetzung von Prolaktin zu verringern. Eine Studie hat herausgefunden, dass die Behandlung 20 gesunder Männer mit höheren Mönchspfeffer-Dosen mit einem leicht gesenkten Prolaktinspiegel einhergegangen sind, niedrigere Dosen aber im Vergleich zu Placebos induzierten einen leichten Anstieg.[5] Die wirksamen Substanzen sind vermutlich Diterpene mit Dopamin-analoger Wirkung[6] mit hemmender Wirkung auf das Hormon Prolaktin. Eine Senkung der Prolaktins beeinflusst den FSH (Follikelstimulierendes Hormon)- und Östrogenspiegel im weiblichen Körper.

Über die Wirkung auf den Prolaktinspiegel ist eine Senkung des Testosteron-Spiegels bei Männern als Wirkung plausibel, die sich auf Libido und Spermienproduktion auswirken kann.[7] Über diesen Wirkungsweg ist die seit der Antike berichtete Wirkung als Anaphrodisiakum erklärbar.

Medizinische Verwendung

Mönchspfeffer ist eine Heilpflanze, deren Früchte (Agni casti fructus) zur Behandlung des Prämenstruellen Syndroms eingesetzt werden kann. Wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe sind bizyklische Diterpene, Iridoidglykoside, lipophile Flavonoide, Triglyceride, Öl- und Linolsäure sowie ätherisches Öl.[8]

Mönchspfeffer fördert die Hormonregulation bei unregelmäßigem Zyklus. Getestet wurde u. a. die Wirkung bei Mastodynie. Hierbei zeigte sich unter Behandlung mit Agnus-Castus-Präparaten eine Besserung der prämenstruellen Mastodynie, welche wahrscheinlich dem Ansteigen des Progesteronspiegels geschuldet ist. Da Mönchspfeffer die Bildung des Gelbkörperhormons fördert, werden die entsprechenden Arzneimittel mit zum Teil belegbaren Erfolgen auch bei Unfruchtbarkeit infolge von Gelbkörperschwäche oder erhöhten Gelbkörperspiegeln angewendet. Eingesetzt wird industriell hergestellter und standardisierter Extrakt, der kontinuierlich während des gesamten Menstruationszyklus eingenommen wird. Als Nebenwirkung kann es zu Juckreiz kommen. Durch die gestagenartige Wirkung verlängert sich häufig die Follikularphase, sodass der Nutzen bei verlängerten Zyklen fraglich ist.

Außerdem wurde eine vertreibende Wirkung (als Repellent) gegen Zecken und andere blutsaugende Arthropoden nachgewiesen.[9]

Kontraindikationen

In der Schwangerschaft sollte Mönchspfeffer aufgrund möglicher Komplikationen nicht eingenommen werden.[10][11] Junge Mädchen und stillende Frauen sollten ebenfalls keinen Mönchspfefferextrakt einnehmen. Frauen mit Krankheiten, deren Verlauf von Geschlechtshormonen beeinflusst werden kann, wie Brustkrebs und Tumoren der Hirnanhangdrüse, dürfen Mönchspfefferextrakt nicht einnehmen.

Literatur

  • Paul Wagler: Agnos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 832–834.
  • Norbert M. Borengässer: Agnus castus – Ein Kraut für alle Fälle. In: F.S. Chartulae, W. Speyer (Hrsg.): JbAC. Erg.-Bd. 28. Münster 1998, S. 4–13 (mit Lit.).
  • Norbert M. Borengässer: Keuschlamm. In: RAC. Band XX, 2004, S. 800–803 (mit Lit.).

Weblinks

Commons: Mönchspfeffer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marielouise Cremer: Hieros gamos im Orient und in Griechenland. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 48, 1982, S. 283–290.
  2. Pausanias VII,4,4
  3. D.E. Webster, J. Lu, S.-N. Chen, N.R. Farnsworth, Z. Jim Wang: Activation of the μ-opiate receptor by Vitex agnus-castus methanol extracts: Implication for its use in PMS. In: Journal of Ethnopharmacology. 106. Jahrgang, Nr. 2, 2006, S. 216–221, doi:10.1016/j.jep.2005.12.025, PMID 16439081.
  4. D.E. Webster, Y. He, S.N. Chen, G.F. Pauli, N.R. Farnsworth, Z.J. Wang: Opioidergic mechanisms underlying the actions of Vitex agnus-castus L. In: Biochemical Pharmacology. Band 81, Nr. 1, 1. Januar 2011, S. 170–177.
  5. Zsuzsanna Hajdú, Judit Hohmann u. a.: Diterpenoids and flavonoids from the fruits of Vitex agnus-castus and antioxidant activity of the fruit extracts and their constituents. In: Phytotherapy Research. Band 21, 2007, S. 391, doi:10.1002/ptr.2021.
  6. W. Wuttke, H. Jarry, V. Christoffel, B. Spengler, D. Seidlová-Wuttke: Chaste tree (Vitex agnus-castus) – Pharmacology and clinical indications. In: Phytomedicine. Band 10, 2003, S. 348–357.
  7. Paul Grant, Shamin Ramasamy: An Update on Plant Derived Anti-Androgens. In: International Journal of Endocrinology and Metabolism. Band 10, Nr. 2, 2012, S. 497–502, doi:10.5812/ijem.3644.
  8. Heinz Schilcher: Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer, München 2007. ISBN 978-3-437-55348-6. S. 147f.
  9. Heinz Mehlhorn, Günter Schmahl, Jürgen Schmidt: Extract of the seeds of the plant Vitex agnus castus proven to be highly efficacious as a repellent against ticks, fleas, mosquitoes and biting flies. In: Parasitology Research. Volume 95, Nr. 5, 2005, S. 363–365.
  10. C. Daniele, Thompson Coon J, Pittler MH, Ernst E.: Vitex agnus castus: a systematic review of adverse events. In: Drug Safety. 28. Jahrgang, Nr. 4, 2005, S. 319–332, doi:10.2165/00002018-200528040-00004, PMID 15783241.
  11. Chaste Tree. Drugs.com, abgerufen am 22. April 2015.