Orgel von St. Pankratius (Neuenfelde)

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Orgel von St. Pankratius (Neuenfelde)
Allgemeines
Ort St. Pankratius
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1683–1688
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1978 durch Ott
Epoche Barock
Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser
Technische Daten
Anzahl der Register 34
Anzahl der Pfeifenreihen 54
Anzahl der Manuale 2
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch

Die Orgel von St. Pankratius in Neuenfelde wurde 1683–1688 von Arp Schnitger erbaut und ist seine größte zweimanualige Orgel. Das Instrument verfügt über 34 Register, von denen etwa die Hälfte noch original erhalten ist.

Baugeschichte

Schnitger war eng mit Neuenfelde verbunden. Hier lernte er seine erste Frau kennen, die er 1684 heiratete. 1693 erwarb er den Hof seines Schwiegervaters Hans Otte in Neuenfelde und unterhielt neben Hamburg eine weitere Orgelwerkstatt, den so genannten „Orgelbauerhof“. Frühestens ab 1705 bis zu seinem Tode im Jahr 1719 wohnte in Neuenfelde, erbaute in St. Pankratius seinen Kirchenstuhl und wurde auch hier im Erbbegräbnis beigesetzt.

Neubau durch Schnitger 1683–1688

Als 1682 die Kirche neu errichtet wurde, lagerte Schnitger die alte Orgel aus und stellte sie im neuen Gotteshaus auf. Erst 1672–1673 hatte Hans Christoph Fritzsche eine neue Orgel mit 14 Registern gebaut, die nach Fritzsches Tod 1674 um ein selbstständiges Pedal erweitert werden sollte. Anscheinend erwies sich das Instrument aber für den neuen Raum als zu klein und unpassend, sodass Schnitger 1683 den Auftrag für einen Orgelneubau erhielt. Aufgrund weiterer Innenarbeiten in der Kirche (unter anderem Deckenmalereien) konnte Schnitger erst 1688 mit dem Bau beginnen und stellte in 21 Wochen die neue Orgel auf einer fast sieben Meter hohen Empore fertig. Die alte Fritzsche-Orgel überführte er in die Stader Pankratiuskirche und erweiterte sie dort um Pedaltürme. Das Neuenfelder Werk ist Schnitgers größte zweimanualige Orgel. Sie besitzt ein Hauptwerk und Rückpositiv sowie seitliche Pedaltürme, die durch Flachfelder mit dem Manualgehäuse verbunden sind.

Veränderungen im 18. und 19. Jahrhundert

1750 erfolgte durch Jakob Albrecht (Lamstedt) eine kleine Veränderung der Disposition. Albrecht entfernte Schnitgers Trichterregal im Rückpositiv und platzierte an dessen Stelle das Krummhorn aus dem Hauptwerk. Wesentlich eingreifender waren die Umbauten durch die Familie Röver (Stade) im 19. Jahrhundert. Johann Hinrich Röver legte 1867 das Rückpositiv still und integrierte in einem neuen Hinterwerk zwei oder drei Flötenstimmen von Schnitger. Carl Johann Heinrich Röver ersetzte 1886 mindestens fünf Schnitger-Register (Mixturen und Zungenstimmen).

Restaurierungen im 20./21. Jahrhundert

Das Instrumente übte einen großen Einfluss auf die junge Orgelbewegung aus und wurde in mehreren Abschnitten restauriert. 1926 setzten Hans Henny Jahnn und Karl Kemper das Rückpositiv wieder instand, wobei Kemper fehlende Schnitger-Register überwiegend durch Lagerbestände ersetzte. Darunter befanden sich einige Register aus der Scherer-Schule, die aus der abgetragenen Orgel der Aegidienkirche (Lübeck) von Hans Scherer dem Jüngeren (1624/1625) stammen. 1938 fertigte der Orgelbauer Paul Ott (Göttingen) alle hohen Mixturen und Zungenstimmen neu an. Durch Rudolf von Beckerath Orgelbau (Hamburg) erfolgte 1950/1951 eine Renovierung des Windwerks, eine teilweise Erneuerung der Traktur und der Einbau einer neuen Vox humana. Größere Restaurierungsarbeiten durch Ott fanden 1978 ihren Abschluss: Die Veränderungen an der Traktur wurden rückgängig gemacht, die Balganlage von Schnitger wieder reaktiviert und das Pfeifenwerk bei erniedrigtem Winddruck neu intoniert. Derzeit fällt die Uneinheitlichkeit einiger Register auf, was durch die späteren Ergänzungen und teils unsachgemäßen Restaurierungen bedingt ist. Auch wird das Klappern der Traktur als störend empfunden. Zudem treten verstärkt Intonationsprobleme auf.[1] Eine umfassende, nach strengen denkmalpflegerischen Grundsätzen und dem heutigen Kenntnisstand entsprechende Restaurierung steht noch aus und wird von Mai 2015 bis Herbst 2016 durch die Orgelwerkstatt Wegscheider durchgeführt. Aus Bundesmitteln ist 2014 ein Zuschuss von 300.000 Euro für die Sanierung bewilligt worden.[2]

Disposition seit 1938

I Rückpositiv CDEFGA–c3
Principal 4′ S
Gedact 8′ S
Quintadena 8′ O
Blockflöte 4′ S[Anm. 1]
Quintflöte 3′ S/A[Anm. 2]
Octave 2′ A
Sifflöte 11/3 A
Sesquialtera II A
Terzian II O
Scharf IV-VI O
Krummhorn 8′ O
II Hauptwerk CDEFGA–c3
Principal 8′ S
Quintadena 16′ S
Rohrflöte 8′ S
Octave 4′ S
Spitzflöte 4′ S
Nasat 3′ S[Anm. 3]
Octave 2′ S
Spielflöte 2′ S[Anm. 3]
Rauschpfeife II S
Mixtur V-VI O
Cimbel III O
Trompete 8′ teils S
Vox Humana 8′ B[Anm. 4]
Pedal CDE–d1
Principal 16′ S
Octave 8′ S
Octave 4′ S
Flöte 4′ S
Nachthorn 2′ K[Anm. 5]
Rauschpfeife II S/K[Anm. 6]
Mixtur V O
Posaune 16′ O
Trompete 8′ O
Cornet 2′ O
S = Arp Schnitger (1688)
A = Altes Pfeifenmaterial (überwiegend aus der Scherer-Schule), das Karl Kemper eingebaut hat
K = Karl Kemper (1925/26)
O = Paul Ott (1938)
B = Rudolf von Beckerath (1951)
Anmerkungen
  1. C–c2 Schnitger.
  2. C–fis2 Schnitger, ab g2 älteres Material.
  3. a b Konisch.
  4. Nicht in Schnitgers Disposition enthalten.
  5. Aus dem 19. Jahrhundert.
  6. 2′-Chor weitgehend Schnitger, 11/3′-Chor Kemper.

Technische Daten

Literatur

  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 77–79.
  • Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 38–39, 162–163.
  • Konrad Küster, Hans Tegtmeyer (Hrsg.): Gott allein die Ehre – Der Orgelreichtum im Alten Land. [Landschaftsverband Stade], [Stade] 2007, ISBN 978-3-931879-31-0 (Katalog zur Ausstellung vom 7. Juni – 26. August 2007).

Aufnahmen/Tonträger

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Orgel-Information zu Neuenfelde (gesehen 1. Januar 2010).
  2. Die Welt vom 14. November 2014, abgerufen am 15. November 2014.

Koordinaten: 53° 31′ 14,6″ N, 9° 48′ 38,8″ O