Native Son

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Native Son ist ein 1940 veröffentlichter Roman von Richard Wright, der mit seiner Verbindung von autobiographischen Elementen und der Betonung der Zwänge sozialer Milieus in der Tradition des US-amerikanischen sozialkritischen Romans der 1920er und 1930er Jahre zu verstehen ist. Gemeinsam mit Black Boy und Uncle Tom's Children gilt er als das herausragende Opus des schwarzen Schriftstellers. Es zeigt, wie ein Mensch durch eine Gesellschaft gehetzt wird, die von Hass und Vorurteilen geprägt ist. Die erste ungekürzte Ausgabe erschien in den USA 1993.

Inhalt

Hauptfigur ist Bigger Thomas, ein Schwarzer aus einem Chicagoer Slum. Sein Leben bestreitet er mit Hilfe seiner Instinkte: Bigger Thomas lebt in ständiger Angst, misstraut allen und empfindet großen Hass.

Er findet Arbeit als Chauffeur bei Familie Dalton. In patriarchalischer Weise zeigt sie sich den Schwarzen freundlich zugewandt. Zur Eskalation kommt es durch Mary, die exaltiert egalistische Tochter des Hauses. Sie fordert Bigger Thomas auf, sie auf eine Party zu begleiten, in deren Anschluss er die betrunkene Mary auf ihr Zimmer bringt. Als diese dort einen nervösen Anfall erleidet und schreit, wird Bigger Thomas von Angst gepackt. Aus der Furcht heraus, dass diese Situation missverstanden wird, versucht er – geprägt von einem Leben, das stets aus Angst und Gewalt bestand – Mary zum Schweigen zu bringen und erstickt sie dabei versehentlich. Als seine Freundin Bessie ihn davon zu überzeugen versucht, sich zu stellen, tötet er diese gleichfalls.

Es beginnt eine Verfolgungsjagd über Chicagos Dächer. Doch Bigger Thomas kann verhaftet werden. Er entkommt zwar der Lynchjustiz, wird aber schließlich vom Gericht durch den auf seine Wiederwahl hoffenden Richter Buckley zum Tode verurteilt.

Die auf allen Seiten durch Hass erstarrten Grenzen vermag alleine Bigger Thomas’ Anwalt, der Kommunist Max, zu überwinden. Er bemüht sich aufzuzeigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Tat und sozialen Zwängen gibt. Sein Einsatz führt schließlich zu einer herzlichen Beziehung zwischen Anwalt und Klient sowie bei Bigger Thomas zum Beginn des Erkennens eigener Schuld; sein Hass auf alle Weißen beginnt sich zu lösen.

Wrights Anliegen ist es zu zeigen, dass man vermeintlichen sozialen Bestimmungen durch persönliches Engagement entkommen kann. Die Eigenleistung des Menschen ist eine Voraussetzung, um aus der Anonymität herauszukommen.

Übersetzungen

1941 erschien erstmals im Züricher Humanitas Verlag eine Übersetzung ins Deutsche von Klaus Lambrecht unter dem Titel Sohn dieses Landes, die 1969 sowie 1970 im Schweizer Diana Verlag neu aufgelegt wurde. Interessanterweise wurde die deutsche Übersetzung von Lambrecht ebenfalls 1969 in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik als Lizenzausgabe im (Ost-)Berliner Verlag Volk und Welt und 1970 erneut in der Reihe Buchclub 65 im Verlag Neues Leben veröffentlicht.[1]

1993 wurde eine neue Übersetzung von Kurt Heinrich Hansen unter dem Titel Native son · Sohn dieses Landes als Taschenbuch im Münchener Droemer Knaur Verlag publiziert.[2]

Drama

Am 24. März 1941 fand die Uraufführung einer Schauspielfassung des Stoffes statt.

Verfilmungen

Zwei Mal wurde Native Son bis heute verfilmt.

Pierre Chenal führte 1951 Regie in der europäischen Schwarz-weiß-Produktion Native Son. Am bemerkenswertesten an dieser Verfilmung ist, dass Richard Wright selbst die Titelfigur Bigger Thomas spielt.

Die 1986er Verfilmung unter der Leitung von Jerrold Freedman war mit Schauspielern wie Victor Love als Bigger Thomas, Matt Dillon, Elizabeth McGovern, Oprah Winfrey oder David Rasche deutlich prominenter besetzt. Vor allem in technischer Hinsicht vermochte er mehr zu überzeugen als die europäische Produktion.

Rezeption

Der Umfang und die Intensität der literaturkritischen Auseinandersetzung mit dem Roman spiegelt die Bedeutung dieses Romans für die seriöse amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts, wobei die Skala der Beurteilungen von heftiger Polemik bis zu überschwenglichem Lob reicht. Wie Franzbecker in seiner Darstellung der literaturwissenschaftlichen Rezeptionsgeschichte des Werkes ausführlich referiert, werden sowohl die Aussage des Romans als auch die Entwicklung, das Verhalten und die Motive des Protagonisten Bigger Thomas dabei völlig unterschiedlich gedeutet und bewertet.[3]

Die Lektüre von Native Son stellt einen Hauptkonflikt im Film American History X zwischen Derek Vinyard und seinem Vater Dennis dar. Derek liest in der Schule den Roman, den sein Vater verurteilt. Der Regisseur Kaye stellt im Filmkontext die Frage danach, inwieweit das Milieu ein Leben bestimmt. Dabei ergibt sich als These Kayes, dass Rassisten wie Derek (in einer bestimmten Lebensphase) und sein Vater die Milieudeterminierung verkennen, während Figuren wie Davina Vinyard und Murray, die als Demokraten dargestellt werden, genau dies anerkennen. Mit dieser Einschätzung stellt Gewalt von Marginalisierten zumindest genau so sehr eine gesellschaftliche Aufgabe wie Schuld des Einzelnen dar. Kaye bewegt sich mit dieser Positionierung nahe am Grundgedanken von Wrights Roman.

Ausgaben

Literatur

  • Rolf Franzbecker (unter Mitarbeit von Peter Bruck und Willi Real): Der moderne Roman des amerikanischen Negers, Richard Wright, Ralph Ellison, James Baldwin. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1979, ISBN 3-534-07366-5, S. 26–42.
  • Martha C. Nussbaum: Politische Emotionen. Warum Liebe für Gerechtigkeit wichtig ist. (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 2172). Suhrkamp, Berlin 2015, ISBN 978-3-518-29772-8, S. 437–442.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. die bibliografischen Angaben auf WorldCat: Sohn dieses Landes, roman [sic]. Abgerufen am 24. Oktober 2013.
  2. Richard Wright: Native son · Sohn dieses Landes. Aus dem Amerikan. von Kurt Heinrich Hansen. Droemer Knaur Verlag, München 1993, ISBN 3-426-01597-8.
  3. Vgl. dazu eingehend die Darstellung und Belege bei Rolf Franzbecker (unter Mitarbeit von Peter Bruck und Willi Real): Der moderne Roman des amerikanischen Negers, Richard Wright, Ralph Ellison, James Baldwin. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1979, ISBN 3-534-07366-5, S. 26-43.