Orientalisch-islamische Stadt

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Das Modell der orientalisch-islamischen Stadt gehört zu den neueren Stadtmodellen der Stadtforschung. Nach dem Kulturerdteilkonzept lassen sich bei der Stadtentwicklung kulturraumspezifische Unterschiede in der Entwicklung von Städten feststellen. Orientalische Städte verfügen über eine mehr als 5.000 Jahre dauernde Geschichte und zählen damit zu den ältesten Städten weltweit. Durch die politische, kulturelle und soziale Expansion des Islams ab dem sechsten Jahrhundert wurde die orientalische Stadt zunehmend islamisch geprägt. Im 19. Jahrhundert führte der westliche Einfluss zu einer erneuten Veränderung des Stadtbildes. Man unterscheidet daher zunächst das Modell der orientalisch-islamischen geprägten Stadt und das Modell der orientalischen Stadt unter westlichem Einfluss.

Das Modell der islamisch-orientalischen Stadt

Das Idealschema der Stadt des islamischen Orients wurde erstmals 1969 vom Geographen Klaus Dettmann entwickelt. Es beschreibt die wesentlichen funktionalen und räumlichen Strukturen der orientalischen Altstädte. Charakteristische Elemente sind dabei:

Charakteristisch ist auch das Straßensystem der orientalischen Stadt. Sie verfügt auf der einen Seite über große Hauptverkehrslinien, die vom Kern der Stadt zur Stadtmauer führen und dabei auch die einzelnen Stadtteile tangieren. Auf der anderen Seite werden die einzelnen Viertel von engmaschigen, verwinkelten Sackgassen durchzogen, die zu den Hauptstraßen führen. Die Sackgassen spiegeln dabei das Streben nach Schutz der Privatsphäre im Alten Orient wider, genauso wie die typischen Innenhofhäuser.

Die orientalische Stadt unter westlichem Einfluss

Das Modell der orientalischen Stadt unter westlich-modernem Einfluss wurde ab 1975 von Martin Seger am Beispiel der Stadt Teheran entwickelt. Bereits im 19. Jahrhundert gerieten Teile der islamisch geprägten Welt zunehmend unter starken westlichen Einfluss. Dies geschah zunächst in den früheren Kolonien europäischer Machthaber, später auch in anderen Ländern. Städtebauliche Elemente westlicher Städte flossen dabei in die Entwicklung der Stadt ein und änderten damit ihr architektonisches und sozioökonomisches Gesicht. Die moderne orientalische Stadt verfügte zwar weiterhin über ihre historische Altstadt, daneben aber auch über einen neuen wirtschaftlichen Kern, der als Central Business District (kurz: CBD) bezeichnet wird und vor allem tertiärwirtschaftliche Strukturen besitzt (Banken, Großkaufhäuser, Hotels). Auch die Verteilung der Wohnviertel änderte sich. Während der CBD sich im Gebiet der früheren Oberschichtviertel ansiedelte, suchte die Mittel- und Oberschicht die Stadtrandlage. Die Wohngebiete der ärmeren Bevölkerungsteile befinden sich vornehmlich im Bereich der Altstadt und deren Umgebung wo eine zunehmende Slumbildung zu beobachten ist. Die Industrie hat sich auf Grund der späten Industrialisierung vor allem am Stadtrand entlang der Ein- und Ausfallstraßen angesiedelt.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Dettmann: Damaskus. Eine orientalische Stadt zwischen Tradition und Moderne. Erlanger Geographische Arbeiten Heft 26, Erlangen 1969.
  • Heinz Heineberg: Stadtgeographie (= Uni-Taschenbücher 2166). 2., aktualisierte Auflage. Schöningh, Paderborn u. a. 2001, ISBN 3-8252-2166-0.
  • Burkhard Hofmeister: Die Stadtstruktur. Ihre Ausprägung in den verschiedenen Kulturräumen der Erde (= Erträge der Forschung. Bd. 132). 3., überarbeitete Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-12998-9.
  • Martin Seger: Teheran. Eine stadtgeographische Studie. Springer, Wien u. a. 1978, ISBN 3-211-81368-3.
  • Eugen Wirth: Zur Konzeption der islamischen Stadt: Privatheit im islamischen Orient versus Öffentlichkeit in Antike und Okzident. In: Die Welt des Islams. New Series, Bd. 31, Nr. 1, 1991, S. 50–92
  • Eugen Wirth: Die orientalische Stadt im islamischen Vorderasien und Nordafrika. Städtische Bausubstanz und räumliche Ordnung, Wirtschaftsleben und soziale Organisation. 2 Bände, Philipp von Zabern, Mainz 2001