Naturbewusstseinsstudie

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Die Naturbewusstseinsstudie enthält die Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung zum Bewusstsein über Natur und biologische Vielfalt in Deutschland. Diese Befragung wird in regelmäßigen Abständen im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Bundesamtes für Naturschutz durchgeführt. Bisher wurden zwei Naturbewusstseinsstudien veröffentlicht, einmal für das Jahr 2009 und aktuell für das Jahr 2011.

Die Naturbewusstseinsstudien sind nicht zu verwechseln mit den Publikationen von repräsentativen Umfragen zum Umwelt- bzw. Klimabewusstsein, die in regelmäßigen Abständen im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) durchgeführt werden. Der Begriff Umweltbewusstsein bezeichnet vorwiegend das Wissen und die Einstellungen gegenüber der unbelebten Natur (abiotische Umweltfaktoren), wie z. B. Fragen zur CO2-Emission oder Wasserreinheit. Der Begriff Naturbewusstsein dagegen bezieht sich vor allem auf das Wissen und die Einstellungen gegenüber der belebten Natur, wie z. B. Tiere, Pflanzen und Lebensräume, sowie gegenüber Landschaften, Wildnisgebieten etc. Trotzdem gibt es Schnittfelder zwischen beiden Begriffen, wie z. B. den Bereich der Ökosystemdienstleistungen.

In der 2011er Studie zum „Naturbewusstsein“ wurden 2031 volljährige Personen befragt, die alle soziodemographischen (Geschlecht, Alter, Beruf, Einkommen, Bildung, etc.) und soziokulturellen (Sinus-Milieu) Gruppen und Regionen aus Deutschland repräsentieren. Am 28. August 2012 wurde die Naturbewusstseinsstudie 2011 veröffentlicht. Gegenstand der Befragung ist die normative Naturwahrnehmung der Bevölkerung. Konkreter gesagt behandelt die Studie vier Themenbereiche: Es werden Fragen zur Energiewende („Inwieweit werden landschaftsbezogene Veränderungen akzeptiert, die sie mit sich bringt?“), zum Landschaftswandel, zum subjektiven Empfinden der Natur (z. B. „Was verbinden die Deutschen mit Natur?“) und zum Verständnis und Erhalt der Biodiversität gestellt. [1]

Hintergrund

Die Entwicklung und die Durchführung der Studien, d.h. die kontinuierliche Messung des Naturbewusstseins in der Gesellschaft, beruht im Wesentlichen auf zwei Säulen. International hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die Vorgaben des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) einzuhalten und die Global Initiative Communication, Education, Public Awareness (CBD-CEPA) zu unterstützen. Dabei ist vor allem Artikel 13 der Biodiversitäts-Konvention, der die Aufklärung und Bewusstseinsbildung zum Erhalt der Biodiversität in der Öffentlichkeit vorsieht, zu nennen.[2] National möchte die Bundesregierung die selbst gesteckten Ziele für das gesellschaftliche Bewusstsein von Natur und Biodiversität der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) [3] erfüllen. Darüber hinaus stellen die zweijährlich erhobenen Naturbewusstseinsstudien aktuelle und empirisch abgesicherte Daten bereit, welche für die Naturschutzpolitik, den öffentlichen Diskurs und die Bildung verwendet werden können. Die Datensätze zu den Studien können über das Datenarchiv für Sozialwissenschaften beim GESIS-Leibniz-Institut abgerufen und überprüft werden.

Vorgängerstudie

2009 wurde die erste bundesweit repräsentative Umfrage zum Naturbewusstsein durchgeführt. Erstmals umfassend erfragt wurde u.a. welches Wissen und welche Einstellungen zur Biodiversität in der Bevölkerung gängig sind und wie hoch die Bereitschaft ist, durch eigenes Engagement und Verhalten zum Erhalt der Biodiversität beizutragen. Der Begriff der Biologischen Vielfalt (auch Biodiversität genannt) wird durch die Vielfalt der Arten, der Lebensräume und der genetischen Erbinformation innerhalb der Arten definiert. Außerdem wurde in der 2009er Studie erforscht, welche Naturbilder die Deutschen haben und welche Bedeutung die Natur in ihrem Leben hat. U.a. konnten folgende Befunde dazu festgehalten werden:

„Die Studie belegt eine hohe Naturverbundenheit: Die Deutschen lieben die Natur. Spontan werden zu diesem Begriff vor allem schön empfundene, idyllische Landschaften assoziiert.“[4]

Oder:

„Ein starkes Motiv für den Schutz von Natur und biologischer Vielfalt ist die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Wichtig sind auch die Gesundheits- und Erholungsfunktionen der Natur […]“ [4]

Teile der Erhebung, von denen ausgegangen wurde, dass die Antworten der Bevölkerung hierzu über einen längeren Zeitraum weitgehend unverändert bleiben, wurden in der Folgestudie 2011 reduziert. Insofern bleiben die Ergebnisse der ersten Naturbewusstseinsstudie weiterhin aktuell und wichtig.

Befunde der Studie 2011

Die Studie 2011 greift im Vergleich zur Studie 2009 eine Vielzahl von Fragestellungen auf, die sich mit dem Thema „Gesellschaftlicher Wandel“ befassen. Gemeint ist damit eine Veränderung der Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen, natur- und umweltverträglicheren Lebensweise. Die Studie bezieht sich in diesem Zusammenhang auch auf den gesellschaftlichen Transformationsdiskurs, der durch den wissenschaftlichen Beirat für globale Umweltveränderungen der Bundesregierung verstärkt kommuniziert wird. Konkret werden in der Studie hierzu die Themenfelder „Akzeptanz von Landschaftsveränderungen im Zuge der Energiewende“, „Interesse an Informationen zum naturverträglichen Konsum“ und „freiwilliges Engagement zum Schutz der Natur“ behandelt.

Dabei zeigt sich unter anderem (S.8-9), dass

  • „der Naturschutz von einer großen Mehrheit der Befragten (86 %) als wichtige politische Aufgabe bewertet und als menschliche Pflicht (95 %) angesehen wird“[1];
  • „die möglichen Folgen des Ausbaus erneuerbarer Energien für Natur und Landschaft, wie der Bau weiterer Windparke auf dem Meer (87 % Zustimmung) und an Land (79 %), die Ausweitung von Flächen mit Photovoltaik-Anlagen außerhalb von Siedlungen (77 %) oder der intensivierte Anbau von Energiepflanzen (Raps: 67 %, Mais: 63 %) akzeptiert werden. Dem Bau von Hochspannungsleitungen und der vermehrten wirtschaftlichen Nutzung der Wälder stehen 54 % bzw. 60 % der Befragten eher kritisch gegenüber“[1];
  • „vor allem Unternehmen und Industrie (76 % bewerten den Einsatz als zu gering), aber auch Bundes- und Landesregierungen (58 bzw. 52 %) sowie die Bürger (57 %) mehr Einsatz zeigen (müssen). Die Mehrheit, 62 % der Befragten, gibt an, sich persönlich für den Schutz der Natur verantwortlich zu sehen und ist bereit, eigene Beiträge zu leisten, sei es im Konsumverhalten oder durch freiwilliges Engagement“[1].

Des Weiteren berichtet die Studie über signifikante Unterschiede in der Einstellung zur Natur zwischen den verschiedenen soziodemografischen Gruppen und sozialen Milieus. Ältere, gutgebildete und einkommensstärkere Personen weisen demnach eine höhere Affinität zu Natur und Naturschutz auf als jüngere, schlechter gebildete und einkommensschwächere Personen. Hinsichtlich der sozialen Milieus stellt die Studie dar, dass eine stärkere Naturverbundenheit insbesondere in den Sinus-Milieus der Sozialökologischen und Liberal-Intellektuellen geäußert wird. Den Gegensatz bilden der Studie nach die Milieus der Prekären und Hedonisten, in denen der persönliche Naturbezug und die Bereitschaft für Naturschutz schwächer ausfallen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Naturbewusstsein 2011 - Bevölkerungsumfrage zu Natur und biologischer Vielfalt. Berlin und Bonn, 2012.
  2. United Nations (1992) Convention on Biological Diversity [Online]. Verfügbar: http://www.cbd.int/convention/text/ [Zugriff 9. Oktober 2012].
  3. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt (PDF; 3,2 MB). Berlin, 2007.
  4. a b Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Naturbewusstsein in Deutschland 2009 - Kurzfassung (PDF; 791 kB). Berlin und Bonn, 2010.